Hallo liebe Mamas und Papas,
ich habe mich gestern Abend lange mit einer Mama, deren Kinder 8 und 6 sind, unterhalten. Aus meiner Sicht ist es eine ganz liebevolle und völlig normale Familie, und auch die Kinder sind in meinen Augen ganz normale Kinder. Sie sind mal laut, sie sind mal bockig, mal gehässig, mal empathisch, also normale kleine Menschen. In der Schule läuft es solala, aber es läuft. Der Junge musste jetzt die 2.Klasse wiederholen, und da fängt es jetzt an, wo ich mir meine Gedanken mache. Warum wird sowohl den Eltern als auch den Kindern heutzutage immer suggeriert, dass mit ihnen etwas nicht stimmt?? Gefühlt hat jedes Kind irgendeine vermeintliche Schwäche oder Krankheit. Angefangen bei ADS und ADHS über Dyskalkulie und Lese Rechtschreib Schwäche. Fast jedes Kind muss zum Schulpsychologen, sodass das Kind frühzeitig denkt, dass etwas nicht mit ihm stimmt!! Wie sollen aus solchen Kindern selbstbewusste Erwachsene werden? Früher war es Michel aus Lönneberga oder Pipi Langstrumpf, die rebellisch waren oder Streiche gespielt haben, heute sind genau solche Kinder krank oder hoch auffällig. Wann ist das passiert, dass es sich so gedreht hat? Die Eltern stehen immer unter Beschuss und werden über jeden Pimpernell den die Kinder in der Schule angestellt haben einbestellt oder per e-mail benachrichtigt. Ganz sicher gibt es auffällige Kinder, die aus dementsprechenden Elternhäusern kommen, aber ich habe im Gefühl, dass immer mehr normale Kinder einfach krank geredet und therapiert werden.
Mich würde wirklich sehr interessieren, was ihr für Erfahrungen gemacht habt!? Vielleicht gibt hier auch Lehrer und Lehrerinnen, die etwas dazu sagen können. Über einen Austausch würde ich mich freuen.
Kinder alle „krank?“
Warum wiederholt aus deiner Sicht das Kind die 2. Klasse? Weil etwas nicht stimmt oder weil es den Schulstoff nicht beherrscht. Was würde denn passieren, wenn man das Kind versetzt hätte? Wenn das Kind 83-37 nicht beherrscht, wird es in der 3. Klasse 433-67 auch nicht beherrschen. Oder wenn es nicht lesen kann usw.
Zitat: "Die Eltern stehen immer unter Beschuss und werden über jeden Pimpernell den die Kinder in der Schule angestellt haben"
Wenn ein Kind massiv den Unterricht stört oder Gewalt gegenüber anderen Kindern ausübt, ist es doch selbstverständlich, dass man die Eltern informiert.
Und wenn ein Kind auffällig ist, ist es doch gut, wenn es die entsprechende Hilfe bekommt.
„ Früher war es Michel aus Lönneberga oder Pipi Langstrumpf, die rebellisch waren oder Streiche gespielt haben, heute sind genau solche Kinder krank oder hoch auffällig. Wann ist das passiert, dass es sich so gedreht hat?“
adhs und co gab es schon immer. es war nur weniger bekannt, gab weniger diagnostische mittel und wurde so auch nicht erkannt. viele menschen hatten oder haben deshalb schwierigkeiten bis ins erwachsenen alter weil sie eben nie diagnostiziert wurden und ihnen somit nicht geholfen werden konnte. es ist ein riesen fortschritt dass es heutzutage möglich ist. als außenstehender mag es vielleicht so wirken als würde man kindern etwas ansichten und ihnen damit eventuell steine in den weg legen, aber das ist absolut falsch! den betroffenen wird damit im gegensatz zu früher unglaublich geholfen.
„ Die Eltern stehen immer unter Beschuss“
es geht hierbei nicht um die eltern. es geht um die kinder! das ist eine selbstbezogenheit und arroganz die man ablegen sollte.
„die aus dementsprechenden Elternhäusern kommen,“
klingt etwas abfällig… „das elternhaus“ hat damit meist nichts zu tun.
das ist meine meinung als psychologin und als selbst von adhs betroffene. meine eltern waren zum glück anders drauf und so wurde mir schon im kindesalter geholfen, wofür ich sehr dankbar bin. mein lebensweg wäre ansonsten sicher schwerer gewesen. ich hatte ab diagnose (gymnasium) nie probleme in der schule oder im studium und mit dem erwachsenen alter hat es sich eingependelt und ich bin auch nicht mehr auf medikamente angewiesen.
In einer ganz normalen 3.Klasse einer Ganztagesgrundschule sitzt heutzutage leider nicht eine Pippi Langstrumpf sondern 12. Und auch nicht ein Michel, sondern weitere 12...
Wenn Kinder mitten im Unterricht aus Langeweile mit ihren Pantoffeln werfen, den Sitznachbarn mit dem Bleistift pieken, ihre Unterrichtsmaterialien zerreißen oder bemalen und bei jedem Geräusch von draußen zum Fenster rennen...
