Geburt unserer Tochter (lang)

Nachdem ich hier immer gierig alle Berichte gelesen hab, möchte ich meinen heute auch dazu stellen. Ich hab immer die ausführlichen Berichte geliebt und mich immer gewundert warum man sich entschuldigt, dass es lang ist :-)! Ich schreibe am Tag nach der Geburt - die kleine schläft selig unter meinem Arm auf dem Stillkissen vom Krankenhaus. Mein Mann schläft im Bett neben uns - sind im KH-Familienzimmer. Ist völlig fertig der Gute...

ET war der 1.12. es tat sich nichts, mein Frauenarzt schätzte ihr Gewicht auf 4200 Gramm, (womit er garnicht so weit daneben lag, sie wog nach der Geburt 4300 Gramm) und meinte er hätte nichts gegen eine sofortige Einleitung. Er wusste aber auch das ich zur Geburt im Krankenhaus Havelhöhe angemeldet war, wo man sich mit Eingriffen eher mehr Zeit lässt. Also überwies er mich an die Klinik, mit "Verdacht auf Beginnende Makrosomie" wo ich 3Tage später einen Termin machen sollte und meinte er will mich erst wieder mit Baby sehen. Etwas beunruhigt ging ich nach Hause. 3 Tage später immernoch nichts los. In der Klinik konnte man mich aber beruhigen. Groß aber proportional passend zu mir. Fand ich auch, bin auch eher groß: 1,76. Ich sollte am Sonntag (7.12.) wiederkommen. Nachts hatte ich schon seit Mittwoch immerwieder leichte Wehen, sodass ich ab und zu aufwachte. Aber am Morgen war immer alles ruhig. Ich hoffte sehr das wir am Sonntag einfach in der Klinik (Havelhöhe) bleiben dürften weil mir der weite Weg (einmal quer durch die Stadt, je nach Verkehr ein ziemlicher Akt) irgendwie die größte Hürde schien, wenns losgeht.

Tatsächlich wurden in der Nach zum Sonntag die Vor-Wehen stärker, am Morgen ging ein Großteil des Schleimpfropes ab. Zuversichtlich fuhren wir in die Klinik. Dort hängte man mich noch an den CTG (eigentlich wird es erst ab ET+7 gemacht), und stellte fest das die "Wehen" (ich setz es mal in Anführung, weil es ja schon verschiedene Stärkegrade gibt) schon recht regelmäßig sind. Alle 7 Minuten. Die Hebamme meinte, wir sollen spazieren Gehen, was essen und dann wiederkommen. Ich war begeistert - alles lief nach Plan!

Bei den Urbia-Geburtsberichten hab ich mich immer gewundert, was die Frauen in den Wehen noch alles gemacht haben. Hätte ich gedacht, dass ich mit Wehen alle 6-7 Minuten über den Kladower Weihnachtsmarkt laufe, hätte ich mir auch nen Vogel gezeigt. Aber so war es. Wir gingen 3 Std spazieren und aßen auf'm Weihnachtsmarkt Waffeln und Erbsensuppe. Letzteres sollten wir noch bereuen, ständig musste mein Mann das Zimmer lüften, aus Peinlichkeit vor der netten (und auch hübschen) Hebamme, die uns am folgenden Tag betreute.

Um 17 Uhr erneute CTG Messung, die Abstände zwischen den Wehen waren nicht kürzer aber immer noch regelmäßig und die Wehen stärker als Mittags.
Befund Muttermund: Gebärmutterhals verstrichen, Muttermund fingerdurchlässig. Juchu! Wir konnten da bleiben. Und bezogen ein Zimmer.
Nachts fand ich keinen Schlaf, vor Wehen und vor Aufregung. Ich wehte vor mich hin, es war aber alles gut auszuhalten. Mitten in der Nacht dürfte ich in einen der wunderschönen Kreißsäle und baden. Die Wehen würden weniger bzw leise und erträglich, gingen aber umso heftiger los als ich wieder aus der Wanne war. Ich weiß nicht wann ich angefangen hab zu veratmen und zu tönen. Aber ich meine in der Nacht. Befund Muttermund am Morgen - unverändert - leider.

