verhaltens-/sozialisationsstörung+ bindungsschwäche? hilfe...

hallo,

ich wende mich an euch, weil ich heute mit meinem sohn beim arzt war und nun nicht weiter weiss.

das könnte jetzt länger werden, so mit vorgeschichte und so.

also:

als mein sohn etwa 1 jahr jung war, habe ich mich von dessen vater getrennt.
etwa ein halbes jahr später ging ich wieder eine beziehung ein.
wir zogen zusammen, mein sohn akzeptierte meinen neuen partner recht schnell.
bis heute ist das verhältnis der beiden sehr gut, sie kuscheln, toben, spielen, er lässt sich von ihm trösten, wenn er was hat... alles bestens.

mein sohn war schon immer und ist auch heute noch ein wirbelwind, wie er im buche steht. er will alles probieren, testen, anschauen, anfassen...
und so rennt er oft von einer sache zur nächsten, vor allem da, wo viel neues für ihn ist.

aber er kann auch lange und ausdauernd spielen, mit seinen legosteinen oder einem puzzle oder seinem lieblingsauto zum beispiel.

er hört aufmerksam zu, wenn ich ihm abends eine geschichte vorlese.

er kuschelt viel und gern, so wild er auch ist.

er hat eine kleine schwester, auf die er zwar eifersüchtig ist (in einem normalen rahmen, wie ich denke), die er aber auch oft streichelt, in den arm nimmt, der er küsschen gibt usw usw... sogar sein spielzeug teilt er freiwillig mit ihr.

nun geht er seit kurzem in den kindergarten, wo ich dann auf folgendes angesprochen wurde:

er gibt keine antworten, sondern wiederholt die frage.
heisst im klartext zum beispiel:
frage "willst du den roller oder den traktor?"
*antwort* "will der xxx den roller? oder traktor? "
allerdings, er sucht sich trotzdem gezielt etwas aus.
er weiss und versteht, was man von ihm will... kann das scheinbar aber sprachlich nicht umsetzen.

wenn er etwas haben möchte, läuft es ähnlich verquer.
er sagt nicht: "ich möchte einen apfel haben", sondern äussert das in frageform, also "will der xxx einen apfel?"... oder aber er stellt sich vor einen hin und sagt "mama holt dir gleich... dies oder jenes"... "xxx kriegt gleich... "
er äussert, was er will, aber eben *falsch*

dies habe ich heute dem kinderarzt geschildert.
der daneben folgendes beobachtete:
mein sohn kam nicht auf ihn oder seine helferin zu.
er hat die beiden quasi ignoriert... was mich aber nicht weiter wundert, denn überall im behandlungszimmer gab es was zu entdecken, und mein sohn ist neugierig.

ausserdem stand da ein schaukelspielzeug, zu dem er wollte... es stand hinter dem arzt, mein sohn schob also den arzt samt seinem rollbaren stuhl beiseite um da ran zu kommen. da kennt er kein pardon... *lach* und kraft hat er genug...
für den arzt hiess das, da er nicht "darum gebeten hat, durchgelassen zu werden", dass er sozialisationsgestört ist (wenn man das so ausdrücken kann).

allerdings geht er auf andere kinder zu, mit dem sohn einer freundin spielt er gern, sie spielen zusammen, nicht jeder für sich... auch auf meine freundin und andere menschen geht er zu, sucht den kontakt.
nur in der praxis war alles andere interessanter.

dazu kommt, dass mein sohn aus irgendeinem grund fasziniert ist von allem, was sich dreht. wenn er ein rad sieht, dann wird das gedreht... schnell, langsam... wenn das dann noch geräusche macht, ist es doppelt interessant.
ich habe keine ahnung, ob man darin nun eine störung sehen kann/muss, oder ob das einfach nur eine *macke* von meinem sohn ist, die nichts zu bedeuten hat.

alles zusammengenommen, kam der arzt jedenfalls auf die in der überschrift genannten diagnosen, und gab mir folgendes mit auf den weg:

