Liebe Community,
ich versuche mich kurz zu fassen.
Mein Sohn (10 Jahre) hatte schon ab der ersten klasse Probleme mit seiner Aufmerksamkeit. So richtig deutlich wurde es aber ab der 3.ten (Bayern). Er versucht dem Unterricht zu folgen, aber driftet mit seinen Gedanken ab, auch lenkt ihn die kleinste Kleinigkeit ab. In der Schule ist er ein unauffälliges Kind das meist bemüht ist nichts falsch zu machen.
Zuhause lässt er dann schon des öfteren Dampf ab, ist frech, impulsiv , bekommt vieles schnell in den falschen Hals. Er ist aber auch super sensibel, verkuschelt und mitfühlend.
Hausaufgaben funktionieren nach Lust und Laune und am allerbesten wenn er ein Thema verstanden hat. Versteht er etwas auf Anhieb nicht, endet das oft mit Wut und Tränen.
Nachdem die Lehrerin uns in der dritten Klasse auf seine kurze Aufmerksamkeitsspanne angesprochen hat, haben wir die komplette Diagnostik durchlaufen.
Raus kam neben einer Angststörung, eine leichtgradige AD(H)S bei durchschnittlicher Intelligenz.
Auf die Frage was wir tun können, hat uns die Psychaterin Ritalin o.ä. empfohlen inkl. Konzentrationstraining.
Medikamente haben wir direkt abgelehnt und auf eigene Regie Neurofeedback ausprobiert. Das hat super funktioniert. Letzten Endes hatte mein Kind den Schnitt fürs Gymnasium, wir haben uns trotzdem für die Realschule entschieden.
Jetzt ist es leider so das er quasi „rückfällig“ geworden ist. Das lernen klappt nur mühsam und bei Schulaufgaben kann er sein Wissen entweder nicht abrufen oder er kann der Formulierung nicht folgen und versteht es einfach nicht.
Jetzt frage ich mich wie wir ihn unterstützen können. Beim Neurofeedback ist er „austherapiert“ und die empfohlen Medikamente…da sträubt es mich einfach vor.
Gibt es hier jemanden mit einer ähnlichen Ausgangssituation mit ultimativen Ratschlägen.
Aktuell liegt sein Schnitt eher so im 4er Bereich (trotz lernen).
Danke,
Maxi
Wer hat Rat? Aufmerksamkeitsprobleme!
Hallo,
als Mutter eines ADHSlers empfehle ich die Medikamente. Ich verstehe nicht, warum diese immer noch so in Verruf sind. Dein Sohn ist in der 5. Klasse. Glaub mir, das wird nicht besser, sondern mit der Pubertät noch schlimmer. Bei meinem Sohn wurde es erst mit 14 diagnostiziert, weil er zum ADHS einen IQ hat, welcher der Hochbegabung entspricht. Er konnte also bis Pubertätsbeginn alles mit seiner Intelligenz abfedern bzw. überspielen. Ab der 7. Klasse ging dann gar nichts mehr. Da es ewig dauern kann, bis das richtige Medikament und die richtige Dosierung gefunden ist, würde ich an eurer Stelle schnellstmöglich beginnen. Hier dauerte es ein Jahr bis das Richtige gefunden wurde, dann noch mal ca. ein Schuljahr bis alles wieder rund lief. Er war dann quasi schon fast in der 10. Klasse bis wieder volle Erfolge erzielt wurden bzw. er sein Potential wieder voll ausschöpfen konnte. Da euer Sohn auf einer Realschule ist und somit nur 10 Schuljahre hat, wäre das hinsichtlich Abschluss nicht förderlich.
LG
Lotta
Danke für deine Antwort. Das kam vielleicht zu forsch rüber, ich lehne nicht grundsätzlich Medikamente ab, nur war das für mich die letzte Option. Ich wollte alternativ einfach nichts unversucht lassen. Das Neurofeedback hat auch wirklich super geholfen, aber eben nicht auf Dauer.
Vielen Dank für deinen Beitrag, ich habe einen Termin für ein Beratungsgespräch bezüglich der Medikation jetzt vereinbart.
Bei meinem hat Marburger Konzentrationstraining und Schallschutzkopfhöhrer bei Proben geholfen.
Gut, dass du diesen Post gemacht hast, denn ich möchte dich etwas fragen. Wenn du weißt, dass dein Kind eine Krankheit hat, warum verweigerst du ihm die Medikation, die ihm helfen könnte? Ich weiß, es ist nicht dasselbe, aber angenommen, er hätte eine körperliche Beeinträchtigung und könnte nicht laufen, würdest du da genauso sagen, ja mei, dann muss er halt Rollifahren oder würdest du da nicht auch jede mögliche Bewegungstherapie probieren, so dass das Kind wenigstens einigermaßen laufen lernt, wenn es auch niemals ganz normal laufen lernen würde?
