Asperger Autist (16) lässt sich nicht impfen

Hallo, ich bin Mutter eines 16jährigen diagnostizierten Asperger Autisten.
Eigentlich läuft er ganz gut in der Spur, er ist mit seinem Leben zufrieden und ich auch.
Aktuell besteht allerdings das Problem, dass er eine starke Abwehr gegen Spritzen zeigt.
Ich war mit ihm 2x zur Covid-Impfung (die ja wirklich kaum zu merken ist). Keine Chance.
Außerdem hat er eine Gräser-/Getreide Allergie, was bei seinem Berufswunsch "Landwirt" leider etwas unpraktisch ist...
Da es wenig Sinn macht, die Allergie allein mit Tabletten in den Griff zu bekommen (Müdigkeit, Führen von Maschinen damit problematisch), war ich heute mit ihm beim Allergologen.
Dort dann das gleiche Spiel: Verweigerung.
Natürlich haben wir uns vorher immer mal wieder darüber unterhalten, aber er schaltet dann richtig ab. Er ist nicht der Typ, der gewillt ist, an sich zu arbeiten (auch in anderen Bereichen nicht).
Ich bin heute sehr frustriert, weil ich das Gefühl habe, ich verstehe da was ganz grundsätzlich nicht.
Und, ja: Man kann sicher auch ohne eine Covid-Impfung gut leben. Aber was ist, wenn mal ein Ernstfall eintritt und er ins KH muss? Oder wenn er als Erwachsener ernsthaft krank wird, sich aber nicht zum Arzt traut? Bzw. wäre das in seinen Augen eh unnötig...
Ich finde es schade, dass er sich selbst im Weg steht, und dass ich keine Möglichkeit mehr sehe, ihn zu unterstützen. (Es gibt übrigens auch einige wenige Bereiche, in denen das ebenso zutrifft, z. B. einkaufen gehen, telefonieren ,... aber da gibt es tatsächlich Teilerfolge!)
Oder wird er womöglich auch so gut durchs Leben kommen, und ich mache mir einfach zu viele Gedanken?
Für Anregungen oder weitere Fragen bin ich sehr dankbar!

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<<Außerdem hat er eine Gräser-/Getreide Allergie, was bei seinem Berufswunsch "Landwirt" leider etwas unpraktisch ist...
Da es wenig Sinn macht, die Allergie allein mit Tabletten in den Griff zu bekommen (Müdigkeit, Führen von Maschinen damit problematisch), war ich heute mit ihm beim Allergologen.
Dort dann das gleiche Spiel: Verweigerung.<<<<

Liebe TE,

vielleicht bestände ja die Möglichkeit zu einem Heilpraktiker zu gehen und die Allergie dort behandeln zu lassen. Ich habe auch Heuschnupfen und ganz ehrlich bei Kortisonaugen- und Nasentropfen wurde mir ganz anders. Ich behandle mich jetzt nur noch mit homöpathischen Mitteln, weil es auf die Dauer angenehmer ist.

Impfen ist bei einem Autisten auch so eine Sache. Ich habe einen 17 Jahre alten frühkindlichen Autisten, da wären Spritzen auch das Problem gewesen. Mein Mann hatte ihn auf dem Schoß (sah zwar ziemlich blöde aus), Mein Sohn hatte zum Glück ein T-Shirt an. Der Impf-Mensch hatte meinen Sohn reingelegt, so das er erst die Spritze gar nicht erst sah. Zack war sie im Arm. Und bei der zweiten auch. Mein Sohn konnte das garnicht fassen und hat nur etwas fassungslos gekuckt. Unser Autist ist allerdings auch fast nonverbal. Und Abwehrhaltung ist beim Coronatestung für die Schule immer an der Tagesordnung gewesen. Bei einem PCR-Test mussten ihn zwei Mann festhalten. Dann lieber etwas hinterlistig impfen und wir haben diese ganze Testung nicht mehr. Und es tat nicht mal weh.