*mein sohn ist sehr schwer zu erziehen. er ist ein problemkind. wir müssen sehr streng zu ihm sein, klare regeln und grenzen setzen und konsequent einhalten. (tun wir eigentlich sowieso).
trotz aller strenge sollen wir ihn liebevoll erziehen (auch das tun wir), gerecht sein und... ihm viel durchgehen lassen (wie sich das mit der strenge vereinbaren lässt, konnte er mir nicht sagen).
begründet liegt das alles wohl darin, dass der vater (zu dem seit der trennung kein kontakt mehr besteht, ich habe alles versucht, er meldet sich einfach nicht und zeigt null interesse) und ich uns getrennt haben, und dass der vater sich auch während der beziehung nur ungern und immer nur kurz um meinen sohn gekümmert und ihn dann zu anderen abgeschoben hat.
hauptursache: die trennung. *

all das erklärte mir der arzt übrigens, nachdem er 20 minuten mit meinem müden sohn verbracht hatte... der termin war um 18 uhr, aber die tatsache, dass ein kiga- tag und dann kein mittagsschlaf ein müdes kind hervorbringen und müde kinder nicht unbedingt so gut drauf sind, hat den arzt nicht unbedingt interessiert.

der arzt hat meinen sohn heute das zweite mal gesehen (er ist so gut wie nie krank... toi toi toi)... das erste mal mit 2 jahren zur u7... im oktober wird mein sohn 3!

was meint ihr?
würdet ihr direkt zum kinder- und jugendpsychiater gehen?
würdet ihr, was das sprachliche angeht, meinem sohn vielleicht einfach noch ein bisschen zeit lassen, und dann weitersehen?
oder die meinung eines zweiten kinderarztes einholen?

ich bin unsicher, wie ich nun weiter vorgehen soll.
denn SO gestört, wie der arzt meinen sohn darstellt, ist der nicht. in meinen augen (nur bin ich eben leider nur eine mutter und keine ärztin) ist er einfach ein wildfang, der die welt entdeckt, der motorisch bestens entwickelt ist, der eine (zugegeben etwas komische) vorliebe für alles hat, was sich dreht (aber das hat auch nachgelassen, ein wenig... wenn ich so drüber nachdenke)...
er mag andere menschen, andere kinder, versucht, sich in deren spiel einzubringen... wenn er nicht gerade hundemüde ist...
nur im sprachlichen bereich hängt es gerade ein wenig,ansonsten ist er in meinen augen ein ganz normaler kleiner junge.

vielleicht hat ja hier jemand einen rat für mich, aussenstehende sehen ja oft mehr als man selbst.

ich hoffe, ich habe nicht zu wirr geschrieben, oder zu viel...

danke falls ihr bis hierher gelesen habt.

s.

1

Hallo,

ohne das Verhalten deines Sohnes beurteilen zu können, denke ich, dass es eine gute Idee ist, zu einem Kinder- und Jugendpsychiater zu gehen (nicht zum Kinderpsychologen!).
Der weiß, welche Entwicklungsschritte in einem gewissen Alter schon vollzogen worden sind, ob und welche Fördermaßnahmen ergriffen werden müssen und kann euch gezielt weiterhelfen. Oft arbeiten Kinder- und Jugendpsychiater auch mit Kinderpsychologen zusammen und können die Situation dann von beiden Seiten betrachten.
Als Mutter sieht man manches nicht, was anderen auffällt, und oft kann nur eine entsprechend geschulte Person erkennen, was situationsbedingt ist und was nicht. Es ist ja nicht Schlimmes für den Kleinen, wenn du ihn mal untersuchen lässt.
Allerdings würde ich auf jeden Fall den Kinderarzt wechseln. Nach zweimaligem Besuch eine "laienpsychologische" Diagnose zu stellen und euch in Kurzform sinnlose Erziehungsratschläge mit auf den Weg zu geben, ist für einen KiA nicht besonders professionell!

Alles Liebe,
Dany

2

Klingt ein bischen komisch, was du über den Arzt schreibst, ich meine, dass er etwas vermuten kann in der kurzen Zeit, ja klar, zumal viele Dinge die du beschreibst sehr deutlich sind.
Aber eine Diagnose stellen? Kaum, denn solche Dinge werden sehr genau getestet und abgeklärt, über viele Termine hinweg und mittels oft unzähliger Fragebögen....und bitte nur durch erfahrene, spezialisierte Fachleute, nicht einmal jeder Kinderpsychiater ist befähigt entsprechende Tests auszuwerten.

