Die große Wut - wie damit umgehen?

Liebe Community,

ich muss mich mal grade ausheulen. Unser Sohn (bald 4) hat so massive Wutanfälle, dass ich einfach nicht mehr weiter weiß. Er liebt Ballspielen, will jeden Tag raus, um Fußball oder Basketball zu spielen. Er kann das auch schon recht gut. ABER immer wenn er den Korb nicht trifft oder den Ball nicht so trifft, wie er das gerne hätte, kriegt er prompt einen Wutanfall, brüllt, tritt, wirft den Ball in den nächsten Vorgarten, rennt auf mich los, schlägt auf mich ein, petzt mir in den Oberschenkel, zerkratzt mir die Arme - also die Wut muss raus.

Gestern wieder so ein Tag. Es gibt dann kein Vor, kein Zurück. Es wiederholt sich beim nächsten verschossenen Ball. Ich sag immer, ich spiele nicht mehr so mit dir. Aber ich will ihm ja das Ballspielen nicht verbieten. Nachdem ich schon genug Kratzer am Arm hatte, hab ich ihn gestern brüllend nach Hause getragen. :(

Ratschläge? Ideen? Hilfe?

11

Ich kenne das von meiner Tochter, sie ist inzwischen 5 und es kommt kaum noch vor, war aber lange Zeit schwierig.

Wir waren beim Kinderpsychologen & auch einige Zeit bei der Elternberatung, dh das ist jetzt nicht einfach nur meine Meinung.

Was wir getan haben: ruhig bleiben, Wutanfall soweit möglich begleiten (bei uns hieß das oft abwarten und nichts tun). Bei Aggression (Hauen, Beißen) Hände festhalten und nicht erlauben. Soweit wie möglich solche Emotionsdurchbrüche vorab vermeiden: bei uns hieß das, nach Kindergarten erstmal Pause (fernsehen), aktiv mit Essen&Trinken versorgen, sehr hellhörig sein auf Überlastung und frühzeitig Reissleine ziehen (dh zB früher gehen, wenn sich schlechte Laune schon abzeichnet, Essen anbieten, generell manchmal Aktivitäten reduzieren).

Falls es zum Emotionsdurchbruch kommt: möglichst ruhig begleiten, dabei und nachher keine Vorwürfe. Später (paar Stunden!) ruhig besprechen und Alternativen aufzeigen.

Abwarten bis das Gehirn die Impulskontrolle verbessert.

Schimpfen und runtermachen hat keinen langfristig positiven Effekt, im Wutanfall ist einfach der rationale Teil nicht verfügbar.
Bei uns haben zB auch Alternativen wie aufstampfen, Kissen hauen etc nie funktioniert, einen Versuch ist es aber wert.

Wegtragen würde ich nur im Notfall, weil es den Anfall meist verschlechtert (bei uns zumindest, vielleicht ist euer Kind anders!).

Aus meiner Erfahrung kennen sehr viele Eltern keine so heftigen Anfälle & sehr viele Tipps sind unbrauchbar (aber jeder hat natürlich welche). Eine GUTE Elternberatung bringt aber viel, auch grad vom Emotionalen her!

15

Sehr gut und empathiesch geschrieben.

1

Hallo,

mit 4 fängt bei uns der Vereinsfußball bei den Knirpsen an. Ich denke die Kinder lernen in solchen Fällen viel besser von anderen. Vielleicht wäre das ja eine Idee

2

Ich würde so nicht mehr mit ihm spielen und ich würde mich nicht zum Prügelknaben meines Kindes machen lassen.

Vielleicht findet ihr andere Spiele, etwas Neues würde ihn vielleicht ablenken. Dann lieber Fahrrad fahren , Roller, Gokart fahren.

Oder gib ihn in eine Sportgruppe, da kann er sich nicht so aufführen.

8

Rädchen fahren ist nicht sein Ding. Ballgruppe haben wir letztes Jahr versucht. Da gab es aber auch Wutanfälle und ich hab es aufgegeben. Da sagten sie mir, es wäre wohl noch zu früh für ihn. Vielleicht nächstes Jahr wieder.

