Wieso ist er so anstrengend?

Unser 4 jähriger Sohn ist grad ziemlich anstrengend.
Schon früh am Morgen hat er schlechte Laune. Er hat meistens einen richtig motzigen Ton drauf, wenn er Frühstück möchte, der Kakao nicht schnell genug "geliefert" wird etc. Dann flippt er bei Kleinigkeiten total schnell aus, wird wütend oder fängt das heulen an.
Ich sage ihm mehrmals am Tag "Rede doch bitte freundlich mit mir" oder "du musst nicht so schreien, ich helfe dir, wenn du mich ganz normal fragst", beim nächsten mal ist es wieder vergessen.
Dazu kommt, dass er sehr körperbezogen ist. Immer muss er jemanden berühren, kitzeln, streicheln, kuscheln, rangeln, stupsen, ... Mich macht das wahnsinnig. Auch hier helfen Worte wenig. Im Gegenteil wird er nur noch aufdringlicher und lacht. Auch seiner Schwester gegenüber (6Monate) ist er total aufdringlich, hat ständig beide Hände oder seine Nase in ihrem Gesicht, beugt sich mit den ganzen Körper über sie, küsst sie etc. Er liebt sie total, ich habe keine Angst, dass er sie verletzen würde. Aber es ist einfach sooooo aufdringlich. Auch wenn ich mich mit Freunden treffe ist er teilweise so grenzüberschreitend, fasst sie ins Gesicht oder spielt mit ihren Haaren.
Dann verfällt er oft in Babysprache und benimmt sich auch so. Oder er "spielt" irgendwas anderes, ist ein Hund, Katze, Pirat geht ganz in dieser Rolle auf. Manchmal denke ich er findet sein Leben so ätzend, dass er aus der Realität fliehen will.
Kommt euch das bekannt vor? Ist das normal? Was kann ich tun?

Danke euch und schönes Wochenende!

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Huhu,
Rollenspiele sind absolut altersgerecht und normal. Da brauchst du dir keine Gedanken zu machen. Er fliegt nicht aus der Realität.

Das knautschige würde ich jedoch nicht zum Tausendsten Mal erklären mit „ich helfe dir, wenn du normal mit mir redest“, sondern dem Kind den Spiegel vorhalten: Maulst du mich an, wirst du zurück angemault.

Und das mit der Körperlichkeit, ja, das versteh ich das das nervig wird, wenn es zu ausgeprägt wird. Leider fällt mir kein pädagogisch wertvoller Tipp ein. Ich würde persönlich eher auf Distanz gehen und ihn wegschicken, wenn es mir zu viel wird. Da greift bei mir der Selbstschutz.

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Tatsächlich werde ich auch immer wieder mal zurück "maulig", er sieht es dann manchmal ein, berichtigt seine Aussprache. Nur 2 Minuten später ist es dasselbe.

Wir haben Kuschel und Tobezeiten aber vielleicht reicht ihm das nicht. Wenn ich versuche mich körperlich zu distanzieren, ihn wegzuschicken bringt das gar nix. Er läuft mir hinterher,hängt sich an mein Bein, meinen Arm, quietscht, klettert und hüpft rum, zieht an meinen Klamotten wie ein Äffchen auf Speed. Was hilft ist, mich irgendwo einzuschließen oder richtig laut zu werden. Ist beides auf Dauer aber auch irgendwie ein "Beziehungskiller" und anstrengend.

