Vorgeschichte Baby > prägend?

Guten Morgen,
meine Schwester und ihr Mann können selbst keine Kinder bekommen, daher haben sie sich vor 5 Jahren entschlossen Kinder in Pflege zu nehmen. Sie hatten auch bereits einige Kinder in Kurzzeitpflege. Nun haben sie seit einer Woche ein 15 Wochen altes Mädchen bei sich. Die kleine Maus war in einem sehr schlechten Zustand, erholt sich bei meiner Schwester aber sehr gut ❤️ die Mama der Kleinen war Drogenabhängig, was sie leider nicht überlebt hat. Nun möchten meine Schwester und mein Schwager Melia gerne adoptieren um ihr ein sicheres und liebevolles Zuhause zu schenken. Über ihre Vergangenheit bei ihrer Mutter weiß man wenig, nur dass sie leider sehr vernachlässigt und auch körperlich schlecht behandelt wurde. Meint ihr dass sie die ersten 3,5 Monate ihres Lebens stark geprägt haben (in Bezug auf Urvertrauen, Ängste usw.)? Oder wird das, da sie jetzt in sehr liebevollen Händen ist, später kaum mehr zu spüren sein?
Meine Schwester macht sich da viele Gedanken und Sorgen und hofft natürlich dass die Kleine ihre ersten 3,5 Monaten später nicht mehr alzu sehr beeinflussen, die Damen vom Jugendamt können ihr bei diesen Sorgen leider nicht wirklich weiterhelfen.
Was meint ihr dazu?

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Da kann man nur spekulieren. Ich würde mich aber sehr genau erkundigen, wie der Zustand der Mutter während der Schwangerschaft war. Wurde das Fetus regelmässigem Drogenkonsum ausgesetzt, wird das sich auf die neuronale Entwicklung sicher übertragen haben. Kann heissen: trotz der liebevollsten Erziehung kann das Kind in einigen Jahren schwer erziehrbar sein, weil die Nerven einfach geschädigt wurden. Oder auch nicht. Beides ist wichtig, die jahrelange Erziehung und die ersten Lebensmonate. Was am Ende überwiegt und mehr prägt, kann keiner sagen. Deine Schwester muss sich im Klaren sein, dass es eventuell nicht leicht sein wird. Das Kind verdient aber ein liebevolles Zuhause. Wenn sie dad anbieten möchte, ist es grossartig!

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Also es gibt in der Psychologie schon Therapieansätze in der die pränatale Phase sehr stark gewichtet wird. Und natürlich auch die ersten Lebensmonate.
Nach dieser Therapie sagt man, dass ein Kind von den Emotionen der Mutter während der Ss stark beeinflusst wird.
„Das Kind schwimmt sozusagen 10 Monate in den Emotionen der Mutter“.
Emotionen werden ja stark von Hormonen begleitet und diese Hormone werden in der SS auch an das Kind abgegeben.

Ich persönlich denke schon das so etwas unterbewusst prägt.

Ich glaube aber auch, dass das Urvertrauen, welches in der Zeit nach der Geburt aufgebaut wird, auch noch zu einem späteren Zeitpunkt aufgebaut werden kann, mit z.B. mehreren Monaten.

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Es spielen immer beide Faktoren eine große Rolle, Anlage und Umwelt. So eine frühe Kindheit bzw Schwangerschaft ist sicher kein guter Start ins Leben. Kindern bei denen die Eltern in Schwangerschaft und/oder stillzeit getrunken/Drogen genommen haben merkt man das zb im Kindergarten im Verhalten schon an.. Unkonzentriertheit, wenig Frustrationstoleranz usw, umsonst gibt es nicht so viel Frühförderung.

Aber die kleine kann da ja nichts dafür und verdient genau so ein sicheres Zuhause.

Ich fände es auch sehr schön, wenn deine Schwester ihr dies geben könnte.

Leicht wird es höchst wahrscheinlich nicht, aber jeder hat eine zweite Chance verdient.

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Guten Morgen!

In den meisten Artikeln liest man, dass das erste Lebensjahr für das Urvertrauen am wichtigsten ist. Ich denke daher, dass die kleine Maus gute Chancen hat, ein gesundes Vertrauen zu entwickeln, wenn sie jetzt in einem liebevollen zu Hause ist.

Ich kenne selbst auch eine junge Frau, die das gleiche durchgemacht hat, wie das kleine Mädchen. Wobei ich nicht weiß, ob sie auch misshandelt wurde. Jedoch hat auch sie als Säugling bereits einen Entzug hinter sich bringen müssen, aufgrund des Drogenkonsums der Mutter.

Und aus ihr ist eine sehr aufgeschlossene und nette Person geworden, die ihr Leben im Griff hat.

Ich hoffe, das macht euch etwas Mut!

Im übrigen möchte ich erwähnen, dass ich es ganz große Klasse finde, dass deine Schwester und ihr Mann Pflegekinder aufnehmen und auch über eine Adoption nachdenken! Das ist wohl eine der liebevollsten Umgebungen, in denen ein Kind aufwachsen kann 😊 Ich wünsche euch allen nur das Beste!