Dann kann man das unheimlich lustig in einem tollen Kinderbuch beschreiben.
Leider ist Pippi Långstrump vor einem zeitlichen Hintergrund entstanden, indem Kinder in einen absolut kinderunfreundlichen Frontalunterricht gezwängt wurden und bei einer der obigen Verhaltensweisen mit dem Rohrstock gezüchtigt wurden. Da war die Vorstellung, dass die Kinder dem (schlagenden...) Lehrer überlegen sind wohl ziemlich witzig.
Wenn Kinder in einem pädagogisch um Welten weiterentwickelten, kindgerechten Unterricht nicht teamfähig und zum Teil kaum beschulbar sind, ist das nicht witzig. Und auf wen soll man zugehen, wenn nicht auf die Eltern?
Für die Kinder, bei denen es wirklich an ADHS, Asperger, Hoch- oder Minderbegabung etc liegt, ist diese Diagnose doch ein Segen!
Besser jedenfalls, als wenn es an Medienkonsum, mangelnder Aufmerksamkeit und unfähigen Eltern liegt...
Aber beides gibt es eben und die Kombination ist ein Pulverfass.
Mir tun die armen, normalen Tommis, Annikas und Idas heutzutage jedenfalls von Herzen leid, weil sie allzu oft nicht der Normalfall sondern fast schon eine Minderheit sind.
Stimmt nicht ganz. Sicher, es stimmt, dass heutzutage viel mehr Unruhe in Schulklassen ist, und dass viel mehr Kinder rumlaufen und stören, aber das hat seine Gründe. Ich bin selbst Lehrerin. Ich glaube das hat viele Gründe in Kombination.
Z.B. lasche Eltern. Kommt vor. Ich wohne selbst seit 30 Jahren in Schweden, und hier kommt es unbedingt vor. Manche Eltern trauen sich nicht richtig auch mal ein Machtwort zu sprechen. Oder nicht mal das, sondern was nötig wäre, wäre einfach, dass sie ihren Kindern klar machen: In der Schule musst du dich ordentlich benehmen, das ist dein "Job". Freizeit ist nach der Schule. Und respektloses Verhalten geht gar nicht. Im Ernst, ich hab zwei Kinder mit ADHS. Die haben sich auch nicht "schlecht" benommen in der Schule. Die hatten Probleme sich zu konzentrieren und mein Sohn, der es schlimmer hat als Schwester konnte auch die ersten zwei Jahre nicht durchgehend im Klassenzimmer sein, da wurde er einfach so überstimuliert, dass er nur rumlief. Aber sich wirklich schlecht benehmen - geht gar nicht.
Aber da kommen noch andere Dinge dazu. Ich glaube es ist auch all das digitale. Dauernd erreichbar sein auf dem Handy. Viele haben Probleme zu fokussieren, weil sie meinen, sie verpassen etwas. Vielleicht beeinflusst es auch irgendwie das Gehirn. Wer weiss.
Auch brauchen Kinder heutzutage einen ganz anderen Unterricht. Sie müssen aktiver sein, Problemlöser sein. Dazu müssen sie komplexer denken. Schwierig. Viele sind nicht reif dafür.
Und die Gesellschaft ist anders. Vielleicht sind die jüngeren Kinder wirklich nicht reif dazu um DIE Dinge zu lernen, die man in unserer Gesellschaft als Erwachsene braucht. Früher war das viel übersichtlicher und nicht so komplex. Vielleicht muss man die wirklich komplexen Dinge später machen, oder langsam einüben? Ich denke schon mal darüber nach.
Du bist Lehrerin und wohnst seit 30 Jahren in Schweden?
So lange bleibt doch niemand an einer deutschen Auslandsschule.
Oder unterrichtest du an einer schwedischen Schule?
Hallo
Gegenfrage, waren meinen die Menschen, durch und durch alles über andere zu wissen? „Dein Sicht“ ist schön und gut, es sind aber nicht deiner Kinder. Eine Klasse wird nicht mal eben so leichtfertig wiederholt, was aber gleichzeitig auch sicher nicht heißt, dass „etwas nicht stimmt“.
Ich habe einen ganz anderen Eindruck.
LG
„was aber gleichzeitig auch sicher nicht heißt, dass „etwas nicht stimmt“. “
Falls das nicht deutlich ist, mir geht es dabei um das abwerten einer möglichen Diagnose oder eben auch das Wiederholen aus anderen Gründen.
"Fast jedes Kind muss zum Schulpsychologen"
Aus Sicht eines Lehrers: Nein, die Aussage kann ich nicht bestätigen. Der Großteil geht nicht zum Psychologen. Es gibt in jeder Klasse 2-3 Schüler mit adhs oder lrs. Ich unterrichte schon seit ein paar Jahren und habe nicht den Eindruck, dass diese Zahl jetzt groß gewachsen ist. Es gibt in manchen Jahrgängen definitiv mehr Kinder mit Zahnspange als mit Nachteilsausgleich.