Und dann finde ich es nicht gerade nett, wenn er dir so eine Liste mit "Störungen" um die Ohren knallt, denn was du beschreibst spricht für autistisches Spektrum, spez. Asperger-Syndrom, und wie weit man das als Störung, Defizit oder einfach als andere Wahrnehmungsform definieren will ist Ansichtssache, erwachsene Asperger lassen sich nicht gerne in die Ecke der Behinderten, Gestörten abschieben ;-)

Auch meine Asperger-Kinder sind "fast ganz normale" äusserst liebenswerte begabte Jungs, sie gehen ihren Weg, sind am Gymnasium, trotz früherer Sprachheilschule, haben Freunde, Hobbies usw. Es war und ist nicht alles einfach, vieles war eine riesige Herausforderung, auch Belastung, aber sie sind weder behindert, noch krank.

3

hallo,

ich bin fachkrankenschwester für kinder- und jugendpsychiatrie und wenn mir ein kinderarzt nach so einer kurzen zeit so eine heftige diagnose an den kopf geknallt hätte, hätte ich ihn gefragt ob er noch alle tassen im schrank hat. aber ehrlich. wir haben immer wieder mit solchen kinderärzten zu tun, die denken sie sind die spezialisten. sind sie aber nicht. solch eine störung kann nur ein kinderpsychiater herausfinden. das auch nur nach eingehender diagnostik, wobei die eltern und auch die kindergärtnerinnen befragt werden und das kind speziellen tests unterzogen wird. am härtesten finde ich aber die diffusen therapievorschläge.

ich will hier auch keine aussagen über dein kind treffen. ich weiß auch nicht wie alt es ist.

wenn du dir unsicher bist, gehe in ein spz (sozialpädiatrisches Zentrum) die gibt es in jeder größeren stadt. dort arbeiten psychiater, sozialpädagogen und ergotherapeuten hand in hand.

dort bekommst du eine vernünftige diagnose.

ich wünsche euch noch alles gute.

viele grüße maren

4

Hallo,
also erstmal bin ich der Meinung, dass man mit 3 Jahren noch nicht perfekt sein muss.

In der "Zeit" habe ich vor zwei Wochen einen interresanten Artikel gelesen, die Überschrift lautete : "Macht die KInder nicht verrückt".
Es werden immer mehr Kinder zu Therapeuten geschickt, immer früher...
Es ist gut, dass es die Therapien gibt, keine Fragen, aber man wird heutzutage wirklich viel zu schnell verrückt gemacht und hat natürlich Angst etwas falsch zu machen, wenn man sich gegen so etwas wehrt.

Lange Rede, kurzer Sinn, an Deiner Stelle würde ich erst einmal den Kinderarzt wechseln und dann weiter sehen.

Vielleicht überlegst Du Dir mal, ob Du mit Deinem Sohn oder mit Deiner Tochter auch ähnlich redest.
Sprichst Du von Dir in der Ich-form und sagst Du zu ihm oder sagst Du auch : Möchte XXX Apfelsaft haben?

Gruß Ursula

5

hallo,

und danke für eure antworten.

nachdem ich heute nochmal das gespräch im kiga gesucht habe, werde ich auf jeden fall den kinderarzt wechseln. von solchen schnellschüssen halte ich rein gar nichts, und irgendwie ist das vertrauen zu ihm lädiert.

einen termin bei einem anderen arzt, den mir die erzieherin meines sohnes empfohlen hat, habe ich schon ende des monats.

ich habe im kindergarten auch gefragt, was sie dort von der *diagnose* halten.es hiess, dass das alles völlig überzogen wäre, einzig die bindungsschwäche könne man sich noch vorstellen, da er zu den erzieherinnen eigentlich keinen kontakt aufnimmt, zu anderen kindern aber schon.

ich werd jetzt erstmal sehen, was der andere arzt sagt, und dann weiterschauen.

danke nochmal

s.



6

Hallo!

