Mehr individuelle Zeit mit den Kindern

Hallo zusammen,

ich muss euch mal um einen Rat fragen.
Kurz zu mir/ uns. Wir sind eine Patchworkfamilie mit 6 Personen, mein Partner mit seinen 3 Kids (9, 12 und 14) und mich mit meinem Sohn (10).
Wir leben gemeinsam in einem Haus. Er lebt das Wechselmodell mit den Kindern und mein Sohn lebt bei uns und ist aller 2 Wochenenden bei seinem Papa.
Nun kurz zu meinem Problem.
Grundsätzlich verstehen wir uns alle gut, aber dennoch gibt es immer mal wieder Diskussionen und Streitereien zwischen meinem Partner und mir und die Nähe lässt einfach nach. Es plätschert alles so dahin, als ob alles selbstverständlich ist. Mir fehlt das leidenschaftliche, liebevolle und gelassene Miteinander. Ich wünsche mir wieder sein Strahlen in dem Augen. Meist ist das Streitthema Kinder der Grund. Seine mittlere Tochter ist in der Pubertät und sehr launisch und stimmungsbehaftet und auch falsch und berechnend. Sie lässt mich oft (gibt auch Phasen da ist alles super zwischen ihr und mir) spüren, dass ich nicht erwünscht bin und wirft mir ein falsches Grinsen zu, wenn sie die volle Aufmerksamkeit von ihrem Papa bekommt.
Die Große zieht sich meist in ihr Zimmer zurück und die mittlere stellt sich meist in den Mittelpunkt, um Aufmerksamkeit zu erzielen (ist schon immer so).
Nun hat mein Partner das Gefühl, dass die Kinder zu kurz kommen, weil wir nur mit uns zu tun haben und er möchte sich mehr individuelle Zeit mit den Kindern nehmen und allen gerecht werden.
Unsere Beziehung lebt oft erst abends auf, wenn alle im Bett sind und da bleibt natürlich nicht mehr viel, da man ja aufgrund von Arbeit nicht die Nächte durchmacht.
Nun hab ich Angst das unsere Beziehung noch mehr leidet und hinten runter fällt, weil tagsüber keine Zeit mehr für uns bleibt.
Klar ist Zeit mit den Kindern wichtig... Wir spielen Spiele, kochen mal zusammen, schauen Film oder machen Ausflüge. Individuell ist seltener, da alle Hobbys haben und wir auch voll berufstätig sind.

Wie seht ihr das bzw. macht ihr das. Gebt ihr jedem einzelnen Kind individuelle Zeit? Ist das wirklich von Nöten?

Mein Partner möchte den Kindern vermitteln, dass wir uns für sie interessieren, uns Zeit für sie nehmen, und sie auch ihre Sorgen und Probleme loswerden können, vor allem in der Pubertät.

Ich danke euch für die Unterstützung!

VG

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Ich finde die Idee von deinem Mann sehr gut und denke, dass individuelle Zeit Mustern von Eifersucht vorbeugen kann und dieses Zeigen, dieses Egal-wie-viele-wir-sind-Ich-möchte-auch-mal-nur-mir-dir-Zeit-verbringen-weil-Du-mir-wichtig-bist das kann Kindern/Heranwachsenden viel Sicherheit geben in stürmischen Zeiten und dazu führen, dass sie sich auch mal öffnen und man von Sorgen oder Ängsten erfährt, die oft im Alltag - genau wie bei dir - nur so dahin plätschern. Am Ende ist es ja auch die Frage, ob jedes der Kinder dass so möchte und annimmt. Manche werden es auch gar nicht brauchen. Andere aber vielleicht schon.

Nun gebe ich dir aber auch Recht, dass die Partnerschaft dennoch nicht zu kurz kommen darf, aber auch da kann man ja gegensteuern mit bewussten Aktivitäten nur für euch z.B. ab und an ein Pärchen-Wellness-Wochenende ohne Kinder?

Was dir vielleicht generell durch die erste Verliebtheit nicht so bewusst gewesen ist, als Du diese Beziehung eingegangen bist, mit insgesamt 4 Kindern da bleibt rein organisatorisch schon nicht sooo viel Paarzeit über, wenn man wirklich allen Kindern halbwegs gerecht werden will in der heutigen Zeit.