3

Hat er das auch in anderen Lebensbereichen, also generell Probleme mit Aggressionen und mit Frustration? Oder ist das nur beim Ballspielen so?

Wenn ja, woher kommt der Druck, dass man immer treffen muss? Andere Kinder? Verein? Oder doch aus der Familie? Habt ihr ihn vielleicht zu oft gelobt, wenn er getroffen hat? Habt ihr darüber gesprochen, wie toll er das mit dem Ball macht? Ist das "gut mit dem Ball sein" Teil seiner Identität geworden, so dass seine Welt destabilisiert wird, wenn er es doch nicht so gut kann?

Ich würde sehr darauf achten auszustrahlen, dass es mir als Mutter völlig egal ist, wie gut er Ball spielt, Hauptsache er hat Spaß. Wenn ich also über ihn spreche, würde ich nicht über Fähigkeiten berichten, sondern über Vorlieben. "Mein Sohn spielt so gerne Fußball/Basketball", nicht "mein Sohn kann ganz toll Ball spielen".

7

Hm, nein, eigentlich nicht. Der Druck bzw. die Frustration kommt ganz aus ihm selbst heraus. Das ist ja das Seltsame. Er ist sonst kein aggressives Kind, wie gesagt, es geht eher um Wut und Frustration. Er hat das auch ansatzweise bei anderen Sachen, aber beim Ballspielen eben extrem.

4

Das sind für mich zwei unterschiedliche Dinge.

Zum einen die Wut zum anderen deine Verletzungen.
Rede mit ihm, frage ihn, was in ihm vorgeht, wenn er so wütend wird. Weiterhin Stelle klar, dass er auch in seiner Wut niemanden verletzen darf, auch dich nicht. Frage, was helfen könnte, wenn die Wut ihn überkommt. Da kann man Hilfestellung geben, wie laut schreien, einen Baum verprügeln, gegen eine Wand treten etc.

Sage ihm auch, dass du dir Angriffe von ihm verbietest, mit eine Strafe, die ausgesprochen wird. Sage ihm, dass es dir wehtut in dieser Situation. Sage es laut und deutlich, Sorge dafür, dass er dich wahrnimmt und hört.

9

Sehr lieb geschrieben, danke! ;) Ich mache das alles, aber es kommt nicht an, bzw. er versteht es eben (einfach wirklich noch) nicht! Es gab vor einem halben Jahr schon mal eine schlimme Phase, da hab ich mich beraten lassen wegen der Angriffe auf mich. Da meinte die Beraterin, ich soll ein Kissen vorhalten, damit er sich da austoben kann. Das geht aber eben draußen nicht, und war auch nicht besonders effektiv...

Bearbeitet von Tarana
14

Ich arbeite in einer Grundschule und sehe da immer wieder "Kinder ausrasten" , die sind dann im wahrsten Sinne des Wortes, " Wie von Sinnen."
Es kommt vor, dass Klassen geräumt werden müssen, weil ein Kind durchdreht und wir da die anderen SuS einfach schützen müssen.

Was ich damit sagen will ist, dass geht nicht einfach weg. Das ist etwas, dass geleitet werden muss, sonst kann es genau zu so einer Situation kommen. Hole dir Hilfe, professionelle Hilfe. Besser jetzt, als in 2Jahren.

5

Das ein Kind man gefrustet, traurig,... ist, wenn es verloren hat, nicht trifft,... okay!
Gewalttätig zu werden, geht aber nicht, dass sollte er schnellstens lernen & sein Verhalten sollte Konsequenzen haben!
Ich würde mit ihm solange kein Ball mehr spielen, bis er das begriffen hat!
Wenn er dann wieder damit anfängt, dann würde ich sofort aufhören & dann gibt's erstmal wider eine Zeit lang keinen Ball!

