Mündliche Noten, Gymnasium

Die Vorgeschichte:
Meine Tochter (11, 6. Klasse) ist durch die Klassenstärke, den Lärmpegel und einige garstige Kinder ein wenig eingeschüchtert. Sie ist nicht grundsätzlich schüchtern, sodass ich da keinen Handlungsbedarf sehe. Es ist vielmehr so, dass ihr das Wissen fehlt, etwas "Gescheites" zu sagen. Wenn sie nichts weiß, sagt sie nichts.

D.h. es wäre angebracht, dass sie gut vorbereitet in den Unterricht geht. Doch wie geht gute Vorbereitung?

1. Unterrichtsnachbereitung
Sie schaut sich den Stoff der letzten Unterrichtsstunde nochmal an.
Das ist sicherlich für Fächer wichtig, wo der Stoff aufeinander aufbaut wie Sprachen und Mathe. Für Fächer, bei denen das Thema wechselt, scheint diese Strategie jedoch nicht zu funktionieren, weil einfach wenig wiederholt wird.

2. Unterrichtsvorbereitung
Sie blättert im Buch und arbeitet etwas vor in der Hoffnung, dass genau das in der nächsten Unterrichtsstunde erfragt wird.
Das scheint eine Strategie zu sein, wenn der Lehrer nach dem Lehrbuch arbeitet. In z. B. Geschichte benutzt die Lehrerin das Buch jedoch nicht und ein Zusammenhang zwischen Buch und Unterrichtsstoff ist kaum erkennbar.

3. Erweiterte Unterrichtsvorbereitung
Sie besorgt sich zusätzliches Material zu dem Thema (Internet, Bücherei) und macht sich selbst zum Experten.
Manchmal habe ich den Eindruck, dass das so verlangt wird. Allerdings ist diese Strategie sehr zeitaufwendig und doch auch recht unfair, weil es bei komplexeren Themen Glückssache ist, ob man die richtigen Themenbereiche lernt. Ein Beispiel dafür ist Geschichte: Die Lehrerin eröffnet das Thema Mittelalter damit, dass sie einen Fisch an die Tafel zeichnet und die Kinder auffordert, dazu etwas zu sagen. Meine Tochter wird drangenommen. Da sie jedoch keine Ahnung hat, könnte sie maximal die Antwort raushauen, dass es sich um einen Fisch handelt. Da sie aber selbst weiß, dass das wohl nicht die Antwort ist, die man von ihr erwartet, bekommt sie einen roten Kopf und schweigt, was die Lehrerin mit einer abfälligen Geste quittiert und ein anderes Kind dran nimmt. Dies ist nur eins von vielen Beispielen. Vielleicht muss man damit leben... keine Ahnung, ganz fair ist das doch aber nicht?!?

1

Hallo,

gleich zu Beginn möchte ich sagen, dass ich dich nicht angreifen möchte.

Das "Nichtwissen" ist nicht das Problem der Klassenstärke oder der garstigen Schüler, sondern eher das Problem deiner Tochter.
Deine Tochter kann halt keinen Bezug vom Fisch zum Mittelalter herstellen, was andere können.

Auf dem Gymnasium werden viele Transferleistungen erwartet, das "um die Ecke denken" usw.
Daraus werden die mündlichen Noten gebildet.

Würde sie von den garstigen Mitschülern wegen einer falschen Antwort ausgelacht? Dann würde ich die Zurückhaltung verstehen.

Als anderes Problem, als Klassenstärke / Mitschüler sehe ich die abfälligen Gesten der Lehrkraft.

Vor- und Nachbereitung können nicht schaden, aber nicht in dem Ausmaß, wie du es hier schilderst. Das finde ich persönlich schon recht übertrieben.

VG

4

"Deine Tochter kann halt keinen Bezug vom Fisch zum Mittelalter herstellen, was andere können."

Hilf mir mal bitte auf die Sprünge - worin besteht den der achso offensichtliche Zusammenhang.

7

Ist diese Fisch Symbol nicht irgenwie Kirche? Hab da mal irgendwas gelesen, aber was das mit Mittelalter zu tun hat, erschließt sich mir spontan nicht und einem 6. Klässler sicherlich auch nicht.