Ich gehe mal davon aus, dass ihr beide auch noch mehr oder weniger ein Berufsleben haben werdet und der Tag hat ja nur 24 h. Das ist oft unheimlich anstrengend und wenn mein Partner da erwarten würde, ich müsste ständig strahlen. Nein! Muss man nicht immer. Es gehört zu so einer Horde Familie mit vielen verschiedenen Ansprüchen und Bedürfnissen dazu, auch mal im Stress zu sein, zu wenig Zeit zu haben und jonglieren zu müssen mit Prioritäten. Trotzdem heißt das ja nicht, dass mich der andere nicht prinzipiell glücklich macht. Das ist halt jetzt der Alltag, der langsam durchkommt. Da muss man sicher was dran tun und sich bewusst Auszeiten und kleine Freuden verschaffen, aber grundsätzlich ist das zu erwarten, dass es auf die ein oder Art oft ums abstrampeln und überleben geht.

Stell dir vor du hättest all diese Kinder tatsächlich geboren und voll aufgezogen, wie viel Paarzeit wäre da realistisch gewesen? Auch wenn sie älter werden, sind's immer noch vier Kinder, d.h. 4x Pläne machen, Sorgen, finanzieren alles x 4. Das frisst Zeit. Das ist so. Das gehört irgendwo dazu.

Wenn du jemanden willst, der mehr eher für dich da ist mit mehr Paaraktivitäten, dann hättest du dir eigentlich schon eher jemanden mit weniger Kindern und Verantwortungen drum herum suchen müssen, der wirklich auch die Kapazität für diese Art Beziehung hat mal ganz hart gesagt. In 6-8/9 Jahren wird diese Sache aber bei euch vermutlich auch schon wieder noch mehr anders aussehen, wenn die dann Ausbildung machen, ausziehen...

Es ist halt jetzt gerade noch arbeitsintensiv, gerade weil ihr euch als Patchwork-Familie parallel auch noch immer wieder im Detail finden müsst und Wechselmodell oft auch mehr Organisation bedeutet.

So: Und nun zu einer Sache, die mir in deinem Text da ganz stark aufgefallen ist. Und zwar geht es um die mittlere Tochter. Die Art wie du über sie redest, lässt einen deutlichen Konflikt zwischen euch erkennen und ich glaube da sind viele verletzte Gefühle im Spiel, die dich die Sache nicht objektiv sehen lassen. Die Art wie Du über sie denkst, das muss ich Dir selber als Stiefmutter sagen, da musst du an dir arbeiten, sonst kann das auf eure Beziehung gehen.

Für mich geht es hier ganz klar um Eifersucht und um eine Art Wettkampf, wer lieber gehabt wird von dem Mann/Vater. Der geht zuerst natürlich von dem Kind aus. Allerdings scheinst du nicht genug Distanz dazu zu haben und spielst das Ganze mit. Du bist auch eifersüchtig, wenn sie "gewinnt".

...Sie ist 12. Mach dir das bitte bewusst. Noch dazu ist sie das Mittelkind in der Ursprungskonstellation. Die müssen von Natur aus mehr um Zeit und Aufmerksamkeit buhlen. Sie mag aussehen wie eine Erwachsene, aber sie ist mitten im Umbruch vom Kind zum Jugendlichen und Jugendliche da ist im Kopf Baustelle pur. War bei uns mit 12 auch total spürbar. Und ich kenne dieses Verhalten und auch wie schnell man da innerlich auf 180 geht, nur man darf dem nicht nachgeben.

Ich habe meine Kinder wie Bonuskinder auch echt lieb, aber der Mond wäre zum hinschicken da mitunter nicht weit genug weg gewesen manchmal. Ich kenne dieses Verhalten!

Letztlich stand bei uns dahinter eine ganz große Unsicherheit des betreffenden Kindes. Der Papa hat aus dessen Sicht ständig nur Augen für die Frau und vielleicht liebt der mich Kind ja deshalb gar nicht mehr so. Das war tatsächlich ein Thema, wie sich raus stellte, obwohl es dazu objektiv wenig Anlass gab.

Dann Veränderung im Körper, irgendwie nicht Fisch, nicht Fleisch, die meisten tun hyper cool, flippen aber auf jeden Familienfoto aus, dass man sie raus schnippeln soll, weil sie im Grunde hinter der Fassade noch ziemlich unsicher mit sich selbst sind, sich nicht hübsch, toll oder schlau genug finden oder schlicht nicht wissen wer sie sind und sein wollen oder sich die Welt anders vorgestellt haben.

Gleichzeitig wollen sie alles mögliche alleine schaffen, bloß keine Eltern, aber wenn die dann doch was anderes machen, werden sie plötzlich wieder unsicher, fühlen sich nicht genug beachtet, gesehen, verstanden und fangen an zu kletten in Momenten, wo man oft denkt, was sollte das jetzt?

