Geringverdiener = Geringqualifizierte? lang

"ich denke, die von dir angesprochene Gefahr der Kündigung, weil Kindkrank, ist eher in weniger gut bezahlten Jobs angesagt.

Dort wird man als AN schneller "ausgetauscht". Klingt total krank, ist leider so.

Gut bezahlte AN sind oft Fachkräfte, deren Anlernung richtig geld kostet und das versuchen die AGs zu vermeiden. Also nimmt man lieber 10 Kindkranktage in Kauf als eine Neueinstellung."

Das Zitat hab ich jetzt mal mit Erlaubnis aus einem anderen Thread genommen, einfach als Aufhänger.

Meine eigentliche Frage steht ja quasi oben, wieso wird immer davon ausgegangen, das jemand der wenig verdient auch keine oder nur eine geringe Qulifikation hat?
Wieso ist man mit abgschlossener Berufsausbildung gering qualifiziert?
Ich selber habe eine Ausbildung als Hotelfachfrau, spreche englisch, französisch und spanisch fließend, auf italienisch und niederländisch kann ich mich verständigen. Ich habe Schulungen zum Thema Mineralwässer, Kaffee, Cocktails und Zigarren besucht und ein Jahr als Ausbilder in einer Hotelfachschule gearbeitet. Bin ich Geringqualifiziert? Geringverdiener auf jeden Fall... mehr als 1200,- brutto bei 40St./Wo mit Schichtdienst ist nicht. Friseure, die Arzthelferin, die Floristin, der Physiotherapeut... das sind doch auch alles keine Berufe, die jemand aus Nächstenliebe erfunden hat, um die Minderbegabten noch irgendwo unterzubringen. Die werden doch auch gebraucht! Und ehrlich, selbst in den "Reinkommen - drankommen" Friseurläden sitzen immer welche im Wartebereich, also ist offenbar auch genug zu tun.
Eine Gesellschaft kann doch nicht nur aus Akademikern bestehen!
Außerdem hat nun mal jeder Beruf andere Anforderungen. Ich würde mir nicht vom Friseur den Blinddarm entfernen lassen, aber der Chirurg dürfte mir auch keine Haare färben.

Ich hab es einfach ein bissel satt, daß wenn über zu geringe Löhne gesprochen wird, als erste (und meistens einzige) Reaktion kommt, wir müssen mehr für Bildung, Weiterbildung und Qualifizierung tun.
Das hilft vielleicht einem Einzelnen (Der Kellner, der sich zum Restaurantchef hocharbeitet), aber der Masse doch nicht (Der Restaurantchef braucht ja wiederum Kellner, irgendwer muß ja die Gäste bedienen!)
Und nicht jeder ist halt für alles geeignet. Jemand der super am Gast arbeitet, wunderbar Veranstaltungen betreut und seine Gäste glücklich macht, kann mit der Buchhaltung und der Organisation völlig überfordert sein. Nebenbei... ich kenne einige F&B Manager, die absolut eingehen würden, wenn sie wieder am Gast arbeiten würden...
So hat sich ja die arbeitsteilige Gesellschaft entwickelt: Die Menge des Wissens und der Fähigkeiten die man benötigte, wurde zu groß für einen Einzelnen.
Wer hat eigentlich festgelegt, welche Arbeit wie wertvoll ist? Und warum wird der Wert einer Arbeit daran bemessen, wie sie bezahlt wird?

So, und jetzt eure Meinungen!

Das Wollschaf

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Wenn man unter Qualifikation nur die Ausbildung an sich versteht, so stimmen die simplen Gleichungen Geringe Qualifikation = geringes Einkommen und Hohe Qualifikation = hohes Einkommen sicher so ohne weiteres nicht. Wenigstens nicht generell.....

Zur Gesamtqualifikation eines Menschen für einen bestimmten Beruf und für eine bestimmte Position gehören auch Soft Skills, wie Charaktereigenschaften, Beziehungsnetzwerke und Umstände, die oft mehr von Zufall oder vielleicht auch Glück geprägt sind wie z.B. welchem Elternhaus und welchen finanziellen Ursprüngen man entstammt.....

Ein Josef Ackermann wird nicht nur deswegen der Chef der Deutschen Bank sein weil er eine exzellente Ausbildung genossen hat, die er aufgrund seiner brillanten Auffassungsgabe auch hervorragend absolviert hat, sondern solche Menschen waren auch auf Elite-Schulen, sind von Haus aus gut gefüttert ins Leben gestartet und, vor allem, verfügen sie einen ungeheuren Instinkt und Drang zur (Gestaltungs)Macht. All das bringt sie in diese ausnahmlos exponierten Positionen.

