Ein Kind zu bekommen macht klüger und empfindsamer!

Wie das Mutterwerden uns verändert

Forscher beobachteten: Frauen, die ein Baby bekommen, werden leistungsfähiger, stressresistenter, mutiger, aber auch einfühlsamer!

Autor: Gabriele Möller

Mutterschaft macht das Gehirn fit!

Foto: © iStock, dragana991

Was die übermüdete Frau kaum bemerkt, Wissenschaftler im Kernspintomografen aber zweifelsfrei sehen konnten: Gleich in mehreren Hirnarealen verzeichnen Mütter Zuwächse, und zwar in den Bereichen Intelligenz, Empathie, Sinneswahrnehmung (z. B. wird das räumliche Sehen besser), bei der schnellen Auffassung, bei der Fähigkeit, Probleme zu lösen, dem Gedächtnis, dem Lernen, und dem Setzen von Prioritäten. Diese Verbesserung der Hirnleistung wird schon während der Schwangerschaft durch die Hormone angestoßen. Es gibt zudem Hinweise darauf, dass einige der (sehr wandlungsfähigen) Stammzellen vom Ungeborenen ins Gehirn der Mutter wandern und dort helfen, bestimmte Areale optimal auszubauen.

Nach der Geburt sind es dann die vielen Lernerfahrungen im Alltag mit dem Baby, die die „Hirnoptimierung" der Mutter weiter fördern, sagen die Forscher. Und das Schöne: Diese Verbesserung ist nicht vorübergehend, sondern hält ein Leben lang an.

Fähigkeiten einer „Löwenmutter!“ werden entwickelt

Mit der Mutterschaft werden Frauen außerdem – auch wenn es ihnen manchmal nicht so vorkommt - widerstandsfähiger gegen Stress. Doch kann das wirklich sein? Schließlich fühlen wir uns jetzt oft viel mehr geschafft oder genervt als früher. Doch Tatsache ist: Ohne das Mehr an Stressresistenz würden wir den turbulenten Alltag mit Baby oder auch mit mehreren Kleinkindern erst gar nicht schaffen!

Fachleute fassen diese Stressresistenz aber noch weiter: als größeren Wagemut, als mehr Unnachgiebigkeit und mehr Furchtlosigkeit - sogar gegenüber aggressiven Zeitgenossen. Wir werden also sprichwörtlich zu Löwenmüttern! Selbst wenn du bisher vielleicht eher harmoniebedürftig warst, hältst du Konflikte wahrscheinlich nun besser aus. Vielleicht wächst du sogar manchmal über dich selbst hinaus: setzt dich mit anderen Eltern auseinander, wenn deren Nachwuchs dein Kind piesackt, rufst den Lehrer an, wenn dein Kind ungerecht behandelt wurde, oder erhebst auf dem Elternabend entschieden die Stimme.

Das Einfühlungsvermögen von Müttern ist besser

Frischgebackene Mütter sind aber nicht nur taffer – sie entwickeln auch ihre weiche und sensible Seite weiter. Sie bekommen eine größere Empathiefähigkeit, also mehr Einfühlungsvermögen. Wofür das gut ist, ahnt der gesunde Mutterverstand längst, und auch Wissenschaftler bestätigen es: Diese Fähigkeit ist natürlich wichtig, um unsere Bindung zum Kind zu stärken. Sie erleichtert es uns außerdem, in unsere neue Rolle hineinzuwachsen: Wir können einfach nicht anders, als uns in die Lage unseres Kindes einzufühlen und darauf zu reagieren - selbst, wenn dies bedeutet, unsere eigenen Bedürfnisse zurückzustellen.

Es kostet nicht zufällig große Kraft, uns dieser Einfühlung zu widersetzen. Und wir sollten uns auch nicht dazu zwingen, wenn jemand dies von uns verlangt. Wenn wir also zum Beispiel unser Kind nach der Stoppuhr schreien lassen sollen, weil es dann angeblich besser durchschläft, während es uns draußen vor der Kinderzimmertür förmlich das Herz zerreißt.

Mütter haben näher am Wasser gebaut

Das Mehr an Einfühlungsfähigkeit bemerkst du wahrscheinlich auch in anderen Bereichen: Vielleicht fährst du noch vorsichtiger oder langsamer Auto, seit du selbst ein Kind hast. Denn du weißt jetzt aus eigener Erfahrung, wie viel Angst alle Eltern um ihre Kinder haben. Vielleicht kannst du auch keine Spielfilme mehr sehen, in denen Kinder zu Schaden kommen. Du hältst Ungerechtigkeit oder Lieblosigkeit gegenüber Kindern generell noch schwerer aus, und musst bei TV-Dokumentationen über Krankheit, Hunger und Leid (nicht nur) von Kindern vielleicht sogar weinen.

