Aus Mitleid bleiben ?

Hallo zusammen,

Ich habe vor kurzem was erlebt wozu ich gerne eure Meinung hätte.


Ich hatte eine Unterhaltung mit einem Kollegen.

Er ist mit seiner Frau schon viele Jahre verheiratet und hat auch 2 Kinder.
Zunächst ging wohl alles gut. Nun hat seine Frau seit 2 Jahren die Krankheit MS.
Dadurch hat sich laut seiner Aussage viel verändert, auch sexuell. Es läuft alles nicht mehr gut laut seiner Aussage. Es ist wohl nicht nur der Sex.

Nun gestand er mir dass er sich schon seit längerem in Chats und auch so dann das holt was Ihm fehlt. Natürlich weiß seine Frau nichts.
Ich habe gefragt warum er sich dann nicht trennt wenn er mit allem so unzufrieden ist.
Die Antwort war:


( Meine Frau hat doch MS, und dann die Kinder, ich kann Sie nicht allein lassen )


Irgendwie sei es auch eine Art Mitleid warum er bleibt, sagte er.


Ich bin aus der Altenpflege und weiß dass MS ganz schön was verändern kann.
Aber sollte man wirklich aus einer Art Mitleid bei seinem Partner bleiben obwohl man es gar nicht mehr will ?


Bin auf eure Antworten gespannt.


Liebe Grüße
Birgit

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Hiho, ich finde das ist ein ganz schwieriges Thema. Man sollte aus Mitleid natürlich nicht mit dem Partner zusammen bleiben, aber es gibt in einer Beziehung nun mal gute und schlechte Zeiten. Ich denke ich würde im dem Fall meine Frau nicht verlassen, allein schon wegen den Kindern. Ich weiß ja nicht wie ausgeprägt die Ms ist. Ich kenn Fälle, da merkt man es den Patienten gar nicht an und wiederum andere sehen nicht gut aus. Ich könnte jedenfalls nicht mit dem Gewissen leben, das sich meine schwer kranke Frau auch noch allein um die 2 Kinder kümmern muss.
Aber da wir ja in einer totalen wegwerf Gesellschaft leben, sieht es in Beziehungen inzwischen nicht anders aus. Die kleinsten Probleme und Beziehungen gehen in die Brüche.
Ich hatte mit 29 bk, ich hab alles versucht meinen Mann loszuwerden, da ich nicht wollte wie er mich leiden sieht, aber egal was ich gemacht habe, er war immer an meiner Seite. Gerade in solchen Situationen ist es schön wenn man jemanden hat, der einen beisteht. Da der Mann sich jetzt schon in diversen chats rum treibt, zeigt mir auf jeden Fall, was er für ein Mensch ist. 😡

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Nichts aus Mitleid, aus Liebe!

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Naja aus Liebe bleibt er wohl nicht bei ihr, sonst würde er nicht mit Frauen chatten und sich das holen was er zuhause nicht bekommt

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Muss nicht so sein. Körperliche Bedürfnisse sind nunmal da. Es ist ja auch die Frage, wie lange das schon geht.
Aber ich selber kenne es, da ich auf Grund einer Krankheit mehrere Jahre kaum Sex hatte. Ist der Schock überwunden melden sich halt wieder Bedürfnisse.
Ich hab mich damals auch an jeden Flirt geklammert. Aber nichts weiter, mein Mann ist auch wieder fit geworden.
Warum sollte aber ein Mann, der seine Frau pflegt, die Kinder erzieht, sie nicht lieben, aber eben auch körperliche Bedürfnisse haben?
Das ist doch einfach menschlich.

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Chronische Krankheiten verändern Menschen unweigerlich.....sowohl sie selbst, als auch ihr komplettes Umfeld.

Freunde die sich zurück ziehen oder nicht mehr melden, Familienmitglieder die still mit leiden und nicht wirklich etwas für den Betreffenden tun können ausser "da zu sein" (oft nur noch die Anwesenheit betreffend), und jeden Tag ein kleines Bisschen zu "schwinden" was die Gefühle für den Partner angeht, einfach weil die eigene Kraft und die eigene Ausgeglichenheit irgendwann anfangen zu bröckeln.

So hilflos man sich in so einer Situation evtl. fühlt geht es aber auch dem erkrankten Partner.

Man redet immer weniger...aus vielen Gründen, und letztendlich ist es nicht der fehlende Sex, oder der Verzicht auf irgendwelche Unternehmungen die einem runter ziehen, sondern jeder für sich kapselt sich Stück für Stück ein, und wenn es dann plötzlich irgendetwas (evtl. auch irgendjemanden) gibt, mit dem man diesen Teufelskreis durchbrechen kann...und sei es nur für einige Momente, ist es doch klar, dass die Gedanken anfangen zu kreisen, und man hier plötzlich glaubt ein Licht zu sehen, und der Rettungsanker scheinbar greifbar ist. Ein Stück Leben(squalität) ist mit einem Schlag augenschenlich wieder da.

