Integrativ

Hallo,

meine Töchter gehen in einen integrativen Kindergarten. In jeder Gruppe sind Kinder mit körperlichen und geistigen Einschränkungen. Bei meiner großen sind 2 integrativ Kinder. Nun erzählte mir meine Tochter das sie zb mit dem einen Jungen gar nicht spielen wollen, weil er nicht versteht was sie ihm erklären. Auf dem Hof beim abholen, habe ich schon öfter beobachtet das dieser Junge in der Regel alleine irgendwo sitzt. Die Erzieher bemühen sich, aber bei so vielen Kindern ist es natürlich schwer. Ich mag den kleinen Kerl sehr gerne. Ist das gut für seine kleine Seele? Spürt er die tägliche Ablehnung? Er kommt jeden Morgen strahlend die Treppe hoch und wird ignoriert. Das zerreißt mir fast das Herz. Die Gruppe ist zwischen 4 und 5 Jahren alt. Ich habe schon oft mit meiner Tochter geredet, werde sie aber natürlich nicht drängen mit ihm zu spielen bloß weil er mir leid tut. Mit den Erziehern habe ich darüber auch schon gesprochen, die können aber nicht allzuviel erzählen aus Datenschutzgründen.

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Hallo,

das ist häufig das Problem an der Inklusion.
Man schickt die Kinder in einen Kindergarten oder in eine Klasse mit nicht behinderten Schüler und erwartet, dass sie dort ganz von selbst Teil der Gemeinschaft werden.

Wenn das Kind so anders, als die anderen ist, dass sie nichts mit ihm anfangen können, funktioniert das aber kaum.
Kinder suchen sich ihre Spielkameraden danach aus, wie gut sie auf einer Wellenlänge liegen.
Wir Erwachsenen machen das doch nicht anders. Wer geht denn schon aus Mitleid regelmäßig mit dem Kollegen essen, der immer so merkwürdig drauf ist?
Welcher Erwachsene hat denn behinderte Freunde?

Ich finde es unfair, von Kindern so etwas zu erwarten, während die Erwachsenen genauso den Kontakt zu solchen Menschen meiden.

So traurig es für das Kind ist, die Erzieherinnen können nur versuchen, ihn bei Aktivitäten dazu zu nehmen und hoffen, dass eines der anderen Kinder dabei doch feststellt, dass man mit ihm etwas anfangen kann.

Unsere Kinder (10 und 13) haben jeweils einen Freund/Kumpel, der ein I-Kind ist bzw. der eine würde diesen Status bekommen. Aber sie spielen mit ihnen nicht aus Mitleid, sondern weil Gemeinsamkeiten vorhanden sind und weil sie zusammen Spaß haben. Das hat sich von alleine ergeben und nicht weil Erwachsene ihnen gesagt haben, dass sie sich mit ihnen beschäftigen müssen.

Bei einigen Kindern klappt es mit anderen I-Kindern besser. Aber von denen sind ja immer nur wenige in den Inklusionsgruppen.
Ich habe eine Weile öfter an der Bushaltestelle mit Leuten gestanden, die zur Behindertenwerkstatt wollten. Die hatten jede Menge Spaß miteinander. Nur war das für Normalos nicht immer so nachvollziehbar. ;-)

LG

Heike

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Was ich bei deinem Text nicht verstehe- normalerweise erwartet doch niemand von I-Kindern mit solchen Einschränkungen, sich " von selbst" zu integrieren.

Da gibt es I-Kräfte, die der Kiga beantragen kann und die dann NUR für dieses eine Kind da sind- und genau da unterstützen.

In unserem Kiga sind allein 3 solcher Individualkräfte: eine für einen Jungen mit spastischer Lähmung, eine für ein Mädchen mit Trisomie 23 und eine für ein einfach "nur" entwicklungsverzögertes Mädchen.

Gibt es das nicht in allen integrativen Einrichtungen?? 🤔😯

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Hallo, bei uns gibt es einen höheren Betreungsschlüssel. Einen eigenen Betreuer hat er nicht. Braucht er im Prinzip auch nicht. Er kann laufen, etwas eingeschränkt aber ohne Hilfe, er kann auch Treppen steigen ohne Hilfe. Er kann sich verbal nicht äußern und kommt gedanklich mit den anderen kids nicht mit, deshalb ist er im Freispiel immer außen vor. Er läuft den Kindern auch ständig hinterher und die eben dann weg. Ich bezweifle das ein eigener Betreuer ihm diesen Drang mit den Kindern spielen zu wollen, nehmen könnte.

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Oh je, der arme Kerl! Denke schon das er das mitbekommt.

Wir hatten bis vor kurzem auch ein Integrativkind in der Gruppe. Er hatte eine eigene Betreuerin und wurde von den anderen Kindern gut im Rahmen seiner Möglichkeiten mit eingebunden. Für meine Tochter war es ganz normal dass D. Kaum sprechen konnte oder so. Für ihn war seine Betreuung aber wichtig, da die Frau geholfen hat den Jungen ins Spiel zu bringen bzw. Mit etwas anderem abzulenken wenn er was nicht konnte. Haben die I Kinder bei Euch auch Betreuer?