Du hast hier glaub ich sehr viel fachkundigere Antworten bekommen als von deinem Kia (den ich übriges auch wechseln würde und mir überlgen würde ,ob ich den vorfall nicht der äztekammer schildern würden, denn das war mehr als nur eine Überschreitung von Kompetenzen!)
Ich bin Dipl. Pädagogin und Familientherapeutin habe einige erfahrung mit verhaltenssaufälligkeiten und kann mich nur den Beiträgen der Fachkrankenschwester und der Mutter der Kinder mit dem Asperger syndrom anschließen.
Eine ferndiagnose zu erstellen ist absoluter humbug, aber die eigenheiten deines Sohnes weisen WENN ÜBERHAUPT in eine autistische Richtung (das was du beschreibst ist aus deiner schilderung heraus alles als völlig normal anzusehen).
ich würde mich jedenfalls auch von einem andere Kia beraten lassen und gegebenefalls ein sonderpädagogisches förderzentrum, eine frühförderstelle oder einen Kinder- und Jugendpsychiater konsultieren, falls du gerne klarheit hättest.

Alles Liebe
lisasimpson

7

Hallo s.
was Du über Deinen Sohn schreibst, klingt in meinen Ohren völlig normal! Ich würde NICHTS unternehmen! Lass ihm Zeit, seine sprachliche Entwicklung zu machen, erziehe ihn liebevoll und konsequent (evtl. könnte ein Triple-P-Kurs dazu Anregungen bieten) und lass Dir Deinen Sohn nicht krankreden!
Auch ich kann den Beitrag im Zeit-Magazin nur empfehlen, besonders das Interview mit Remo Largo. Jedes Kind ist anders, es gibt eine sehr grosse Bandbreite des Normalen, und man kann nur versuchen, dem Kind zu ermöglichen, der zu werden der es ist.

Ich finde es übrigens auch krass, wie ich andere Forumsteilnehmer hier bemühen, deine Beschreibungen in eine pathologische Passform zu argumentieren.

Lg, Barbara

8

Hallo,
einiges was Du von Deinem Sohn schreibst, erinnert mich auch an meinen eigenen Sohn. Er ist 6 Jahre und hat Frühkindlichen Autismus (ohne Intelligenzminderung). Als ich damals , vor zwei Jahren zum SPZ ging war ich mir nicht sicher, ob etwas mit meinem Sohn nicht stimmen könnte, oder ob ich vielleicht in der Erziehung versagt hätte. Ich machte mir einfach eine Liste mit allem, was mir so einfiel. Die Liste umfaßte 22 Seiten und dokumentierte alles mögliche, Auffälligkeiten im Babyalter, Situationen im Alltag, Verhalten in gewohnter Umgebung und in der Kita- einfach alles, was mir komisch vorkam. Er wurde dann umfangreich beobachtet und getestet.
ALs ich dann die Diagnose bekam war ich ersteinmal geschockt, aber ich habe gelernt damit umzugehen. Und es hat mir geholfen, ihn besser zu verstehen.
Mittlerweile hat er super Fortschritte gemacht, er spielt mit Kindern, er spricht sehr gut, er ist interessiert an seiner Umwelt, er zeigt Gefühle... manchmal kommen mir heute Zweifel, ob die Diagnose wirklich richtig ist, denn er wirkt jetzt fast wie ein ganz normales Kind. Das einzige, was er noch hat, sind heftige Wutanfälle, wenn etwas nicht so kommt wie erwartet, motorische Stereotypien (flattern mit den händen, hüpfen), Überforderung bei Anforderungen oder in sozialen Konfliktsituationen oder das er es nicht ertragen kann, wenn er geduscht wird, eingecremt wird oder dergleichen (Körperkontakt).
Aber es ist kein Vergleich mehr zu früher, wo die Auffälligkeiten noch sehr deutlich waren (damals duldete er keine Kinder in seiner Nähe,schrie bei Annähreungsversuchen anderer Kinder, sprach erste Wörter erst mit 3 Jahren, zeigte kaum Mimik und Gestik, zeigte kein Interesse an Spielzeug außer Dingen mit Lichteffekten/ Rotation, reihte stattdessen Spielsachen auf, hatte ausgeprägte motorische Stereotypien, konnte Körperkontakt nicht zulassen, konnte keine vermischten Speisen zu sich nehmen (alles getrennt auf dem Teller) und vieles mehr...).

Wenn Du Dir unsicher bist, dann geh zu einem Kinder- Psychologen/ Psychotherapeuten.
Aber wenn Du selbst Zweifel hast an dem was dein Kinderarzt sagt, und Du selbst findest Dein Kind völlig normal, dann lass es sein. Hör auf Dein Herz- Du kennst Dein Kind am Besten :)