Hallo, meine bald 8 jährige Tochter ist oft unselbstständig und hat Ängste. Ich weiss nicht ob das irgendwie zusammenhängt und ggf. tiefere Gründe hat. Vielleicht habt ihr ein paar Tipps für mich...
Unselbständig:
* Zieht sich morgens nicht an. Weigert sich beharrlich für 20 Minuten. Manchmal durch kreative Ideen oder bei besonderen Anlässen geht es schnell. Ansonsten löse ich es schlussendlich damit dass ich sie teilweise anziehe oder es wird im schlimmsten Fall laut :/
* Tisch abräumen nur nach Aufforderung und halbherzig. Eine Familienkultur: "Alle helfen etwas mit" lässt sich nicht etablieren.
Angst:
* Lehrerin sagt, dass sie panische Angst vor Geschichten hat
* nicht alleine in den (freundlich eingerichteten) Keller, wo die kinder auch spielen können.
* Nicht alleine Zähneputzen (draussen ist es dunkel o.ä.)
* Keine unbekannten Bücher, Hörspiele, Filme. Lautstarker Protest bei neuem. Wenn dann etwas spannend oder rasant ist, ist das Buch/ der Film entgültig tabu. Räuber Hotzenplotz, Pipi Langstrumpf, Benjamin Blümchen gehen nicht. Lieber flüchtetet sie in den Keller (Na ja,..bis zur Kellertreppe und fordert uns dann panisch auf sie nach unten zu begleiten.)
Ab wann sollte sich das denn im Normalfall einpendeln? Wie kann ich ihr helfen?
Danke, Sturla
Bald 8 jährige unselbständig und hat Angst
Hilfe holen. Du Dir und damit auch deinem Kind. Ich würde hier Bei uns bei einer Familienberatungsstelle starten, im Gegensatz zum Therapeuten gibt es dort idR. innerhalb von 2 Wochen einen Termin.
Oder bei einem Familienzentrum, meist eine Kita, nachfragen. Die arbeiten mit Kooperationspartnern.
Einmal bei Kinderarzt vorstellen, hören, was der so zum Thema denkt.
Klingt pathologisch. Ich würde mir professionelle Hilfe holen - Kinder- und Jugendpsychiater, Diagnostik, ggf. Medikation und Therapie.
Mein ältester ist 5 Jahre. Er liebt die genannten Geschichten, wir waren für Hotzenplotz letztes Jahr im Theater.....Ich kenne kein Kind in diesem Alter (also deutlich jünger als deines) das vor dem Räuber Hotzenplotz oder Pippi Langstrumpf Angst hat. Im Gegenteil, beides ist hier sogar schon bei jüngeren Kindern hoch im Kurs. Auf jeden Fall nicht angstbesetzt.
Ich würde mir Rat beim Kinderarzt und ggf Hilfe holen. Muss ja für deine Tochter auch sehr unangenehm sein, diese ständige Angst.
Meine Tochter ist kürzlich 7 Jahre geworden. Sie ist auch eher ängstlich. Und ja, sie hatte auch lange Angst vor dem Räuber Hotzenplotz. Das war aber eher das Bild. Sie wollte es jetzt doch vorgelesen bekommen und fand es ganz toll! Auch die Räuber Hotzenplotz Ausstellung in der Nähe kam sehr gut an. Sie braucht manchmal einen kleinen, behüteten Stups.
Sie möchte auch nicht alleine in den Keller, aber laut singend mit allen Lichtern an, geht es. Meist nimmt sie den Hund mit, aber die Möglichkeit hat ja nicht jeder.
Ich möchte nicht, dass sie sich von ihrer Angst einschränken lässt, aber mit ein paar Tricks geht es. Wenn aber nichts hilft, würde ich schon Hilfe holen.
Hi,
finde ich, vielleicht bis auf Benjamin Blümchen oder Pippi alles nicht ungewöhnlich.
- zum morgendlichen Fertigmachen gibt es hier alle paar Monate diese Frage in unterschiedlichen Varianten und ich denke die meisten auch mit 7 bis 9
- zum nicht-Mithelfen - ähm ja - also bei uns klappt es mittlerweile zumindest bei meinem Sohn, dass er seinen eigenen Teller ohne Aufforderung in die Spülmaschine räumt (ist 12), meine 13-jährige ignoriert auch das gerne weiterhin.
