Wie bei der Selbstregulation helfen?

Unsere Tochter ist 3,5 und war schon immer sehr fordernd.
Sie hatte immer Probleme sich zu regulieren (aber keine Störung). 2 Ärzte bescheinigen ihr einfach nur ein starkes Temperament.
In der Kita nehmen die Erzieher sie als lebhaftes und wohlerzogenes Kind wahr, bei uns zu Hause flippt sie oft aus.
Neuerdings schreit sie dann scheiß Mama o.Ä. . Sonst zieht und zerrt sie an unseren Klamotten und haut uns.
Wir haben klare Regeln zu Hause und ich würde sagen, die setzen wir konsequent um. Ein respektvolles Miteinander ist uns sehr wichtig.
Sie darf wütend sein, wir versuchen ihr Alternativen aufzuzeigen, ins Kissen hauen oder sich im eigenen Zimmer ausschreien usw. All das hilft nicht.
Sie geht uns immer wieder an.
Rausgehen aus der Situation ist für uns nur möglich, indem wir uns z.B. ins Bad einschließen, sie lässt dann auch nicht von uns ab.
Bei der Beratungsstelle wurde uns erklärt, dass es für sie, als hochsensibles Kind so anstrengend zu sein scheint sich draußen und in der Kita anzupassen, dass sie das dann bei uns zu Hause rauslässt.
Das spricht für eine gute Bindung. Das freut uns natürlich, ist aber wahnsinnig anstrengend.
Ich möchte ihr gern helfen sich besser regulieren zu können, gerate da aber selber an meine Grenzen, denn beim Schlagen hört es bei mir auf. Gehe ich aus der Situation raus, donnert sie solange gegen die Tür, bis man wieder rauskommt...Die Auslöser können ein Duplo Stein sein, der nicht so will wie sie oder einfach nur keine Lust Zähne zu putzen etc. sein.
Habt ihr Ideen, wie wir ihr helfen können, sich besser zu regulieren. Das ist für sie total anstrengend, weil sie lange nicht aus dieser Wut rauskommt und für uns natürlich auch. Ich bin über jede/n Anregung/ Tipp dankbar.

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Wir haben sehr früh mit dem Pausenstuhl gearbeitet. Wenn sich unser Sohn so aufgeführt hat, bekam er eine Pause auf dem Küchenstuhl in unserer Nähe.
Aufstehen durfte er erst, wenn er sich beruhigt hatte. Am Anfang habe ich ihn bestimmt 30x da wieder drauf gesetzt. Später hat er sich dort selber seine Pause genommen bis er sich beruhigt hatte. Es wurde von dort nicht geschimpft und immer Friedensangebote gemacht.

Es lagen später Malsachen, Sticker, Bücher in greifbarer Nähe, wodurch er sich abkühlen konnte.
Er hat auch gerne geholfen wenn ich ihm, nach einer hitzigen Situation wortlos was zum Schnibbeln für das Essen hingestellt habe.

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Wir hatten das mit einem unserer Kinder auch zwischen 3,5 und 4 besonders intensiv. Ca. 2-3 Monate nach dem 4. Geburtstag würde es besser.

Ich finde es gut, dass Du Deinem Kind nachhaltig helfen willst und nicht nur die Symptome bekämpfen willst.

Wir haben viel über Gefühle gesprochen. Wie hießen sie? Wie erkennt man sie bei sich und bei anderen? Wie fühlt sich das an, wenn die langsam kommen und immer größer werden? Wann kann man was tun? ...

Sich der Situation zu entziehen oder den stillen Stuhl kann ich nicht empfehlen. Zu viel Stigmatisierung nach dem Motto "du böses Kind, keiner mag Dich, wenn Du so bist." Das führt dazu, dass das Kind diesen Teil von sich selbst abkoppelt oder sich tatsächlich selbst als böse betrachtet und damit immer tiefer in die Abwärtsspirale gerät.

Besser ist es mit dem Kind die Situation auszuhalten. Pause machen, ist sicher nicht verkehrt. Aber das kann man auch gemeinsam auf dem Sofa. Nicht an einem Spezialplatz für unartige Kinder.

