Meine Tochter (8) meint, sie müsste perfekt sein

Hallo zusammen!

Meine Tochter, 8 Jahre, 2. Klasse ist ein liebes, verantwortungsbewusstes, hilfsbereites, lebensfrohes Kind, das gut in der Schule ist, Hobbys und Freunde hat und natürlich auch mal frech und bockig sein kann oder einfach mal die Diva raushängen lässt. Kurz gesagt, sie ist wohl ein ziemlich normales Kind. Für mich als Mama natürlich das beste, tollste, hübschestes überhaupt, von außen betrachtet wohl ganz normal!

Sie hat aber schon lange das Gefühl, dass sie einfach überall die Beste sein muss, bzw. keine Fehler machen darf. Früher kam das nicht so zum Tragen, momentan (ungefähr seit Weihnachten) ist das aber echt ein Thema für mich (und sie). Schon in der ersten Klasse hat mir ihre Lehrerin beim Elterngespräch gesagt, dass sie doch öfters mal weint, wenn sie etwas nicht gleich verstanden hat oder etwas falsch gemacht hat. Sie meinte damals, das ist einfach noch so, das muss sie halt noch lernen. Darauf angesprochen meinte meine Tochter, sie will halt keine Fehler machen...

Anfang der zweiten Klasse hat sie "häufiger" mal hausaufgabentechnisch etwas vergessen. D.h. mal ein Heft in der Schule gelassen, was sie eigentlich gebraucht hätte, eine falsche Aufgabe gemacht, einen falschen Text abgeschrieben. Ich habe ihr dann jedesmal erklärt, dass das zwar doof ist, aber nicht schlimm. Wir sind dann auch mal extra nochmal in die Schule um das Heft zu holen. Für sie war das schon jedes Mal ein Grund, völlig zu verzweifeln oder zu weinen. Es hat sich dann auch wieder gebessert.

Vor kurzem ist ihr dann ein doofes Missgeschick passiert. Sie hat, tatsächlich aus Übermut und während dem Toben, auf einem fremden Grundstück etwas kaputt gemacht. Sie hat eine Absperrkette aus Plastik, die an zwei Haken hing, runtergetreten und dabei ist der eine Haken verschwunden. Wir haben den Haken gesucht aber nicht gefunden, es war niemand auf dem Grundstück zu sehen und somit haben wir die Kette an den einen Haken wieder hingehängt und sind gegangen. Dieses Ereignis beschäftigt sie bis heute, sie weint bitterlich deshalb, betet abends (wir beten immer vorm Schlafen), dass die Leute von dem Grundstück nicht böse auf sie sind. Und das, obwohl wir ihr schon 1000 mal erklärt haben, dass das nicht sooo schlimm war und die Kette für diese Leute wahrscheinlich überhaupt keine Bedeutung hat. Ich habe ihr sogar angeboten, nochmal zu dem Grundstück zu gehen und uns zu entschuldigen, wenn wir jemanden sehen, das wollte sie dann aber auch nicht.

Aber seither ist mir das eben erst richtig bewusst und sie hat es auch tatsächlich so ausgesprochen, dass sie eben keine Fehler machen will und perfekt sein will. Alle Versuche, ihr zu sagen, dass niemand perfekt ist und jeder Mensch Fehler macht, helfen da nichts.

Wir sind garantiert keine Eltern, die total auf Leistung achten und die Kinder in irgendeiner Weise damit unter Druck setzen. Im Gegenteil, wir sind ja auch nur ganz normal...

Kennt das jemand?
Oder hat jemand eine Idee, wie ich diesen Druck von meiner Tochter nehmen kann?

Noch kommt es nur so phasenweise, wenn sie mal wieder an einen ihrer "Fehler" denkt, aber ich hab ein bisschen Angst, dass das zu einer festen Einstellung wird, fehlerlos sein zu wollen...

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Hallo,

gibt es auf dem Grundstück kein Haus? Oder warum habt ihr nicht geklingelt bzw einen Entschuldigungsbrief hingebracht?
Ich empfinde deinen Umgang mit fremden Eigentum irritierend!

Gruß Sol

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Hallo,

Dein Beitrag könnte von meiner Tochter ( auch 8) handeln.

Bei ihr ist es so, das sie sich oft mit ihren Freunden vergleicht, z.B. bei Schulnoten oder auch im Sportverein. Sie ist sehr gut in der Schule und auch in den Sportarten, die sie ausübt sehr talentiert. Nur gibts halt natürlich immer mal wieder Situationen, wo ein anderer besser ist, oder was besser kann - normal!
Solche Sachen wurmen sie immer sehr. Sie denkt dann, sie kann gar nix und ist sehr traurig. Auch wenn sie was tolles, neues gelernt hat kann sie sich nur kurz darüber freuen, denn dann fällt ihr schon das nächste ein, was sie ja noch nicht ( perfekt) kann...
Ich versuche sie immer in ihrem Tun zu bestärken und Geduld mit sich zu haben. Aber ihr Ehrgeiz und ihr Perfektionismus kommt immer wieder hoch...

