Inklusion im KiGa

Hallo zusammen,

es geht um meinen Sohn, 5 Jahre. Er kam mit ca. 3,5 in den Kindergarten, war vorher ein Jahr in der Krippe. Seit er im KiGa ist, hat er eine Inklusionsfachkraft zweimal wöchentlich an seiner Seite, da er schon in der Krippe auffällig war. Er hatte immer Probleme mit Überhängen, eine geringe Frustrationstoleranz, wodurch er sehr schnell angefangen hat zu schreien und einige motorische Schwächen.
Nun hat er also schon recht lang diese Inklusionsfachkraft, aber gewisse Dinge werden trotzdem nicht besser. Es ist sogar so, dass er sich gegen sie wehrt und Dinge absichtlich nicht macht, um sie zu ärgern. Ich muss dazu sagen, dass er schon ein schlaues Kerlchen ist und kognitiv schon sehr weit.
Die meisten Probleme entstehen eigentlich dadurch, dass er etwas einfach nicht WILL. Er hat einen sehr starken Willen und kann nur schwer bis gar nicht ertragen, wenn etwas nicht so läuft, wie er es gern hätte.
Das Problem nun ist, dass ich mit der Inklusionskraft nicht so gut zurecht komme, da ich mich bei Gesprächen oft nicht richtig verstanden fühle. Ich habe immer das Gefühl, ich müsste mich und meinen Sohn verteidigen und für alles mögliche rechtfertigen. Das kann doch auch nicht der Sinn sein... oder? Und ist es denn wirklich so, dass sich das Kind nach 1,5 Jahren immer noch an die Inklusion gewöhnen muss? Sollte er sich nicht lieber an die Abläufe im KiGa an sich gewöhnen?
Ich bin da mittlerweile echt etwas verzweifelt, weil ich nicht weiß, wer einem bei dem Thema wirklich helfen kann. Der KiGa selbst wird sicher immer betonen, wie wichtig die Fachkraft doch ist, nur um die Gratis-Mitarbeiterin nicht zu verlieren... 🙁
Ich kann halt einfach so schwer abschätzen, ob das Ganze überhaupt Sinn macht oder nicht, habe aber Angst, wenn ich es beenden würde, dass es schlecht wäre für meinen Sohn. Nächstes Jahr würde doch die Einschulung anstehen....

Hat jemand vielleicht ein Kind, dass sich ähnlich verhält? Steckt da etwas dahinter? Die Kinderärztin rät uns davon ab, eine Diagnose stellen zu lassen, weil sie meint, das würde ihm das ganze Leben lang nachhängen.

Ich weiß gar nicht mehr so richtig, was wir tun sollen. Jeder erzählt einem was anderes 😒

Sorry, dass es so lang geworden ist.

Lg,
Schnubbl

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Hallo,
meine Kinder sind 13 und (fast) 15. Ehe sie die ersten Diagnosen hatten, waren sie in der Schule. Aber schon im Kindergarten hatten sie eine I-Kraft. Heute haben sie eine Schulbegleitung, Nachteilsausgleiche,... - dank der Diagnosen. Sie können eine Regelschule besuchen. Vor den Diagnosen wurde uns geraten meinen kognitiv fitten Sohn (IQ 101) in die Förderschule für Geistige Entwicklung zu geben. Wir konnten uns erfolgreich wehren ... dank umfangreicher, bereits angekurbelter Diagnostik.
Mein Sohn ist heute in der 8. Klasse und es besteht gar kein Zweifel, dass er die Regelschulabschlüsse schaffen wird.
Ein Arzt, der von Diagnostik abrät, handelt für mich massiv kindeswohlgefährdend. Es dauert Jahre, ehe man die endgültigen Diagnosen hat. Die Schule hat ihre eigenen Methoden. Sie darf auch Tests durchführen.