Deine Ausbildung zum Hotefachmann/fachfrau hast Du gemacht, Deine sonstigen Fähigkeiten und mehr oder weniger Fortune können Dir nun den Weg ebnen, es eines Tages bis zum Hotel-Manager zu bringen.....

Wer allerdings gar keine herkömmliche Ausbildung hat, wird es entweder sehr schwer haben oder aber Nischen entdecken....so wie diese dicke Frau aus Berlin-Marzahn, deren Name mir derzeit nicht präsent ist, die als Suggorat einer nicht abebbenden Proletenkultur und lebhaftiger Marketing-Gag durch die TV-Landschaft der Privaten tingelt.....Auch das verdient Respekt.

2

Vielleicht will ich es aber gar nicht zum Hotelmanager bringen?
Veilleicht bin ich glücklicher mit der direkten Arbeit am Gast?
Vielleicht will ich einfach nur, das man besser bezahlt wird?

Das meinte ich ja: Wenn ich Hotelmanagerin würde, bekäme ich sicher mehr Geld. Aber derjenige der dann meinen Job machen würde, hat ja trotzdem so nen Niedriglohn. Und es können definitiv nicht alle Hotelfachleute Hotelmanager werden... dann steht nämlich keiner mehr an der Rezeption oder im Restaurant...

LG, Das Wollschaf

4

***mit der direkten Arbeit am Gast***


#schock

Das klingt ja gefährlich :-)

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Hallo Wollschaf,

die Höhe des Gehalts richtet sich normalerweise danach, wie stark die Kenntnisse und Fähigkeiten nachgefragt werden.

Du kannst eine hochqualifizierte Expertin für Marxismus-Leninismus sein - wenn diese Kenntnisse plötzlich nicht mehr nachgefragt werden, kannst du von 100 auf 0 abstürzen.

Wenn deine Kenntnisse und Fähigkeiten sehr gefragt sind und du trotzdem für wenig Geld arbeitest, hast du entweder selbst schuld oder dich bewusst gegen ein höheres Einkommen entschieden, weil Geld nicht alles ist. Oder du hast dir einen Beruf ausgesucht, der enorm viele Kenntnisse und Fähigkeiten benötigt und trotzdem schlecht bezahlt wird. Aber auch das ist eine bewußte Entscheidung oder Dummheit. Oder eben schlicht Pech, wenn durch den Wandel deine Kenntnisse und Fähigkeiten plötzlich nicht mehr nachgefragt werden.

Und um auf dein Beispiel mit dem Chirurg und dem Friseur zu kommen:

Ich glaube, die Zahl derer, die den Friseurberuf erlernen könnten ist ungleich höher, als die Zahl derer, die den Beruf des Chirurgen erlernen können. Und so ist der Friseur leichter austauschbar, als der Chirurg.

Oder das Besipiel der Lokomtivführer mit der Riesenverantwortung: trotz der Verantwortung nicht übermäßig gut bezahlt. Ich könnte auch so einen Zug durch die Gegend kutschieren, wenn man es mir zeigt.

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"Ich könnte auch so einen Zug durch die Gegend kutschieren, wenn man es mir zeigt."

Ahoi!

Mit Dir würde ich aber nicht mitfahren wollen ;-)

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Ich glaube, da liegt das Problem. Viele sehen nur einen Teil des Berufsbildes und denken sich: och, das kann ich auch.
Ein guter Kellner zum Beispiel (sorry, in dem Bereich kenn ich mich nun mal am besten aus) schleppt ja nicht nur ein paar Teller hin und her oder serviert mal ne Tasse Kaffee. DAS kriegt tatsächlich jeder hin.
ABER: es gehört oft genug Beratung dazu: wie etwas zubereitet wird, was wozu passt, welcher Wein...
Wenn man bei einer Feier bedient, gehört Fingerspitzengefühl dazu. Nicht das man gerade mitten im launigen Diavortrag von Onkel Herbert anfängt, das Menü aufzutragen.
Allegmeinwissen ist gefragt, oft wird man über die Stadt, Sehenswürdigkeiten oder die Region befragt, der Gast erwartet Tipps zur Freizeitgestaltung.
Und noch einiges mehr...

Aber die meisten Leute denken ja auch immer noch, der Lehrer hat früh recht und nachmittags frei...

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Hi,

es geht mM nach vor allem nach der Nachfrage.
Es gibt auch Berufe, in denen man meist einen Uniabschluss braucht, die trotzdem üebrwiegens schlecht bezahlt sind, z.B. Sozialpädagoge. Auch in meiner Branche (Medien) lassen sich oft super qualifizierte Leute in fiesen PR-Agenturen mit einem Hungerlohn abspeisen. Es gibt einfach zu viele, die "was mit Medien" machen wollen. Dazu kommt - um mal bei meiner Branche zu bleiben - dass es nicht jeder schafft, sich geschickt in eine Nische zu qualifizieren, mit der er weniger Konkurrenz hat.

