Sinnvoll oder sogar gefährlich?

Schlankheitsmittel auf dem Prüfstand

Ohne Hungern und schweißtreibendes Sportprogramm auf die Schnelle abspecken – wer möchte das nicht? Formula-Diäten, Fettblocker und Sättigungsmittel versprechen genau das. Doch halten diese und andere Schlankheitsmittel, was sie versprechen und sind sie gesundheitlich unbedenklich?

Autor: Dr. Andrea Schmelz

Vorsicht ist geboten!

Schlankheitsmittel
Foto: © fotolia.com/ Alliance

Appetitzügler, Fatburner, Formula-Nahrung und Co.: Es gibt sie in Apotheken, Drogerien, Supermärkten und auch im Internet. Wobei Produkte aus der Apotheke häufig hochpreisiger, aber trotzdem nicht unbedingt wirksamer sind. Nur ein einziger Wirkstoff ist wirklich als Arzneimittel geprüft und zugelassen: Orlistat (als rezeptpflichtiges Xenical® und als rezeptfrei erhältliches Alli®, das nur halb so viel Orlistat enthält). Bei Produkten aus dem Internet ist die Gefahr am größten, dass sie nicht deklarierte und möglicherweise gesundheitsschädliche Inhaltsstoffe enthalten.

Und für alle Schlankheitsmittel gilt, dass sie in Schwangerschaft und Stillzeit nicht angewendet werden sollten. Denn in diesen Lebensphasen ist gezieltes Abnehmen grundsätzlich nicht zu empfehlen. Erstens kann es zu Mangelernährung mit negativen Folgen fürs Baby kommen und zweitens werden, wenn wirklich erfolgreich Fett abgebaut wird, im Fettgewebe gespeicherte Schadstoffe freigesetzt, z.B. PCB (polychlorierte Biphenyle) und Dioxine.

Formula-Diäten

Hierbei handelt es sich um Pulver, das gesetzlich vorgegebene Standards hinsichtlich der enthaltenen Nährstoffe erfüllen muss (z.B. in Bezug auf Eiweiß, Vitamine, Mineralstoffe). Angerührt mit Wasser oder fettarmer Milch ergibt sich ein kalorienarmer Shake, mit dem einzelne Mahlzeiten des Tages ersetzt werden können. In der Anfangsphase einer Diät können die Shakes vorübergehend (ohne ärztlichen Rat nicht länger als drei Wochen!) auch als alleinige Ernährung dienen, um eine schnellere Gewichtsabnahme zu erzielen. Die meisten Anbieter setzen auf aromatisierte Shakes in verschiedenen Geschmacksrichtungen, häufig Erdbeer, Vanille, Schoko. Seltener gibt es auch Cremes oder Suppen, letztere auch in deftigen Geschmacksrichtungen.

Beispiele

  • Mit relevantem, teils sogar recht hohem Kohlenhydratanteil, gesüßt (mit Zucker/Honig und/oder Süßstoff) und häufig aromatisiert: Almased, Yokebe, Herbalife, Optifast, SlimFast, Modifast, Multaben Figur
  • Fast ausschließlich Eiweiß und kaum Kohlenhydrate enthaltend und mit neutralem Geschmack: Formoline Eiweiß-Diät, Multan Figur Former

Bewertung

Wird der Mahlzeitenersatz nach Anleitung auf der Packung zubereitet, ist eine ausreichende Nährstoffversorgung sichergestellt, so dass es nicht zu Mangelzuständen kommt. Bei alleiniger Ernährung ist mit Formula-Diäten ein rascher Gewichtsverlust möglich. Ein Lerneffekt, der die Ursachen von Übergewicht, nämlich falsche Ernährungsgewohnheiten und zu wenig Bewegung, einbezieht, bleibt hingegen aus. Sie lernen nicht, sich mit gängigen Lebensmitteln fettreduziert, kalorienarm und trotzdem vitalstoffreich zu ernähren. So ist die Gefahr einer erneuten Gewichtszunahme (Jojo-Effekt) hoch. Auch geschmacklich sind die teils stark aromatisierten und gesüßten Pülverchen oft kein Genuss.

