Konzentrationsfähigkeit meines Arbeitskollegen

Hallo :-)

Ich bräuchte mal einen Tipp von euch...

Ich bin beruflich im Bereich der digitalen Bildbearbeitung tätig...
Ich habe nun schon wirklich häufig festgestellt, dass mein Arbeitskollege scheinbar massive Probleme hat sich zu konzentrieren!

Das Problem ist folgendes:
Er ist ein, ich nenne das mal "Zusammenhangs-Legastheniker"...
Das bedeutet: Wenn er einen Auftrag erledigen soll (den er schon tausendmal gemacht hat), bekommt er das einfach nicht auf die Reihe sich an die Vorgaben und Wünsche des Kunden zu halten!
Wenn ich dann die bearbeiteten Bilder nochmals durchgucke, dann bin ich immer wieder entsetzt, dass er das einfach nicht "sieht", das er den Großteil der Aufgabenstellung wieder vergessen hat!!!
Aber das sind ehrlich gesagt Dinge, die einem normal denkenden Menschen sofort auffallen müssten...

Und wir haben diese Jobs ja schon unzählige male gemacht!

Ich versuche ihm dann immer wieder so "durch die Blume" zu sagen, dass er das noch korrigieren soll und ihn darauf nett hinzuweisen. Auch erkläre ich ihm im Detail nochmal manche Dinge. Dann korrigiert er seine Arbeit und ich schaue dann nochmals drauf.
Und natürlich stimmt es wieder nicht, weil er erneut die Hälfte von dem was ich gerade gesagt habe wieder vergessen hat...

Ich bin mir mittlerweile sicher, dass das nicht "normal" ist und er ein großes Defizit hat!

Ich weiß so langsam nicht mehr was ich noch tun soll um ihn darauf hinzuweisen!
Ich habe selbst genug zu tun und muss dann mich auch immer noch stundenlang hinsetzen und die Sachen, die er verzapft hat zu korrigieren!

Ich bräuchte mal einen Rat!

Ich möchte aber auch nicht zum Chef damit rennen, weil ich bin nicht so jemand, der andere "verpfeift" beim Chef...

Kann mir jemand helfen?

1

Hi,

"Ich habe selbst genug zu tun und muss dann mich auch immer noch stundenlang hinsetzen und die Sachen, die er verzapft hat zu korrigieren!"

Das ist der falsche Ansatz. Dein Kollege hat es so lange zu machen bis es richtig ist. Wie soll er sonst wissen das immer noch Fehler in seiner Arbeit sind.

Ist fast ein wenig wie bei der Kindererziehung, anstrengend aber irgendwann kapieren sie gewisse Abläufe richtig durchzuführen (z.B. Auspacken der Sporttasche und nicht einfach alles ins Bad schmeissen)

LG
Tanja

2

Das Problem dabei ist aber, wenn ich das nicht korrigieren würde, dann regt sich (zurecht) der Kunde auf und dann bekommen wir alle Ärger...

Und im Endeffekt bekomme dann ich doch wieder die Aufgabe die Sachen zu korrigieren ;)

Man kann es ihm leider hundertmal erklären, er bekommt es nicht auf die Reihe!

Noch ein anderes Beispiel:
Der Kunde kringelt auf einem Ausdruck drei Kratzer im Bild ein, die entfernt werden sollen, jeder andere würde nun sehen, dass im Bild noch 10 weitere Kratzer sichtbar sind, die der Kunde aber natürlich nicht einkrieget, da er davon ausgeht, dass klar ist, dass man dann auch die 10 anderen Kratzer entfernt...
Doch mein Kollege macht dann genau die 3 eingekringelten weg und sonst nichts ;)

Was ich damit sagen will:
Er ist scheinbar nicht in der Lage "vernetzt" zu denken...

Ich bin langsam wirklich am verzweifeln...

3

Du schreibst immer wieder "sagen". Hast du mal versucht, es ihm nicht zu sagen, sondern aufzuschreiben? Vielleicht sogar als Check-Liste, dann kann er alles Schritt für Schritt abhaken und kann auch selber sehen, ob er x oder y vergessen hat?

lg

4

Ja, genau das dachte ich mir auch. Die Aufträge kurz, knapp, präzise notieren und an die Hand geben, anstatt 100x verbal zu erteilen.