Naja, und ganz grundsätzlich kommt wohl noch hinzu, dass Kopfarbeit besser bezahlt wird als Handarbeit.

Ich würde nie behaupten, dass man die Qualifikation eines Menschen oder gar dessen Intelligenz am Kontostand ablesen kann.
Es ist eben das Zusammenspiel von guter Quali und der Nachfrage, die einen Gutverdiener vom Normal- oder Geringverdiener unterscheiden...

LG, Nele

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Also wenn schon, dann möchte ich auch komplett zitiert werden:" Jedoch sehe ich Geringverdiener nicht als Gerinqualifiziert an. Sie haben ja eine Qualifikation. Jedoch haben 100000000 auch diese Qualifikation.

Ich will darauf hinaus, dass für schlecht bezahlte Jobs mehr Leute verfügbar sind als für gut bezahlte Jobs. Die Macht des Marktes, das Angebot regelt den Preis.

Was an sich nicht verkehrt ist, jedoch finde ich es unhaltbar, dass manche Arbeit mit 3,50 entlohnt wird. "


Gruß
Beate

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Ich kann da auch ein Lied von singen. Begründung vieler Chefs heutzutage: "Sie können doch aufstocken mit Hartz4!" Na schönen Dank auch! Da passt doch was nicht!

Geringqualifiziert ist für mich jemand, der vielleicht nur einen Hauptschulabschluss und eine "leichtere" Ausbildung absolviert hat (wenn überhaupt). Aber die Anforderungen in den allermeisten Berufsbildern sind ja ziemlich angehoben worden. Da mittlerweile aber auch immer mehr Akademiker arbeitslos werden und dann solch einen Quereinstieg hinlegen, nur um überhaupt was zu arbeiten, stimmt meiner Ansicht nach diese Verallgemeinerung schon eine ganze Weile nicht mehr. Niedriglöhner sind schon lange nicht mehr nur die Geringqualifizierten. Es ist aber noch immer DAS Argument schlechthin, wenn jemand gegen die niedrigen Löhne was sagt...

Und die meisten plappern das heute einfach nach...

Ich finde, es sollte durchaus eine absolute untere Grenze für den Verdienst geben, generell für alle. Sprich einen absoluten Mindestlohn, der dann branchenspezifisch konkreter festgelegt sein sollte. Etwas höher als die staatliche Unterstützung, damit sich das Arbeiten wirklich mal wieder lohnt - und die ewige (teils sinnbefreite) Diskussion um die Ärmsten der Gesellschaft endet. Dann bräuchte vielleicht auch keiner mehr zusätzlich aufstocken... Außerdem sollten auch die Unternehmen mal von dem Tripp "Lohnsubventionierung durch den Staat" runterkommen. Ich finde durchaus, dass zum Beispiel helfende Berufe (Deine genannte AH) mehr verdienen kann (sollte). Oder Berufe, wo viel Sprach- oder Technikwissen benötigt wird. Alles nur Beispiele, weil ich dafür zu wenig Wissen über einzelne Berufe habe. Ich möchte da auch niemandem zu nahetreten ;-)

LG #katze

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***"Sie können doch aufstocken mit Hartz4!"***

Bei sowas könnte ich echt k***** #putz


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Geringverdiener = Geringqualifizierte

Nein.

Leider haben sich in einigen Berufssparten ziemliche Missstände eingebürgert.

Ein gutes Beispiel ist zB. der Beruf beim medizinischen Betreuungspersonal.....Krankenpfleger/in.

Meist sind diese Leute sehr gut geschult was Umgang mit Menschen und medizinische Kenntnisse angeht, aber wirklich gut verdienen tun sie nicht.

Auf der anderen Seite kenne ich sehr viele hochdotierte Menschen (was die Bezahlung angeht), gerade im Managerbereich, die ohne ihre unterbezahlte Vorzimmerdame aufgeschmissen sind, und wo man sich auch was das menschliche Verhalten angeht fragt, wie so jemand eine derartige Position innehaben kann.

Die Antwort ist leider einfach: Ellenbogen

Ehrgeiz und die Fähigkeit über Leichen zu gehen....andere zu diskreditieren und klein zu halten ist das was diesen Typ Mensch meistens "auszeichnet".


<<<Und warum wird der Wert einer Arbeit daran bemessen, wie sie bezahlt wird? >>>

Weil es heutzutage nunmal in der Gesellschaft mehr zählt wie schön und groß der Vorgarten ist und welches Auto in der Garage steht, als innerliche Werte eines Menschen.....für die kann man sich ja nichts kaufen.