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2

Hallo,

ich möchte zu deinem Punkt 3 etwas sagen. Dort finde ich liegt der Fehler bei der Lehrerin.
1. bei einem neuen Thema zu erwarten das die Kinder reichlich sinnvolle Antworten haben (ich wär auch nicht auf Mittelalter gekommen)
2. ein Kind dran zu nehmen das sich offensichtlich nicht gemeldet hat
3. dann auch noch abfällig mit dem Kopf zu wackeln, wenn es keine Antwort weiß

Diese Lehrerin erwartet zu viel m.M. nach.

Unser Sohn (auch 6. Klasse, Realschule) bereitet sich so vor, das er in Nebenfächern (Geschichte, Erdkunde, Physik usw.) sich vor der nächsten Stunde die Mappe nochmal durchsieht da manche nur 1 x die Woche stattfinden. Die Hauptfächer sind so regelmäßig da macht er nichts. Durch den Ganztag hat er auch keine HA auf, außer Vokabeln lernen in Englisch und Französisch, das macht er alle 2 Tage.

Deine Tochter sollte sich entspannen, sie hat keine Glaskugel und ich finde man muss auch nicht auf jedes, vor allem Neue,Thema super vorbereitet sein.

LG
Tanja

3

"Die Lehrerin eröffnet das Thema Mittelalter damit, dass sie einen Fisch an die Tafel zeichnet und die Kinder auffordert, dazu etwas zu sagen. "

Mal ganz doof gefragt - welche "Transferleistung" sollten die Schüler in diesem Zusammenhang erbringen? Mir erschließt sich da kein Zusammenhang und ich bin bestimmt nicht auf den Kopf gefallen.

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Welche Transferleistung?
Nun zum Grundwissen von Grundschülern gehört, dass Fisch dort wo Wasser war ein Hauptnahrungsmittel war.
Fern vom Wasser eher selten, da die Wege lang waren.
Im Mittelalter hatte man keinen Kühlschrank, deshalb konnte man Fisch nicht aufbewahren, es sei denn er wurde getrocknet.

Solche Transferleistungen können durchaus im Gymnasium erwartet werden.
Ansonsten hilft wohl nur bei der Wieso, weshalb, warum Junior Buchserie neu anzusetzen.
Auf dem Gymnasium geht es nicht ausschließlich um das Abfragen von bereits gelerntem Wissen, sondern auch darum logisches Wissen anzuwenden und da muss mehr drin sein als "das ist ein Fisch".

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"Nun zum Grundwissen von Grundschülern gehört, dass Fisch dort wo Wasser war ein Hauptnahrungsmittel war.
Fern vom Wasser eher selten, da die Wege lang waren.
Im Mittelalter hatte man keinen Kühlschrank, deshalb konnte man Fisch nicht aufbewahren, es sei denn er wurde getrocknet."

Naja nimm`s mir bitt enicht übel, aber das klingt für mich sehr weit hergeholt und ist aus meiner Sicht als Einstieg in das Thema "Mittelalter" völlig ungeeignet..

"Nun zum Grundwissen von Grundschülern gehört, dass Fisch dort wo Wasser war ein Hauptnahrungsmittel war."

Das mag vielleicht in Bundesländern, die am Meer liegen, der Fall sein, aber meine Tochter hat gerade die Grundschule hinter sich - und da war die Ernährung im Mittelalter ganz bestimmt kein Thema.

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> 3. Erweiterte Unterrichtsvorbereitung
> Sie besorgt sich zusätzliches Material zu dem Thema (Internet, Bücherei) und macht
> sich selbst zum Experten.
> Manchmal habe ich den Eindruck, dass das so verlangt wird.

Wenn man unbedingt eine mündliche 1 will, kann man das natürlich so machen, aber dafür der Aufwand? Ich würde mich mit den Themen beschäftigen, die mich völlig unabhängig von der Schule selbst interessieren. Alles kann und muss man nicht wissen.

Dass sowas erwartet wird, kann ich mir nicht vorstellen. Vielmehr sehe ich hier die große Gefahr, dass sich deine Tochter im Unterricht dann langweilt und auf Dauer dadurch eher verschlechtert.

