*mutmach* Große Angst vor der Geburt und wie es dann bei mir lief...

Hallo ihr Lieben,

ich habe mich vor der Geburt meines ersten Kindes immer sehr für die Geburtsberichte interessiert, um eine Idee zu bekommen, was mich erwarten wird. Jetzt möchte ich meine Erfahrungen gern weitergeben. Zur Entstehungsgeschichte meines kleinen Wunders könnt ihr Euch auch noch hier belesen, wenn ihr mögt: http://www.urbia.de/forum/24-kinderwunsch/4567115-good-vibes-viren-fuer-euch/30121172

Zu Beginn meines Geburtsberichtes möchte ich Euch gern erklären, wie es mir in der Schwangerschaft im Hinblick auf die Geburt ging. Ich kann es ziemlich leicht in zwei Worten zusammenfassen: pure Angst! Ich hatte ja so viele Horrorgeschichten gehört. Leider auch schlimme Fälle in meinem engsten Umfeld (wie zum Beispiel mein Bruder, der unter der Geburt gestorben war) und damit war trotz ausgeprägtem Kinderwunsch wirklich eine große Hürde am Ende der Schwangerschaft aufgebaut. Ich wollte alles an Vorbereitungen treffen, um mich von meiner Angst abzulenken. Was habe ich also getan:

1. Bereits mit positivem Schwangerschaftstest das Buch „Hypnobirthing“ gekauft und täglich die Übungen verinnerlicht und Atemtechniken eingeübt.
2. Ebenfalls ab positivem Schwangerschaftstest täglich Schwangerschaftsgymnastik durchgeführt.
3. Ab der 32.SSW täglich Dammmassage
4. Ab der 32. SSW Ernährungsumstellung: Keine Süßigkeiten (Zucker fast ausschließlich in Früchten) und Reduktion der Zufuhr von kohlehydratreichen Nahrungsmitteln, täglich ein Esslöffel Leinsamen, später viel Zimt

5. Ab der 36. SSW tägliches Epino Training
6. Ab der 36. SSW Heublumendampfbäder
7. Geburtsvorbereitende Akupunktur (4x)
8. Stetige Begleitung durch meine Hebamme, die mir immer gut zugesprochen hatte.

In der 30. SSW hatte ich erfahren, dass mein kleiner Sohn bereits 2.100g wog und einen stattlichen Kopfumfang von 30cm vorzuweisen hatte. Themen wie „Einleitung am ET“ und „Kaiserschnitt“ wurden von den Ärzten in den Raum gestellt. Das hat nicht zum Abbau meiner Ängste beigetragen – im Gegenteil! Wenige Wochen später erfuhr ich dann, dass mein Kleiner eine Nabelschnurumschlingung um den Hals hat. Trotz der Zusicherung, dass dies sehr häufig vorkomme und ich mir keine Gedanken machen sollte, gelang es mir nur mäßig meine Phantasie mit Schreckensszenarien im Zaum zu halten. Schließlich ereilte mich auch noch in der 39.SSW ein CTG mit schlechten Herztönen bei meinem Schatz. Ich dachte echt, dass alle Vorzeichen auf „schwierige Geburt“ stehen.

Am Abend des 01.11. hielt ich gemeinsam mit meinem Ehemann nochmal Zwiesprache mit dem Kleinen im Bauch. Ich hatte keine spürbaren Vor- oder Senkwehen gehabt. Kein Schleimpropf war abgegangen. Lediglich der Arzt hatte zwei Tage zuvor gesagt „Das wird schon“ und uns über einen weicher werdenden, verkürzten Muttermund informiert, der aber noch ganz weit hinten sei. Nun war es so, dass meine Hebamme nach 4-wöchiger urlaubsbedingter Abwesenheit am 02.11. endlich wieder Dienst im Krankenhaus hatte und ich mir wirklich sehr eine von ihr betreute Geburt wünschte. Und genauso haben wir unserem ungeborenen Sohn erklärt. Er soll sich doch bitte überlegen, ob er an diesem Tag (bei 39+2) kommen möchte. Und danach sind wir schlafen gegangen.

Nachts um zwei wachte ich dann mit Bauchgrummeln auf. So schnell es meine Kugel erlaubte eilte ich ins Badezimmer – Mist, da bekam ich doch glatt Durchfall. An Geburtsbeginn dachte ich nicht, sondern ärgerte mich über das „Magen-Darm-Virus-ähnliche“ Bauchweh. Es war da, dann wieder eine halbe Stunde weg. Ich legte mich wieder hin, um dann wieder nach einer halben Stunde aufzuspringen und die Toilette aufzusuchen und einen Bauchkrampf zu bekommen. Das war zwar nicht angenehm, aber das kennt wie gesagt jeder, der schon einmal einen Darmvirus hatte. Inzwischen dachte ich mir aber dann doch, dass das wohl endlich Vorwehen sein könnten. Darum nahm ich mir ein Buch und mein Handy zur Hand und ging ins Wohnzimmer. Mein Ehemann schlief weiter tief, fest und ahnungslos im Schlafzimmer. Ich schaltete mir leise Musik ein, hüpfte auf meinem Pezziball, las währenddessen mein Buch und immer wenn das Ziehen im Bauch wiederkam betätigte ich die Wehen-App. Die App fand ich ganz nützlich, um ein Gefühl für die Dauer und die Abstände der Schmerzen zu bekommen.