Überhaupt scheinst du neuerdings viel näher am Wasser gebaut zu haben: Schöne Erlebnisse, Familienfeiern, romantische Filmszenen – all dies treibt dir zuverlässig die Tränen in die Augen, ohne dass du dich dagegen wehren kannst? Dass Du neuerdings empfindsamer geworden bist, ist keine Schwäche, sondern du darfst es unbedingt als Gewinn verbuchen! Wenn du deine neue Sensibilität lebst, wird sie von deinem Kind, vom Partner und auch von anderen Menschen als Wärme und eine natürliche Ausstrahlung wahrgenommen - was deine Beziehungen sehr bereichern kann!

Großzügiger mit „Schmuse-Einheiten“

Mit der größeren Empfindsamkeit wird oft auch der Wunsch nach Körperkontakt bei vielen Müttern intensiver. Das mehr an „Verschmustheit" betrifft nicht nur das eigene Kind, auch der Partner kommt manchmal in den Genuss von Extra-Streicheleinheiten. Viele Mütter bemerken auch, dass sie emotional stärker als bisher auf Tierbabys oder auch auf hilfsbedürftige Tiere reagieren und sie am liebsten sofort aufnehmen oder trösten möchten.

Auch das Mehr an körperlicher Nähe stärkt – wie könnte es anders sein – den Zusammenhalt unserer Familie und unsere Bindung zum Kind. Denn sowohl Erwachsene als auch Kinder reagieren auf Berührung unmittelbar mit der Ausschüttung von harmonisierenden Botenstoffen, ihr Herzschlag beruhigt sich, sie entspannen sich. Auch dies kommt nicht nur deinem Kind und dem Partner zugute, sondern wirkt indirekt auch positiv auf dich selbst zurück!

„Mutterschlaf“ – schon ein Wispern des Kindes wird gehört!

Ein weiteres neues Phänomen, das auch du vermutlich schon an dir selbst beobachtet hast, ist der sogenannte Mutterschlaf: Egal, wie tief du schläftst, das Baby muss nur einen zaghaften Knötterer tun, das Kleinkind nur „Mama! Ich hab' Bauchweh!" flüstern – sie hört es sofort und so klar, als sei sie schon die ganze Zeit wach gewesen.

Das Erstaunliche am Mutterschlaf: Er ist oft sehr selektiv. Viele Mütter überhören seelenruhig das schrille Martinshorn des Krankenwagens, der am Haus vorbei fährt - beim leisen Nieser ihres Babys dagegen sind sie sofort hellwach. Wissenschaftler konnten im EEG (Aufzeichnung der Hirnströme) beobachten: Im Thalamus, einem bestimmten Hirnareal, werden Störgeräusche danach gefiltert, ob sie wichtig sind, oder nicht. Die unwichtigen werden blockiert, die relevanten dringen durch und wecken uns auf. Und die wichtigsten Geräusche, das weiß unser mütterliches Gehirn, sind natürlich glasklar die Signale unseres Babys!

Die berühmte „Still-Demenz“ gibt es nicht!

Vielleicht kennst du das Gefühl auch: Seit dein Kind da ist, bist du so zerstreut wie noch nie zuvor. Das Wort „Konzentrationsfähigkeit" wird zu einem Fremdwort, an dessen Bedeutung du dich kaum noch erinnern kannst. Zum einen, weil du so etwas wie Konzentration schon lange nicht mehr besitzt, zum anderen, weil du im Moment sowieso alles vergisst...

Doch Neurobiologen konnten beobachten: Dieser Eindruck spiegelt nicht den tatsächlichen Zustand des mütterlichen Gehirns wider! Im Gegenteil: Dieses wird durch die Mutterschaft sogar besonders leistungsstark. Die viel beklagte Vergesslichkeit überdeckt diese Entwicklung bloß zeitweise. Ihre Ursache liegt zum einen in der hormonellen Umstellung in den ersten Wochen nach der Entbindung (daher der Name „Still-Demenz"), zum anderen in der chronischen Übermüdung der Mutter, die natürlich das gesamte erste Babyjahr anhalten kann.