Leider kann ich dir keinen ultimativen Tipp geben, was das Impfen anbetrifft. Dein Sohn kann sich äußern, meiner nicht. Also mussten wir für ihn die Entscheidung treffen. Wenn dein Sohn sich weiterhin testen lässt in der Schule, dann ist ja gut. Zum Arzt sind wir übrigens auch nur gegangen, wenn es sich nicht umgehen ließ. Unser Sohn hat im Laufe seines Lebens alle Impfungen bekommen, da haben die Ärzte auch nicht lange gefackelt.
Die Spritze war immer ganz schnell drinne, schneller als mein Sohn kucken konnte. Auf dem Schoß mussten wir ihn immer nehmen, damit er nicht abhaut.

Übrigens Selbständigkeitstraining ist immer gut. Da unser Sohn zusätzlich noch eine geistige Behinderung hat, dauerte es etwas bis er alleine Brötchen holte. Er ist für seine Behinderung doch recht selbständig. Kann sich alleine waschen, anziehen, deckt den Tisch, räumt den Geschirrspüler aus. Aber man muss als Elternteil dabei stehen.

Geht dein Sohn zur Autismustherapie oder hat er bereits so eine gemacht? Hat bei uns immer gut geholfen und sind nach langer Pause wieder dabei.

LG Hinzwife

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Hallo, ja, das mit dem Heilpraktiker ist mir auch schon durch den Kopf gegangen, das ist auf jeden Fall einen Versuch wert!
Die Covid-Impfung hätte ich als eine Chance gesehen, weil man den Einstich wirklich nicht merkt.
Einen fast 17jährigen festzuhalten fände ich zwar super, ist aber wenig praktikabel. Obwohl ich auch zu der Fraktion "Kurz und schmerzlos" gehöre und ich das sehr befürworte.
Ja, eine Therapie hat er gemacht. Die letzte haben wir letztendlich abgebrochen, weil er überhaupt nicht mitgemacht und sich völlig verweigert hat. Aber er hat seine Dinge weitestgehend im Griff, da bin ich schon froh drüber.

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Statistisch gesehen hat ein 16jähriger tatsächlich das höhere Risiko Impfkomplikationen zu erleiden als Komplikationen durch eine Corona-Erkrankung zu haben. Insofern finde ich, soll ein 16jähriger selber entscheiden, ob er sich impfen lassen will oder nicht (bei uns sind alle komplett durchgeimpft, nur unser 17 Jähriger nicht, und das ist ok, er hat sich damit auseinandergesetzt und ist zu einer anderen Entscheidung gelangt als der Rest der Familie)

Dein Sohn ist alt genug um Dinge wie Kausalität und Korrelation zu verstehen. Gräser und Getreideallergie untherapiert verunmöglicht die Berufsausübung als Landwirt mit Ackerbau und Viehzucht. Antihistamine sind nur zur Symptomlinderung geeignet und führen nicht zu Heilung. Punkt. Er könnte aber allenfalls Weinbauer werden. Oder eine Desensibilisierung versuchen. Oder eben einen anderen Beruf erlernen.

Telefonieren muss er mit 16 noch nicht können als Autist, aber Alternativen muss er kennen und anwenden können (zb. Mails, oder Hilfe/Vertretung anfragen bei sozialen Blockaden)

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>> Statistisch gesehen hat ein 16jähriger tatsächlich das höhere Risiko Impfkomplikationen zu erleiden als Komplikationen durch eine Corona-Erkrankung zu haben. <<

Das bezieht sich aber nur auf die kurzfristigen Impfreaktionen. Also Fieber, schmerzender Arm, Mattigkeit in den ersten paar Tagen nach der Impfung. Bei den langfristigen, schweren Komplikation ist das umgekehrt.
https://www.science.lu/de/artikelserie-covid-19-oder-impfung/vergleich-symptome-covid-19-vs-nebenwirkungen-der-impfungen

Grüsse
BiDi

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Hallo, nein, selbst entscheiden kann er das sicher nur eingeschränkt. Der Wille, sich nicht impfen zu lassen ist viel größer als der Anreiz der Vorteile, die sich daraus ergeben.
Dass er sich nicht gegen Covid impfen lässt, geht soweit schon in Ordnung. Ich hatte das aber als Chance für ihn gesehen, weil man den Einstich wirklich kaum merkt.
Aber so what...
Telefonieren umgeht er durch Nutzung vom email und Whatsapp. das ist super, dass er sich zu helfen weiß.

