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Hallo,

wenn ich mich richtig erinnere, habe ich kürzlich schon mal ein Post von dir gelesen, in dem du in anderen Zusammenhängen schreibst, dass dein Kind gerade schwierig ist und ihr nun Unterstützung bekommt. Ist das richtig? Sonst Sorry, #sorry wenn ich euch verwechsle.

Ich denke, dass es nichts bringt, das Problem isoliert zu sehen. Es ist vermutlich ein Aspekt der Probleme, die ihr gerade erlebt. Was sagt euer Sohn denn selbst? Was ich mir vorstellen kann ist, dass es ziemlich "cool" ist, in der Schule nichts zu machen. Meine Tochter ist auch in der 8ten und da sind die Helden die, die irgendwie nichts gebacken sind und sich den Lehrern gegenüber ziemlich frech und forsch benehmen. Versuchst du als Schüler gegen den Strom zu schwimmen, dann ist das ziemlich schwierig und kostet dich doch einige "Popularitätspunkte".

Da man euch und euren Sohn nicht kennt, mal ein paar Ideen:

a) Wir haben einen Bekannten, der selbstständig ist (und alleinerziehend). Sein Sohn hat in der 8. Klasse ähnliche Mucken gemacht. Da hat er ihn gezwungen, ihm einen vollen Tag im Betrieb zu helfen - war wohl ein 12 Stunden Tag. Abends hat er sich hingesetzt und ihm vorgerechnet, was er nun an dem Tag verdient hat, welches Monatseinkommen er hat und welche Ausgaben. Er hat ziemlich offen mit ihm darüber gesprochen, dass er wirklich hart buckeln muss für relativ wenig Geld, er aber aus verschiedenen Gründen wenig andere berufliche Perspektiven hat. Er hat seinem Sohn erklärt, dass er sich für ihn wünscht, dass er einfach einfacher durchs Leben kommt und dass ihm daher die Schulbildung sehr wichtig ist. Da hat's geholfen. Junior macht nun Abitur, hat ihn wohl doch sehr abgeschreckt. Analytisch betrachtet war es eine Mischung aus Abschreckung und emotionalem Appell :D.

b) Das totale Kontrollspiel. Hat hier ja schon jemand vorgeschlagen - gab aber schon Gegenstimmen. Wir haben eine Auszubildende, die in einer betreuten WG lebt - mit knallharten Regeln (kein Piercing, keine gefärbten Haare, anständige Klamotten). Sie kann sich "Privilegien" dadurch verdienen, dass sie wirklich im Alltag sehr ordentlich funktioniert. Sie hat bei uns ein Heftchen und wird da eingetragen, dass sie die Woche wirklich pünktlich, höflich und motiviert am Arbeitsplatz war und wir das mindestens mit "gut" bewerten würden, dann darf sie am Freitagabend weg (und muss in den Alkomat pusten, wenn sie wiederkommt). Man muss sagen, dass sie selbst das gut findet, sie kommt wohl aus einem sehr chaotischen Elternhaus und lernt zum ersten Mal Struktur - sie hat so eine "Einsicht" und sagt "klar, stinkt es mir, wenn ich samstags für die Berufsschule pauke, aber meine Betreuer wollen ja nur das Beste und dass das klappt!". Ich glaube ohne die Einsicht ist es sehr schwer und einfach nur nervenaufreibend.

c) Ich selbst fahre bei meinen Kindern das "erledige erst alle Aufgaben, dann bekommst du ..." Prinzip. D.h. sie kommen heim, machen die Hausaufgaben, packen den Ranzen, üben ihr Instrument, lesen ein wenig (Gott, klingt spaßfrei bei uns #schein) und bei schönem Wetter gehen die Kleinen eine Stunde raus und dann dürfen sie (natürlich mit Einschränkung) den restlichen Tag machen, was sie wollen. D.h. meine Tochter bekommt dann das Handy zurück (das sammeln wir täglich ein, wenn sie durch die Tür kommt), die Fernbedienung für den Fernseher, etc.

d) Vielleicht motiviert er sich selbst, wenn er ein Ziel hat? Wenn man versucht, ihn ein berufliches Praktikum oder so machen zu lassen und er merkt, dass er gewisse Leistungen für diese berufliche Bahn bringen muss?