Leider meistens nicht auf eine konstruktive- produktive Art und Weise, sondern man fängt an, die eigene Situation zu hinterfragen, und sieht nur noch das was augenscheinlich fehlt, oder die Probleme die man hat, und nichts anderes mehr.

Schwer dann noch über den Tellerrand zu blicken......und das meine ich völlig vorwurfsfrei !

Offen alles ansprechen bringt oft Tränen und noch mehr Kummer....aber auf eine Art die man dann aufarbeiten- und vielleicht sogar bewältigen kann. Die Gefühle sind schliesslich zumeist noch da, aber nichts ist schlimmer als Ungewissheit oder alles in sich rein fressen und sich anschweigen.

Das schlimmste "Beziehungsmodell" ist gemeinsam einsam zu sein....mal unabhängig davon, warum dies so ist, aber man sollte immer so fair sein (sich selbst gegenüber und auch dem Partner/der Partnerin) etwas das einem beschäftigt auch anzusprechen.

Lieber etwas aussprechen und DANN evtl. Konsequenzen ziehen, als sich in einer selbst auferlegten Abwärtsspirale runter ziehen zu lassen, nur weil man niemanden verletzen will, genau das aber bei sich selbst macht und jedne Tag ein bisschen stirbt.

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Was heißt „aus Mitleid“?
Vielleicht aus Liebe? In Guten wie in schlechten Zeiten...
Doof ist nur die sexuelle Seite. Sie sollten drüber reden und er die Erlaubnis haben es sich anderweitig zu holen was sie ihm nicht mehr geben kann.
Meine Meinung.

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Persönlich würde mehr beschäftigen, ob meine Kinder vielleicht irgendwann ohne Mutter/Vater leben müssen. Wie schaut die Pflege Situation aus, jetzt u in den nächsten Jahren, wenn MS stark ausgeprägt ist / Rollstuhl zB.
Und wie man die nächsten Jahren so lebenswert als möglich für alle gestalten kann. Was an Freizeit Aktivitäten möglich ist, was einen als Familie zusammen halten kann.
Wie schon gesagt wurde, ms gibt es in den unterschiedlichen Ausprägungen.

Das geringste Problem das ich hätte wäre fehlender Sex.

Aber bei vielen hat das wohl einen großen Stellenwert.

Hut ab, wenn man beim Sex mit anderen den Kopf ausschalten kann u sich nichts bei denkt, während der Kranke Partner zuhause ist u sich Gedanken über die Zukunft macht.

Und ja, eine Krankheit verändert. Und es kann sich nach einigen Jahren die Beziehung so verändert haben, dass vielleicht beide Partner eine andere Richtung wünschen.

Ich wohne sehr ländlich u in unserem Dorf ist ein Ehepaar, wo der Mann nun mit ca 60 seit wenigen Jahren offiziell eine Freundin hat. Seine Frau ist seit über 25 Jahren an MS erkrankt. Zu Beginn u auch wegen der kleinen Kinder war nur die Familie wichtig. Als gläubige Menschen wie sie es sind, leben sie vielleicht andere Moral Vorstellungen..

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Ich denke es ist zu einfach gedacht. Nur MS ist keine Erklärung. Warum möchte sie keinen Sex mehr, ist sie körperlich eingeschränkt? Ist es die Psyche? MS kann viel verändern - oder auch wenig.... Ich habe seit über 14 Jahren MS, bin nicht eingeschränkt und habe besseren Sex als vor meiner Diagnose. Ich habe auch beruflich viel mit MS-Patienten zutun. Ein Großteil davon ist (noch?) nicht eingeschränkt.

Der Denkansatz ist falsch. Nicht "kann ich meine Frau verlassen weil sie krank ist und sich verändert hat ". Die Diagnose verändert viel, man muss damit zu leben lernen. Das braucht Zeit und Unterstützung. Wenn man es alleine nicht schafft, wäre eine Unterstützung durch einen Psychologen ratsam. Es kommt natürlich darauf an, was für eine Verlaufsform es ist. Aber in nur extrem seltensten Fällen ist man nach 2 Jahren Diagnose nicht mehr "Sex/Beziehungsfähig" (ich kenne persölich keinen einzigen Fall). Es ist mehr der Mensch, der sich verändert. Die Blickweise, der Fokus.