Auch ist sie sehr auf Pünktlichkeit bedacht, eine Minute zu spät wäre eine Katastrophe!
Wenn ihr mal ein Missgeschick passiert ( z.B. Teller fallen lassen) weint sie auch öfters und sagt so Sachen, wie " ich bin so doof, ich kann das halt nicht..."

Das mit dem vergessenen Heft für die Hausaufgaben ist bei uns auch schon passiert, meine Tochter hat da ähnlich reagiert.

Ich hoffe auch immer, das sich dieses Verhalten bald ändert. Wir geben ihr nie das Gefühl, das sie keine Fehler machen darf, oder gar perfekt sein muss. Jeder macht Fehler...

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Hallo!
Mein Sohn (noch 7) ist auch so ein Perfektionist.
Er hat sich auch immer sehr unter Druck gesetzt. Sein Anspruch an sich ist immer noch sehr hoch, aber es hat sich tatsächlich gebessert, es ist jetzt keine Katastrophe mehr, wenn ihm ein Fehler passiert.
Warum sich das geändert hat, kann ich gar nicht genau sagen. Ich habe ihn natürlich immer bestärkt und erklärt, dass Fehler passieren dürfen usw..
Ich denke es hat zum Teil auch mit seiner kleinen Schwester (noch 4) zu tun. Die hat nämlich einen ganz anderen Umgang mit Fehlern und Missgeschicken. Meistens lacht sie darüber oder es entsteht etwas (tolles) anderes draus. Auch wenn sie etwas noch nicht kann, sagt sie “das lern ich schon noch“.
Noch ein Punkt ist die Vorbildfunktion der Eltern. Beobachte dich mal (oder den Papa), wenn du einen Fehler machst, ärgerst du dich sehr? Oder sieht man dir dein Unglück an? Kinder haben da ja ganz feine Antennen.
Es ist vielleicht auch eine Frage der “Reife“. Die emotionale Entwicklung ist ja noch nicht abgeschlossen.

LG #winke

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Ich habe keine Ahnung, ob der Umgang Deiner Tochter mit Fehlern bedenklich ist, aber Deine Vorgehensweise nach der Beschädigung der Absperrung an dem fremden Grundstück kann ich nicht nachvollziehen. Ihr könnt doch nicht einfach weitergehen, wenn ihr etwas kaputt gemacht habt...Die Kette wird da sicher nicht ohne Grund hängen und dem Eigentümer ist bestimmt nicht egal, ob sie an zwei Seiten eingehakt ist oder an Beiden...

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Das sehe ich genauso....die Beteuerung, dass die Kette für die Leute keine Bedeutung hat, finde ich sehr seltsam. Beschädigung ist Beschädigung.
LG Moni

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Okay, kurz zur Erklärung, ich empfand es als etwas mühsam, das so ausführlich zu schreiben.
Wir waren an den Weihnachtstagen bei meiner Mutter in Feld und Wiesen spazieren. Da war ein großes Wiesengrundstück, das recht ungepflegt aussah. Auf diesem großen Grundstück waren zwei kleine Metallstäbe (vielleicht 50 cm hoch) und daran hing eine auch etwa 50 cm kurze Plastikkette eingehakt. Diese hat das Grundstück aber weder abgesperrt (die Wiese war bestimmt 10 m breit) noch hat sich mir irgendeine andere Bedeutung dieser Kette erschlossen.
Wir sind sehr oft spazieren und da gibt es ja immer wieder solche ungepflegten (verlassenen?) Grundstücke, bei denen man sich fragt, ob sie überhaupt noch genutzt werden. Und da sieht man ja oft irgendwelche "Überreste", die vielleicht mal einen Sinn hatten.

Um es mal so zu sagen, der "Schaden", den meine Tochter dort verursacht hat, ist höchst irrelevant.

Und natürlich hätten wir, wenn es ein richtiger Schaden, bei einem Wohnhaus oder einem Gartengrundstück gewesen wäre, anders gehandelt... #winke

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Guten Morgen!

Mein kleiner Sohn (12) ist auch so. Er kann es kaum ertragen, wenn er etwas nicht perfekt macht oder wenn ihn jemand kritisiert.Eigentlich ist das Problem, dass er ohne Mühe sehr gut ist in der Schule und das meiste sogar (fast) perfekt ist . Umso schwerer ist es dann für ihn, wenn es doch mal in den Graben geht.

Ich bin immer ganz froh, wenn er mal "scheitert" und dann eben auch den Frust erleben und aushalten muss. Er ist nicht perfekt und das muss er begreifen.
Dann heult er und ist wütend oder traurig. So ist das Leben.