Auf jeden Fall würde ich aber das Gespräch mit eurem Kind suchen und ihm klar machen, dass die Zeugnisse, die er jetzt hat, die Weichen für sein weiteres berufliches Leben sind.

GLG
Miss Mary

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Du erinnerst dich schon richtig, wir bekommen seit einiger Zeit Unterstützung und empfinden die Zusammenarbeit mit Jugendamt, Erziehungsberatung und Erziehungsbeistand für unseren Sohn auch als wirklich hilfreich - nur das braucht natürlich alles seine Zeit.

Ja, für die Schule zu lernen ist total uncool, und gerade unter den Jungs in seiner Klasse gibt es kaum welche, die wirklich was tun, Ziele haben - manche haben echt nur Blödsinn im Kopf und auch kein Korrektiv seitens der Eltern.

So richtig realisiert unser Sohn nicht, dass wir Eltern (beide studiert) schon einfach arbeiten müssen - er nimmt nur wahr, dass ich den ganzen Tag weg bin, während mein Mann als Musiker sehr unregelmäßig arbeitet und auch viel Freizeit hat - dafür schmeißt er aber den Haushalt. Dass wir gerade finanzielle Sorgen haben, ist ihm auch mit Nennung von Zahlen nicht klar zu machen, da wir im Vergleich zu vielen seiner Mitschüler schon gut zurecht kommen.

Auf Kontrolle reagiert er total allergisch und will einfach nicht wahrhaben, dass er nicht die gleichen Freiheiten wie seine zum Teil älteren Freunde haben kann; vielmehr hat er fast panische Angst, nicht gemocht zu werden, wenn er eben mal etwas nicht darf. Er leidet schon darunter, dass es ihm zB schwer fällt, eine Aufgabe überhaupt anzufangen - er hat oft das Gefühl, dass das alles zu viel ist, weil er halt sehr unsystematisch arbeitet.

Im Prinzip ist es bei uns auch so, dass er erst seine Sachen erledigen soll, bevor er am Handy hängt - er braucht dann aber selbst für die einfachste Sache ewig oder liegt nur gelangweilt in seinem Zimmer. Wir versuchen schon, viel Struktur in den Alltag zu bringen, aber manchmal entzieht er sich einfach allem.

Praktikum steht bei ihm jetzt ohnehin an, und wenn er aus "was mit Autos" etwas macht, soll es uns recht sein. So wirklich einen Plan hat er aber nicht, und handwerklich zwei linke Hände - die Gesamtschule tut aber viel dafür, die Berufswelt näherzubringen.

Letztlich versuchen wir gerade, überhaupt wieder ins Gespräch miteinander zu kommen und hoffen auch, dass er wieder mehr Zeit in die Freunde investiert, die irgendwie "geerdet" sind und nicht nur vor lauter Langeweile Blödsinn im Supermarkt anstellen und dann ein Hausverbot bekommen.

Dass er handeln muss (anstatt immer nur was anzukündigen oder sich selbst und andere zu belügen), ist als Botschaft klar formuliert worden von uns; ich hoffe sehr, er kann das auch nach und nach umsetzen.

Liebe Grüße
Anja

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Wir scheinen dieselben Kinder zu haben#schock#schock#schock

Und noch erschreckender wir machen vieles ähnlich im Bezug auf das Kind.

Auch wir haben zugesehen, dass er möglichst mit Freunden verkehrt sie etwas geerdet sind.

Jetzt hat er eine Freundin und mit ihr zusammen hat er schon echt Mist gebaut. Beide haben sich selber am Vormittag schulfrei erteilt und nahmen am weiteren Unterricht nicht teil. Sie vergnügten sich in der Stadt:-[
Zudem lebt die Freundin in einer schwierigen Familiensituation, dazu kommt dass die Mutter aufgrund ihrer Arbeitszeiten erst am Abend oder späten Abend zu Hause ist und sich erst dann um sie und ihre Balange kümmern kann.
Der Freundin bescherrt es ein Leben frei von Regeln und Kontrolle , was meinem Sohn natürlich fasziniert.
Nun wollte mein Kind da übernachten und auch sie wollte bei unserem Sohn übernachten.