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Ich versuche bei maulig/motzigem Ton auf Durchzug zu schalten. Also: den Tonfall kann ich nicht hören/verstehen, damit bekommst du nicht schneller bzw gar nicht was du möchtest.
Bei Wutanfällen oder ähnlichem versuchen wir zu begleiten, je nachdem auch zu trösten, aber wir geben ihm danach nicht nach. Also z.B. er will was Süßes, wir sagen "Nein, es gibt in ner Stunde Abendessen.", bieten eventuell Obst an. Wenn er dann aber auf Süßem beharrt und anfängt zu weinen, wird er auch in den Arm genommen (wenn er will), aber er bekommt am Ende trotzdem nichts Süßes.
Wenn er zu körperlich wird, würde ich mich abgrenzen: das ist mein Körper, ich will das nicht. Freundinnen sagen, dass sie ihm das auch signalisieren sollen, sobald es ihnen unangenehm wird, wenn er nicht darauf reagiert, ihn dann (sanft) aus der Situation herausnehmen. Für mein Empfinden ist es wichtig, dass er versteht, dass jeder das Recht darauf hat, Nein zu sagen - dabei auch erklären, dass er das ja auch hat und wahrscheinlich in manchen Situationen gut findet...

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Mein Sohn hatte mit 4 einen "Frühstückskorb", da war außer Milch alles drin, was er zum Frühstück vorbereiten brauchte. Milch hatte er mit der Leiter aus dem Kühlschrank geholt.

Wenn ihm die Bedienung nicht gefällt, muss er eben mehr mithelfen oder auch einfach mal gesagt bekommen, dass es nett von dir ist, dies zu tun, er aber bei schlechtem Benehmen kein Anrecht darauf hat.

Meiner probiert auch mit 5 noch mit Minimalaufwand Dinge gereicht zu bekommen. Da vin ich dann plötzlich ganz dumm und nehme ich ihn beim Wort: "Da, Tomaten" - "Ja, das sind Tomaten" - "Zu weit weg" - "Stimmt." etc. Das Spiel wird ihm schneller langweilig, als mir😉

Zur Körperlichkeit: er hat keine Grenzen gelernt. Aber wie auch, wenn du und dein Besuch ihm scheinbar keine setzen? Auch für das Baby musst du stellvertretend Grenzen einfordern. Sag ihm, was du nicht möchtest. Tut er es erneut, machst du ihm klar, dass es kein Spiel ist und zählst du ihm die Konsequenz auf, sollte er weiter machen. Tritt dieser Fall ein, entfernst du dich von ihm.

Sag deinem Besuch Bescheid, dass ihr derzeit Grenzen mit ihm übt und sie bitte auch welche setzen.

Rollenspiele sind ganz normal und wichtig. Wir haben aber eine "Keine Tiere am Tisch"-Regel, an die er sich dann zu halten hat. Bei Phantasiehaustieren oder -freunden gilt, dass er die Verantwortung übernehmen muss und somit auch die Konsequenzen für ihr Fehlverhalten (Dinge rumschmeißen, Gläser umkippen) auszubauen hat. Funktioniert gut😉

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"Sag ihm, was du nicht möchtest. Tut er es erneut, machst du ihm klar, dass es kein Spiel ist und zählst du ihm die Konsequenz auf, sollte er weiter machen. Tritt dieser Fall ein, entfernst du dich von ihm."
> das tu ich regelmäßig. Keine Ahnung warum er es nicht versteht.
Aber zum Beispiel den Besuch mit einzubeziehen ist ein guter Tipp, das werde ich machen.

Beim Essen spiele ich auch nicht mehr mit bzw verordne ihm auch eine Spielpause.

Frühstückskorb klingt interessant. Mal sehen wie ich das umsetzen kann. Prinzipiell mache ich ihm auch gerne Frühstück. Aber wenn er so lernt das auch wertzuschätzen probieren wir es mal aus, ihn selbst alles machen zu lassen.

Danke dir!

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Wow. Als ich das gerade gelesen habe, dachte ich du berichtest von meinen Sohn, ebenfalls 4. Wir kennen das hier auch mit dem Motzen und der Distanzlosigkeit. Das motzen war bei uns am schlimmsten in der Zeit als noch die ganz strengen Kontaktbeschränkungen galten und alles inkl Spielplätzen zu hatte. Er war wirklich unausstehlich, es wurde nur gemotzt von morgens bis abends. Mit der Öffnung der Spielplätze und damit Kontakt zu anderen Kindern wurde es schlagartig besser. Gibt aber trotzdem immer wieder solche Tage.