Wir nehmen ihn wie er ist und machen daraus kein Problem. Ich bin nicht so perfektionistisch wie mein Kind, aber dieses Emotionale und dieses Reinsteigern kenne ich von mir selbst. Mir hilft, wenn ich das einfach eine Weile ausleben kann. Das darf er auch.
Den Druck macht er sich selber, den kann ich ihm nicht nehmen. Dem Druck ein Ventil geben bzw. ihm dieses Ventil lassen, das kann ich.

LG

8

Hallo,

ich kenne das von mir selbst als Kind und von unserem Sohn (8).

Letztendlich kann man nur immer wieder darüber reden, dass anderen Leuten auch Mißgeschicke passieren. Ich erzähle dann immer, was ich in meinem Leben schon unabsichtlich kaputt gemacht habe, z.B. ein Auto, was ich beim Rangieren übersehen hatte. Geschirr ist bei mir auch immer gefährdet. ;-)
Oder ich erzähle Geschichten von anderen Leuten. Der Opa meiner Freundin ist z.B. mal in eine Schaufensterscheibe gefahren. #schwitz

Was das Können oder nicht Können angeht, sage ich immer, dass jeder Fehler macht. Auch andere Kinder verstehen nicht alles auf Anhieb oder verrechnen sich.
Es hat auch jeder Mensch Begabungen in irgendwelchen Bereichen und andere Bereiche, die ihm sehr schwer fallen. Da kann man dann sagen, dass das eigene Kind zwar XY nicht so gut kann, aber dafür kann es Z viel besser als die meisten anderen.

Außerdem weise ich immer darauf hin, dass es sinnvoller ist, Dinge, die man nicht, oder nicht gut genug kann, zu üben, anstatt herum zu jammern, dass es nicht klappt. ;-)

Letztens war unser Sohn total deprimiert, weil das Pferd, das er geritten hat, nicht angaloppiert ist. Dieses Pferd ist aber ein sturer Haflinger, auf dem schon eine Menge Kinder "verhungert" sind, weil er keinen Bock hatte, zu galoppieren. Unser Sohn war außerdem das erste mal in der richtigen Stunde.
Ich habe ihm erklärt, was er beim nächsten mal besser machen kann, und dann haben wir die Leute in der folgenden Stunde beobachtet, die alle älter sind als er und viel länger reiten, und auch bei denen waren einige Pferde ganz schön unwillig, als es um's Galoppieren ging. ;-)
Er war dann ein bisschen getröstet. Gut gelaunt war er aber erst wieder, nachdem seine Voltigierstunde richtig gut gelaufen war.

Ich glaube, bei solchen Kindern hilft nur eine Mischung daraus, immer wieder darauf hinzuweisen, dass es anderen Leuten nicht anders ergeht, und abwarten, weil sie auf Dauer Lebenserfahrung sammeln.

LG

Heike

9

Meine Kinder sind auch perfektionistisch veranlagt. Zumindest was die Schule betrifft. (Beim Kinderzimmer scheinen sie da überhaupt keine perfektionistischen Ambitionen zu haben.)

Ich weiß, wo es herkommt. Ich hab geheult wie ein Schlosshund als ich mal eine 2+ in Mathe hatte und hab mich auch über ein - hinter einer 1 geärgert. Heute gebe ich mir Mühe, alles lockerer zu nehmen und bilde mir auch ein, es wäre besser, aber wenn es um meinen Job geht, dann ist es mir wichtig, möglichst gut zu sein.

Was bei meinen Kindern gut hilft, wenn sie übertreiben ist, ihnen immer wieder zu versichern, dass man sie nicht weniger lieben würde, wenn sie dumm, untalentiert und hässlich wären. Dann wären es immer noch meine Kinder und ich würde sie immer noch lieben. Außerdem wird kein Mensch für seine Perfektion geliebt. Wenn man lächelnd an jemanden denkt, dann nicht, weil er etwas perfekt gemacht hat, sondern wegen kleiner Macken, die man liebevoll betrachtet.

Was die Kette angeht: Ich hätte einen Zettel angebracht "Entschuldigung, wir haben die Kette beschädigt, bitte melden Sie sich unter Tel. sowieso."

Meine Große hab ich letztens gefragt, ob es mit dem U-Bahn-Fahrschein gut geklappt hat als sie mit einer Freundin unterwegs war. Daraufhin fing sie an zu heulen "Ich will keine Verbrecherin sein". Sie hatte den Fahrschein ganz vergessen und ist schwarz gefahren.
Da hat sie getröstet, dass ich mit meinen Kurzstreckenfahrscheinen ja immer drei Stationen fahren dürfte, aber immer nur eine Station fahre, das sich somit wieder ausgeglichen hat. Hätte das nicht geklappt, hätte es ihr den Seelenfrieden gegeben, einen Fahrschein zu kaufen und wegzuwerfen. Auch wenn wir als Erwachsene das vielleicht unsinnig finden, für ihren Seelenfrieden wäre es mir das Wert gewesen.
Für Kinder ist es immer wichtig, etwas wieder gut machen zu dürfen.

