12 Jahre Staatsterror nur eine Kleinigkeit?

Gauland, der böse alte weisse Mann, hat wieder seinen Senf abgesondert. Die 12 Jahre NS-Zeit sind nach seiner Auffassung nur eine Kleinigkeit.

Ist es wirklich so, dass man die NS-Zeit kleiner reden sollte und wird sie überhöht im Vergleich zu anderen Phasen deutscher Geschichte?

Jedenfalls läuft das Spiel wie immer: AfD bricht scheinbar Tabus, die Medien hauen drauf, dann rudert AfD zurück.

Ich frage mich, wie lange dieses Spiel noch so läuft.

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Rein objektiv gesehen, hat Gauland - wenn auch nicht gerade sachdienlich ausgedrückt - natürlich recht. Ein Zeitraum von zwölf Jahre nicht mehr als ein Atemzug in der Weltgeschichte.

Wir reden hier aber nicht nur von zwölf Jahren. Wir reden von Millionen verlorener Leben. Millionen verlorene Lebensjahre. Von Kindern, die nie erwachsen werden oder überhaupt geboren werden durften. Die nie die Chance hatten, selbst eine Familie zu gründen. Noch einmal Millionen verlorene Leben.
Wir reden von unendlichem Leid, das viele Menschen noch heute spüren. Nicht 'nur' die Überlebenden - auf allen Seiten - auch die Angehörigen. Von Opfern und Tätern. Diese zwölf Jahre sind eben nicht wie ein Windhauch an uns vorbei gezogen, kurz wahrgenommen und ebenso schnell vergessen.

Sie haben uns auf nachdrückliche und brutalste Weise deutlich gemacht, wozu Menschen fähig sind. Noch vor dreißig Jahren lebte auch unsere Generation noch mit den Nachwirkungen dieser zwölf Jahre. Unser Land, die ganze Welt, war geteilt, ist es in vielen Köpfen heute noch.

Unter uns leben Menschen, die den Horror eines Konzentrationslagers erleben mussten. Menschen, die als Kinder in eine Uniform gesteckt wurden und eine Waffe in die Hand bekommen haben. Menschen, die Vater, Mutter, Geschwister, in Lagern, an der Front, in den Straßen, verloren haben. Menschen, denen ein Angehöriger genommen wurde, weil er als 'lebensunwert' eingestuft wurde.

Nun ja. Der Vogelschiss ist jetzt 73 Jahre her. Er wurde nur nicht nachhaltig bereinigt. Nein, er schimmelt vor sich her, breitete sich aus und inzwischen haben sich einige so daran gewöhnt, dass er gar nicht mehr auffällt. Es gibt sogar Leute, die ihn auf der Stirn tragen und sich nicht daran stören. Ich empfehle Herrn Gauland eine gründliche Dusche.

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Dieses Spiel wird solange anhalten, bis sich SPD und CDU endlich wieder auf ihre Wurzeln besinnen. Erst wenn die SPD wieder eine Politik für die sozial Schwachen macht - und die CDU endlich wieder konservativ wird, dann haben Extremisten von Rechts wie von Links keine Chance mehr. Das sehe ich aber derzeit nicht einmal im Ansatz. Ich sehe vielmehr die Gefahr, daß sich Stammwählerschaften für AfD und Linke bilden werden, da die alten "Volksparteien" außer einem reflexhaftem verteufeln sämtlicher Aktionen/Äußerungen der jeweils anderen Seite nichts auf die Ketten bringen.

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Das ist das, was viele behaupten. Aus meiner Sicht deutet aber nicht viel darauf hin, dass es tatsächlich so wäre. Würden AfD-Wähler sich eine Partei wünschen, die Politik für die sozial Schwachen macht, so würden sie entweder selbst eine solche Partei gründen oder sonst eine solche wählen, beides wäre in der BRD ja grundsätzlich möglich, es ist keineswegs vorgeschrieben, dass es zwingend die SPD sein muss, die solche Werte vertritt. Stattdessen laufen sie einer Partei hinterher, die den totalen Kahlschlag bei Sozialleistungen will.