Das ist teilweise einfach das Alter. Du nimmst das zu persönlich! Sie hat vermutlich auch noch ein Scheidungs-hin-und-her erlebt und einfach ein paar unausgesprochene Ängste. Das musst du anders sehen. Das Verhalten von ihr ist in Wahrheit kein Angriff, der wirklich was mit dir als Person zu tun hat, auch wenn Du ihn oft abbekommst. Das hat was mit der Unsicherheit des Kindes zu tun.

Ich bin da raus gekommen, in dem ich mit meinem Mann darüber gesprochen habe und er hat mit dem Kind immer wieder Gespräche geführt, darüber dass das ja zwei verschiedene Paar Schuhe sind Kinder/Partner, das für keinen die Liebe weniger wird, nur weil da jetzt noch jemand hinzu kommt, dass er immer für das Kind da sein wird, dass es mit ihm reden kann und sich aber allen anderen gegenüber angemessener verhalten sollte.

Und ich für meinen Teil, wenn ich merke es ist wieder so weit - das ist wenn, dann auch übrigens oft am Beginn des Wechsels oder am Ende des Wechsels beim Wechselmodell der Fall - dann beschäftige ich mich mit mir. Dann lass ich Kind + Papa für sich sein oder ermutige meinen Mann zu ein bisschen mehr Zeit nur mit diesem Kind.

Meine Erfahrung ist, wenn das Kind sieht, dass es keinen Grund hat ängstlich oder eifersüchtig sein zu müssen, dann ist es auch wieder zufriedener und ausgeglichener und sieht die anderen nicht so als Konkurrenz. Mit steigendem Alter hat das Verhalten auch wieder stark nachgelassen. Als Kind war das eigentlich kaum da, da sind Eltern eh Helden, aber just mit der Pubertät brach es auch bei uns durch. Und Mal ehrlich, kannst du dich nicht auch erinnern dich ab diesem Alter mal blöd und ziemlich widerlich oder peinlich benommen zu haben? Stell dir das nun mit einer Patchwork-Konstellation vor. Wie leicht ist es dem Neuen Partner da den schwarzen Peter zuzuschieben. Jetzt liegt es an dir dieses Bild von der bösen Stiefmutter zu bestätigen, indem du dich provozieren lässt oder aber den Kontext zu verstehen und die Sache mit einer positiven Art auszuhebeln.

Ich denke, alle Familien ärgern sich manchmal schwarz über ihre Pubertiere und gerade wenn es nicht die leiblichen Kinder sind, die man von klein auf kennt, neigt man dazu den Menschen nur nach dem zu bewerten, was man gerade sieht, sieht aber nicht die Erlebnisse und die Entwicklung, die dahinter stehen. Für die Kinder ist das sowieso eine beschissene Zeit, die oft mit einem Schulwechsel einhergeht zur höhereb Schule, neuer anderer Freundeskreis, höherer Leistungsdruck und man fragt sich, wo man mit sich eigentlich hin will und stellt gleichzeitig fest, dass man keinen Plan hat. Da kann das schon mal alles zusammen wirken und sich so äußern.

Wenn es dein Sohn wäre, würdest du auch nicht über ihn sagen, dass er bloß berechnend und falsch ist, selbst wenn er sich nach außen genau so verhält, du würdest eine Ebene darunter oder dahinter sehen, die dieses Verhalten auslöst, und dieses Feingefühl das fehlt dir jetzt noch bei ihr. Sie ist so, weil sie Ängste hat und in in einem Ungleichgewicht ist 100 % und noch nicht über die soziale Kompetenz verfügt diesen Frust sinnvoll zu kanalisieren oder angemessen zu verbalisieren.

Gefühle, die sie euch nicht sagen wird, derer sie sich vielleicht nicht mal selbst voll bewusst sein wird. Du musst den Vater ermutigen, den Zugang zu ihr zu finden, warum sie sich so verhält und ihr müsst nach einem Weg suchen dieser Furcht den Nährboden zu nehmen.

Wenn sie sich geachtet und gesehen fühlt und du dich gleichzeitig fair verhältst, sage ich dir, dass sich das wieder auswächst. Wenn du aber dabei bleibst, in ihr den Teufel zu sehen, dann wird sie das spüren und dir das auch spiegeln. Du musst an das Gute in den Kindern glauben, in allen. Wenn wir es nicht sehen können, verlieren sie erstrecht schneller den Glauben daran und den Blick dafür wer sie Gutes sein und werden könnten, nähren wir ihre Unsicherheit und schüren letztlich Hass und Selbsthass. Ein Teufelskreis. Denk da mal drüber nach. Du bist die Erwachsene. Sie ist 12.

Ich wünsche euch alles Gute.

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wow, du bist einfach unfassbar inspirierend. Was eine schöne, weise und ausführliche Antwort. Hut ab vor Deiner Art Dinge anzugehen. #verliebt

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Ich danke dir für deine sehr ehrlichen und lieben Worte!

