Urvertrauen - wie prompt auf Baby reagieren mit Kleinkind

Hallo, habe mich gerade frisch hier angemeldet (nach jahrelangem Nur-Mitlesen), weil mir eine Frage keine Ruhe lässt. Welche Auswirkungen hat es auf mein Baby (7 Wochen), wenn ich es kaum schaffe, immer prompt auf seine Signale oder sein Weinen zu reagieren? Beim ersten Kind habe ich es so gehandhabt, dass ich praktisch 99% immer umgehend reagiert habe, sie hochgenommen, getragen, gewickelt, gestillt habe. Da habe ich ein total gutes Gewissen und ich bin überzeugt, es hat sich gelohnt und zahlt sich durch ihr Vertrauen jetzt aus. Sie war und ist sehr fordernd und ich würde sie schon als "Schreibaby" einordnen. Nun ist sie 2 und unser Neuzugang jetzt 7 Wochen. Und ich merke, ich kann einfach nicht für ihn so intensiv da sein wie für die Tochter damals. So oft ist gerade irgendwas, was ich nicht direkt unterbrechen kann, um zu ihm zu gehen, und das tut mir so leid und macht mich traurig und bereitet mir Sorge, weil ich fürchte, dass er so kein Vertrauen in mich/uns entwickeln kann :/ (Beispiel: großes Kind will aufs Klo und braucht natürlich Begleitung und das geht nicht nur 10 Sek.; Oder 1000 andere solche Situationen). Wie seht Ihr das? Wie macht Ihr das?

LG kiki

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Meine Große ist 4 1/2 und somit schon etwas selbstständiger und verständnisvoller als ein 2 jähriges Kind, mein Baby ist 20 Wochen.
Mir geht es ähnlich wie Dir, die große wurde stets sofort bedient, wenn etwas war. Sie war allerdings auch ein sehr liebes Baby.
Bei dem Kleinen ist es auch so, dass er manchmal ein paar Minuten auf die Mama warten muss. Es ist ja nicht so, dass man das 2. Kind stundenlang schreien lässt, aber manchmal braucht man eben noch 2 Minuten um etwas zum Ende zu bringen. Es ist mir auch leider 1x passiert das das Babyfon versehentlich nicht an war und ich war Abends noch im Garten, Unkraut zupfen. Er ist wach geworden und hat ziemlich doll geweint bis ich ihn gehört habe. Er hat auch etwas gebraucht bis er sich beruhigt hat. Dennoch war danach alles wie immer, ich habe nicht das Gefühl das er weniger Urvertrauen hat als die Große. Ich denke schon, dass die Babys wissen das ihre Bedürfnisse zeitnah erfüllt werden, das es eben manchmal ein paar Minuten dauert. Meine Große hat grenzenlose Vertrauen zu mir und mein Baby ist ebenfalls sehr ausgeglichen und lieb und das, obwohl ich keine Mutti bin die aus der Dusche huscht sobald das Baby anfängt zu quengeln. Ich glaube Du machst das schon gut und Deine Kinder wissen das!!

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Hi

Mir gehts ähnlich. Mein Sohn weint jedoch sehr viel und lässt sich auch nicht beruhigen wenn man ihn einfach hochnimmt. Mit grosser Tochter nebenbei ist das natürlich noch mal schwieriger. Manchmal muss ich ihn halt kurz hinlegen und er schreit dann ein paar Minuten wenn ich mit meiner Tochter was erledigen muss. Er würde jedoch genau so in meinem Arm weiterschreien . Ich glaube er ist ein Schreibaby. 😔

Bei meiner Tochter hatte ich auch immer ein schlechtes Gewissen und bin sofort gerannt.

Jetzt geht es einfach nicht immer und ich habe akzeptiert dass es halt so ist. Ich gebe mein bestes für ihn. Stille nach Bedarf und trage ihn den ganzen tag im tuch.

Ich hoffe wirklich dass es keinen Einfluss auf das Urvertrauen hat. Ich lasse ihn ja nicht absichtlich lange alleine schreien. Es sind immer nur so kurze Momente.

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Guten Morgen,
ich glaube du beschreibst eine Herausforderung, die alle Eltern mit dem zweiten Kind erleben.
Unser erster Sohn war und ist sehr sensibel und hat schon immer auf jegliche Veränderung sofort reagiert. Wir haben es wie du gehandhabt. Rückblickend war es sehr anstrengend und zehrend. Richtig bewusst wurde es mir erst durch unseren zweiten Sohn, der so ganz anders ist.
Er hat gefühlt das erste halbe Jahr allein in seinem Tagesbett verbracht, weil ich ihn nach dem Stillen ablegen konnte und er einfach in seinem Bettchen einschlief. Das war bei Kind 1 undenkbar. Ich hatte ebenfalls ein total schlechtes Gewissen. Meine Hebamme sagte dazu: er kennt es doch nicht anders. Er stellt deshalb auch keine Vergleiche an oder fühlt sich benachteiligt.
Das hat mir die Augen geöffnet! Er erfährt ja nicht weniger Liebe und Fürsorge, nur weil seine Bedürfnisse sich, anders als beim ersten Kind, in bestehende Strukturen einfinden müssen und ggf. einfach andere sind.

Alles Liebe!

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ja, die Bindungstheorie ist auf eurer Seite..promt reagieren stärkt das Urvertrauen, aber wenn du ne Minute später erst reagieren kannst als beim ersten Kind, hat das keine Nachteile für dein Zweites. Allerdings sagt mein Vater meiner Großen Schwester immer, dass es ein Glück für ihren Charakter war, das ich gekommen bin, weil sie dann erstmals auch warten und sich zurücknehmen musste 😅. Die Bindungstypen sind übrigens mit 12-18 Monaten ausgebildet (was nicht heißt, dass man das danach nicht mehr versauen kann, aber nicht durch nicht mehr sofortiges reagieren).