Auch unser Sohn ist sehr körperbezogen. Ich weiß ganz genau was du meinst mit deinen Beispielen. Mir macht es nicht so viel aus aber mein Mann bekommt täglich die Krise und es eskaliert auch oft deswegen. Wir haben das schon so oft erklärt, Konsequenzen durchgezogen, auch lauter geworden, aber es bringt alles absolut gar nichts. Ich bin mir sicher er macht das nicht mit Absicht oder um uns zu ärgern (meistens zumindest). Er hat irgendwie dieses Bedürfnis in dem Moment und geht dem einfach nach. Natürlich geht das trotzdem nicht und er muss lernen die Grenzen anderer zu akzeptieren, aber wie? Keine Ahnung...ich hoffe mit dem Alter wird es besser und die Erklärungen fruchten.

Ist euer Sohn zufällig auch sehr laut und den ganzen Tag nur am reden, singen, Geräusche machen? Das kommt bei uns nämlich noch hinzu und ich könnte manchmal echt vom Balkon springen. Habe hier auch noch meine 13 Monate alte Tochter und hier geht es manchmal zu wie im irrenhaus. Ich mache 3 Kreuze wenn mein Sohn im Juli endlich wieder in den Kindergarten darf.

Sorry dass ich nicht weiterhelfen konnte. Aber du bist nicht allein mit dem Problem 😉

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Danke, das ist ja manchmal auch einfach gut zu hören, dass man als einzige damit Probleme hat.🙄
Die Geräuschkulisse ist hier auch meistens recht hoch. Entweder weil mein Sohn quasselt, seine Hörspiele hört oder sich halt irgendwie laut "beschäftigt". Bei den gemeinsamen Mahlzeiten versuche ich das zu unterbinden und dann beschwert er sich oft, dass es ihm zu ruhig ist ;-)
Allerdings kann er sich so phasenweise auch mal gut alleine beschäftigen.

Er ist seit 1 Woche wieder in der Kita und er ist zumindest nachmittags wieder etwas fröhlicher und ich auch entspannter. Hoffe, das pendelt sich alles wieder ein.

8

Hallo,

das kennen wir auch von unserem Sohn (10).

Unser Sohn ist nicht ganz normal. Er hat Träumer-ADS. Das wissen wir aber erst, seit er 8 ist.

ADS hat als eine Komponente Impulsivität, also dass die Kinder schnell hoch gehen.
Dieses Wegträumen in ferne Welten gehört auch dazu.

" Manchmal denke ich er findet sein Leben so ätzend, dass er aus der Realität fliehen will.
Kommt euch das bekannt vor? "

Das ist es bei unserem Sohn nicht. Der hat einfach ganz viel Phantasie und mit coolen Piratenwelten etc. kann der Alltag nun einmal nicht konkurrieren. ;-)

Unser Sohn ist auch sehr verschmust. Als er klein war, hatte er auch mal eine Phase, wo er bei anderen Kindern sehr aufdringlich wurde. Das haben wir ihm aber abgewöhnt, indem wir ihm gesagt haben, dass das die anderen Kinder das blöd finden und nachher nicht mehr mit ihm spielen wollen.

Die Sache mit der Babysprache kennen wir ebenfalls. Unser Sohn hat im Kindergartenalter dann auch noch genuschelt, weil er es cool fand. #kratz
Wir haben dann gesagt, dass ein Piratenkapitän, den keiner versteht, weil er nuschelt, nicht cool ist. ;-)
Ob die beiden Punkte auch zu dem Träumer-ADS gehören, weiß ich aber nicht.

Hier schrieb noch jemand, dessen Sohn so ist, dass der dauernd singt, redet und Geräusche macht. Unser Sohn summt auch viel oder macht Geräusche, die zu seinen Tagträumen passen, wenn er zu Hause ist.

Ich weiß aber nicht, ob man bei Eurem Sohn gleich an ADS denken muss. Soweit mir bekannt ist, haben 4-jährige auch mal Phasen, wo sie so wirken. Deswegen wird ADS so früh nicht diagnostiziert.