In Havelhöhe fühlte ich mich sehr wohl. Der schlimmste Gedanke für mich war, das ich wieder fahren musste, zurück in den 5. Stock ohne Fahrstuhl, der ganze Weg durch die Stadt wieder vor uns. Gegen Mittag (Inzwischen Montag) wurde nochmal CTG gemessen. Die Wehen (die ich alle schon veratmen musste um den Schmerz auzuhalten waren etwas unregelmäßig - 4-8 Min. Die junge Hebamme die uns an dem Tag betreute, machte mir dann etwas Panik, als sie meinte, wenn sich weiter nix tut, sollten wir erstmal wieder nach Hause fahren. Ich heulte zum ersten Mal in dem ganzen Prozess als sie aus dem Zimmer war, schwankte zwischen: bin ich hysterisch oder versteht hier keiner den Ernst der Lage??? Wir sollten uns beraten und trafen sie dann nochmal. Sie sollte einfach nochmal den Muttermund abtasten. Ich fühlte mich miserabel, sah mich schon wieder fahren, die ganze Hoffnung und Mühe umsonst. Zum Glück redete der Muttermund auch ein Wörtchen mit - er hatte sich inzwischen auf 3 geöffnet. Also lag ich doch richtig mit meinem Gefühl dass an eine Heimfahrt nicht mehr zu denken war (geschweige denn am Montag Nachmittag im Berufsverkehr). Und ich behielt recht: ein paar Std später war er schon 7 cm geöffnet. Unterwegs ließ ich mir einen Einlauf geben. Wahrscheinlich wegen der Eiseneinnahme hatte ich Stuhlgang wie Stein, wenn überhaupt. Kann nur jedem Empfehlen, das abzuwägen ob man Eisen am Ende noch nehmen soll. Der oft beschriebene Durchfall am Anfang blieb bei mir leider aus. Ein Einlauf unter Wehen ist die Härte aber lohnte sich. Tatsächlich war der Wehenschmerz anschließend weniger. Ich könnte etwas ausruhen.

Wir waren schon in einen der Kreißsäle umgezogen, hatten schon getönt und gebadet, alles sehr förderlich. Irgendwann bei 7 cm platzte die Fruchtblase. Aber nicht schwallartig. Bei jeder Wehe trat nun etwas Fruchtwasser aus, das zum Glück auch klar war. Laut CTG ging es der Kleinen die ganze Zeit über sehr gut. Dann wurden die Wehen sehr stark. Atmen und Tönen half da nicht mehr. Ich musste schreien. Die Schmerzen waren so intensiv dass ich begann, mich vor der nächsten Wehe etwas zu fürchten. Vorher hatte ich eher trotz Schmerz immer gefreut, dass es weitergeht.

Auf einmal hieß es, ich sollte die Wehen verhecheln, denn die Herztöne der Kleinen seien schlecht. Außerdem sollte ich mich auf die Seite legen, auf der zu liegen ich in der Wehe beim besten Willen kaum ertragen konnte. Das war für mich der schrecklichste Moment der ganzen Geburt. Ich wußte kaum wo oben und unten ist und die Schmerzen zerrissen mich förmlich. Mein Mann stand uns die ganze Zeit bei, Strich meinen Rücken aus. Dann kam die Ärztin. Sie hatte sich mit der Hebamme beraten. Sie hatte in der Zeit nochmal den Muttermund getastet und es ging nicht voran. Auch könnte man beim Baby am Kopf eine Schwellung tasten, die darauf hinwies dass es schwer zu arbeiten hat. Immernoch waren es 7 cm. Sie vermuteten dass meine Beckenmuskulatur sehr stark sei und verspannt durch den Schmerz und sie darum nicht durchlassen würde in die Übergangsphase. Deshalb riet mir die Ärztin (in Havelhöhe!!) zur PDA. Sie sollte helfen, dass die Muskulatur sich lockert und alles vorangeht. Ich war sofort bereit dazu. War natürlich nicht das was ich vorhatte - sollte ja alles natürlich ablaufen. Der Anästhesist, der mir die PDA verpasste hat für mich was von nem Heiligen. Mann was war das eine Erlösung!! Wirkte auch sofort und überall, einziger unangenehmer Nebeneffekt: mein linkes Bein war wie Gummi. Aber ich musste ja auch nicht aus dem Bett schießen wenn die Wehe kommt und irgendeine Position finden, die den Schmerz erträglich macht. Ich merkte sie quasi nicht mehr. Mein Mann und ich schliefen sofort ein. Wurden zur Untersuchung geweckt und siehe da: Muttermund komplett geöffnet. Im Traum quasi - was für ein Traum!!

Und dann passierte das nichts mehr passierte. Die Kleine lag schon seit Wochen wunderschön in Startposition. Aber sie kam und kam jetzt im entscheidenden Moment nicht weiter. Der Kopf war etwas ungünstig gewinkelt. Sie hatte das Kinn nicht an der Brust, sondern stolz erhoben, als wollte sie schonmal sehen wo der Ausgang ist.