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Hallo,

Meine Tochter ist zwar erst 8, aber auch sie hat diese Abneigung gegen Medikamente. Sie muss schon sehr große Schmerzen haben dass sie eine Nurofen nimmt oder dergleichen. Ihr Papa ist ebenfalls Asperger Autist, ihn hat seine Abneigung gegen Ärzte schon mit einer Blutvergiftung ins Krankenhaus gebracht. Er war erst auch gegen die Impfung, denkt jetzt aber doch drüber nach sich Impfen zu lassen.

Dein Sohn ist 16 und kann solche Entscheidungen für sich selbst treffen. Er wird sich sicher gut informiert haben. Vielleicht braucht er auch einfach noch etwas Zeit.

LG
Sunny

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Hallo, nein, informiert hat er sich ganz sicher nicht. Er will keine Spritze, und Punkt. Egal, ob es Sinn macht oder nicht. keine Chance. Dieser enorm starke Wille ist sicher eine Art Selbstschutz, um die Kontrolle zu behalten, und begleitet uns auch in (zum Glück wenigen) anderen Bereichen.
Und genau davor habe ich Angst: Dass er sich im Ernstfall keine Hilfe holt. Er wird später allerdings sicher selbständig leben können.
Sein Vater ist ähnlich veranlagt, lieber mit hohem Fieber LKW fahren, als sich krankschreiben zu lassen. Das ist ja auch eine Gefährdung anderer!
Mein Sohn war als Kind eigentlich nie krank, er konnte also auch keine positiven Erfahrungen beim Arzt sammeln. Das macht es nicht einfacher...

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Achso, es geht um den Pieks. Ok, das ist dann natürlich schwierig. Da habe ich leider auch keinen Rat, wenn meine Tochter z.B. Antibiotika nehmen muss lege ich sie auf den Boden, Knie mich drüber, fixiere sie und ab rein damit. Musste ich zum Glück seit 2 Jahren nicht mehr machen, so langsam hat sie dafür zu viel Kraft. Sie weiß schon warum Medikamente sein müssen, nehmen will sie aber keine. Zum Glück geht aber freiwillig zum Arzt und zum Impfen. Corona Impfung ist bei uns kein Thema weil sie noch zu klein ist.
Oft machen Autisten ja Dinge mit deren Sinn sie verstehen und nachvollziehen können. Aber halt leider nicht bei allem.

Vielleicht ändert Dein Sohn seine Meinung ja noch wenn er Nachteile durchs nicht Impfen hat, also vielleicht täglich zum Test muss, der ist ja auch nicht grad angenehm.

LG

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entweder ist ist reif und selbständig genug, um selbst Entscheidungen zu treffen, oder er hat eine Behinderung und hat in manchen Entscheidungen einfach die Verantwortung und Planung an den Betreuer abzugeben.
Was trifft bei euch zu?

Manche Behinderungen kommen ja einer Unzurechnungsfähigkeit gleich und der Sorgeberechtigte trifft die Entscheidungen. Ich weiß ja nicht, wie stark es bei Euch ist, - aber in manchen Fällen entscheidet z.B. auch der Arzt und nicht der Patient (geht ja auch um die anderen, normalen Impfungen, die er ja trotz Spritzenphobie ja auch über sich ergehen lassen muss)

Wenn er ja auch bei einem Allergologen Probleme macht, wenn es um die Allergie geht, muss man sich ja mal drüber Gedanken machen, welchen %-Grad Selbständigkeit er hat und bekommt und welchen Grad nicht.

Mein Patenkind ist auch ziehmlich fit. - aber eben trotzdem eben geistig behindert, in einer Sonderschule, wird tagsüber betreut. Sie ist inzwischen 19, kann aber nicht wirklich richtige Entscheidungen selbst treffen, hat auch ne menge Nummern+Zahlen im Behindertenausweis eingetragen (kenne mich nicht aus)
... aber z.B. impfen ja/nein .... DAZU ist sie dann doch geistig nicht fit genug, das zu entscheiden und die Sorgeberechtigten haben entschieden.