Und nein, mit aushalten meine ich nicht sich vom Kind schlagen zu lassen. Aber ein normaler Erwachsener kann sich vor körperlichen Angriffen eines 3jährigen schützen, ohne dieses zu demütigen oder alleine zu lassen.

Alternativen zur körperlichen Verarbeitung von Wut wären z.B. ein Wutkissen oder ein Boxsack.

Aber mit 3,5 kann man auch schon mehr reden. Möglichst von dem kompletten Zusammenbruch.

Ansonsten sind Kinder mit 3,5 noch in der Trotzphase und es darf immer noch zum kompletten Zusammenbruch kommen. Hirn im Umbau. ;-)

Es wir im nächsten dreiviertel Jahr besser werden. Versprochen!

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Das sollte aber doch sehr vom Kind abhängig gemacht werden.
Bei uns war der Stuhl nie eine "Böse-Kind-Zone", sonst hätte unser Kind den Stuhl nie für sich als Mittel zum regulieren gesehen und genutzt. Es wurde nie damit gedroht sondern als Angebot formuliert und nach kurzer Zeit als das wahrgenommen.

In der Tagespflege wurde es ebenso gehandhabt. Unser Sohn hat, wenn es ihm zu viel wurde darum gebeten im Hochstuhl zu sitzen.

Wenn körperliche Nähe in den heißen Phasen vom Kind nicht ausgehalten werden kann aber der Wunsch nach Nähe da ist, hat es hier mit dem Stuhl gut funktioniert. Ich war im selben Raum, habe meine Sachen weiter gemacht und den Fokus erstmal vom Kind genommen.

Später konnte die Pause auch auf dem Sofa gemacht werden aber zu keiner Zeit mit uns, zu mindestens nicht in den heißen Phasen. Da war Körperkontakt oder zu große körperliche Nähe kontraproduktiv.

Ich finde es auch wenig hilfreich mit meinem Kind über Gefühle zu reden, wenn die sprachlichen Fähigkeiten nicht ausgereift sind und die " Sprachlosigkeit " des Kindes, dieses oft noch frustriert. Erzeugt auch nur Druck obwohl dieser erst mal raus muss um wieder sinnvoll miteinander ins Gespräch zu kommen.
Es ist vollkommen richtig, Gefühle ernst zu nehmen, Situationen zu besprechen, Gefühle einen Namen zu geben aber nicht unbedingt in den heißen Phasen.

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Meine hab ich immer in ihr Zimmer gesteckt bei solchen Anfällen. Ich bin auch mit Anfangs, aber hab ihr dann auch gesagt, dass sie jetzt eine Pause machen soll.
Kuscheln wäre bei ihr extrem kontraproduktiv gewesen, sie braucht eine Rückkzugsmöglichkeit aber wusste das in dem Alter natürlich noch nicht.
Heute meldet sie sich selber vor einem Zusammenbruch ab und geht "Pause machen". Die Bedürfnisse des Kindes zu respektieren beinhaltet eben auch, sich selber bei Bedarf zurück zu nehmen.

Man kann das also nicht verallgemeinern, welches der richtige Weg ist. Und ein Pausenstuhl ist ja auch nur ein konkretes Werkzeug und muss nicht als Bestrafung daherkommen. Bestimmten Kindern hilft einfach ein fester Ort, um das Konzept der Auszeit besser zu verinnerlichen. Das würde sicher auch mit einem Kissen, einer Kuscheldecke oder dem Kinderzimmer gehen. Andere brauchen hingegen Nähe, das müssen die Eltern eben herausfinden.

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Hallo,
ich habe gerade leider nicht viel Zeit.
Was unserem ähnlich tickendem Sohn (auch 3,5 Jahre alt) oft hilft, sich zu beruhigen, ist eine Hängematte / ein Hängesessel / eine Hängehöhle. Wir haben einen Hängesessel (aus Hängemattenstoff) auf der Terrasse und eine Hängehöhle im Haus. Wir setzten das Kind rein und uns selber davor und schubsen das Kind ein bisschen an.
Liebe Grüße und starke Nerven ;)

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Der Text könnte über meinen großen Sohn sein.