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Meine Tochter will auch immer perfekt sein.
Sie ist sogar in einigen Dingen richtig, richtig gut - aber versaut sich die Freude daran, indem sie tortzdem immer irgendwo ein Haar in der Suppe findet.
Jüngste Teilnehmerin am Geigenkonzert - ja, aber ihr Stück war einfacher
Erste Reihe im Ballett und Solo -> ja, aber die Kunststudentinnen waren gelenkiger

Wichtig ist, selber wenig wengen Leistung zu loben, auch bei Geschwisterkindern vor dem Mini-Perfektionisten etwas zurücknehmen... und selber nicht nur von Erfolgen erzählen. Sondern auch mal von Misserfolgen, die man mit List und Tücke wieder hinbog.

Bei uns kam noch die Wahl der Hobbies (Geige, Ballett) als extreme Konkurrenz-Kampf-Hobbies dazu. Da hat sie sich dann plötzlich selber korrigiert und Ballett an den Nagel gehängt, weil sie in ihrer Klasse eh nicht schnell genug vorwärts gekommen wäre. Sie geht stattdessen jetzt in die Cevi. Und in die Circus-AG, wo sie ihre Beweglichkeit viel Spielerischer einbringen kann.
Yep, und ich habe keine kleine Ballerina mehr - dafür ein fröhlicheres Kind. Selbstkritisch ist sie aber auch jetzt noch. Nur weniger .Und wirkt glücklicher.

Was den Haken anbelangt - das ist nicht Perfektionismus sondern ein schlechtes Gewissen. Sie will auch nichts falsch machen, niemandem unrecht tun. Von da her wäre es mit so einem Kind wohl cleverer gewesen, zu sagen, du würdest den Besitzer sofort anrufen. Aber woher hättest du wissen sollen, dass das so eine Kiste wird... (Ich denke, ich hätte den eh ausfindig gemacht, eine Notiz hinterlassen oder einfach einen neuen Karabiner gekauft.. und mit dem Kind angebracht...)

Ich würde ihr die Angst vor solchen Konsequenzen aus Übermut nehmen. Gerade bei so kritischen Kindern ist jede Übermut und jede enthemmte Handlung begrüssenswert. Und das kriegst du nur hin, indem du vor den Augen des Kindes Fehler wirklich behebst. Oder ein unangemessen lautes Lachen mal durchgehen lässt.

Aber nicht nur da kannst du helfen. Schau mal, was sie z.B. in der Religion durchnehmen und wie sie es vermitteln. Mein Sohn hatte so eine Phase bei einer extrem altmodischen Katechetin... er hatte quasi ständig Angst, irgend gegen eine Regel zu verstossen und dann in die Hölle zu kommen... Oder gegen irgendwelche Ehrenkodexe zu verstossen (da kannst du mal gucken, was für Filme, Bücher etc. sie liest... da gibts zum Teil auch kurlige Dinge...).

Am Meisten hilft das Vorleben: Ich bin nicht perfekt und spiele trotzdem Klavier, immer und immer wieder. Und bin glücklich mit dem Erreichten. Das zu sehen hilft meiner Tochter einschätzen zu können, dass etwas nicht erst gut ist, wenn es perfekt ist. Sondern wenn es glücklich macht.

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"Bei uns kam noch die Wahl der Hobbies (Geige, Ballett) als extreme Konkurrenz-Kampf-Hobbies dazu. Da hat sie sich dann plötzlich selber korrigiert und Ballett an den Nagel gehängt, weil sie in ihrer Klasse eh nicht schnell genug vorwärts gekommen wäre. Sie geht stattdessen jetzt in die Cevi. Und in die Circus-AG, wo sie ihre Beweglichkeit viel Spielerischer einbringen kann.
Yep, und ich habe keine kleine Ballerina mehr - dafür ein fröhlicheres Kind. Selbstkritisch ist sie aber auch jetzt noch. Nur weniger .Und wirkt glücklicher. "

Ihc bin jetzt etwas erstaunt, seit wann sind denn Ballett und Geige extreme Konkurrenz-Kampf-Hobbies?
Es ist total seltsam wie du darüber sprichst. Die Ausagen, dass das Kind eh in der GRuppe nicht schnell genug vorrangekommen wäre, dass die neuen Hobbies sowieso viel besser sind als ballett finde ich von deiner Sichtweise aus sehr kompetitiv und wertend.
Kann es sein, dass DU sehr kompetitiv bist?