- zu der Angst: du hast leider nur Buch/Film geschrieben. Beides? Parallel? Hintereinander? Ohne Unterschiede?
Was geht denn zum Beispiel?
Bei Filmen hatten meine Kinder auch lange ein Problem. Es durfte lange Zeit nichts zu aufregend sein. Biene Maja ging zB gar nicht. Pippi gehört allerdings zu den Lieblingsfilmen. Generell galt, Bücher sind eher ok, aber bei Filmen mussten wir extrem vorsichtig sein. Hab ich aber auch von einigen anderen gehört. Ich denke, das ist eine Sache des Einfühlens und der Abgrenzung - also wie stark die Kinder das Mit-Erleben.
Ich hab meine Tochter, als sie 7 oder 8 war, als heulendes Elend vom Kino-Kindergeburtstag abgeholt.
Bei uns in der Schule war es üblich, dass die Erstklässler ins Kino gingen (da waren wir noch bei ab und an mal eine halbe Stunde Sendung mit der Maus) - meine Tochter hatte 2-3 Wochen Albträume von Drache Kokosnuss. Als mein Sohn dran war, war er krank, war auch gut so, denn die Klassenlehrerin saß dann wohl mit mehreren Kindern draußen, weil der Film zu heftig war.
Was genau passt denn nicht an den Geschichten? Zu aufregend? Zu trarig, dass Pippi alleine ist?
Wie war denn das vor ein paar Jahren? Hat sie da gar nichts gesehen und das ist jetzt die erste Gewöhnung? Oder seht ihr eine Rück-Entwicklung? In dem Fall würde ich mir schon die anderen Ratschläge zu Herzen nehmen und Hilfe suchen.
Viele Grüße
Ich hab mich neulich länger mit nem Kind unterhalten, dass ganz ähnlich unterwegs ist.
Wir waren auf nem Kindergeburtstag und das Kind wollte nicht rein in einen Indoorspielplatz, weil es Angst vor einem dort an die Wand gemalten Drachen hatte.
Seine Argumentation:
Ich habe Angst, dass der Drache, der dort abgebildet ist, in den Raum kommt, denn woher sollte der Maler wissen, wie ein Drache aussieht, wenn er ihn nie gesehen hat? Außerdem weiß ich, dass mich abends beim Einschlafen die Gedanken an den Drachen ängstigen werden. Dann kann ich nicht schlafen und das will ich nicht...
Ich fand das irgendwie ganz schön clever und irgendwie ja auch sehr selbstfürsorglich. Nichtsdestotrotz ist es natürlich ein Jammer, dass sich solche Kinder selbst guter Erfahrungen berauben und sich den Ängsten beugen...
Ich glaube, es betrifft gerade die klugen, sensiblen Kinder mit reger Fantasie. Hat ja irgendwie auch was mit magischem Denken zu tun und diese Phase ragt wohl schon auch noch mal ins Schulalter hinein.
Ich bin kein großer Fan davon, nicht altergemäßes Verhalten direkt zu pathologisieren. Ich würde, wenn es mein Kind wäre, vermutlich versuchen, erst Mal gemeinsam mit dem Kind Strategien zu entwickeln, wie Ängste bewältigt werden können.
Ich mag ja die "Rediculus-Strategie" aus Harry Potter: Stell dir etwas vor, wovor du Angst hast und mach es in deiner Fantasie zu etwas, worüber du lachen kannst....
Wie erklärt denn deine Tochter ihre Ängste? Wovor fürchtet sie sich konkret?
Ich gucke z.B. kein Horrorfilme, weil ich das, was andere als angenehmes Gruseln empfinden, ewig mit mir rumtrage. Da verschwimmt für mich bis heute die Grenze zwischen Fiktion und Realität. Ich kann mich bis heute reinsteigern, dass im Dunklen jemand auf der Rückbank im Auto sitzt, weil ich das mal im Film gesehen habe. Und ich lese auch nicht gerne Thriller und bin froh über jede Zeitung, die Horrornachrichten wie die aus Butscha gefiltert an mich rantragen, da mir Bilder ewig nachhängen und mich sehr treffen.
Auf nem anderen Blatt stehen für mich Nicht Anziehen wollen und mangelnde Kooperation im Haushalt. Finde ich normal und ist halt Erziehungsarbeit.
Danke für alle Antworten bislang.