Ich finde es ziemlich, ja, unverantwortlich und auch egoistisch, jedenfalls nicht nachvollziehbar, warum man seinem Kind Medikamente vorenthält, ohne getestet zu haben, ob es für ihn nicht eine enorme Verbesserung der Lebensqualität darstellt…
Also ich hab selbst ADHS, und bin Lehrerin, arbeite auch mit solchen Kindern. Ich nehme selbst ADHS-Medis und kann dir aus Erfahrung sagen: Das Leben mit ADHS ist sehr anstrengend. Man muss sich einfach für alles mehr anstrengen als Andere das müssen. Und vieles funktioniert nicht automatisch, wodurch es dann auch anstrengend ist.
Alles andere was man machen kann, Strategien, Optimierung der Umgebung usw. könnten als "Abkürzungen" funktionieren, aber man kann dann doch nicht so viel wegkriegen, dass es nicht doch sehr anstrengend wird. Neurofeedback - ich weiss nicht, ob es funktioniert, richtig bewiesen ist der Effekt wohl nicht.
Das Einzige, was wirklich Erleichterung schafft in dem Sinne, dass man klarer denken kann, bei der Sache bleiben kann, nicht dauernd abgelenkt wird, und vor allem dass die ganzen "Störfaktoren" fast weg sind. Ich war vorher abends immer völlig k.o. von den ganzen Eindrücken, ausserdem hat man als ADHS-ler ständig eine Art Brausen im Kopf, was einen auf Dauer müde macht, oder Kopfschmerzen macht. Und das war praktisch weg. Du denkst vielleicht, es ist für dein Kind schlimm so was nehmen zu "müssen"? Gar nicht, es ist eine Erleichterung.
Hier schließe ich mich an. Endlich Ruhe im Kopf und erstmalig in meinem Leben das Gefühl von Entspannung. Schlimm, unter Dauerstrom zu stehen.
Wir haben auch erfolgreich das Marburger Konzentrationstraining absolviert.
Einfach mal schlau machen
Hallo meine Liebe,
ich habe auch einen Sohn (8) mit ADHS und er bekommt (erst seit ein paar Monaten) Medikamente. Ich habe mich auch sehr, sehr schwer damit getan und tue es teilweise heute noch, daher kann ich Deinen Post sehr gut nachvollziehen! Wie Du hatte ich das Gefühl, nicht alles versucht zu haben. Ich hab auch immer gedacht, ich mache es mir zu leicht. Jetzt wo er die Medikamente nimmt, sehe ich aber, wie viel besser es für ihn ist. Die schulische Seite war mir dabei nicht so wichtig, aber es geht ihm insgesamt so viel besser! Er verlangt auch selbst danach. Und was auch noch dazu kommt: unser Familienleben hat sich sehr entspannt. Vielleicht hast du wie ich auch weitere Kinder, die unter ihrem Bruder leiden?
Ich würde dir raten, es einfach mal auszuprobieren und vor allem, nicht mehr lange zu warten. Es wird bestimmt nicht einfacher für ihn in dem Alter. Andere Methoden kannst du evtl auch parallel aufgreifen.
Liebe Grüße!
Vielen lieben Dank für deine verständnisvolle Antwort
Ich habe heute bereits mit dem Kinderarzt und auch der Kinderpsychaterin gesprochen und Beratungstermine vereinbart.
Nachdem wir vor knapp 2 Jahren die Diagnose erhalten haben, haben wir direkt mit dem Neurofeedback angefangen. Das hat so gut angeschlagen das wir überhaupt keine Notwendigkeit für eine Medikation mehr gesehen haben. Diese Rückmeldung hatten wir aus der Schule und auch zuhause gab es kaum noch Schwierigkeiten.
Die Probleme treten ja jetzt erst wieder auf und natürlich mache ich mir Gedanken in alle Richtungen.
Vielen Dank für deinen Erfahrungsbericht!
"und die empfohlen Medikamente…da sträubt es mich einfach vor. "
Was sind deine Gründe gegen Medikamente?
Ich selbst nehme welche, weil sie mir helfen.
Inzwischen kenne ich viele Erwachsene mit ADS/ADHS. Na ja, einige von ihnen nehmen Antidepressiva, weil sie erhebliche Folgeprobleme vom unbehandelten ADS/ADHS haben.
Meine Entscheidung fiel nach vielen Gesprächen mit Eltern von Jugendlichen.
Lange Zeit ohne Medikamente, bis es den Kindern richtig schlecht ging. Dann doch Medikamente und bei den meisten der Wunsch: warum nicht früher.
Zur Info: ich nehme sonst nur nach ärztlicher Aufklärung und Absprache.
Keine Kopfschmerztablette ohne vorherige Abklärung. Daher war meine Entscheidung sehr bewusst.
Es gibt auch Verhaltenstherapien für Kinder. Aber das ist oft nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wichtig zusätzlich zu Medikamenten. Als alleiniges oft nicht ausreichend.
Bei Erwachsenen sieht es dann oft schon anders aus. Je nach Berufswahl und Lebensumfeld kann es auch gut ohne Medikation klappen.
Für die Schule ist es da schon schwieriger. Viel Disziplin, viel Aufklärung, viel Elterntraining was Eltern dann auch konsequent beachten sollten, passendes Lernumfeld. Es kann klappen, braucht aber auch viel Anstrengung und Eigenmotivation des Kindes.