Tipp: Wenn Sie sich für eine Formula-Nahrung entscheiden, etwa als „Startschuss“ für eine Diät mit nachfolgender Ernährungsumstellung, empfehle ich kaum Kohlenhydrate enthaltende, nicht aromatisierte und stark eiweißhaltige Produkte. Diese lösen keine Insulinausschüttung aus, so dass das Abnehmen erleichtert wird. Außerdem fördert der hohe Eiweißgehalt den Erhalt der Muskulatur (in Kombination mit Bewegung!). Bei nicht aromatisierten Produkten können Sie den Geschmack mit natürlichen Zutaten selbst variieren (macht allerdings ein bisschen mehr Arbeit, Rezeptvorschläge gibt es auf den jeweiligen Produkt-Webseiten).

Sättigungsmittel

In Kapsel- oder Tablettenform angebotene Quell- und Ballaststoffe werden gerne als wirksame „Hungerbremsen“ angepriesen. Sie sollen – vor den Mahlzeiten mit ausreichend Flüssigkeit (z.B. einem Glas Wasser) eingenommen – im Magen aufquellen und für ein Sättigungsgefühl sorgen, so dass man weniger isst. Entsprechende Produkte enthalten z.B. Glucomannane aus der asiatischen Konjakwurzel, Alginat (Algenextrakt), Zellulose und/oder Zitrusfruchtfasern.

Beispiele

XLS-Medical Appetitmanager, Kneipp Gewichtsreduktion, bionorm Sättigungskapseln, CM3 Alginat

Bewertung

Es handelt sich um pflanzliche Präparate, die bei falscher Anwendung (Einnahme ohne ausreichend Flüssigkeit) zu Verstopfung, schlimmstenfalls sogar zu einem Darmverschluss führen können. Quellmittel können nicht nur Wasser, sondern unter Umständen auch Arzneistoffe binden, sodass gleichzeitig eingenommene Medikamente nicht aus dem Darm resorbiert (aufgenommen) werden (immer Packungsbeilage beachten!). Prinzipiell haben entsprechende Präparate tatsächlich einen Sättigungseffekt, der aber eher gering ausfällt. Eine relevante Gewichtsreduktion lässt sich damit ohne zusätzliche Diät nicht erzielen. 

Tipp: Einen guten Sättigungseffekt erzielen Sie auch mit Flohsamen(schalen), die glücklicherweise nichts mit Flöhen zu tun haben. Es handelt sich um Pflanzensamen mit hohem Quellvermögen, die zudem stuhlregulierend (auch bei Durchfall geeignet!) und cholesterinsenkend wirken. Darüber hinaus sind Flohsamen deutlich billiger als die diversen Sättigungskapseln. Da Flohsamen eher fade schmecken, können sie unter Speisen wie Müsli gemischt werden. Dazu bitte immer zwei Gläser Wasser oder ungesüßten Tee trinken!

Fatburner (Fatkiller)

Unter diesem Oberbegriff tummelt sich ein ganzes Sammelsurium von meist pflanzlichen Wirkstoffen, die den Stoffwechsel und damit Kalorienverbrauch ankurbeln sollen, so dass mehr Fett verbrannt wird. Die entsprechenden Tees oder Kapseln enthalten z.B. Grüntee-Extrakt, Koffein, Guarana, Grüner-Kaffee-Extrakt, auch sekundäre Pflanzenstoffe aus Zitrusextrakt oder L-Carnitin, eine Aminosäure, werden eingesetzt. Homöopathisch kommt Blasentang (Fucus vesiculosus) zur Anwendung.

Beispiele

Grüner-Kaffee-Extrakt (Beavita sowie weitere Anbieter), Alsiroyal Figura Fatburner, Appliednutrition Green Tea Fat Burner, Gracia® Novo mono (homöopathisch, enthält Blasentang)

Bewertung

Für Grünen-Kaffee-Extrakt gibt es einige kleine vielversprechende Studien, allerdings von schlechter wissenschaftlicher Qualität. Auch für die anderen Mittel gibt es keine belastbaren Studien, die belegen, dass man damit ohne begleitende Ernährungsumstellung relevant an Gewicht abnehmen kann. Gesundheitlich bedenklich sind die oben genannten Präparate nicht, denn selbst die koffeinhaltigen unter ihnen sind nicht so hoch dosiert, dass mit Nebenwirkungen gerechnet werden müsste. Fucus vesiculosus (Blasentang) ist jodhaltig, so dass Patienten mit Schilddrüsenüberfunktion Gracia® Novo mono nicht einnehmen sollten.