Vielleicht sollte er die Zeit nutzen und statt dem rumgechatte an der Beziehung arbeiten. Vielleicht braucht die Frau Unterstützung, ist in einer Depression und kommt alleine schlecht raus. Man kann den Fall nicht beurteilen weil man ihn nicht kennt. Ich persönlich wäre menschlich sehr enttäuscht von meinem Mann, wenn er es sich so leicht machen würde (aber wie geschrieben - ich weiß nicht was genau hier vorgeht). Grundsätzlich werden die Partner/Angehörigen viel zu wenig mit aufgeklärt bei solchen Diagnosen. Wenn interesse besteht, kann auch ein Angehöriger sich bei Selbsthilfeorganisationen wie zb die DMSG Rat holen. Es gibt teilweise auch Angehörigentreffen. Aber da muss Interesse bestehen, an der Frau, an der Partnerschaft. Bei uns ist es ca 1 Jahr auch sehr schlecht gelaufen, ich war sehr depressiv und habe mich abgekapselt. Heute weiß ich, dass es falsch gelaufen ist, das ich mir professionelle Hilfe hätte suchen sollen. Aber mein Partner war immer an meiner Seite, hat mich gestärkt, an mich geglaubt, mich aufgebaut oder auch mal in Ruhe gelassen. Und damals wäre es ein leichtes für ihn gewesen zu gehen.Aber ich war ihn so viel wert, dass es ihm das wert war.

Ich habe meinem Mann damals die Entscheidung überlassen ob er gehen möchte oder nicht (die Diagnose kam vor unserer Hochzeit und den Kindern). Wir waren ca 1 Jahr zusammen zu dem Zeitpunkt. Er ist geblieben. Wenn er nur weil er mich "versorgt" haben möchte, bei mir und den 3 Kindern bleiben würde - da wäre ich enttäuscht und würde dies auch zu keiner Zeit wollen.

Kein Mensch weiß, was die Zukunft bringt. Jeder der im med. Bereich arbeitet weiß, dass in sehr vielen Partnerschaften einer oder beide Partner in seinem Leben (oft früher als man glaubt) medizinisch an einen Punkt kommen, wo es einfacher wäre, den anderen zu verlassen. Krebs, Herzinfarkt, Diabetes, Schlafanfall, Depressionen, Burnout...es gibt tausende Diagnosen welche einen verändern, die die Partnerschaft verändern. Die Frage ist, ist einem der Partner soviel wert, ist einem die Beziehung soviel wert, ist die Liebe da um diese Probleme zusammen meistern zu WOLLEN.

Die nächste Frage ist nämlich - wie geht es der Frau? Wie alt ist sie (ich nehme an noch nicht so alt)? Wenn sie der Mann nicht mehr liebt ist es das eine. Hat sie als Frau nicht auch die Chance verdient, einen Partner zu finden der die liebt? Einen Partner zu haben, der sie unterstützt weil sie geliebt wird - um ihrer selbst und nicht aus Mitleid? Vielleicht bringt er sie um diese Chance. Auch wenn man MS hat, ist man liebenswert und hat die Chance auf eine glückliche Beziehung. Und auch als Ms-Patient findet man mit der Diagnose und mit Einschränkungen durchaus nochmal einen Partner, der einem das geben kann und möchte (immer wieder erlebt!). Es wäre nicht die erste MSlerin, die nach beenden einer schlechten Beziehung eine Besserung ihrer MS erlebt. Bei MS spielt die psychische Stabilität, glücklich sein, zufrieden sein oft eine große Rolle und ist beim Verlauf der Erkrankung nicht außer acht zu lassen.

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Wenn sie gar nicht mehr mit ihm schlafen kann, dann verstehe ich es dass er sich sex bei einer anderen sucht. Das ist kein Betrug meiner meinung nach. Ich glaube wir frauen können uns das so nicht wirklich vorstellen, aber männer haben einen so starken trieb nach sex, dass sie nicht anders können und das gehirn dann irgendwann so mit hormonen überflutet ist, dass sie an nichts anderes denken können. Ich bin von meinem freund auch schon mal betrogen worden, obwohl wir sex hatten, einfach weil ich damals nicht alle seine bedürfnisse erfüllt habe und er dann nicht dagegen angekommen ist. Ich war auch erst sehr sauer bis ich mit ihm in ruhe darüber gesprochen habe und er mir das so erklärt hat. Oft sind wir frauen schuld wenn männer fremdgehen, weil wir nicht mal versuchen zu verstehen wie stark das bedürfnis nach sex und auch nach bestimmten dingen beim sex für einen mann ist. Wenn es von seite der frau gar nicht mehr geht dann muss sie ihm von sich aus die möglichkeit geben mit anderen frauen zu schlafen also zumindest mit einer anderen frau. Sonst führt es ganz sicher dazu dass er sie betrügt. Ich würde ihm in dem fall erlauben generell mit anderen frauen zu schlafen und nicht nur mit einer bestimmten, weil ich sonst angst hätte dass er sich in die eine verliebt.

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Vieles was du sagst mag stimmen.
Aber es bleibt Betrug wenn man nicht miteinander redet.
Und das kam nicht vor.


Gruß Birgit