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Ganz schlimme Sache!!!!! Traurig. Armes Baby. Unsere ist ja auch grad 16 Wochen alt. Unvorstellbar.

Ein Baby ist so früh nicht in der Lage Erinnerungen anzulegen. Das bildet sich erst viel später aus. Daher erinnern wir uns meist erst an Dinge zurück, die ab dem 5. Lebensjahr geschehen sind.

Viel mehr Gewicht hat allerdings ihr Drogenkonsum während der SS. Denn dies hat der Fötus auf direktem Weg auch konsumiert und das hat zu hoher Wahrscheinlichkeit Spätfolgen.

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Vielen Dank für eure Antworten!
Ich habe selbst einen 20 Wochen alten Sohn 💙 und die Geschichte der kleinen Maus ist für mich fast unerträglich. Ich liebe meinen kleinen Schatz so sehr und wenn ich mir vorstelle dass manch kleine Babys so etwas schlimmes durchmachen müssen und nicht rund um die Uhr umsorgt und geliebt werden, kommen mir fast die Tränen.

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Wenn deine Schwester aber ihre Mama werden kann, ist das das Beste, was ihr passieren könnte!

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Sie werden alles dafür tun damit die kleine Maus bleiben darf 💜

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Meine Freundin hat ein Kind adoptiert aus sehr ähnlichen Umständen. Sie hat auch noch ein eigenes Kind. Die kleine war 7 Wochen als sie zu ihr kam und ist mittlerweile 7 Jahre alt. Sie ist ein tolles Mädchen, clever und aufgeweckt. Auch recht impulsiv und anhänglich, hat Angst benachteiligt zu werden. Allerdings kann das auch einfach ihr Charakter sein! Meine Freundin war von Anfang an ehrlich, wenn die kleine z.B. fragte ob sie auch in Mamas Bauch war. Sie weiß also dass sie adoptiert ist, was ihre Mama ihr aber immer was was schönes erklärt hat.
Ich mag die kleine sehr und sie liebt ihre Mama abgöttisch.
Es kann schwierig werden, das kann es mit dem eigenen Kind aber auch!
Man weiß ja zum Glück nie was man bekommt 😊

Lg und alles gute für deine Schwester ❤️ ich finde es toll, was sie tut!

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Ich kenne selbst eine junge Frau mit ähnlicher Vorgeschichte, allerdings wurde diese dann in der Familie des Onkels aufgezogen und sie landete dort direkt nach der Geburt. Durch den erheblichen Drogenkonsum der Mutter hat diese Frau selbst gesundheitliche Probleme, kann z. B. Keine Kinder bekommen, musste mehrmals operiert werden... Ausserdem hat sie eine leichte Lernbehinderung. Dennoch ist es eine sehr freundliche und hilfsbereite Person.

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Freunde von meinen Eltern haben damals einen circa vier, fünf Monate alten Jungen in Pflege aufgenommen und später adoptiert. Er kam aus ähnlichen Verhältnissen, Mutter stark heroin- und allgemein drogenabhängig und auch trotz versuchtem Entzug in der Schwangerschaft nicht clean geblieben. Er hatte in den ersten Jahren körperlich stark zu kämpfen. Jeder kleinere Infekt hat ihn fast immer umgehauen. Aber ansonsten hat er sich Dank sehr liebevoller Zuwendung seiner Adoptiveltern und Adoptivgroßeltern zu einem tollen Teenager entwickelt, sozial, engagiert, clever. Eigentlich tiptop.

Nur leider hat ihn vor einigen Jahren der plötzliche Tod seiner Adoptivmum völlig aus der Bahn geworfen. Er ist regelrecht abgestürzt, falsche "Freunde" kennengelernt, Ausbildung geschmissen, angefangen zu kiffen und ganz schnell auch härtere Drogen zu nehmen. Das ging irgendwie rasend schnell. Ich vermute, er war wesentlich anfälliger und schneller abhängig, aufgrund seiner frühkindlichen Prägung. Vielleicht war es auch dieser doppelt-erlebte "Mutterverlust"? Echt traurig, aber definitiv kein Beispiel mit Allgemeingültigkeit.

Ich glaube, dass deine Schwester und ihr Mann es schaffen werden, dem kleinen Mädchen ein liebevolles Zuhause zu schaffen und aufzufangen, was in der Frühphase schief gelaufen ist. Sie wissen ja gut über die Vorgeschichte Bescheid und können dementsprechend sensibel auf eventuell auftauchende Auffälligkeiten reagieren. Und so wie sich das liest, stehen sie ja auch nicht alleine da, sondern haben eine tolle Familie, wie dich, an ihrer Seite. Das ist mehr als Gold wert, sollte einem (ganz egal ob eigenes oder adoptiertes Kind) mal die Decke auf den Kopf fallen.

Ich wünsche euch und insbesondere deiner Schwester+Partner alles alles Gute und einen hoffentlich glücklichen Start mit der kleinen Melia ins Familienleben.#klee