für Leseratten mit Alleingeburtsinteresse

Fast ´ne Glückshaube

Ihr Lieben,
vielleicht hat die/der eine oder andere User bereits meine Alleingeburtsberichte "Meine traumhaft schöne Haus- Alleingeburt" und "Plazenta auf Toast" gelesen. Mit Schmunzeln denke ich an die Diskussionen über Verantwortungsbewusstsein und Mut ;o).

Am 28.11. erlebten wir unsere dritte, letzendlich entspannte und wundervolle Alleingeburt und ich möchte diese Erfahrung ebenfalls mit euch teilen.
Das letzte Trimester der Schwangerschaft war ziemlich stressig, weil unsere 15 Jährige, meine Bonustochter, eine blöde Krankheit von Klassenfahrt mitbrachte... Wir waren mit Arztbesuchen, Antibiotikum, Dauergeputze und Dauerangst, nicht vor der Geburt alles in Ordnung gebracht zu haben, in unserem Glück getrübt.

Am 6.11. hatte ich heftige Wehen, sogar mit Schüttelfrost, was ich von meinen vorherigen Geburten als Übergangsphase kannte... Ich war mir körperlich sicher, die Geburt würde losgehen, aber war im Kopf absolut nicht bereit dazu. Ich wollte doch vorher die Inkubationszeit der Ansteckung abgewartet, sowie alle Decken, Kissen, Kuscheltiere durch die heiße Waschmaschine gejagt haben. Wir waren eifrig dabei, jede noch so kleinste Nische zu putzen, jedes Kleinteil dreimal umzudrehen und sogar jeden Legomenschen und Playmobilaffen in die Badewanne zu setzen ;o). Während dieses Keimfrei-Marathons hatte ich immer wieder mal heftige Wehen, jeden Abend, aber mein Neokortex war von den oben erwähnten Gedanken zu sehr gestört, um das Geburtswunder zu vollbringen. Sieht man mal wieder, wie wichtig es bei mir (jeder?) ist, dass kein Stress von außen den Geburtsprozess stört.

Erst als alles gereinigt, alle Kinder wieder gesund waren und wir sogar auf Wunsch unserer fast 5 jährigen Liese alles weihnachtlich dekoriert hatten, waren Kopf und Körper sich einig... Der ET, 28.11., stand bevor und mein Einraumbewohner und ich waren bereit, seinen Wohnraum zu vergrößern.
Bei meiner letzten Geburt hatte ich einen Kuchen gebacken und meinem Bauchbewohner gesagt, ich würde diesen erst essen, wenn er rausgekommen ist... Ich hatte gescherzt, ob mein Sohn brav rauskommt oder den Kuchen schimmeln lässt... Und wie Jungs eben so sind, lassen sie kein Essen umkommen... Auch diesmal sollte dieser Plan augehen.

Demzufolge gab es eine große Backsession am 27.11., bis ich jedoch um 23.15 Uhr ins Bettchen ging, hatte sich nichts weiter getan, außer den Wehen, die mich seit dem 6.11. fast täglich begleiteten und für mich schon abendlicher Routine waren. Ich telefonierte noch mit meiner Oma, die mir bei jeder Schwangerschaft das Alleingebären schlecht redete, mir dennoch Gottes Schutz zur Seite stellte und gab mein Empfinden durch. "Uns geht es prima, mach dir keine Sorgen, mein Körpergefühl ist in Ordnung. Ich sag dir jetzt schon mal, es ist definitiv ein Junge und dieser liegt mit dem Kopf nach unten fest im Becken. Er ist ca 55cm lang und wiegt aber unter 4kg, vielleicht so 3 1/2. Ich merk ganz deutlich, dass es das längste, jedoch leichteste meiner Babys ist."

1.38 Uhr, also ET, fand ich mich auf Toilette wieder und hatte plötzlich heftigen Durchfall mit Schüttelfrostwehen. Nun nicht mehr im Neokortex gestört, in unserer perfekt sauberen Museumswohnung, weihnachtlich dekoriert, mit Lebensmittelvorräten für einen eventuellen 3.Weltkrieg, konnte ich mich darauf einlassen. Ich entschied, heute, zum ET, würde mein zweiter Sohn kommen und zwar fix. Ich duschte mich und verkündete anschließend meiner Geburtshelferfee, Lil, dass es nun so weit sei. Sie war gleich hellwach und freute sich.
Sie machte alles gemütlich. Kaminfeuer an unserem großen TV, umgeben vom roten LED-Licht der Mediawand, warmweißes Licht am LED-Kirschbaum und der Duft von Räucherkerzchen erfüllte unser liebevolles Heim. Anschließend holte Lil die vorbereiteten Utensilien aus dem Kinderwagen, breitete Latexlaken und Wegwerfwickelunterlagen unter mir aus und kochte die Schere frisch ab. Meine Wehen wurden intensiver und ich versuchte, eine bequeme Position zu finden. Ich hockte vor unserem weißen Ledersofa, neben dem Wohnzimmertisch. Bei jedem Positionswechsel wurden die Wehen kräftiger und nur mit Lils kräftigen Massagen, meines unteren Rückens, zu ertragen.