Was wir machen, wenn unser Sohn wegen nichts total motzig ist, ist, zu sagen, dass es so nicht läuft. Wer sich benimmt, wie die Axt im Wald riskiert, dass Dinge ausfallen, die er gerne machen oder haben möchte. In Eurem Fall gäbe es z.B. gar keinen Kakao, wenn er sich so aufführt.
Wenn er sich wieder abgeregt hat, tut es unserem Sohn häufig auch leid. Aber er hat das nicht so gut unter Kontrolle, wie andere Kinder.

LG

Heike

9

Ich hatte das geschrieben mit dem ständigen Reden, Singen und Geräusche machen. Bei uns steht auch der Verdacht auf ADHS im Raum, wir lassen ihn nächstes Jahr testen.

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Nun, Dein Sohn erfährt jeden Tag - und das seit Monaten - , dass Baby mit heulen & schreien ganz viel körperliche Nähe, Zuwendung etc. bekommt... Den Unterschied zwischen den Bedürfnissen versteht er noch nicht - dafür ist er einfach noch nicht "reflektiert genug"... Er sieht, was Baby damit bekommt & wird wütend, wenn es bei ihm anders ist... Viel Verständnis, viel Erklären (mit einfachen Worten!), ihm zeigen, was er schon kann & darf - baby aber nicht...

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Guter Punkt, danke dafür.

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Motzen verstehe ich nicht. Wenn nach der Aufforderung, normal zu reden, weiter gemeckert wird, reagiere ich nicht. Da folgt dann meistens erst mehr Zorn, dann aber die Erkenntnis, dass das nichts bringt. Wahlweise reagiere ich auf die gleiche Weise und mecker und motze, dass ich erst das Brot fürs Geschwisterkind fertigschmieren muss.

Auf Körperkontakt versuche ich einzugehen, auch wenn ich gerade nicht wirklich Lust darauf habe. Hier gibt es zum Glück genug Geschwister zum Kuscheln😅 Manchmal helfen auch Kuscheltiere. Nr. 3 hatte so eine Phase sehr extrem. Da hat es geholfen, wenn sie sich in mein Bett (oder das von ihrem Vater) gelegt hat. Das hat dann nach uns gerochen und sie hatte das Gefühl, uns nahe zu sein, auch wenn wir in der Zeit irgendetwas anderes erledigt haben.

Bei den Babys bin ich tapfer😅
Wir erklären unseren älteren Kindern immer wieder, wie sie den Kindern wehtun können (vor allem am Kopf), aber wir lassen sie ihnen nahesein. Die Regel ist, dass sie das Baby nicht tragen dürfen, bevor sie nicht groß genug dafür sind. Die Kleinen dürfen es nur auf dem Arm haben, wenn sie sitzen. Wenn sie es festhalten wollen, muss mein Mann, ich, oder eines der großen Kinder ihnen helfen. Ich habe auch oft Sorge, dass sie dem Baby wehtun, aber solange das Baby nicht weint halte ich das aus. Ich habe das Gefühl, dass es der Geschwisterbeziehung hilft.

Wenn sie sich anderen Leuten gegenüber so verhalten, wie du es von deinem Sohn beschreibst, versuche ich es erst mit Erlaubnis einholen: "Hast du gefragt, ob XY möchte, dass du mit ihren Haaren spielst?" Oder mit dem Wiederspiegeln. "Möchtest du, dass SY dauernd mit den Händen in deinem Gesicht ist?" Meistens hilft das. Sonst kommt die direkte Aufforderung: "Lass XY bitte in Ruhe." Wenn das nicht hilft, muss er halt bei mir auf den Schoß o. Ä.

Rollenspiele sind völlig normal. Auch, Baby zu spielen, wenn sie ein Baby-Geschwisterchen haben. Das haben alle unsere Kinder zu irgendeinem Zeitpunkt gemacht.

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