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Bei ihm ist es so, dass er durchaus Entscheidungen für sich selbst treffen kann. Ein Außenstehender merkt ihm nichts an.
Es sind aber halt noch Dauerbaustellen (wenn auch nur sehr wenige) vorhanden, wo es irgendwie nicht weiter geht.
Wir haben keinen Schwerbehindertenausweis, er setzt sich auch überhaupt nicht mit sich auseinander. Für ihn ist alles gut so, wie es ist. Eigentlich beneidenswert...
Ansonsten lasse ich ihn beruhigt seinen Weg gehen, er macht das schon, da bin ich ganz sicher.
Hab halt nur Angst, dass er später im Ernstfall (z.B. Krankheit) nicht reagiert.

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Huhu,

Wenn es wirklich nur der Piks ist, der ihn davon abhält, sich impfen zu lassen, es gibt eine Salbe aus der Apotheke, die die Einstichstelle betäubt. Emla Salbe heißt sie, kann man rezeptfrei in der Apotheke kaufen. Sie hat mir sogar beim Bauchnabelpiercingstechen geholfen #hicks

Bei allem anderen hilft nur die Therapie zur Unterstützung und Weiterentwicklung zu machen/wieder aufzunehmen.

LG Vanessa

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Hi,

deine Beschreibung erinnert mich an einen geliebten Kollegen. Er war ein besonderer Mensch, hatte starke autistische Züge, war aber nicht diagnostiziert.

Er war super schlau, hatte mehrere hoch spezialisierte Abschlüsse (Studium) und bei uns mit uns einen tollen, vollkommen auskömmlichen Job.

Er war nie krank, hat auch mal was verschleppt und natürlich seine Eigenheiten. Ich habe als seine Führungskraft immer geschaut, dass er sich wohl fühlt & andere Kollegen nicht auf seinen persönlichen Grenzen "rumhacken". Und ich habe mir immer Sorgen gemacht, was mal mit ihm werden soll, wenn er in Rente geht...

Ich habe dann den Job gewechselt. Er hat seinen Geburtstag in diesem Jahr (Ende 50) nicht mehr erlebt. Er fühlte sich krank, es wurde immer schlimmer. Eine schlimme Herzmuskelentzündung, die er am Ende nicht überlebt hat.

Aber bis dahin: Er war glücklich, das weiß ich. Ich habe immer darauf geachtet, dass niemand an ihm " zehrt". Und die Sorge um sein Rentendasein ist auch vorbei...

Was ich damit sagen will: Keiner weiß, was kommt. Aber vielleicht ist es auch eine Option, solche Menschen einfach für sich ganz allein in der Welt ankommen zu lassen! Ich habe meinem Kollegen sehr geschätzt, immer beschützt & werde ihn nie vergessen.

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Das sind sehr schaurig - schöne Gedanken...
An einem ähnlichen Punkt bin ich bei meinem Sohn. Es gibt ein paar Sachen, in denen ich ihn noch unterstütze (auch wenn er den Sinn nicht unbedingt sieht). Andere Dinge lasse ich inzwischen laufen, auch wenn es (mir) mitunter schwer fällt, das auszuhalten.
Er ist mit sich total zufrieden. Und wer sagt denn, wer von uns beiden Recht hat?
Ist doch irgendwie auch beruhigend zu sehen, wenn jemand so dermaßen mit sich im Reinen ist, oder?

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Wow!

Genau so hatte ich es gemeint. Ihr liebt euch & jeder ist auf seine Art Teil der Familie.

Und bei einem Sohn ist das noch was anderes... Denn alle Mütter zerren hin und wieder an ihren Kindern.

Und dennoch: Jeder macht seinen Weg. Und jeder von uns braucht hin & wieder einen Engel in seinem Leben.

Ich wünsche deinem Sohn einen solchen Weg mit vielen Engeln.