Diesmal wollten wir die Geburt filmen, nur für uns und als Sicherheit für die Anmeldung im Standesamt. Lil (die, ja nun schon meine 3. Alleingeburt begleitete und sich nun schon fast Doula nennen darf, oder? ) war nun schon ein totaler Profi und erkannte direkt den Moment, an dem die Cam eingeschalten werden sollte. (So ist im Geburtsvideo doch echt schon nach 3 Minuten der Kopf zu sehen, lach... ) Sie musste also meinen unteren Rücken kurz loslassen, um die Cam anzuknipsen, also schimpfte ich direkt, dass sie bei mir bleiben soll und ja nicht zu weit weggehen darf. Kaum angeschalten und wieder beim massieren meines unteren Rückens, begannen die Presswehen. Die erste Presswehe veratmete ich und gab nicht nach, hatte kurz Angst vor dem brennenden Schmerz, der gleich einsetzen würde, doch dann öffnete ich mich. Es folgten drei effektiv genutzte Presswehen und das Wunder der Geburt war vollbracht. Mit der ersten genutzten Presswehe, kam die Fruchtblase zum Vorschein. Sie sah aus, wie ein Lufballon, wie eine Wasserbombe und war zu diesem Zeitpunkt noch vollständig intakt. Mit der Zweiten kam das Köpfchen, immernoch von der geschlossenen Fruchtblasen-Wasserbombe umgeben. Lil sah schon sein Gesichtchen durchscheinen und hörte nicht mehr auf zu rufen "Wow ist der hübsch! Wow so hübsch. So wunderschön! Ich glaube, er kommt mit Glückshaube". Dann kam die dritte und letzte Presswehe, die Fruchtblase platzte und es spritze, platschte und mit diesem Schwung spülte es meinen kleinen wunderhübschen Jungen um 2.44 Uhr zum Ufer. Lil gab ihm ein Küsschen auf seinen Mund und hauchte ihm sein Leben ein. Ich brauchte einige Sekunden, bis ich realisiert hatte, dass es schon geschafft war und mich umdrehen konnte, um nach ihm zu sehen. Es war wie ein Deja-Vu, da lag dieser kleine wunderhübsche Junge, eingewickelt in einem roten Handtuch, voller Käseschmiere, Fruchtwasser-Blut Gematsche und weinte nicht, sondern war ganz entspannt, ebenso wie sein großer Bruder vor 3 Jahren und er sah ihm sehr ähnlich - etwas länger und schlanker, aber das Gesichtchen, wie gecloont, wie zeitversetzte Zwillinge. Die Nabelschnur war etwas kurz und die Plazenta wollte noch nicht ans Ufer, also entschieden wir, sie nach dem Auspulsieren durchzuschneiden. Ich konnte nicht mehr hocken in diesem Gematsche und wollte meinen Liebling richtig in den Arm nehmen können.

Lil band die Nabelschnur mit Sternzwirn, ca 2cm vom Nabel entfernt, ab und schnitt sie anschließend durch. Dann konnte ich mich umdrehen und meinen Schatz richtig begrüßen. Seine Äuglein waren zu und er war ganz still, aber es ging im sehr gut. Schööön. Lil wusch sich die Hände und machte das erste Foto, anschließend bereitete sie ihm ein Bad vor. Als alles fertig für sein erstes Bad war, übergab ich ihr den kleinen Kerl und ging ins Bad, mich ebenfalls vom Blut-Käseschmier-Gematsche zu befreien. Ich hockte mich in die Wanne und hielt mir eine Schüssel zwischen meine Beine, um die Plazenta noch zu gebären. Es dauerte vielleicht 5 Minuten, da hatte ich auch das hinter mich gebracht und war erleichtert. Deckel auf die Schüssel und es war geschafft, als Beweis fürs Standesamt würde diese Schüssel auf dem Balkon kalt gestellt werden, bis die Geburtsurkunde in meiner Hand sein würde. Ich duschte mich und stellte fest, dass ich wieder heil geblieben war und alles wunderbar geglückt war.