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Was jetzt die I-Kraft angeht...
Vielleicht hast du falsche Vorstellungen von ihren Aufgaben, vielleicht ist sie tatsächlich die falsche Person.
Die I-Kraft soll nur garantieren, dass dein Kind den Kindergarten besuchen kann. Sie soll ihn in all den Tätigkeiten helfen und unterstützen, die er nicht ausführen kann. Sie ist nicht für die Förderung zuständig (das ist Aufgabe der Erzieher). Sie macht auch keine Therapien. Sie ist die 3 oder 4 Jahre nur für die Inklusion zuständig.
Ist die Inklusion beendet, wird die I-Kraft auch nicht mehr benötigt. Dann wäre das Kind ja gesund.

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Ja so hatte ich mir das auch vorgestellt. Aber tatsächlich ist es so, dass sie versucht ihn zu erziehen. An den Tagen, an denen sie da ist, halten sich die Erzieherinnen komplett zurück. Das hab ich auch schon öfters angesprochen...

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Wenn eine i-Kraft da ist, muss das ja dem Träger gegebenüber auch irgendwie belegt werden, oder ? Irgend eine Form der Diagnose muss es dann ja schon geben ? Ich würde mich an Kinderarzt bzw KJP wenden und die weiteren Schritte angehen - all das läuft schwer an, je früher, um so besser .. ich denke, nichts ist schlimmer als die Ungewissheit. Würde das definitiv angehen. Alles gute Euch

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Es kann durchaus sein, dass die I Kraft hier nicht ideal ist. Das will ich gar nicht abstreiten, aber dein Text gibt mir an ein paar Punkten zu denken.

1. Eine Diagnose soll nicht gestellt werden? Warum? Ohne Diagnose sind alle Maßnahmen ein Fischen im Trüben. Ohne Diagnose können keine zielgerichteten Therapien und Fördermaßnahmen ergriffen werden. Je früher, desto besser. Bestehen später Zweifel an der Diagnose, können erneute Testungen erfolgen. Integrationskräfte, Schulbegleiter, Nachteilsausgleiche oder auch ein Förderstatus können auch wieder aufgehoben werden.
Selbst ein Gutachten im Bereich SE bedeutet nicht, dass das Kind nicht auf eine Regelschule kann.

Aber je früher man dem Kind hilft, desto weniger Ballast hängt sich dran.

2. Kommuniziert eure Erwartungen an die I Kraft und klärt ab, inwieweit diese tatsächlich dafür zuständig ist oder halt nicht. Dann entstehen keine falschen Erwartungshaltungen.

3. Warum musst du dein Kind und euch verteidigen oder rechtfertigen? Wie kann ich mir so ein Gespräch mit der I Kraft bei euch vorstellen?
Da läuft einiges schief, was vielleicht mit Punkt 2 zusammenhängt. Von welcher Seite aus es schief läuft kann man aus dem Aufgangspost heraus nicht beurteilen.

4. Dein Kind hat einen starken Willen. Aber es muss halt auch lernen, dass man nicht immer mit dem Kopf durch die Wand kann.

5. Die I Kraft ist keine billige Hilfskraft in der Kita. Da wäre ich vorsichtig soetwas zu unterstellen. Habt ihr keine I Kraft mehr für euren Sohn, kommt dafür nicht automatisch mehr Kitapersonal. Es ist dann schlichtweg keiner mehr nur für deinen Sohn und seine niedrige Frustrationstoleranz da. Das muss er dann meist mit sich selbst ausmachen, da einfach niemand ihn da so begleiten kann, wie er es wohl braucht. Sonst hätte er auch keine I Kraft.

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Hey!

Ich bin entsetzt, dass euch von der Diagnostik abgeraten wird.

Wenn ihr eine Diagnose habt, könnt ihr ihm helfen und wisst, wo ihr ansetzen sollt. Mit Diagnose kann er von Anfang an in der Schule mitarbeiten, weil er entsprechende Hilfe oder Nachteilsausgleiche haben wird.
Ohne Diagnose keine Hilfe = mit Pech nur negatives Feedback, keine Leistung, Niederlagen und dann Leistungsverweigerung. Er wird keinen Anschluss finden, frustriert werden. Hat ein höheres Risiko für Depressionen, wenn er jetzt schon eine geringe Frustrationstoleranz hat.
Ich bin Lehrerin und unterrichte ein paar Kinder, deren Eltern eine Diagnostik verweigern. Diese Kinder werden ohne Hilfe durchs System geprügelt und schaffen es nicht. Die Kinderseele leidet. Egal, ob in der Schule oder im Praktikum. In der Freizeit.