Wir haben ja auch ein Kind mit ADHS-ähnlichen Symptomen, aber da er ein Extremfrühchen ist zögern seine Kinderärzte im Moment noch ihn zur Diagnostik zu schicken und die Ergopraxis und die Experten im SPZ meinten sie bisher auch es gäbe andere Gründe (ich weiß KJP ...).
Im Moment ist es so dass er im Unterricht stört, aufspringen, reinquatschen, vom Thema abweichen. Ist aber auch erst seit Mitte September in der Schule und hatte "dank" Corona kein Vorschulprogramm und auch keine Struktur im Kindergarten. Heißt es haben mehrere Kinder ähnliche Probleme nur nicht so ausgeprägt. In der Ergo kennen sie zwar das Abschweifen nach ca 20, 25 Minuten, daber nicht das Rumrennen.
Ích habe aber auch vor allem Bedenken wegen den Depressionen da mein Bruder als unbehandelter ADHSler schwer damit zu kämpfen hat, jetzt bin ich in der Zwickmühle wie schnell wir eine Diagnostik anstreben sollten oder ob wir ihn erst mal noch etwas "ankommen" lassen sollten.
Also was ich fragen wollte, früher wurden ADHSler ja mit Strafen, Missbilligung bestraft, daher kommen ja zum Teil die depressiven Verstimmungen, mit der "Überbelastung". Solange wir es jetzt erst mal mit positiver Verstärkung versuchen, schauen ob seine "Eigenmotivation" reicht, läuft er dann auch Gefahr seelischen Schaden zu nehmen? Wo wäre für Dich der Punkt an dem du die Diagnostik anstößt?
Danke schonmal
"vor allem Bedenken wegen den Depressionen da mein Bruder als unbehandelter ADHSler schwer damit zu kämpfen hat"
Das wäre für mich ein Grund für Diagnostik, wenn bereits stark ausgeprägte Symptome vorhanden sind.
ADHS ist erblich. Daher ist es auch unabhängig vom Frühchen wahrscheinlich.
Die Frage ist auch: leidet er selbst unter der Situation. Auch ohne Strafen kann der Leidensdruck bis hin zur Depression echt hoch sein. Warum? Weil Kinder eigentlich gar nicht auffallen wollen; es aber doch tun. Sie merken ja, dass sie irgendwie anders sind, nicht so können wie sie wollen - und doch wieder anders sind. Das frustriert.
Zu einer gescheiten Diagnostik gehört übrigens sehr viel mehr.
- Sehtest (am besten bei einem guten Augenarzt!)
- Hörtest
- auditive Wahrnehmung
- EEG bei Kindern, MRT bei Erwachsenen
- Schilddrüsenwerte
und einiges mehr.
Die Diagnostik gibt ja dann auch nicht automatisch den Weg vor.
Es ist eher eine Wahlmöglichkeit, dem Kind passend gerechter zu werden. Elterntraining, Kompetenztraining, Hilfestellungen im Alltag, Hilfe für Hilfsmittel und vieles mehr.
Medikation kann helfen - wenn die richtige Diagnose stimmte !
Brille kann bei Sehstörungen helfen.
Auch das kann ein zusätzlicher Baustein sein.
(ich trage Brille und habe ADHS). Beides herauszufinden war sehr wichtig.
Ohne Brille latsch ich gegen Pfosten, weil ich zu wenig sehe.
Mit Brille ohne Medikation latsch ich gegen Pfosten, weil ich unkonzentriert bin.
Also das Kind hat einen Schnitt für ein Gymnasium, wird aber auf eine andere Schulform geschickt, weil effektive Hilfe vorenthalten wird. Das ist in meinen Augen echter Bockmist.
Unser Sohn hat ADS, aufgefallen in der 2. Klasse, nach langer Diagnostik habe ich sofort zu verstehen gegeben, dass wir nicht herumdoktern, sondern dass meinem Kind sofort geholfen wird.
Er ist auf einem Gymnasium, in der Begabtenförderung der Schule und es läuft bisher sehr gut. Ich wünsche mir, dass er jeder Berufung nachgehen kann, welche ihn ereilt, ob Geschichtsprofessor, Astrophysiker oder Feuerwehrmann und für diese Freiheit und die Möglichkeit sich erst mit 18 orientieren zu müssen, sich selbst noch etwas kennen zu lernen, will ich alles tun und ihn nicht klein machen durch vorenthalten von adäquater Hilfe.
Neurofeedback haben wir parallel gemacht, eine gute Sache, hat ihm was gebracht, hätte alleine nicht gereicht.
Das hätte ich mir so für mich gewünscht! Stattdessen gab es keine Diagnostik, keine Hilfe.
Ich hab das Gymnasium mit ach und krach geschafft. Nun bin ich medikamentös eingestellt, laufe fast die Wände hoch.. IQ- Test zeigt eine Hochbegabung.
Echt, ich hätte so viel aus meinem Leben machen können. Schade!