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"Ehrgeiz und die Fähigkeit über Leichen zu gehen....andere zu diskreditieren und klein zu halten ist das was diesen Typ Mensch meistens "auszeichnet". "

Du wirst aber zugeben, daß es, wenn man es wertfrei betrachtet, in unserer Gesellschaftsordnung eben auch diese Eigenschaften sind, die zu einer "Qualifikation" gehören.

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Hallo,

eben gerade im medizinischen Bereich kommt eine Ellbogenmentalität aber überhaupt nicht gut an...

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Du hast völlig Recht! Ich habe eine dreijährige Ausbildung und einen Fachwirt und werde trotzdem nie viel verdienen. Aber was ist schon viel? Ich will auch gar nicht viel verdienen! Ich will mich gar nicht mit solchen "Schickimicki-ich-hab-ein-Homeoffice-und-ne-Putzfrau"- Leuten umgeben! Wenn man es so sehen will, bin ich frewillig geringer Verdienender! Weil alles andere nichts für mich wäre. Ganz einfach.

Natürlich ist jemand, der weniger verdient nicht geringer qualifiziert. Im Gegenteil. Ich behaupte, dass es sogar mehr gut bezahlte Leute gibt, die ohne ihre ganzen Mitarbeiter, Sekretärinnen etc. völlig hilflos wären. Dass es aber im Gegenzug ne Menge geringer bezahlte Leute gibt, die top sind! Aber einfach aus verschiedenen Gründen niemals mehr verdienen werden. Jeder sehnt sich nach mehr Geld, oder? Das ist ja normal. Aber trotzdem sollten auch hier in diesem Forum einige Leute mal einsehen, dass es nicht nur studierte Fuzzis geben kann, sondern auch die gemeine Putzfrau und die Arzthelferin usw.

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"Studierte Fuzzis"

Ich habe eher langsam den Eindruck, daß sich hier subtil eine Neiddebatte auf die "studierten Fuzzis", die sich von ihren Sekräterinnen und Arzthelferinnen den Job machen lassen, und zudem mieseste Charaktereigenschaften wie Ellbogenverhalten an den Tag legen, auftut.

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Stimme Dir zu...

ich frage mich auch immer, ob ich als "studierter Fuzzi mit Home-office und Putzfrau" auch mal eine Neiddebatte anzetteln sollte, wenn ich mir den Lebensstandard anschaue, den hier 20jährige erwarten....
denn um studieren zu können, habe ich definitiv jahrelang von damals 700-1000 DM im Monat gelebt, (oder sollte ich sagen in Kellerbuden gehaust) bei einer etwa 70 St Woche (ca 60 für die Uni, ca 10 im Nebenjob) - und das war auch in den 90gern schon unterhalb des Existenzminimums....

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Tja..mein Mann und ich sind auch solch Geringverdiener#zitter scheinbar..irgendwie.....

Ich habe Fachhochschulreife, Ausbildung zur Buchhändlerin...
Ich bekomme 8 Euro die Stunde ( in unserem "Bezirk" )

Meine Mann hat einen guten Realschulabschluß, Ausbildung zum Anlagenmechaniker...Zur Zeit wiedermal arbeitslos *würg* er bekam bei den letzten 3 Arbeitsstellen grade mal 7,50 Euro...

Ich spreche 2 Sprachen ( exkl. Deutsch ) mein Mann eine Fremdsprache...

Würde mal meinen wir sind gut gebildet;-) UND trotzdem verdienen wir wenig und müssen uns noch zusätzlich vom Staat aushalten lassen.....


"Wer hat eigentlich festgelegt, welche Arbeit wie wertvoll ist? Und warum wird der Wert einer Arbeit daran bemessen, wie sie bezahlt wird? "

Das frag ich mich auch;-)

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Bei allem sollte man nicht vergessen, das sich die Höhe des Gehaltes ja oft auch daran bemisst welchen Mehrwert oder direkten Erlös ein Mitarbeiter bringt.

Ich arbeite zum Beispiel in der Software/Strategieberatung.

Ein Berufseinsteiger in dem Bereich verdient bei uns ca. 50 K Jahresgehalt plus Bonuszahlungen, Firmenwagen etc..
Dafür hat er aber auch schon direkt ein Umsatzziehl von um die 300.000 € und erst wenn er mehr bringt verdient er richtig gut.

Daher lohnt es sich für den Arbeitgeber in diesem Bereich relativ gute Gehälter zu zahlen.

In vielen andren Bereichen der "Wert" des Mitarbeiters ja viel schwerer zu ermitteln.

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Bei der Konkurrenz erhalten Berufseinsteiger deutlich weniger.

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Keines der großen Beratungshäuser zahlt weniger.

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