Bis um 6 Uhr ließ sich kein wirklicher Rhythmus erkennen. Die Abstände waren ganz verschieden- einmal 15 Minuten...einmal 30 Minuten...einmal 20 Minuten. Mein Mann wurde wach und war gleich ganz außer sich, warum ich nicht im Bett sei. Da ich vorher nicht allein in die Badewanne zum Wehentest wollte, bat ich ihn noch nicht zur Arbeit zu gehen. Ich wollte nicht das Risiko eingehen, dass mein Kreislauf die Badewanne nicht verkraftet. Ich habe mir also ein Bad gegönnt. Erst waren die Schmerzen komplett weg. Und plötzlich nach 30 Minuten änderten sich die Schmerzen in ein stärkeres Ziehen in Bauch und Rücken. Diese waren schon wesentlich unangenehmer, aber erinnerten stark an Beschwerden, die man so als „Mens-Schmerzen“ kennt. Ich war immer noch überzeugt davon, dass es wohl eher unangenehme Vorwehen sind. Aber um sicher zu gehen und vorbereitet zu sein, habe dann noch Haare gewaschen und gemeinsam mit meinem Mann noch meine Beine und meine Bikini-Zone rasiert. Dann rief meine Mama an, die wissen wollte, wie es mir denn geht. Ich wollte sie nicht nervös machen und plauderte ein bisschen mit ihr – ja, es sei alles noch recht ruhig. Währenddessen machte ich mir dann auch ein schönes Frühstück mit frischem Obst, lecker Müsli. Das genoss ich dann auch in vollen Zügen nach dem Telefonat.

Mein Mann weigerte sich inzwischen zur Arbeit zu gehen und erklärte mir, dass er im Home Office arbeiten werde. Das war mir in dem Moment ganz recht, da meine Fassade „Das sind nur Vorwehen“ langsam bröckelte. Bis 11 Uhr hüpfte ich weiter lesend auf meinem Pezziball, lief ein bisschen im Wohnzimmer auf und ab und mein Mann massierte mir hin und wieder mit einem Igelball den Rücken. Die Abstände waren inzwischen bei 8 – 10 Minuten und jeder Schmerz hielt so etwa eine Minute an. Es war wirklich noch immer sehr entspannt. Hebamme und Freundinnen hatten mir vorher gesagt: „Wenn es richtige Wehen sind, merkst Du das! Du kannst nicht mehr währenddessen sprechen und auch nicht laufen.“ Ich war noch immer ruhig, denn das war alles nicht der Fall. Ich lief weiter hin und her, wenn ich Lust darauf hatte und gab meinem Mann Anweisungen, wo er mich anfassen und massieren sollte – auch während dem Schmerz. Die App hatte eine Unterteilung der Schmerzintensität zur Selbsteinschätzung. Man unterschied „sehr mild“, „mild“, „mittel“, „stark“ und „sehr stark“. Ich ordnete die Schmerzen zu diesem Zeitpunkt noch als „mild“, hin und wieder maximal „mittel“ ein.