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Ich finde Exklusivzeit für alle wichtig. Natürlich für die Kinder, aber auch für euch.
Die Idee von ihm, bei Exklusivzeit für die Kinder anzufangen, finde ich sehr zielführend. Dadurch wird es euch leichter fallen, auch für euch Exklusivzeit einzufordern.

Eure Exklusivzeit könnte aus einem schönen Abendessen bestehen, die Kids dürfen sich Pizza bestellen (sollte bei der Altersstruktur ja kein Problem darstellen).

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Warum gehst Du bei Deinem Kind nicht auch auf das Wechselmodell? Dann könnte man das synchronisieren und ihr hättet so viel mehr Paarzeit und man könnte sich in den Kinderwochen auf seine Kinder fokussieren. Er auf seine, Du auf Deins. Ich finde 2 so unterschiedliche Umgangsmodelle bei so vielen Kindern ziemlich blöd, da hat man ja immer irgendein Kind da. Da bleibt ihr als Paar ja völlig auf der Strecke.

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Sorry, aber finde ich auch nicht so gelungen die Antwort. Natürlich hätten sie synchronisiert mehr Zeit alleine, aber normalerweise in nicht gepatchten Familien hat man auch seine Kinder auch und es geht sehr wohl da als Paar nicht völlig auf der Strecke zu bleiben. Und außerdem finde ich, sollte man schon individuell denken. Nicht jedes Modell passt zu jedem Kind und zu jedem Ex Partner. Bei manchen bietet sich das Wechselmodell gar nicht an. Wir haben auch zwei verschiedene Modelle, weil ein Ex Partner sich um sein Kind kümmert und in der Nähe wohnt. Hier einmal das Wechselmodell. Und ein Ex-Partner der bekommt sein Leben nicht auf die Reihe, starke Depressionen, kann sich teilweise nicht um sich geschweigedenn ums Kind kümmern, also Umgang nur Besuch an guten Tagen.

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"Nun hat mein Partner das Gefühl, dass die Kinder zu kurz kommen, weil wir nur mit uns zu tun haben und er möchte sich mehr individuelle Zeit mit den Kindern nehmen und allen gerecht werden.
Unsere Beziehung lebt oft erst abends auf, wenn alle im Bett sind"

Ich finde, dass ihr beide einen falschen Ansatz habt: du, weil du meinst, dass eure Beziehung Zweisamkeit braucht, und er, weil er denkt, allen gerechter zu werden, wenn er "individuelle Zeit" mit seinen Kindern verbringt, d.h. alle anderen, dich eingeschlissen, ausschliesst.

Auch wenn es immer schön ist, ab und zu etwas alleine zu machen mit dem einen oder anderen Kind oder mit der Partnerin, gehört es zum Wesen einer Familie, dass man zusammen und gemeinsam lebt.

Was mich allerdings aufhorchen lässt, ist, dass dir seine mittlere Tochter ein "falsches Grinsen" zuwirft, wenn sie die Aufmerksamkeit des Vaters bekommt. Das bedeutet, dass ihr da im Konkurrenzkampf um seine Aufmerksamkeit seid und dass sie das weiß. Da bist du als Erwachsene gefragt.

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Versteh ich nicht.

Wenn er doch die Kinder im Wechselmodell habt, ist doch ganz sicher genügend zeit für euch als Paar. Nämlich dann, wenn die Kids bei ihrer Mutter sind und "nur" 1 Kind da ist, das ja evtl auch mal bei Oma oder Freunden sein kann.

Dann nehmt euch doch da Paarzeit.

Dass er mehr individuelle Zeit mit seinen Kids haben will, in der Zeit in der sie anwesend sind, kann ich jedenfalls vollkommen verstehen.

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Ganz ehrlich? Dieses falsche Grinsen kenne ich auch, nur dass es bei uns die Stiefmutter selbst war, die gegrinst hat. Und sie war 30 Jahre älter als wir...

Der 12jährigen würde ich in dem Moment sagen: ich weiss, es freut dich jetzt, dass der Papa (zb dein Lieblingsessen kocht und nicht meins, zuerst dir zuhört, was auch immer), aber deswegen brauchst du nicht so zu grinsen. Das macht mich echt grad sauer, nicht wegen (z.b. dem Essen), sondern weil ich Schadenfreude eklig finde. Und wenn du schadenfroh bist, kann ich das zwar nicht verhindern, aber es so zu zeigen ist für dein Alter unangemessen, du bist ja keine sieben mehr.

Dann wird sie sich unheimlich schnell unheimlich ertappt fühlen...