Vllt hat er generell ein Problem mit der auditven Verarbeitung und Merkfähigkeit, denn selbst wenn er kognitiv die Schwerpunkte und Sinnhaftigkeit seiner Aufträge nicht begreift (mit einer reinen Konzentrationsstörung hat das wohl weniger zu tun, denn bei einer solchen passieren ihm vllt Flüchtigkeitsfehler, dass er bspw. Kleinigkeiten übersieht usw. oder über einen Zwischenitt stolpert), so müsste er es nach verbaler, präziser Ansage bzgl. der zu erledigenden Arbeitsschritte m.E. bewerkstelligen können - Sinnhaftigkeit hin oder her. Daher gehen nach deiner Beschreibung m.E. sicherlich beide Aspekte fließend einher.
Heißt als Beispiel: Ein kognitiv beeinträchtigtes Kind bekommt einen Arbeitsauftrag via Bildkarte. Darauf ist ein Tisch mit verstreutem Spielzeug, eine Aufräumkiste und deren Deckel zu sehen. Ein Pfeil vermittelt und verdeutlicht den Arbeitsauftrag "Spielzeug in die Kiste packen".

Unser Kind im Bspl. wird vermutlich nur das eine Spielzeug in die Aufräumkiste packen, von welchem der Pfeil auf dem Kärtchen ausgeht z.B. vom Teddy und auch den Deckel wird es nicht von sich aus auf die Kiste tun.
Das es den ganzen Tisch abräumen und das Spielzeug in die Kiste packen soll, bestenfalls den Deckel im Anschluss noch auf die Kiste tun soll, begreift es nicht - es kommt nicht drauf. Bei anderen Kindern würde man sehr wahrscheinlich von Faulheit ausgehen, denn die kognitiven Fähigkeiten das zu begreifen setzen wir in der Regel voraus.

So nun sagst du dem Kind: Packe bitte alle Spielsachen in die
Kiste (oder auf dem Kärtchen geht von jedem Spielzeug ein Pfeil aus der zum Kisteninneren führt) so stehen die Chancen gut, dass es das schafft. Der Deckel bleibt wohl aber sehr wahrscheinlich liegen. Da musst du dazu sagen (oder du brauchst ein zweites Kärtchen welches einen aufgeräumten Tisch, eine mit Spielzeug gefüllte Kiste und den Deckel mit einem Pfeil zur Kistenöffnung zeigt) und "Packe alle Spielsachen in die Kiste und dann den Deckel auf die Kiste". Je nach Schweregrad der kognitiven Beeinträchtigung wird das Kind das schaffen.

Vergisst es jedoch den verbalen Arbeitsauftrag bzgl des 2. Arbeitsschrittes, braucht es bei mehrschrittigen Arbeitsaufträgen Zwischenansagen und Begleitung, so ist das Kind entweder wirklich schwer geistig beeinträchtigt (das würdet ihr definitiv merken unf wissen) oder aber die kogntiven Fähigeiten werden von einer auditiven Schwäche bzgl Verarbeitung und/oder Merkfähigeit begleitet - zumindest ist das meine nichtärztliche Meinung dazu ;)

Dann wären schriftlich, strukturierte, präzise Anweisungen bzgl der Arbeitsschritte hilfreich.

1. Alle Spielsachen in die Kiste räumen
2. Deckel drauf machen

Ich gehe davon aus, dass dein Arbeitskollege nüchtern ist. Auch gehe ich davon aus, dass es nicht nur an Faulheit, "0 Bock"/Gleichgültigkeit oder gar an Deppressionen oder ähnliches liegt. Nur nebenbei erwähnt.

Tatsache ist aber: ist dein Arbeitskollege aufgrund seiner Beeinträchtigungen dauerfaft nicht dazu in der Lage seiner Arbeit nachzugehen (in eurem Falle betrifft es euch wohl auch mit) - ohne Aussicht auf Besserung, ohne bekanntem Grund - dann hat der Arbeitgeber ein Recht darauf das zu erfahren. Insbesondere dann, wenn du es nicht auf Dauer ausbügeln und stemmen kannst.
D.h. wenn es dir möglich ist, ihm die erforderlichen Arbeitsschritte schriftlich an die Hand zu geben, dann würde ich das versuchen. Vllt. funktioniert das ja und dann wäre es für euer Team gut.
Wenn nicht (oder doch, aber es bringt nichts), dann wird dir wohl nichts anderes übrig bleiben als das Gespräch zu suchen. In erster Linie mit deinem Kollegen, kommt nichts dabei raus, dann mit deinem Chef. Vielleicht ließe sich auch arbeitstechnisch eine Lösung finden, dass er irgendeine monotone, einstudierte Tätigkeit bekommt und nachgehen kann, die er beherrscht.

LG

5

Ach ja, freilich meine ich mit "Kind" im Beispiel viel eher ein "Schulkind" (12 Jahre zum Beispiel) und kein Kindergarten- oder gar Kleinkind.