Wenn er pfiffig ist, wird er sein Potential nicht entfalten können. Diesen Niederlagen würde ich mein Kind nicht aussetzen. Ich habe adhs, wurde nie diagnostiziert und habe echt überall eingesteckt. Meinem Kind will ich das ersparen. Klar, habe ich meine Abschlüsse geschafft- das ist aber nicht selbstverständlich. Aber es gibt auch noch ein Leben nach der Schule (nach dem Abschluss) und auch da habe ich Probleme. Es endet ja nicht, wenn man seinen Abschluss gemacht hat.

Von daher: Bitte um eine Diagnostik. Du musst deinem Kind danach die Diagnose nicht an die Stirn tackern, sondern kannst mit den Ärzten abwägen, ob dein Sohn davon profitiert, wenn man die Diagnose in der Schule bekannt gibt.
Nur weil es eine Diagnose hat, wird man es nicht auf der Stelle einkassieren und in die Förderschule bringen.
Aber als pfiffiges Kind kann er so sein Potential besser nutzen, wenn ihr an empathische Lehrer geratet und mit denen kooperiert.


Liebe Grüße - nur Mut-
Schoko

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Auf der anderen Seite wird er ohne Diagnose erst recht auffallen.
Ich hatte einen Schüler, der echt merkwürdig war. Er war Außenseiter, machte im Unterricht nicht mit. Als Lehrerin kam ich nicht an ihn ran, Mitschüler auch nicht. Man vermutete eine Lernbehinderung. Hatte er nicht.

Nun habe ich seinen Youtube-Account entdeckt. Der behandelt das Thema Autismus. Mir wird so einiges klar. Die Eltern haben immer gemauert. Der junge hatte so einige unschöne Situationen erlebt, die Eltern wussten wohl schon Bescheid. Dem offiziell kommunizierten Autisten der Stufe konnten wir helfen, ohne dass die Mitschüler die Diagnose erfuhren. Der Junge wird FOR-Q schaffen, obwohl er echt nicht einfach war. Aber wir konnten ihn packen. Der andere Junge ist durchs Raster gerutscht.

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Das möchte ich aus der Sicht einer weiteren Lehrerin unterschreiben! Falls Bedenken bestehen, dass der Förderstatus auf Abschlusszeugnissen steht, so lässt sich dieser auch kurzfristig aufheben.
Euer Kind bleibt seltsam, ungewöhlich, besonders, anders,... aber er wird in der Schule auf mehr Verständnis stoßen, wenn bekannt ist, warum er so ist wie er ist und auch Hilfe bekommen. Diese Hilfe kann sein, dass er entweder eine Schulbegleitung bekommt, oder Einzelstunden mit einem Sonderpädagogen, einen verringerten Stundenumfang, ein Jahr mehr Zeit für die Schulabschlüsse,.. Das ist individuell.
Die Schüler, bei denen irgendetwas nicht richtig war (vermutete Lernbehinderung, aufgrund äußerst schwacher Leistungen) sind durchs Raster gefallen. Auch der sehr intelligente Junge, der aber sozial auffällig war (Onanie während des Mittagessen, durchs Klassenzimmer geworfene Stühle,..) musste durchgereicht werden und ist auf der Hauptschule gelandet, weil das Regelschulsystem in schwerwiegenden Fällen nicht helfen kann. Dies kann nur geschehen, wenn Diagnostik betrieben wird. Ich vermute, dass der Stühlewerfer mit anerkanntem Förderschwerpunkt im sozial-emotionalen Bereich sehr wahrscheinlich das Abitur hätte machen können, wenn er etwa auf eine Schule mit sehr kleinen Lerngruppen hätte gehen dürfen.

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