11 Uhr wandelte sich dann die Situation wieder. Mir wurde plötzlich tierisch übel und ich schaffte es gerade so ins Bad, um mein Frühstück wieder los zu werden. Gleichzeitig gab es eine ordentliche Wehe (die ich meinem Mann noch immer als „mittel“ diktierte). Innerhalb einer halben Stunde kamen die Wehen dann in immer kürzer werdenden Abständen. 11:30 Uhr lagen diese Abstände plötzlich bei 3-4 Minuten. Ich versuchte meine steigende Panik weg zu atmen. Die geübte Atmung der vergangenen Monate half mir dabei wirklich sehr. Mein Mann war inzwischen an einem Punkt, an dem er mir die Pistole auf die Brust setzte und im Kreißsaal meine Hebamme anrief. Sie ließ mich dann auch nachdrücklich wissen, dass wir jetzt in die Klinik kommen sollen. Unsere Klinik liegt nur wenige Minuten von unserer Haustür entfernt. Während der Fahrt dorthin kamen dann schon zwei Wehen, die im Sitzen nicht mehr ganz so ohne waren. Aber noch immer auszuhalten. Während mein Mann schon im Parkverbot direkt vor der Klinik halten wollte, gab ich ihm noch Anweisung doch bitte einen gescheiten Parkplatz zu suchen. Es war ja schließlich noch auszuhalten und ich könne ja noch ein paar Schritte laufen. Gesagt getan. Auf dem Fußweg zur Klinik bereute ich das schon ein kleines bisschen, aber weiterhin war es okay.
Der Kreißsaal befand sich in der 1.Etage. Mein Mann wollte mich in den Aufzug komplementieren, ich wehrte mich. Schließlich hatte ich gelesen, dass das Treppen steigen bei einer Geburt hilft. Als mich dann die nächste Wehe im Treppenhaus erreichte, habe ich auch das ein wenig bereut als ich auf einem Treppengeländer gebeugt schnaufte. Die Wehe hielt ja „nur“ eine Minute und dann waren wir endlich kurz nach 12 Uhr an der Klingel zum Kreißsaal. Meine Hebamme begrüßte mich lieb, da kam die nächste Wehe (inzwischen 2-3 Minuten Abstände). Auch während dieser Wehe konnte ich weiter sprechen und nutzte die Chance die Hebi wissen zu lassen, dass es bestimmt ein Fehlalarm und ich nur wehleidig sei. Darüber lacht sie heute noch.

Da beide Kreißsäle belegt waren, wurde ich zunächst zum CTG und einer ersten Kontrolle in einen Ruheraum bugsiert. Die Herztöne vom Baby waren super, die Wehen seeehr deutlich. Bei der Untersuchung durch die Hebamme dann die große Überraschung – Muttermund bei 7cm! Ich war echt fassungslos. Zugegeben – zu diesem Zeitpunkt wollte ich nur noch Schmerzmittel. Für eine PDA war es zu spät, das war mir auch klar. Die Hebamme eilte los, um einen Kreißsaal fertig zu machen. Eine Ärztin legte mir einen Zugang und nahm Blut. Hinsichtlich der Gabe von Schmerzmitteln wurde ich weiter vertröstet. Ich fokussierte in dieser Zeit das CTG. Hielt im Blick, dass es meinem Schatz gut ging und sah wie eine Wehe kam, sich steigerte und ich mit meiner Atmung dem Nachlassen entgegen arbeiten konnte. Diese Zeit war anstrengend und auch schmerzhaft, aber lange nicht so schlimm wie befürchtet.

Mein Mann wurde zur Anmeldung geschickt, um die Formalitäten zu erledigen. Das fand ich gar nicht toll, denn er war mir die ganze Zeit eine wichtige Stütze und hielt meine Hand. Das gab mir Sicherheit. Während er weg war, unterstützten mich die Hebamme und die Ärztin den Weg zum Kreißsaal zu schaffen. Auf dem Weg trafen wir noch einen Oberarzt, den ich zur Klinikbesichtigung kennengelernt hatte. Er ließ sich ein kurzes Händeschütteln und „Viel Glück“ nicht nehmen. Trotz der Wehen sagte ich ihm noch, dass ich das sehr nett von ihm fände. Im Kreißsaal angekommen, untersuchte mich die Hebamme erneut. Dann die komplett überwältigende Aussage: „Muttermund ist komplett offen, wir eröffnen jetzt die Fruchtblase.“ In dem Moment hatte ich nur im Kopf „Oh Gott, es ist ernst – der Kleine will auf die Welt“. Die Hebamme flüsterte inzwischen der Ärztin zu (und ich habe es trotzdem gehört), dass doch dringend der werdende Papa zurückgeholt werden müsse. Großartig Gedanke konnte ich mir darüber aber nicht machen, weil ja weiter die Wehen kamen, hielten und gingen. Das warme Fruchtwasser ergoss sich und ich verspürte Druck. In diesem Moment kam mein Mann herein und setzte sich wieder an meine Seite.

