Der geplante ungeplante Kaiserschnitt!

Sorglos schwanger, blauäugig und naiv würde ich mein ICH vor noch einem Jahr bezeichnen. Denn was sollte nach einer solchen Bilderbuchschwangerschaft schiefgehen?

Übelkeit war mir fremd, genauso wie Wassereinlagerungen. Nur der Ischiasnerv machte mir einmal zu schaffen.

Plötzlich Diagnose: Beckenendlage. Kaiserschnitt.
Auf einmal kam ich mir einfach nur fehl am Platz vor, in meinem ach so tollen Hypnobirthing-Kurs. "Hüften kreisen lassen, wie beim Gebären". Bei welchem gebären?, dachte ich nur? Ich war plötzlich stigmatisiert: Die, die ihr Kind eh nicht natürlich auf die Welt bringen konnte. Von den anderen Kursteilnehmerinnen oder der Hebamme erntete ich nurmehr betroffene Blicke, wenn ich vom Vielleicht-Kaiserschnitt erzählte, denn er KÖNNTE sich ja noch drehen (er drehte sich nicht). Also ging ich dort nicht mehr hin.

Ich klapperte die Krankenhäuser in der Umgebung ab. Eines hätte sich über eine Spontangeburt drübergetraut aber nicht ohne mir zu sagen "und wenn ihr Kind länger als 5 min durch den Geburtskanal braucht erleidet es einen Sauerstoffmangel und kann sterben."
Wirklich, ich hätte wirklich gerne meinen Sohn spontan auf die Welt gebraucht, aber bitte ohne mit seinem Leben zu spielen! Im nächsten Krankenhaus fand der Oberarzt mit Doppler-US heraus, dass die Nabelschnur ein paar mal um den Hals gewickelt war. Er riet mir dringend zum Kaiserschnitt, also wurde dieser gleich geplant.

Und dann passierte etwas, worüber ich bis heute unheimlich dankbar bin: 2 Tange vor dem geplanten Kaiserschnitt, ein Blasensprung :-p Denn so konnte sich mein Kleiner seinen Geburtstag aussuchen, bzw. zeigte uns, dass ER soweit ist, und ich durfte den Anfang einer Geburt erleben.
Und ja, ein paar Minuten nach dem Blasensprung gings mit den Wehen gleich richtig zur Sache! Tatütata mit der Rettung ins Krankenhaus, denn bei Beckenendlage darf man ja nach Blasensprung nicht mehr aufrecht stehen, und brav meinem Freund die Hand zerquetschen, wenn die nächste Wehe anrollte;-)

Ich war dankbar, für jede Wehe, die ich spüren durfte und war fasziniert, wie schnell sie kamen und wie schnell sie plötzlich wieder weg waren! Das kennt man ja vom normalen Schmerz nicht! Außerdem machten sie mich richtig euphorisch.

Insgesamt 5 Stunden ab Blasensprung durfte mein Körper machen was er wollte, dann wurde der Katheder gesetzt, Strümpfe angezogen und ab in den OP! Und hier erlebte ich die 2. äußerst positive Überraschung: Die Geburt war toll! Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber die PDA lag problemlos, mir wurde total warm, das Team war sehr freundlich und ich fühlte mich einfach nur gut aufgehoben und sogar geborgen, und wartete so mit meinem Freund an meiner Seite auf unser kleines Wunder.

Aber es dauerte länger, als ich dachte. Gleich darauf lieferte uns das OP-Team den Grund: Nabelschnur 4 mal um den Hals! Den mussten sie mal richtig entwickeln, bevor sie ihn herausheben konnten!

Aber dann wars doch soweit: Der erste Schrei und uns beiden, meinem Freund und mir, rannten die Tränen nur so hinunter. Ich sah ihn, spürte ihn auf meiner Brust und von diese Moment an war es sowieso schon um mich geschehen #verliebt

So, normalerweise enden an diesem Punkt die Berichte. Aber rein gefühlsmäßig muss ich noch einen Schritt weiter erzählen, um den Geburtsbericht richtig zu ende zu führen. Es geht um die Stunden und Tage danach.