6

Mich treten, kratzen, beißen? Ein Vierjähriger??
Das hätten meine Kinder wohl nur einmal versucht.
Danach wären der Spielplatz und ja, auch der Ball für ein paar Tage passé gewesen, und wenn es beim nächsten Mal wieder so abgegangen wäre, hätten wir kehrtgemacht und wären wieder sofort nach Hause gegangen. Den Ball aus dem Vorgarten hätte ich beim 2. Mal seelenruhig liegen gelassen, dann ist er eben weg.
Nie im Leben hätte ich mich so behandeln lassen.

10

Vielen Dank für die vielen Ratschläge, aber selbst erlebt hat sowas niemand?

Auch Wut ist ein Gefühl. Die lässt sich eben leider nicht "wegbestrafen". Ich habe schon zig Spielplatzbesuche abgebrochen, eine Weile sind wir eben gar nicht mehr zum Basketballkorb, es liegen schon diverse Bälle von uns auf Garagendächern, in Hecken und Vorgärten. Aber die Wut bleibt. Nach dem oben beschriebenen Nachmittag, hab ich ihm erklärt, dass ich sowas nicht mehr erleben will und den Rest des Tages nicht mehr mit ihm spielen kann. Und am nächsten Tag haben wir bewusst keinen Ball mehr mitgenommen. Aber ich bin mir fast sicher, es geht beim nächsten Mal wieder von vorne los. Vielleicht tritt ein Lerneffekt ein, wenn er ein bisschen älter wird...

Bearbeitet von Tarana
13

Ich bin nicht in der Situation und mein Kind ist mit 2 Jahren auch noch zu klein um ähnliches erlebt zu haben, aber als Außenstehende würde ich dir Recht geben, dass die Wut wegzustrafen wenig bringt. Ich finde den Weg "ich spiele dann den Nachmittag nicht mehr mit dir" sogar völlig kontraproduktiv. Die Wut ist ja da. Für mich klingt es so, als hat dein Kind noch keinen guten Umgang gefunden, wie es die Wut loswerden kann. Da würde ich üben. Immer und immer wieder. Denn momentan hat es sich wohl schon eingeprägt, dass du als Wutableiter genutzt werden kannst und das muss jetzt umtrainiert werden. Ich würde mir eine Strategie suchen, die eben immer und überall geht (nicht wie mit dem Kissen, wo man eben nicht ständig eins dabei hat). Vielleicht bietest du deinem Kind an, dass es wütend stampfen darf, bis alle Wut weg ist oder den Boden schlagen? Oder es läuft erstmal so schnell es kann ein paar Mal hin und her und schreit dabei laut, um die Wutenergie los zu werden? Oder ihr sucht euch ein kleines Wutmonster-Kuscheltier, was immer dabei ist und dann alternativ geworfen/ gehauen werden darf? An diese geeignete Alternative würde ich ihn dann immer wieder in der Wutsituation erinnern. Menschen werden nicht geschlagen, sondern er soll sich wie vereinbart abreagieren.
Wenn er sich am Ball abreagiert, dann fände ich das erstmal ok und würde später nur immer wieder an seinen Verstand appellieren, dass es ja doof ist, wenn der Ball weg ist. Irgendwann wird es das verstehen und kann den Implus vielleicht vorher umleiten in die alternative Methode. Kennt es nicht auch jeder Erwachsene mal, dass man so dermaßen sauer ist, dass man einfach irgendwo mal drauf haut um die Wut loszuwerden?! 🙈

12

Als Nachtrag noch: ganz wichtig ist es, den positiven Blick aufs Kind zu behalten, und aber auch so gut wie möglich Self-Care zu betreiben.

Bei uns gabs zB 3 Monate kurz nach dem 4. Geburtstag, wo quasi der ganze Nachmittag mit Wutanfällen gefüllt war (beinahe jeden Tag). Wir sind da wirklich am Zahnfleisch gegangen.

Zusätzlich: du bist nicht dran schuld, und dein Kind auch nicht, und es muss auch nix Schlimmes dahinterstecken.

Bei uns hat es sich nach den 3 ganz schlimmen Monaten zB massiv verbessert und jetzt (fast 1 Jahr später) kommt es nur selten vor, in den meisten Fällen kann sie jetzt sich auch schon selbst regulieren und sagen was sie braucht.