Achtung: Warnen möchte ich vor ephedrinhaltigen Schlankheitsmitteln. Der Wirkstoff Ephedrin (aus Ephedra-Arten, auch als Meerträubel oder Ma Huang bezeichnet) sowie entsprechende Teemischungen (etwa Mormonentee) sind in Deutschland verboten, können jedoch teilweise aus dem Ausland z.B. übers Internet bezogen werden. Ephedrin führt zwar tatsächlich zu einem beschleunigten Stoffwechsel, erhöht aber auch Herzschlag und Blutdruck, sodass es zu Schäden am Herz und an den Gefäßen kommen kann. Es kann in höheren Dosen zu Krampfanfällen führen, zudem besteht Suchtpotenzial.

Fettblocker

Diese Präparate werden zu den Hauptmahlzeiten eingenommen und sollen Nahrungsfett im Darm binden, das somit nicht resorbiert, sondern mit dem Stuhl ausgeschieden wird. So soll die Kalorienzufuhr verringert werden. Die meisten der frei verkäuflichen Fettblocker enthalten Chitosan (aus Krebstierschalen gewonnen) oder einen Faserkomplex aus dem Feigenkaktus (Lipoxitral, Litramine). Sie saugen Fette quasi wie Löschpapier auf.

Zu den Fettblockern zählt auch das einzige noch zugelassene und verschreibungspflichtige Arzneimittel unter den Schlankheitsmitteln: der Lipasenhemmer Orlistat. Orlistat hemmt fettabbauende Enzyme im Darm, so dass etwa 30 Prozent des verzehrten Fettes unverdaut im Darm bleiben und ausgeschieden werden. Das kann jedoch recht unangenehme Nebenwirkungen haben: Wer trotz Einnahme von Orlistat zu viel Fett futtert (mehr als 60 Gramm), muss das mit Bauchkrämpfen, Durchfall und peinlichem Stuhlschmieren büßen.

Beispiele

  • Orlistat: Xenical® (rezeptpflichtig), Alli® (apotheken-, aber nicht rezeptpflichtig, da nur halb so viel Orlistat enthalten)
  • Nobilin Fett-Blocker, XLS-Medical Fettbinder, Well & Slim Fett Binder direkt, Formoline L112 (enthält Chitosan)

Bewertung

Die Wirkung von Orlistat ist durch mehrere Studien belegt. Mit Xenical® plus einer kalorienreduzierten Ernährung können Abnehmwillige in zwei Jahren durchschnittlich 3,2 kg mehr abnehmen als unter Diät allein. Allerdings brechen etwa ein Drittel der Anwender die Einnahme wegen Nebenwirkungen ab. Ein Jahr nach Absetzen von Xenical® hatten die Studienteilnehmer das abgenommene Gewicht wieder auf den Rippen.

Bei den anderen Fettblockern gibt es weniger überzeugende Studien, wobei formoline L112 etwas besser untersucht ist. Diese Mittel funktionieren hervorragend im Reagenzglas, der Abnehmeffekt im wahren Leben ist jedoch eher bescheiden. Zu beachten ist, dass alle Fettblocker auch die Aufnahme fettlöslicher Vitamine (A, D, E, K) beeinträchtigen können, eine längerfristige Einnahme ist allein aus diesem Grund nicht zu empfehlen. Wer eine Allergie auf Krebstiere wie etwa Shrimps und Garnelen hat, sollte keine Präparate mit Chitosan einnehmen.