Welchen Zusammenhang der Fisch mit dem Mittelalter haben soll, verstehe ich ehrlich gesagt auch nicht. Da wird es wahrscheinlich auch nichts helfen, schon x Bücher übers Mittelalter gelesen zu haben, worauf die Lehrerin da rauswollte, wird nur sie selbst wissen. Wahrscheinlich gibts darauf gar keine richtige oder falsche Antwort, sondern es geht mehr im eine Ideensammlung, um ins Gespräch zu kommen. Es geht bei der mündlichen Mitarbeit auch weniger darum, auswenig gelerntes Wissen wiederzugeben, sondern ums selbständige Mitdenken. Wobei die Lehrerin bei einer so offen und seltsam gestellten Aufgabe damit rechnen muss, dass jemand nichts sagen kann. Dafür wirds schon nicht gleich eine mündliche 6 geben.

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Ich vermute, dass sie auf das Thema Fasten ansprechen wollte, dass damals einen viel höheren Stellenwert hatte als heute.

Ich habe meinem Kind (4.) die Situation beschrieben.
Ihre Antwort war: Damals mussten die Leute, die nicht am Meer gelebt haben Lebertran trinken. Sie hat gerade Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt gelesen und hatte das Thema Ernährung in der 3.
2. Antwort war "der christliche Fisch", Quelle Klassenfahrt in ein christliches Bildungshaus.

Was haben denn eigentlich die anderen Kinder in der Klasse gesagt?

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Hallo,

die Lehrerin in Geschichte wäre bei meiner Zwillingsschwester aufgelaufen, deren Hobby war Dokus übers Mittelalter ankucken. Der Fehrnseher stand in unseren Zimmer, ein bisschen weiß ich daher auch.
Dieser Lehrerin scheint es ums vorführen der Schüler zu gehen!
Welcher der heutigen Kinder weiß denn das die normale Bevölkerung fast nur Fisch gegessen hat? Es gab mehr Fastentage als normale Tage und da durfte nur Fisch auf den Tisch. Und jagen war am Ende des Mittelalters für die Bevölkerung verboten, die durften aber angeln.

Erst wenn das Thema dran ist kann man dafür lernen. Aber man kann im Satz antworten das man Keine Ahnung hat.

Gruß Sol

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Fisch gab es doch "nur" freitags, oder?
Ich habe gelernt, dass die meisten Menschen eigentlich überwiegend Porridge gegessen haben.

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An allen Fastentagen durfte kein anderes Tier als Fisch gegessen werden und auch keine Tierprodukte.

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Was wird denn wirklich erwartet?

Mündliche Noten setzen sich auf verschiedenen Schwerpunkten zusammen und werden von verschiedenen Lehrern unterschiedlich stark gewichtet.

- kleine Experten vor sich haben, die nur antworten, wenn sie wirklich was sicher wissen: gibt es auch, kenne ich eher als Ausnahme
- viel sagen, wenig wissen: auch das gibt es, auch die Ausnahme.

Die meisten Lehrer sagen bei uns schon beim Elternabend, was sie für eine gute mündliche Note erwarten.
Meistens ist eine Mischung aus
1. aufpassen
2. im Unterricht gelerntes (sinnvoll) wiedergeben können
3. Fragen stellen / sich Gedanken machen und diese durch Fragen zum Ausdruck bringen
4. sich trauen auch mal was falsches zu sagen / gelerntes mit neuem verknüfen (mitdenken), auch wenn die Schlüsse nicht immer sofort richtig sind

Manche Lehrer legen mehr Wert auf pures Wissen, auf RIchtigkeit
manche Lehrer stellen auch gerne mal fragen, die Schüler noch nicht wissen können! Bewusst. Der Hintergrund: herausfordern, zum eigenen Denken anregen, um ins Gespräch zu kommen, ..