Ich stelle Antworten auf - und Ansätze von euren Beiträgen im Folgenden zusammen:
- Familientherapie/ Beratung als erster Anlaufpunkt behalte ich in Erinnerung. Auch wegen der genannten kürzeren Wartezeit.
- Beispiele für Bücher/Filme was sie mag: Allgemein alles ohne wirklichen Spannungsbogen, wo materielle und körperliche Sicherheit bedroht sind. (Tiersendungen, Spielshows, Conni, Kinderwissen, ...)
- kein Unterschied zwischen Hörspiel und Film. Wenn etwas auf der schwarzen Liste ist, dann gibt es auch kein Rantasten mehr. Anfängerbücher liest sie selbständig: zunächst letzte seite, wenn die ok ist, solange bis zur ersten szene, die kritisch ist. Inzwischen liest sie nach einer spannenden Stelle weiter, wenn wir Eltern unter Kenntnis des Buches ihr garantieren können dass nix mehr kommt.
- Angst: Weniger Rückentwicklung annstelle fehlender Entwicklung. Ich hatte den selben Eindruck bereits mit 5 bei ihr. Dort war es aber aus meiner Sicht noch dem Alter angemessen und es war irgendwie nachvollziehbar dass man Bilderbücher an gewissen Stellen überblättert hat. Auch wenn sie (z.B. bei älterer Cousine) etwas gehört hatte wo sie den Raum verlassen wollte, klar da hat man eben für sie etwas anders organisiert.
-Stichwort "nachts schlafen" kenne ich auch. Sie spricht davon, dass sie Angst vor schlechten Träumen hat.
- Erziehung bzgl Anziehen, Mithelfen etc. Nehme ich mir zu Herzen und werde dies konstruktiv und aus meiner Sicht angemessen weiter umsetzen. Im Gespräch mit Freunden die Kinder im ähnlichen Alter haben, stellten wir fest dass unsere Generation manche Dinge offensichtlich nicht so ernst nimmt wie unsere Elterngeneration. Wir fragten uns aber auch, wo unsere Eltrern stellenweise die Energie und Geduld für unsere Erziehung hernahmen.
Soweit erstmal, danke für Eure Kommentare bislang.
Das Thema Angst sehe ich noch ganz altersgemäßg. Ich habe hier einen sehr sensiblen 8-Jährigen, der auch oft Angst hat. Nicht so stark vor Filmen, aber es gibt Phasen da liegt er Abends im Bett und hat Angst vorm Sterben, davor das andere Sterben, vor Monstern, vor Feuer oder vor Einbrechern. Das Thema Sterben war hier drei Wochen lang sehr schlimm, dass er sogar mal in der Schule geweint hat und seine Aufgaben nicht machen konnte. Es gab übrigens keinen besonderen Anlass für die Ängste. Bei uns ist in den letzten zwei Jahren niemand gestorben, den er kannte. Es gab kein Feuer und keine Entführung.
Bei Filmen, Hörspielen und Geschichten ist es bei uns sehr ähnlich. Mein großer Sohn (jetzt 10 Jahre und überhaupt nicht ängstlich) konnte ganz viele Filme nicht schauen oder Hörspiele nicht hören. Lesen ging oft besser, weil er das nicht so gruselig empfand. Mit 7 Jahren ist er mit der Schulklasse in den "Jim Knopf"-Film gegangen. Er war einer von drei Kindern die rausgehen mussten und er war sogar einer der älteren in der Klasse.
Aber auch andere Filme, die einfach nur spannend waren gingen einfach nicht. wie z.B. Käpten Blaubär der Film (FSK 0).
Ich habe das Gefühl, dass liegt auch viel an der Gewöhnung mit Medien bei Kindern. Meine 5-Jährige ist viel abgehärteter durch einen viel höheren Medienkonsum, als ihre Brüder im gleichen Alter.
Bei anderen Familien habe ich sowas ähnliches beobachten. Bei einer Nachbarsfamilie mit geringen Medienkonsum, hatten die Kinder einmal was gruseliges zum Räuber Hotzenplotz gehört und konnten ihn danach weder als Buch, noch als Hörspiel und noch als Theaterstück anschauen. Und das mit 8 Jahren.
Die Unselbstständigkeit ist vielleicht auch ein Ausprobieren oder Träumen. Hier gab es auch Diskussionen um das Tisch Abräumen oder Geschirrspüler ausräumen. Gerade klappt es ganz gut, aber lässt man es mal zwei/drei Wochen schleifen, wird es wieder schieriger.