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Ich denke ehrlich gesagt auch eher, daß diejenigen, die eine sozialere Politik wünschen, ihr Kreuz bei den Linken machen als bei der AfD. Die ist für viele ehemalige CDUler wohl eher die Alternative weil sie sehr viele Punkte vertritt, die die CDU unter Merkel geräumt hat.

Und was den "totalen Kahlschlag" bei den Sozialleistungen betrifft: soweit ich weiß, tritt die AfD für ein deutlich verändertes Steuer- und Abgabensystem ein. Wenn nach deren Vorstellungen künftig erst Einkommen von rd. 2.000,- € im Monat steuerpflichtig sein sollen, dann könnte man wohl tatsächlich einige der Sozialleistungen komplett streichen. Wünschenswert wäre das in jedem Fall - denn der Sozialstaat wird (so wie er zur Zeit läuft) sehr bald nicht mehr bezahlbar sein.

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Das "Spiel" läuft doch für ALLE Parteien gar nicht so schlecht.
Warum sollte daran etwas geändert werden?

Solche Streitereien haben den Vorteil, dass von wirklichen Problemen abgelenkt wird. Kommt doch letztendlich allen Parteien zu gute.
#ole

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Einen Tread erstellen und sich dann sofort inaktivieren? Keine Lust auf eine Debatte - oder rausgeflogen?

Na dann wird Urbia dieses Thema wohl schnell beerdigen...Schade eigentlich...

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6

Was für eine hysterische Aufregung mal wieder!

Ich verstehe das so ,dass auf 1000 Jahre deutsche Geschichte nur 12 Jahre 3.Reich
entfallen ...und das ist etwas mehr als 1% von 1000 Jahren.
Also sachlich richtig, nur provokant formuliert.

Und jetzt muss man sich darüber streiten ob man den 12 Jahren mehr Beachtung zu messen muss als dem Rest. Das muss man nicht, denke ich.

Ich denke dass der Deutsche Bauernkrieg, oder Marthin Luther, oder Ähnliches eine
gleich hohe Betrachtung verdienen.

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Stimmt. Ich weiß auch gar nicht, was der Aufriss um Leute wie Anis Amri soll.
Die paar Sekunden, in denen er den LKW über den Weihnachtsmarkt lenkte sind verschwindend kurz im Vergleich zu seinen zig Lebensjahren davor, in denen er andere Dinge getan hat.

Ob man diesen paar Sekunden mehr Aufmerksamkeit schenken sollte als dem Rest seines Lebens... das muss man nicht, denke ich.

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Das denke ich nicht. Wer von 1000 Jahren deutscher Geschichte spricht der meint vor allem geschichtliche Ereignisse im geografischen Bereich des heutigen Deutschlands. Was vor 1000 Jahren hier passierte kann man nicht als Deutschland bezeichnen. Es gab damals keine Staaten im heutigen Sinne. Das kam alles erst viel später.
Deutschland in der Form wie wir es heute kennen ist bedeutend jünger als 1000 Jahre, hat mehr mit Römern als mit Germanen zu tun und wird sehr stark durch die fürchterliche NS-Zeit geprägt.
Im Übrigen war diese Zeit nicht nur durch Staatsterror geprägt sondern auch durch die willfährige Unterstützung der Bürger.

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Die Sache hat auch eine lustige Komponente. Das ist nämlich ein klarer Fall von Eigentor. ;-)

Natürlich gehen solche Sprüche in Anbetracht der Opfer des Dritten Reichs gar nicht. Das an sich ist nicht witzig.

Aber mit dem Spruch hat sich Gauland auch bei den Neo-Nazis disqualifiziert.
Die finden es garantiert ebenfalls inakzeptabel, dass die, ihrer Meinung nach, beste Zeit in der deutschen Geschichte von Gauland als Fliegenschiss abgetan wird. #rofl

Abgesehen davon will die AfD eben mit allen Mitteln im Gespräch bleiben. Lieber negative Aufmerksamkeit, als gar keine. Das schlimmste, was solchen Parteien passieren kann, ist dass die Öffentlichkeit sich nicht mehr für sie interessiert. Dann wählt die nämlich keiner mehr.