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Hallo, bei uns gibt es in jeder Gruppe einen höheren Betreungsschlüssel. Nur bei körperlichen Einschränkungen bzw. zb Trachealkanülen ist jemand dabei. Meine Tochter sagt er zieht an den Klamotten oder den Haaren und macht ständig alles kaputt. Da kann man noch so oft erklären das es seine Art ist, sich mitzuteilen.

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Hallo,
mir geht dein Text sehr nahe, deshalb möchte ich dir gerne antworten.
Eins meiner Kinder ist auch ein Integrationskind und hatte es in den ersten Jahren sehr schwer. Die mitleidigen Blicke, aber sonst nicht viel dahinter haben mir immer sehr weh getan, gerade weil er selber so gesellig und guter Dinge war.
Mittlerweile geht es ihm wie durch ein Wunder, aber auch auf Grund vieler Therapien und OPs, viel besser und er kann fast überall mitmachen, ist gut integriert und selber sozial und emphatisch.
Wir unterstützen es sehr wenn er auch schwächere oder weniger beliebte Kinder einlädt. Dann dürfen ruhig auch 1-2 Kinder mehr zum Geburtstag kommen.
Unser Sohn wird bald 5 und auch in diesem Alter kann man kindgerecht erklären dass es Kinder gibt die weniger können oder auf dem ersten Blick weniger cool sind und dass sich diese Kinder mindestens genauso freuen wenn sie auch eingeladen werden oder mitspielen dürfen. Dieses mein Kind darf das selber entscheiden finde ich in dieser Beziehung sehr oberflächlich, gerade weil Kinder Dinge wie soziales Verhalten und Mitgefühl noch lernen müssen.
Als ehemals betroffene Mama kann ich dir auch sagen, wir freuen uns ganz besonders wenn unsere Kinder auch dabei sein dürfen.
Deshalb würde ich dir raten ermutige deine Tochter ruhig mit dem Buben zu spielen und gebt ihm und seiner Mama vllt sogar auf der nächsten Geburtstagsfeier eine Chance.

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Ich werde auf jeden Fall nochmal mit ihr reden. Ihre Freundin in der Gruppe ist die Zwillingsschwester von dem zweiten integrativen Kind. Der wiederum ist Autist und sucht den Kontakt zu den anderen Kindern nicht. Der will seine Ruhe und liegt manchmal ne Stunde in der Nestschaukel. Wenn er mault wird er angeschubt von den Kindern und dann ist wieder gut.

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Hey,

ein solches Thema geht mir auch immer sehr nah. Der Kleine bekommt die Ablehnung der anderen sicher mit... ich würde mein Kind weiterhin dazu animieren mit dem Jungen zu spielen, ihn einzubeziehen, ihn zu beachten.
Zwingen kann man sie natürlich nicht, aber ich würde ihr sehr deutlich machen, wie wichtig es ist auch mit anderen Kindern zu spielen, die nicht alles mitmachen können oder mit denen man sich nicht so gut verständigen kann. Sie kann ihm ja trotzdem etwas erzählen.

Mein Sohn ist fast 3 und fragt jetzt auch öfter, warum seine eine Oma nicht sprechen kann (einseitige Lähmung und Sprachverlust nach Schlaganfall), aber er liebt sie über alles und quasselt ihr nen Knopf an die Backe, eben weil er es nicht anders kennt.
Sie äußert sich dann mit einigen Gesten und hat lange dafür geübt, unter wenigen anderen Wörtern seinen Namen zu sprechen und immer wenn sie das mal macht, freut er sich total.
Also wenn man von Anfang an dran bleibt und nicht zu nachgiebig ist denke ich, dass der Umgang mit „Behinderten“ Menschen ganz normal werden kann.

LG

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Ich finde es sehr gut, dass Du nicht einfach wegsiehst. Dennoch finde ich es wichtig, auch Deinem Kind zu erklären, dass das Gefühl, nicht dazuzugehören, kein Schönes ist. Ruhig mal fragen, was denkst du, wie hat sich xy wohl gefühlt, als er da grad allein gesessen hat, als ich dich grad abgeholt habe? Denkst Du, es sind traurige Gefühle ?
Mein Kind hat ein Kind mit Trisomie 21 in seiner Gruppe. Neulich erzählte er ganz aufgeregt : Mama ! Stell dir vor, xy braucht nun keine Windeln mehr !! Er und alle Kinder der Gruppe haben sich mit gefreut für den Jungen. Dennoch sagt mein Sohn auch manchmal, xy stört im Sandkasten, er sagt nur bäh, kann nicht reden u wirft nur Sand rum. Das lasse ich nie so im Raum stehen, erkläre ihm immer dass xy hier tatsächlich anders u manchmal störend handeln mag, dafür aber sicher anderes ganz großartig kann und eben jedes Kind anders ist. Ich sage ihm dann oft, versuche Dir vorzustellen, wie das Gefühl ist, nicht mitspielen zu dürfen. Das versteht mein Sohn durchaus.
Finde es aber wirklich toll, dass Du den Erzieherinnen signalisiert hast, wie Du es empfindest. Würde ich auch weiters tun wenn es nicht besser wird.
Diese Inklusion ist einfach eine schwierige Sache, es geht ja im Schulleben so weiter. Damit besondere Kinder hier emotional nicht verhungern, und das ist in den letzten Volksschuljahren durchaus oft der Fall ist mein Eindruck, muss das Thema schon sehr oft in Erinnerung gerufen werden.