Die Ärztin kam nach einer ganzen Weile, immer wieder tasteten Ärztin und die sehr nette Hebamme die über Nacht für uns zuständig war, den Muttermund. Die Hebi setzte Akupunkturnadeln, gab mir zuerst ein anthroposophisches Mittel, dann schließlich kam ich an den Wehentropf, der immer weiter hochgedreht wurde. Nichts tat sich. Dann kam die Ärztin und meinte, wenn in einer Stunde kein Fortschritt sei, dann hieße es einfach dass unser Mädchen den Weg "ein Stück weiter oben durch" gewählt hätte. Es Waren sehr nette und irgendwie auch besänftigende Worte, die sie wählte. Also Kaiserschnitt.
Die Hebamne, mein Mann und ich versuchten in dieser letzten Stunde alles um das Ganze auf den Weg zu bringen und die Kleine in eine bessere Startposition zu bringen. Mein Hintern wurde geschüttelt und ich machte die irrsten Drehungen. Die letzte Untersuchung der Ärztin eine Stunde später ergab, dass sich nichts verändert hatte.

Ich war irgendwie ganz ruhig und ja, auch froh, diesen Weg zu gehen, trotz dass ich es mir vorher so schlimm vorgestellt hatte, wenn es zum Kaiserschnitt kommen sollte. Noch schlimmer hätte ich es gefunden wenn wir in eine Wirkliche Notlage kämen wenn wir es weiter versuchen würden. So ging es uns einfach gut, Vater Mutter und Kind. Die PDA wurde dann verschärft, und ein insgesamt sehr nettes Kommitee hievte, betupfte, verkleidete, desinfizierte uns im OP. Ich zitterte die ganze Zeit wie Espenlaub. Auch wenn ich versuchte ruhig zu bleiben, mein Körper schaffte es nicht mehr. Das Licht wurde gedämmt und die OP begann. Mein Mann saß auf der einen Seite, der Anästhesist auf der anderen. Es war mir bei allem Zähneklappern fast weihnachtlich zumute. Mein Gott! Gleich höre und sehe ich meine Tochter. Wie wird das bloß? Wie wird das bloß?

Sie machten einen kleinen Schnitt, ich sollte etwas pressen als sie das Köpfchen rausgehoben hatten. Dann spürte ich wie sie herausgehoben wurde. Ich war wie benebelt. Den ersten Schrei hörte ich durch die Wolke hindurch in die ich gepackt war. Ich sah ein kleines Mädchen im Dämmerlicht das aussah wie ich selbst als Baby, das von grün gekleideten Ärmeln weitergereicht wurde. Gleich nach der sehr kurzen Erstversorgung durch die Liebe Hebamme landete sie bei meinem Mann, der kurz darauf schluchzend vor Glück und stolz zu mir kam. Das erste was die kleine von Ihrer Mutter sah, war ein vibrierender und zähneklappernder Kopf, der aus einem von hinten sanft angestrahlten grünen Vorhang ragte. Ich hörte erst auf zu zittern als ich sie,

unsere Tochter, kurz darauf im Zimmer zum ersten Mal anlegte. Sie wurde mir dann auf die Brust gelegt und schaute mich an mit diesem unbeschreiblichen Blick. Das ich währenddessen zugenäht wurde und die Plazenta noch geboren wurde merkte ich quasi nicht. Es passierte irgendwo weit weg von uns.
Heute, am Tag danach, seit die Betäubung des Anästhesisten-Heiligen nachgelassen hat, merke ich es allerdings, das ich einen Schnitt habe. Aber es spielt keine Rolle. Wir hatten einen sehr glücklichen ersten Tag miteinander, auf den hoffentlich noch viele glückliche Tage folgen werden.
Wir haben sie an ihrem ersten Lebenstag angeschaut, angeschaut angeschaut und ganz nah bei uns.
Unsere Tochter.
59 cm Geburtsgröße
4300 Gramm schwer
KU 36

1

#herzlichen glückwunsch.

was für ein schöner bericht, vielen dank #liebdrueck.

ich wünsche euch alles gute und eine schöne kennlernzeit.

knuddel deine kleine (große mit 59cm) von mir #liebdrueck.

lg, bettina

2

Das war einer der schönsten (im Sinne von schön ausformuliert und ehrlich, das "Ende" war ja leider anders, als geplant, aber für solche Fälle ist der Schnitt zum Glück da) Berichte, die ich seit langem gelesen habe. Da musste sogar ich mal was zu sagen, wo ich sonst fast nur mitlese. Herzlichen Glückwunsch zum kleinen Spatz und genießt eure gemeinsame Zeit!

3

Huhu!
Was für ein wahnsinnig toller, rührender Bericht!#verliebt
Im Moment habe ich irgendwie gar keine Lust mehr aufs schwanger sein und versuche mich irgendwie wieder auf Kurs zu bringen!
Dein Bericht hat für heute schon mal einiges dazu beigetragen #liebdrueck

Ganz viele tolle, zärtliche Momente mit der Maus wünsche ich euch und schöne Weihnachten zu dritt!#niko

4

Toller Bericht vielen Dank dafür #herzlich ....ja weiter ich bin desto lieber lese ich die Berichte und ja vorallem die langen :-)
Herzlichen Glückwunsch!#herzlich und ganz ganz viel Spaß beim kennenlernen.