"Meine Tochter wird drangenommen. Da sie jedoch keine Ahnung hat, könnte sie maximal die Antwort raushauen, dass es sich um einen Fisch handelt. Da sie aber selbst weiß, dass das wohl nicht die Antwort ist, die man von ihr erwartet, bekommt sie einen roten Kopf und schweigt, was die Lehrerin mit einer abfälligen Geste quittiert und ein anderes Kind dran nimmt. Dies ist nur eins von vielen Beispielen. Vielleicht muss man damit leben... keine Ahnung, ganz fair ist das doch aber nicht?!? "

Das gibt es häufiger. Manche Lehrer sehen es einem an, die meisten möchten aber grade dann die dran nehmen, die sich nicht gemeldet haben, damit auch die ruhigeren eine Chance bekommen. Eben auch mal die zu Wort kommen, die sonst nichts sagen.

Die abfällige Geste hätte nicht sein müssen.
Die Frage ist allerdings: hat die Lehrerin so reagiert, weil sie nicht die "richtige Antwort" brachte oder weil sie gar nichts sagte?

Wie reagieren ihre Lehrer denn, wenn sie was falsches sagt?

Bei Lehrern, die nur richtige Antworten hören wollten, habe ich dann eben weniger gesagt. Bei Lehrern, die auch andere Antworten nahmen, auch falsche Antworten sinnvoll lenken konnten, da habe ich dann eben mehr gesagt. ;-)

Die wenigsten erwarten pures Wissen, dass Schüler sich außerhalb eintrichtern. Manche freuen sich über das außerschulische Interesse, aber die wenigsten erwarten es.

Wenn du unsicher bist, wie es bei deiner Tochter an der Schule / ihren aktuellen Lehrern ist, kannst du auch mal beim Elternabend fragen, worauf bei der mündlichen Note wert gelegt wird.

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Wo hast du dieses Beispiel mit dem Fisch und dem Mittelalter her?

Ich kann mir nur vorstellen, dass das so tatsächlich geschehen ist, da besteht ja nun wahrlich kein plausibler Zusammenhang. Andere Kinder konnten dazu etwas sagen?

Wäre es denkbar, dass deine Tochter da nicht richtig aufgepasst hat und nicht alles mitbekommen hat?

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Dieses Beispiel ist zwei Tage alt aus dem Geschichtsunterricht meiner Tochter.
Und grundsätzlich ist es möglich, dass meine Tochter etwas anders darstellt als es war. Also... ich weiß schon, was Du meinst. In diesem Fall aber nicht, weil es tatsächlich die erste Stunde zum Thema Mittelalter war.

Ja und andere konnten etwas sagen, weil sie eine christliche Vorbildung haben. Meine Tochter aber nicht. Sie ist Atheistin und nimmt seit der 3. Klasse an Werte und Normen teil. Der Fisch als christliches Symbol ist ihr unbekannt.

Ist auch wurscht, es ging nicht um den Fisch, sondern darum, was an mündlicher Mitarbeit erwartet wird und welche Vorbildung man dafür braucht.

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Uns wurde mal die genaue Aufschlüsselung der mündlichen Noten erklärt.

Es ist tatsächlich so, dass man in manchen Fächern für eine 1 z.b. Wissen braucht, was man nicht während des Unterrichts erlangt. Wie im deinem Beispiel mit dem Fisch.

Deshalb sollte man durchaus das Allgemeinwissen der Kinder fördern, durch Museumsbesuche etc..

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Ich möchte mal behaupten, dass wir durchaus viel unternehmen. Auch sehr unterschiedliche Dinge. Aber es bleibt halt immer nur das hängen, was auch interessiert. Insbesondere in Geschichte.

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Ich habe jetzt Mal meinen Bruder gefragt. Er ist Geschichtslehrer auf dem Gymnasium. Er findet auch keinen Zusammenhang zum Mittelalter. Zum Religionsunterricht eher. Würde man komplex denken, könnte man das Christentum, die zum einen den Fisch als Symbol haben und im Mittelalter prägend waren, mit dem Thema Mittelalter in Verbindung bringen. Das wäre, laut seiner Aussage, sehr kreativ gedacht und von einem 6. Klässler mit normalem, altersgerechten Wissenstand nicht möglich zu beantworten. Wie soll er das auch wissen wenn es vorher nicht behandelt wurde. Außerdem greift da Religionsunterricht und Geschichtsunterricht zusammen. Man muss ja auch erst mal wissen für was der Fisch symbolisch steht.