Kinder, die in der Grundschule wiederholen mussten, gab es auch schon vor 30 Jahren.
Liebe Grüße
Schoko
Ich glaube dass es im Moment so aussieht da durch corona die die sonst im Kindergartenschon auffallen nicht abgefangenwerden. Unser Kind wäre ohne Lockdowns denke ich schon im Kindergartenalter in die Diagnostik gekommen wenn denn normal Kindergarten stattgefunden hätte.
Vielleicht setze ich mich jetzt auch in die Nesseln, aber es gibt auch Kinder, die schlicht "verzogen" sind. Und bei denen freuen sich die Eltern, wenn sie durch eine Diagnose entlastet werden.
Und ja, ich mache einen Unterschied zwischen "nicht können" (Aufmerksamkeit, Selbstregulation,...) und "nicht wollen" (Kinder, die nicht mit einem Nein umgehen können weil sich immer alles um sie gedreht hat)
In unserer Gesellschaft, die sich immer mehr individualisiert ist es aber auch echt schwer, dies zu unterscheiden. Und das Kinder, die nicht "können" (s.o.) durch entsprechende Nachteilsausgleiche gefördert und integriert werden, ist ein toller Fortschritt!
naja so schwer ist es eigentlich nicht, weil es durch empirische diagnostik entschieden wird
Wenn die Diagnosen laufen ja. Ich meinte ohne Diagnostik.
Nein, es gehen nicht gefühlt alle Kinder zum Psychologen. Aber ich finde es - sowohl aus Mutter-Sicht als auch aus Lehrerinnen-Sicht - besser, man hilft den Kindern, anstatt sie vor sich hin "leiden" zu lassen, wenn es Auffälligkeiten gibt.
Und ich bin sicher, der kleine Michel wäre eventuell glücklicher gewesen, wenn man ihm geholfen hätte, anstatt ihn regelmäßig zu verprügeln und einsam und allein in den Schuppen zu sperren...
Ach, vergessen...
Das Kind deiner Bekannten ist sicher ein tolles Kind, keine Frage.
Aber wenn ein Kind in der Grundschule die zweite Klasse wiederholen muss, da ist es ganz sicher, dass das Kind ein "Problem" hat. Oder warum sonst hätte es die Klasse nciht geschafft?
Da ist es naheliegend, dass das Kind - welcher Art auch immer - Unterstützung braucht. Und um rauszufinden, wie man es unterstützen kann, braucht man eben Fachleute.
Tja das Problem ist in meinem Augen genau anders herum und das zeigt dein Post deutlich!
Was ost denn bitte schlimm daran dass ein Kind ADHS hat? ADHS ist eine Störung des Hormonhaushaltes ähnlich wie ne Schilddrüsenfehlfunktion! Es ist ein Handicap wie Fehlsichtigkeit oder Schwerhörigkeit.
Unser Sohn hat ADHS und geht natürlich zum Psychologen. Er ist nicht dumm und merkt selber dass er anders ist als andere dazu musste man ihn nicht erst zum Schulpsychologen schicken. Aber jedes Kind hat auch Stärken. Warum ist es für Dich wichtig ob ein Kind so eine Schwäche hat die einen Namen hat oder ob es nur ein Michel ist? Durch die Diagnose erhält er Hilfe und lernt sein Anderssein positiv zu sehen. Durch den Psychologen kennt er seine ganzen Stärken die andere nicht haben. Er hat sich selber so eine blaue Schirmmütze wie Michel ausgesucht und wenn ihn jemand sagt dass er ein ganz schöner Wirbelwind ist singt als Antwort das Michel Lied. Warum gehst du nicht damit normal mit diesen Diagnosen um und denkst dass es einen unterschied macht ob das anderssein einen namen hat oder nicht und dass das anderseits Kinder auch belastet und man ihnen helfen muss.
Mein Kind sass in der ersten Klasse heulend auf dem Klo weil er genau wusste wie sich Klassenkameraden richtig verhalten, wollte gerne selber so sein aber schaffte es nicht! Ich bin mir ihm zum Schulpsychologen weil mein Kind mit sich selbst nicht klar gekommen ist, dank ihm kann er mit seinem ADHS anders leben, dank der Diagnose und den Gesprächen mit der psychologin und der KJP hat er genau den 'ich bin ein Michel und stolz drauf-mind.
Früher war übrigens nicht alles besser im Gegenteil? waren un behandelte ADHSler
Denn jeder von uns hat ein unschlagbares Potential, aber wenn ein Fisch nur daran gemessen wird wie gut er auf einen Baum klettert wird er immer glauben dass er dumm ist. Dank Diagnose weiß er eben dass er zum Team Fisch gehört und seine Talente wo anders liegen. Und gerade Kindern mit Diagnose kann es helfen vor anderen klar zu stellen dass sie eben Team Fisch sind und andere Talente haben.