Lg

6

Ich finde es interessant, dass du diesen Post in Forum Handicap gepackt hast. Offenbar nimmst du schon an, dass dein Kollege das nicht absichtlich macht, sondern irgendwie behinderungsbedingt nicht anders machen kann.
Komischerweise hilfst du ihm aber immer wieder, obwohl es nun aber gar nicht deine Aufgabe wäre. Ganz ehrlich: Du hilfst ihm und dir damit nicht. Rede offen mit ihm...nicht durch die Blume. Ein Mensch, der exakt die 3 eingekringelten Fehler beseitigt und alle anderen nicht, versteht "durch die Blume" nicht. Das ist kein Konzentrationsfehler, sondern etwas ganz anderes. Vielleicht hat er auch längst eine Diagnose und du weißt nur nichts davon. Nur das Arbeitsamt würde normalerweise bei Problemen hier auch Eingliederungshilfen anbieten. Daher: Rede OFFEN (!) mit ihm und EHRLICH. Dieser Mann kann nicht um die Ecke denken. Also lass sowas aus dem Gespräch raus.

7

Ich habe auch so einen Kollegen. Er ist gut in seinem Job, tut sich aber rasend schwer damit, einen Schritt weiter oder gar 'um die Ecke' zu denken. Wir haben uns daran gewöhnt, ihm eine präzise, schriftliche ToDo-Liste zu geben bzw. ihn daran zu erinnern, das er mitschreibt. Und zwar so, das er die einzelnen Punkte abhaken kann. So klappt das eigentlich ganz gut.

Grüsse
BiDi

8

Hallo!

Vielleicht sieht er tatsächlich schlecht .... und durch explizite Hinweise sieht er das.

Hat er jemals seine Arbeit schon mal "angemessen" erledigt?
Hat die Arbeitsbelastung zugenommen?
Bist Du "besser" geworden und es fällt Dir mehr auf?

Dass Du seine Arbeit miterledigst ist nicht die Lösung und dass Du ihm seine Arbeit strukturierst ist auch nicht die Lösung.

LG, I.

9

Suche das Gespräch mit ihm!
Er ist erwachsen, kein Kind. Behandle ihn als Erwachsenen. D.h. Gespräch suchen. Ggf. als Team oder MIT Chef. Nicht als "ich renne zum Chef", sondern gemeinsam.

Die Gründe können so viele verschiedene sein....
Die Frage, wie man damit umgeht noch viel mehr. Da sich pro Ursache individuelle Verhaltensmodelle ergeben.

Bist du seine Vorgesetzte oder "parallel" mit ihm bei der Arbeit?
Seid ihr in einem Team oder "nur" Kollegen?

Zunächst wird es ja einen Grund gegeben haben, warum er eingestellt worden ist. Für diesen Posten.

Wie war es früher?

nur mal als Beispiele (es gibt sicher noch mehr!), was möglich sein könnte (oder auch nicht)
- Probleme zu Hause
- anderer Lerntyp (sag mir etwas 1000 mal und ich werde es falsch machen. Schreibe es mir auf und einmal reicht! Lass es mich probieren und ich bekomme es hin. Erkläre mir etwas in einer "anderen Sprache" schon deutsch, aber mit anderen Schwerpunkten und ich verstehe nicht, was du meinst. Umgekehrt, wenn ich jemandem bildlich etwas beschreibe, verstehen es ca. 1/3 sofort, 1/3 gar nicht, 1/3 teilweise oder "übersetzen" es sich in ihre Form der besseren Aufnahmefähigkeit)
- ADS/ADHS, wobei das schon früher aufgefallen sein müsste
- Angst davor Fehler zu machen? Was dazu führt, dass erst Recht Fehler passieren.
- Schilddrüsenprobleme oder andere gesundheitliche Probleme?
- Diabetis
- kürzlich ist etwas passiert, das ihn unterbewusst belastet
- Verhalten eines Kindes, wenn er wie eines behandelt wird? (manche machen das unbewusst. Sowohl sich dann so zu verhalten, als auch andere so zu behandeln. Gar nicht bös gemeint, nur unbewusst irgendwie. Schwierig wird es, wenn dann zwei so zusammenpassende aufeinander treffen)

Wie lange arbeitet ihr zusammen?
Konntet ihr in dem Punkt noch nie so wirklich?
Hat sich was verändert?
Eckt er damit bei anderen auch an? Oder ist das bunt gemischt?
Gibt es jemanden, der mit ihm gut kann?


Je nachdem wie ihr zueinander steht: frag ihn was los ist. Ob ihn etwas bedrückt.
Hol ggf. den Chef mit ins Boot. Nicht, damit dieser die Situation für euch löst! Sondern eher als Teammeeting in Form von was los ist, wer welche Bedürfnisse hat, Überlegungen wie es für alle Beteiligten besser laufen könnte. Was jeder einzelne tun könnte, damit es für alle besser laufen könnte.