Dem Baby reicht es ja getröstet zu werden, bei dir zu sein. Selbst wenn du die Bedürfnisse nicht direkt bedienen kannst, entwickelt es sich gesund, sofern du ihm zeigst "ich bin für Dich da und kümmere mich gleich um deine Wünsche"

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Unsere Kleine ist 8M alt, die Große 3,5. Ich habe mir solche Sorgen nicht gemacht - zumindest nicht bezüglich des "Urvertrauens". Das ist wieder so ein Urbia- Gespenst... Du vernachlässigst dein Baby doch nicht. Sicher hab ich auch manchmal gedacht, wie doof es ist, dass ich für die Kleine viel weniger Zeit habe als für die Große damals - erst Recht in der Corona-Zeit, wo beide zu Hause waren. Aber selbst wenn ich mit der Großen auf Toilette war oder die Hände gerade im Salzteig steckten, konnte ich doch Kontakt zur Kleinen halten, mit ihr reden, singen usw. Außerdem haben / hatten wir immer unsere Kuschelzeiten (Stillen, Flasche, Einschlafen, Trage). Ich kann guten Gewissens behaupten, dass es der Kleinen immer gut ging, auch wenn ich nicht jedes Bedürfnis sofort befriedigen konnte. Ich finde das im Vergleich zu anderen Dingen auch überhaupt nicht wichtig. Dein Kleiner wird nie so viel Exklusivzeit mit Mama haben, wie eure Große. Das muss aber nicht schlecht sein, denn dafür gibt es ein Geschwisterchen, dass zusätzlich kuschelt, kaspert und das man beobachten (= Beschäftigung) kann.

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Wir haben den gleichen Altersabstand und bei uns ist es auch öfter so. Allerdings finde I ich das völlig in Ordnung! Unser Baby hat sicher einen anderen Charakter, aber ist schon jetzt viel entspannter und kann sich viel besser selbst beruhigen als der Große damals! Manchmal frage ich mich, ob ich früher nicht etwas schnell mit "hinrennen" war... Aber es kommt auch fast nie vor, dass die Kleine tatsächlich brüllt. Sie fängt ja erstmal an zu nörgeln und dann hab ich noch 1-2 Minuten. Viel länger brauche ich auch nicht, um die aktuelle Aktivität mit dem Großen zu beenden und zu ihr zu gehen!

Um das Urvertrauen mache ich mir keine Sorgen. Ich trage die Kleine viel, sie ist immer dabei, essen und frische Windeln gibt es üblicherweise umgehend. Nachts ist sie bei mir im Beistellbett oder direkt neben oder auf mir. Wenn Geschwisterkinder das Urvertrauen so nachhaltig schädigen würden, dann hätten wir ein großes Problem mit dem "Zweiten". Und Zwillinge hätten wahrscheinlich gar keine Chance auf Urvertrauen 😉 glaub ich nicht!

Entspann dich und genieß die Zeit mit beiden so gut es geht!

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Ich glaube, viele missverstehen das mit dem Urvertrauen auch. Es geht darum, dass ein Kind möglicherweise ein gestörtes Urvertrauen aufbaut wenn die Grundbedürfnisse (Essen, Nähe, Schlaf, Hygiene, emotionale Zuwendung) regelmäßig und über einen längeren Zeitraum ignoriert und sogar unterbunden werden, sprich: das Kind wird ALLEINE schreien gelassen. Mutter oder Vater versuchen nicht, herauszufinden warum es schreit sondern es wird sich selbst überlassen. Niemand spricht mit dem Baby, es fühlt sich mutterseelenallein und einsam.
Das führt, wenn es im ersten Jahr ständig so ist, vermutlich zu einer Bindungsstörung.
Dein Kind wird aber ganz sicher keine Störung entwickeln, wenn es mal 5 Minuten warten muss und du ihm währenddessen zurufst:"Warte mein Schatz, Mama ist sofort bei dir! Alles ist gut! Ich komme sofort!"
Das ist nunmal so mit Geschwistern und ganz sicher nichts was problematisch ist. Zwillinge zum Beispiel lernen das von Anfang an!
Allerdings eine Sache wäre schon wichtig: jedes Kind braucht auch mal etwas Exklusivzeit mit Mama. Das bedeutet, deine Große muss schon auch irgendwie langsam lernen, dass das Baby auch mal 15 Min Zeit mit Mama braucht und dabei die volle Aufmerksamkeit genießen möchte.
Das musste meine Große damals auch erst langsam lernen... meine Kinder haben einen ganz ähnlichen Abstand wie deine. ☺️

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Ich habe Zwillinge, ich konnte also bei keinem Kind uneingeschränkt immer und direkt die geäußerten Bedürfnisse befriedigen. Ich habe aber immer versucht, das Kind, das warten musste, verbal zu beruhigen, ihm also zu signalisieren, dass ich ihn wahrgenommen habe und much kümmere, sobald es geht.

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Ich glaub Geschwister sind da robuster. Und du bist nicht allein mit dem Problem. Bei Kindern mit so geringem Altersunterschied ist das normal. Ich lasse mein Baby auch nicht weinen. Da muss der große halt warten. Aber auch die Bedürfnisse meines jüngsten kann ich nicht immer sofort erfüllen. Ich zerreiße mich nicht mehr. Hab aufgehört mir ein schlechtes Gewissen zu machen. In der Jeweiligen Situation Versuch ichbezogen erkennen was Priorität hat.