Zurück im Wohnzimmer, bekam ich ein sauberes, zufriedenes Baby in meine Arme gelegt und kuschelte mich mit ihm auf das vorbereitete Bodenlager (ich liege geschwächt lieber unten, dann kann auch niemand und nichts runterfallen ;o)). Lil säuberte den Geburtsplatz und machte alles wieder schicki, während wir kuschelten. Bonustochter Lala wurde wach und half ihrer Mama. Als alles wieder schick war, wurden auch sein 3 jähriger, nun großer, Bruder und seine fast 5 jährige große Schwester wach und bestaunten und begrüßten ihren Babybruder. Zusammen wurde dieser nun noch gemessen und gewogen. 55 cm, 3300 Gramm und einen Kopfumfang von 35 cm notierten wir. Wie ich es gespürt hatte, war er der längste aber leichteste meiner drei Bauchbewohner. Seinen rießen großen Händen und Fußzehen zu Folge, wird er mal der alleraller Größte und kann seinem Sternzeichen Schütze als Beschützer gerecht werden. Sein fast 13 jähriger Bonusbruder hatte alles verschlafen und stellte erst am nächsten Morgen verwundert fest, warum die blutigen Handtücher im Bad eingeweicht liegen ;o). Er freut sich über die männliche Verstärkung, auch wenn die Mädels noch immer in der Überzahl sind.

Unsere liebe Kinderärztin kam zur U1 und U2 zu uns nach Hause, jedoch nicht gleich im Stress, sondern etwas später und ganz entspannt. Sie ist super zufrieden und bestätigte, was wir wussten - einen kerngesunden hübschen Jungen. Die Anmeldung im Standesamt erfolgte routiniert und schnell. So langsam gewöhnt man sich an mich und meine natürliche Art, zu gebären ;o). Erwähnen von Plazentabeweis und Geburtsvideo waren eigentlich nicht nötig, sorgten nur für ein amüsiertes Lächeln der Standesbeamtin.

Ihr könnt euch aussuchen, ob diese Geburt 22 Tage (vom 6.11.) oder 18 Minuten dauerte... Denn nur die letzten 18 Minuten unterschieden sich von den vorherigen 22 Tagen ;o).

Nun freuen wir uns auf unser erstes Weihnachten zu 7t und genießen gemütliche Kuschelstunden unterm Weihnachtsbaum. Wieso heißt das eigentlich "unterm Weihnachtsbaum"? So hoch ist er gar nicht, dass wir alle darunter passen...

LG und eine wundervolle Weihnachtszeit wünschen wirzweivierplus

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1

Wundervoll! So sollte gebären sein! #pro

Ich hätte mir zwar ne Hebi nachhause gewünscht, aber das darf natürlich jeder selbst entscheiden. ;-)

LG Jelinchen

2

herzlichen glückwunsch und wunderschöne weihnachten euch allen!
schön, so einen bericht zu lesen. toll, daß du dir und deinem körper so vertraust.

liebe grüße

3

das mit dem standesamt kenne ich von meiner letzten geburt auch, nur war die standesbeamtin hartnäckiger.
meine hebamme hatte zwar mit mir die bescheinigung ausgefüllt, nur ist die beim vorausschicken verloren gegangen.
und die beamtin beim anmelden dann so: so, dann geben sie mir mal die bescheinigung der hebamme.
und ich so: wie jetzt?! die haben sie doch schon!?
beamtin: nö, hier ist nichts. ich brauche einen beweis.
mein kopf so: ratter, ratter, oh gott, was mach ich denn jetzt?! die glaubt mir nicht! ich zeig ein foto der geschwister, die sehen so aus wie er #rofl
wir haben dann echt gemeinsam die hebamme angerufen und dann erst durften wir den krempel nochmal ausfüllen...

liebe grüße

4

Wow, was für ein wunderschöner Bericht.
Ich fühle mich sehr an meine zweite Geburt erinnert.
Und ich freue mich jedesmal wenn ich hier etwas über eine selbstbestimmte Geburt lesen kann.
Bei mir war zwar meine Hebamme mit zu Hause, aber sie hat sich, wie besprochen, komplett im Hintergrund gehalten.

Ich wünsche euch alles Liebe!

5

Danke, dass du dein Geburtserlebnis mit uns teilst!

Es ließt sich wirklich wunderschön. Toll, dass du eine schöne und entspannte Geburt erlebt hast!

Lasst es euch gut gehen und habt’s genauso entspannt im Wochenbett :)

Liebe Grüße und herzliche Glückwünsche zum Sohnemann <3

Maybe