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Also rein zeitlich sind 12 Jahre, verglichen mit den Jahrtausenden deutscher Geschichte, nur ein kleiner Moment. Wenngleich natürlich auch kein schöner.

Aber ja darüber kann man sich jetzt wieder schön aufregen, statt die Probleme beim BAMF, Bayerns Nazi Kurs, Zerfall Europas oder anderes zu fokussieren.

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In meinen Augen wurde das Thema richtig lächerlich, als er nachträglich meinte, dass er die Nazi-Zeit nicht bagatellisieren wollte, sondern das Vogelschiss ja auch Dreck ist.

Also lieber Herr Gauland, eine kleine Nachhilfe in deutschen Metaphern. Niemand verwendet das Wort "Vogelschiss" um tiefe Ablehnung auszudrücken, sondern es bedeutet eine ärgerliche, aber vernachlässigbare Kleinigkeit.

Trotzdem wundert es mich auch, dass man da immer noch so ein Fass aufmacht. Wir wissen doch alle was die AfD über den Umgang mit der deutschen Nazivergangenheit denkt. Das kann ich falsch oder total dämlich finden und muss mich trotzdem nicht jedes Mal aufs neue echauffieren.

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Tja, Gauland, diesem verbitterten Greis, der in seinem persönlichen Krieg gegen die CDU und Merkel selbst über historische Leichen geht, ist schon vor geraumer Zeit jeglicher Anstand verloren gegangen.

Da sitzt er in Talkshows, in sich zusammen gesackt, mit versteinerter, zorniger Miene und spuckt, von der Moderation irgendwann angesprochen, seinen vergifteten Sermon aus.

Ob die Öffentlichkeit auf diesen ewig gleichen Schund antworten soll und in welcher Form, ist nicht die Frage. Es gibt keine zentrale Institution, die in irgendeiner Weise steuert, wann und wie auf etwas reagiert wird.

Gauland ist 77 und ich hoffe, dass eine gnädige, verkürzte Lebenserwartung seinerseits mich bald von der Gegenwart seines Unrats befreit und er, historisch betrachtet weit weniger als ein „Vogelschiss“, sich aus jeglicher Präsenz entfernt.
Übrigens: Dass 12 Jahre weniger sind als 1000 Jahre, wissen schon Kinder im Vorschulalter. Diese bahnbrechende Erkenntnis, auf die sich die Verteidiger dieses Grusel-Opas nun zurückziehen, ist so dämlich erkenntnisreich wie eine Aussage, Nachts sei es dunkel.

Das Infame an Gauland’s erneutem Totalausfall ist seine Umdichtung, dass außer den 12 „verdammten“ Nazi-Jahren alle anderen 988 Jahre deutscher Geschichte so erfolgreich seien. Abgesehen, dass diese Blut-und-Boden-Märchen von 1000 Jahren deutscher Nationalgeschichte einfach historischer Unsinn sind weil es diese 1000 Jahre deutsche Nation de facto nie gab, waren die übrigen 988 Jahre vor allem geprägt durch Zank und Streit, durch Kleinstaaterei und durch wenig erfolgreiche Politik. Das deutsche Bürgertum hat nicht einmal eine vernünftige Revolution hinbekommen.

Und dass sich die Bedeutung einer Zeit und Epoche nicht in Jahren misst, sondern an den Ereignissen, die in ihr geschehen sind, auch das hat Gauland nie verstanden. Ähnlich wie sein geistiger Bruder Bernd Höcke, das Geschichtslehrerlein in Thüringen, was so gerne Führer wäre.

Dass in den 12 Jahren NS-Zeit mehr Menschen in Europa gewaltsam umgekommen sind als in den 1000 Jahren zuvor, das macht das Gewicht dieser Zeit aus. Und dass dank der Nazi-Schergen Deutschland einen Großteil seines Staatsgebiets bis heute abgegeben hat müssen.

Aber all das sind nur Petitessen in der Geschichtsdeutung einer Partei, die selbst anhand ihrer erst fünf Jahre Existenz nicht einmal ein feuchter Furz in 1000 Jahren ist.

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