Ich hatte nach der Operation normalen Wundschmerz. Doch dann setzten die Nachwehen ein. Sie wurden stärker. Stärker. Stärker. Irgendwann gab es keine Pause mehr davon. Sie erreichten die Intensität von Geburtswehen, dann gingen sie darüber hinaus, und ich wusste, irgendwas war nicht in Ordnung.
Was es war, das weiß ich bis heute nicht. Ich weiß nur, dass ich wimmerte wie ein Baby, nicht mehr fähig klar zu sprechen. Es stand sowieso schon ein Arzt bei mir, der gab mir eine Spritze und die Schmerzen potenzierten sich #schock ich packte es nicht mehr, ich bittete und bettelte. Normale Schmerzmittel halfen nicht. Selbst jetzt, 7 Monate danach, kommen mir fast die Tränen, wenn ich an diesen Moment der puren Verzweiflung und Hilflosigkeit denke.

Die nächsten Stunden verbrachte ich zugedröhnt mit Morphium. Das positive: Ich hatte keine Schmerzen mehr. Das negative: Ich hatte überhaupt kein Gefühl mehr. Ich hatte kein Glücksgefühl, kein Zeitgefühl, keine Gedanken, nichts.

Am nächsten Tag klappte zwar das Aufstehen und duschen, dafür der nächste Schmerz: Postpunktuales Kopfweh, nach Oberarzt die höchste Stufe. Man, klingt Kopfweh lächerlich! Ich pflege dazu "Gehirnkrampf" zu sagen. Man stelle sich vor: Aufstehen klappt nur, wenn man den Kopf auf Kniehöhe hält. Der einzige Grund, aufzustehen, war dann sowieso nur der Klogang. Also lag ich 5 Tage da, in jedem Arm ein Schlauch, einer für Flüssigkeit, einer für Schmerzmittel, die nicht halfen, mit Elektroden im Genick. Verwandte wollten mich besuchen, sie durften mein Zimmer nicht betreten weil es mir so schlecht ging. Wie sollte ich auch nur ein "Hallo" herausbringen, wenn ich das Gefühl hatte, ein Presslufthammer hämmert auf meinen Kopf ein?

Ich dachte, der Kaiserschnitt ist der leichtere Weg. Ich dachte ernsthaft, ich müsste dabei nichts "leisten", wenn man die Wehenarbeit bei einer Geburt so nennen möchte. Diese Horrorwoche hat mich eines besseren belehrt. Ich schaffte es, undefinierbare, unsagbare Schmerzen auszuhalten und mich trotzdem um meinen Sohn zu kümmern. Er war immer bei mir, schlief nur an meiner Seite (dafür schlief ich 3 Tage überhaupt nicht) , ich stillte ihn fast ununterbrochen, was uns zu einer bis heute andauernden, problemlosen Stillbeziehung verhalf.

So. Jetzt aber Ende. Ich wünsche allen schwangeren Frauen von ganzem Herzen eine tolle Geburt! #winke

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Schon geschrieben! Aber: Mensch, da hast du ja einiges mit gemacht #liebdrueck

Schön, dass ihr beide das so gut verkraftet habt und Vorallem, dass du ein gesundes #baby in Armen halten kannst.

Alles Gute
JD

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Schon = schön , doofe Autokorrektur #klatsch

3

Haha Dankeschön :)

Ja es ist unglaublich welche Kraft einen ein baby gibt, wenn man für es da sein MUSS ;)

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Hey!
Toller Bericht!!!! Bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Bericht eigentlich enden sollte und für dich dann leider alles aus dem Ruder lief habe ich vor 7 Wochen alles, incl des Gefühls nach der "Diagnose" kaiserschnitt genauso erlebt!!!

Toll, dass du alles so gut überstanden hast und du voller Stolz sagen kannst, was eine Mutter für Kräfte entwickeln kann!!!

5

Oh na dann herzlichen Glückwunsch zum baby erstmal :)
Ja ich glaube nicht nur uns beiden geht es so, wenn man plötzlich die Diagnose "kaiserschnitt" bekommt fahren die Gefühle einmal Achterbahn xD