Ich gehe raus aus dem Zimmer und der Situation, rufe ihn zu mir und er soll versuchen mir zu erklären was er will bzw. Was ihm fehlt. Kann er das nicht, biete ich ihm an ihn zu "trösten". Also gaaanz fest drücken. Druck auf große Partien des Körpers, fährt das Nervensystem runter. Dieser körpereigene Mechanismus kommt unter anderem auch bei Behandlungen in der Psychiatrie zum Tragen.
Danach kann er sich meist ausdrücken und wir reden darüber was ihn da so "geärgert" hat, warum er traurig ist oder wütend/frustriert.

Selbstregulation lernt man am allerbesten und allerschnellsten durch Fremdregulation. Wenn die Fremdregulation nach der Babyzeit zu schnell wegbricht , z.B. wegen Kita Besuch ohne gute Betreuung, dann kann es mitunter zu solch extremen Gefühlsäußerungen kommen, besonders bei sehr sensiblen Kindern wie deinem und meine nem Kind.

Biete ihr Hilfe an und finde heraus wie sie für sie aussehen muss damit es wirklich eine Hilfe ist.

Das wird schon.

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Buchtipp vor allem, das gewünschte Wunschkind aller Zeiten.

Denn wenn man erstmal weiss was im gehirn des Kindes grad so vor sich geht, finde ich, kann man deutlich besser damit umgehen.

Ich weiss natürlich nicht genau ob das wirklich am hochsensiblen liegt, da meine Kinder genauso sind und ebenfalls HS, ich hab es aber immer für altersentsprechend und normal gehalten, wobei mein äußert empathisches Kind bis zum Kiga niemals auf die Idee kam mich zu hauen (sie war knapp 4) sie war damals aber selbst darüber sehr erschrocken (lag wohl an meinem geschocktem Gesicht).

Wir sind daran gewachsen und haben voneinander viel gelernt.
Z.b nach dem Kiga nicht mit Fragen löchern und erstmal alles "raus" lassen können.
Ich hab trigger vermieden und sie einfach "sein" gelassen.

Sich selbst zu regulieren ist als HS Mensch einfach extrem schwer.
Meine Tochter ist jetzt knapp 8 und mittlerweile rede ich mehr darüber mit ihr als früher (da aber auch schon) und von ihren Antworten her bin ich garnicht mehr so sicher ob sie wirklich HS ist, zumindest empfindet sie alles garnicht mehr so wie ich das zb tue und wenn dem so ist war es eben einfach alterstypisches Verhalten von ihr und ich habe es nur so "krass" wahrgenommen weil ich definitiv HS bin und den Umfang spüren kann.
Regulieren kann ich mich übrigens nur wenn ich mich abschotte/einmauer....denn meine "Sender" sind eben immer auf Empfang, das ist ausschlaggeben für HS, ich sag immer wir sind die Alarmanlagen der Natur...wären unsere Antennen aus würden wir nicht mehr alarmieren können,demnach geht das nicht!

Mangelnde Impulskontrolle zb ist mit 3,5 ganz normal.
Dazu steht sehr viel in dem oben erwähntem Buch, lohnt sich aufjedenfall zu lesen (gibt auch ein 2. für 5-10 jährige ;) )

LG und alles Gute euch <3

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Bei Hauen eventuell ein Kissen zum reinhauen anbieten.

Bei uns half immer wieder Kuscheln anbieten. Dies hat sie anfangs immer abgelehnt und nach ner Weile angenommen. Sobald sie es zugelassen hat, hab ich sie dann lange gedrückt. So konnte sie sich schnell beruhigen.
Im Anschluss ausreden lassen. Meist hatte sie etwas auf dem Herzen und wollte es loswerden.

Was nie geholfen hat war austoben lassen. Meine Tochter war in ihrer Wut gefangen und hätte über eine Stunde heftig gewütet. Sie konnte nicht alleine aufhören.

Mittlerweile ist es viel besser.