Nun haben wir (aufgrund der Probleme der Mutter ) beschlossen, dass wir dann lieber beide bei uns haben , um das Ganze wenigstens ein bisschen beobachten und lenken zu können.
Ihr erster Besuch bei uns war ein Desaster für uns alle.
Beim zweiten Besuch lief es besser und mit jedem Besuch läuft es besser.
Die Freundin schafft es immer besser sich mit zu integrieren und an die häuslichen Regeln zu halten. Sie zieht unseren Sohn da auch mit.
Sie fühlt sich auch recht wohl bei uns. Sie selber hat meinem Sohn gesagt, dass sie mich mag , weil ich auch gut erkläre warum ich z.b will dass sie diese oder jene Regel einhalten.
Irgendwie tun sich beide auch gut.(wird auch von der Schule bestätigt) aber da die beiden aus dem selben Holz geschnitzt sind, ist es ganz gut sie im Auge zu behalten, denn sie können sich auch beide schnell ins Gegenteil ziehen.

Ich wünsche dir gute Nerven!
Karna

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Hallo,

mein Bruder ist Gymnasiallehrer und er sagt, dass wäre für das Alter, gerade bei Jungen, typisch und ganz normal. Pubertät halt. Er rät den Eltern ruhig zu bleiben. In 99% der Fälle würden die Kids spätestens ab der 10. wieder komplett rund laufen und wissen worum es geht.

LG
Michaela

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Mehr individuelle Betreuung und Gruppenunterricht fördern! Wichtig ist, dass das Kind nicht allein mit dem Schulstoff allein da ist, sondern wirklich motiviert wird. Wenn die Eltern schon nicht wissen, weswegen die Noten resultieren, dann muss ich mir ehrlich die Frage stellen, ob sie überhaupt mitbekommen, was an Wissen dem Kind vermittelt wird. Vielleicht hilft auch ein Einblick in die Schulsysteme. Wird mit veralteten Schulbüchern gelernt, werden keine PCs oder E-Learning Plattformen genutzt, ist Gruppenunterricht angesagt? Sowas kann in Gesprächen mit Lehrern herausgefunden werden. Auch Empfehlungen an Lehrer, bestimmte Schulbücher oder Lernmedien (vgl. z.B. https://www.fwu-shop.de/ ) zu nutzen, gehört dazu. Die Bildung eines Kindes ist nicht alleinige Aufgabe der Pädagogen.

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Ich glaube, darin liegt nicht das Problem, und es liegt nicht in meiner Macht, das System zu verändern. Von den meisten Lehrern denke ich, dass sie ihre Arbeit gut machen (Ausnahmen gibt es immer), und über die Inhalte bin ich im Groben informiert.

Es gibt viel Gruppenarbeit, aber da das Leistungsvermögen sehr heterogen ist, läuft das eben nicht immer rund. Individuelle Förderung: Da bemühen sich einige Lehrer wirklich sehr, aber wenn mein Sohn, statt eigenständig eine interessante Aufgabe zu machen, dies als "ist mir zu viel" ansieht, muss er halt dieselben vielleicht langweiligen Aufgaben machen wie die anderen auch.

Die technische Ausstattung in der Schule ist bescheiden, aber es wird mit PC, Videos etc. gearbeitet. Ob E-Learning hilfreich wäre, weiß ich nicht - hilft ja alles nichts, wenn mein Sohn in Klassenarbeiten einfach mal schreiben muss (was er nicht mag).

Und wenn er in Lernfächern nicht lernt, ist auch die Unterrichtsmitarbeit mau; wenn fast die ganze Klasse Musikunterricht blöd findet, hat die Lehrerin es einfach schwer.

Man merkt sehr deutlich bei ihm, dass er bei Lehrern, von denen er sich geschätzt fühlt, bessere Leistungen erbringt als bei solchen, mit denen die Chemie einfach nicht stimmt. In einem Fach hat er sich wirklich aufgegeben - die Lehrerin unterrichtet nicht sehr strukturiert und ist leicht überfordert mit dem unruhigen Kurs - darauf habe ich keinen Einfluss und würde mir auch nicht anmaßen, da Ratschläge zu geben.

Irgendwie weiß ich nicht so ganz, worauf Du mit Deiner Antwort hinaus willst - ich klage ja nicht die Pädagogen an, sondern denke, dass mein Sohn einfach mal selbst Verantwortung übernehmen muss. Wenn er Hilfe braucht, bekommt er die, aber dazu muss er sie auch annehmen.

Liebe Grüße
Anja