Kohlehydratblocker

Wie der Name schon sagt, sollten Kohlenhydratblocker die Verdauung von Kohlenhydraten verhindern, sodass diese unverwertet wieder ausgeschieden werden und man daher weniger Kalorien aufnimmt. Möglich machen soll dies ein Ballaststoffkomplex aus weißen Bohnen (Glycolite, Phaselite, PhaSeo), der ein stärkespaltendes Verdauungsenzym, die Alpha-Amylase, hemmt. Kohlenhydratblocker werden vor dem Essen eingenommen.

Beispiele

nu3 Kohlenhydratblocker, Phytopharma Carboform, Well & Slim Kohlenhydrat Blocker direkt, XLS-Medical Kohlenhydratblocker 

Bewertung

Die Hersteller werben damit, dass durch einen Kohlenhydratblocker bis zu 66 Prozent der Kalorien aus Kohlenhydraten eingespart werden können. Das ist allerdings irreführend, denn es können nur Kalorien aus stärkehaltigen Nahrungsmitteln wie Müsli, Nudeln oder Brot eingespart werden. Nur Stärke, also langkettige Kohlenhydrate, werden durch Amylase abgebaut. Kurzkettige Zucker wie Mono- oder Disaccharide (dazu zählen beispielsweise Haushaltszucker, aber auch Milchzucker oder Traubenzucker) lassen sich mit den Kohlenhydratblockern nicht austricksen. Jedes Löffelchen Zucker und jedes Rippchen Schokolade setzt sich somit unbeeindruckt weiter direkt auf den Hüften fest.

Und noch etwas ist zu bedenken: Wenn unverdaute Stärke im Darm ankommt, machen sich diverse Darmbakterien voll Begeisterung darüber her. Und bei so viel Zusatznahrung „pupsen“ sie fleißig, sodass es zu Blähungen und Bauchschmerzen, eventuell auch zu Durchfällen kommen kann.

Zu guter Letzt gibt es, wie auch schon für die anderen Schlankheitsmittel, keine Belege, dass man mit einem Kohlenhydratblocker ohne Diät oder Sport relevante Mengen an Gewicht verlieren kann.

Andere Schlankheitsmittel

Besondere Vorsicht ist angebracht bei „völlig neuartigen“, „rein pflanzlichen“ und „garantiert wirksamen“ Diätpillen mit „Schlankheitsgarantie“ (gerne mit spektakulären Vorher-/Nachher-Fotos), wie sie etwa im Internet zu finden sind (z.B. Nuvoryn) oder einem unaufgefordert per Post ins Haus flattern. Die Warnglocken sollten schrillen, wenn die Bestelladresse im Ausland liegt oder lediglich eine Bestell-Hotline angegeben wird.

Im günstigsten Fall ist das – oft überteuerte – Wundermittelchen wirkungs-, aber harmlos. Schlimmstenfalls enthält es gesundheitsschädliche Inhaltsstoffe wie etwa gefährliche Appetitzügler. So wurde in der Vergangenheit wiederholt in Schlankheitsmitteln mit asiatischen Heilkräutern oder besonderen Kräutermischungen Sibutramin nachgewiesen. Dieser früher verschreibungspflichtige Wirkstoff ist in Deutschland seit 2010 verboten, weil er zu schweren Nebenwirkungen führen kann (Erhöhung von Blutdruck und Puls, Gedächtnisstörungen, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Sprach- oder Sehstörungen). Weltweit sind mindestens 34 Todesfälle in Verbindung mit Sibutramin beschrieben.

Nicht selten werden zur Unterstützung der Gewichtsabnahme Entwässerungsmittel, Abführmittel und Schlankheitstees eingesetzt. Auch wenn die Waage nach einem „Klo-Marathon“ infolge erhöhter Urinmenge und/oder mehrmals täglichem Stuhlgang tatsächlich erst mal weniger anzeigt: Sie werden dadurch nicht ein einziges Gramm Körperfett los! Bei Dauereinnahme können Entwässerungs- und Abführmittel gesundheitsschädlich sein, weil auch lebenswichtige Mineralstoffe vermehrt ausgeschieden werden.

Nahrungsergänzungen wie Vitamine oder Mineralstoffe können bei einer strengen Diät sinnvoll sein, um entsprechende Nährstoffdefizite auszugleichen. Sie fördern jedoch nicht die Gewichtsabnahme.