Der Schmerz war eigentlich auf dem gleichen Level wie schon die Minuten zuvor. Das ungewohnte Gefühl des „Drucks“ durch das Becken ließ mich dann aber doch beginnen zu tönen. Es war weniger das Gefühl von unerträglichen Schmerzen, sondern von Schmerzen, die mich meinem Kind nun vollends näher brachten und die daher Bärenkräfte mobilisierten. Für meinen Mann war diese Phase am schlimmsten. Seine Gegenwart hat mir aber sehr geholfen. Er fragte, ob man mir denn nichts zur Schmerzlinderung geben könne. Und unsere Hebamme antwortete, was ich eigentlich schon wusste: Es war zu spät. Bis irgendwas gewirkt hätte, wäre die Geburt schon vorbei. Ich sollte mich in Seitenlage drehen, um die Geschwindigkeit der Geburt zu reduzieren. Die Ärztin half mein Bein oben zu halten. Meine Hebamme gab die Anweisung zu pressen und ich habe mein Möglichstes getan. Der Druck war so intensiv, dass ich nicht umhin kam zu Schreien. Der wirklich trockene Kommentar meiner Hebamme: „Jetzt hör halt auf zu schreien und schieb mit!“. Das fand ich in dem Moment auch einleuchtend, ich hörte also auf zu schreien und schob mit. Nach zwei Presswehen war der Kopf da und die Nabelschnur wurde dem Kleinen vom Hals gewickelt. Auf das Angebot selbst den Kopf vom Zwerg zu fühlen, verzichtete ich dankend. Das erschien mir in dem Moment dann doch zu krass. Zwei weitere Presswehen kamen und plötzlich flutschte es. Ein beherzter Griff der Hebamme und ein entrüsteter Schrei – und da war er. Unser kleines Wunder. Sein Beinchen auch noch eingewickelt in der Nabelschnur, die glücklicherweise ellenlang war. Und dann lag unser Sohn auch schon auf meiner Brust. Jetzt fühlte ich mich vollends wie im Film und wurde komplett überwältigt. 12:57 Uhr und alles war geschafft. Weniger als eine Stunde nach unserer Ankunft in der Klinik. Papa schnitt dann nach dem Auspulsieren die Nabelschnur durch. Und 10 Minuten später kam dann problem- und schmerzlos die Nachgeburt. Die haben wir uns dann noch interessiert erklären lassen. Sehr faszinierend, was über die Monate unser Wunder so wahnsinnig toll versorgt und gedeihen lassen hat.

Ärztin und Hebamme untersuchten mich dann noch. Und ich war ein weiteres Mal sehr überrascht. Alles war heil geblieben. Kein Riss, keine Abschürfung. Die Maße von unserem Prinzen: 3580g, 54cm und Kopfumfang von 35cm.

Ich hoffe, damit einigen von den ängstlichen Schwangeren Mut machen zu können. Ich bin nämlich wirklich ein Hasenfuß...und ich hatte wie schon erwähnt wirklich panische Angst vor der Geburt. Ja, es gab Schmerzen! Aber es war machbar. Meine Zahnwurzelbehandlung während der Schwangerschaft würde ich im Nachhinein schlimmer als die Geburt bezeichnen. Zumal die auch noch komplett unnötig war. Jetzt drei Wochen nach der Geburt hingegen schließe ich bereits ein Geschwisterchen für unseren Prinzen nicht aus! Im Gegenteil!

Ladies...ihr schafft das auch!

Liebe Grüße,
Aviva und Prinz (18 Tage alt)

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Herzlichen Glückwunsch zur Geburt Eures Sohnes :-)
Und vielen Dank für den schönen Bericht. Wirklich witzig, ankündigen es sei ein Fehlalarm und dann schon bei 7cm sein :-D so hätte ich das auch gerne ;-)
Ich wünsche Euch alles Gute!!
Hummel 35+6

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Toller Bericht. Herzlichen Glückwunsch. Ich mußte ein wenig schmunzeln. Vieles hat mich so sehr an meine erste Geburt vor 9 Jahren erinnert. Vor allem das Treppen steigen. Alles Gute für euch.

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Toll geschrieben und formuliert, Du solltest über ein Buch nachdenken :-)

Meine Geburt verlief ähnlich wie Deine, allerdings nur bis zur Ankunft im Krankenhaus. Ab dem Zeitpunkt an habe ich sie irgendwie nicht mehr so positiv im Gedächtnis ... (hat halt noch ein paar Stunden gedauert, die Schmerzen wurden immer schlimmer und ohne Verletzung kam ich leider auch nicht raus)

Vor der zweiten Geburt habe ich deshalb definitiv mehr Angst als vor der ersten, obwohl ich trotzdem zaghaft optimistisch bin :-)

4

Danke. .. das macht mir Mut! ! :) herzlichen Glückwunsch! !! Und alles liebe! !!

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Ein wirklich sehr schöner Bericht!Hört sich nach einer schönen Geburt an :)

Wie heißt denn die App?

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Schon wieder muss ich heulen... schrecklich. Geht das nur mir so? #zitter

Man mag es kaum glauben, aber diese Geburtsberichte helfen mir nicht nur, sondern ich freu mich mittlerweile so auf den Tag x und diese Erfahrung, die mein Mann und ich gemeinsam in dem Moment machen. Das muss der absolute Wahnsinn sein.

Herzlichen Glückwunsch zu dieser Geburt und dem Baby. Ganz toller Bericht!!!!

Alles Gute und Grüße aus Bremerhaven

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Toller Bericht , vielen dank dafür. Du machst mir Mut.

Alea mit babyboy inside 40+2