Noro- und Rotaviren: Das solltest du wissen

Erbrechen und Durchfall bei Kindern

Wegen Brechdurchfall müssen manchmal ganze Kitas schließen. Meist sind Rotaviren die Übeltäter. Die ansteckenden Erreger setzen vor allem Babys und Kleinkindern mit Erbrechen und Durchfall zu. Lies hier, was du über Magen-Darm-Infekte bei Kindern wissen musst.

Autor: Sabine Ostmann

Die häufigste Ursache für Magen-Darm-Erkrankungen

Rotaviren Kind
Foto: © fotolia.com/ photophonie

„Mir ist so schlecht“ – erst klagt ein Kind über Bauchschmerzen und Übelkeit, dann zwei und ganz schnell ist eine ganze Kindergruppe betroffen: Brechdurchfall legt nicht selten komplette Kitas und Kindergärten lahm. Schuld daran sind hierzulande meist Viren, in der Regel Rota-, seltener Noroviren. Die Symptome sind bei beiden Virusinfekten gleich; aufgrund der hohen Ansteckungsgefahr sind auch beide Krankheiten meldepflichtig. Doch während unter Noroviren häufiger ältere Menschen leiden – berüchtigt sind Epidemien auf Kreuzfahrtschiffen – befallen Rotaviren vor allem die ganz Kleinen. Etwa 90 Prozent aller Kinder in Deutschland haben bis zum dritten Lebensjahr mindestens eine Rotaviren-Erkrankung durchgemacht. Damit sind Rotaviren die häufigste Ursache für Magen-Darm-Erkrankungen bei Säuglingen und Kleinkindern. 

Winzige Viren mit hoher Ansteckungsgefahr

Ihren Namen haben die mikroskopisch kleinen Erreger von ihrer radförmigen Struktur – „rota“ ist der lateinische Begriff für Rad. Klingt nett, doch die Winzlinge sind extrem ansteckend und lauern praktisch überall. Ein erkranktes Kind scheidet die Viren über den Stuhl aus, und zwar nicht zu knapp: Ein Milliliter Kot beherbergt bis zu 100 Milliarden Viren – und schon wenige davon genügen für eine Ansteckung. Zudem scheiden Erkrankte die Erreger schon aus, bevor bei ihnen die ersten Symptome auftreten, denn die Inkubationszeit bei Rotaviren-Infekten beträgt ein bis drei Tage. Die Viren sind ausgesprochen widerstandsfähig und überleben auch außerhalb des Körpers eine ganze Weile – zum Beispiel auf Händen, Tischen, Türklinken, Geschirr und Nahrungsmitteln, im Trinkwasser und in Schwimmbädern. Besonders wohl fühlen sie sich bei nasskaltem Wetter. Zwischen Februar und April steigen die Erkrankungen signifikant an.

Hygiene ist wichtig

„Verbreitet werden Rotaviren vor allem über fäkal-orale Schmierinfektionen – sozusagen von der Hand in den Mund, aber auch Tröpfcheninfektionen sind möglich. Da Säuglinge und kleinere Kinder eine geringere Widerstandskraft gegen die Viren haben, breitet sich Brechdurchfall überall dort rasend schnell aus, wo viele Kinder zusammenkommen, also in Kitas und Kindergärten“, erklärt der Düsseldorfer Kinderarzt Dr. Hermann Josef Kahl. 

Um die Magen-Darm-Erreger in Schach zu halten, ist daher Hygiene wichtig:  Händewaschen und -desinfizieren – auf jeden Fall nach dem Toilettengang und vor den Mahlzeiten – sowie häufiges und gründliches Reinigen von Türgriffen und Toilettensitzen bringt schon eine Menge. Gegen Rotaviren sind allerdings auch manche Seifen und Reinigungsmittel machtlos. Wirklich wirksam sind dann nur spezielle chlorhaltige Desinfektionsmittel aus der Apotheke. Allerdings warnt Dr. Kahl vor dem hemmungslosen Gebrauch dieser aggressiven Mittel. Also wenn überhaupt, dann nur sparsam dosiert verwenden. 

Kinderarzt-Tipps für Durchfall bei Babys

Heftiges Erbrechen und Durchfallattacken

Rotaviren verursachen bei den erkrankten Kindern eine Menge Pein: Bauchschmerzen, Übelkeit und heftiges Erbrechen, gefolgt von schleimig-wässrigen, übelriechenden Durchfällen, die in selteneren Fällen auch blutig sein können. Beides tritt häufig mehrmals hintereinander auf und kann auch von Fieber begleitet sein. In der Regel dauert der Brechdurchfall insgesamt zwei bis sechs Tage; nach acht Tagen werden normalerweise keine Viren mehr ausgeschieden. 

Flüssigkeit und Elektrolyte jetzt lebenswichtig

Bei einem normalen Verlauf ohne hohes Fieber können Eltern eine Behandlung mit Hausmitteln versuchen, sobald das Erbrechen nachlässt. „Um den Magen zu beruhigen, sollten die Kleinen zunächst nicht essen“, empfiehlt der Kinderarzt. „Umso wichtiger ist die Flüssigkeitsversorgung, denn durch das Erbrechen und die Durchfälle verlieren die Kinder Wasser und lebenswichtige Mineralstoffe wie Natrium, Kalium, Magnesium, Kalzium, Sulfat und Phosphat. Wenn die Diarrhö nachgelassen hat, dürfen die kleinen Patienten wieder anfangen zu essen – natürlich nur leichte Kost, wie Haferschleim, Bananen-, Kartoffel- oder Reisbrei.“

Kein Cola!

Elektrolytlösungen aus der Apotheke helfen den Flüssigkeits- und Mineralhaushalt wieder auszugleichen. „Eine solche Lösung können Eltern aber auch leicht selbst anrühren: Ganz einfach den Lieblingskräutertee des Kindes mit einem Teelöffel Traubenzucker und einer Prise Salz vermengen“, so Dr. Kahl. „Wichtig ist, dass die Flüssigkeit in kleinen Mengen, aber stetig über mehrere Stunden verabreicht wird. Babys sollten über zwei Stunden hinweg alle zehn Minuten zehn Milliliter davon bekommen, bei größeren Kindern darf es natürlich mehr sein“, empfiehlt der Sprecher des Ausschusses Prävention und Frühtherapie beim Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte e. V. „Auch wenn es für die Eltern extrem anstrengend sein kann, weil die Kleinen so krank und erschöpft sind, dass sie den Mund nicht aufmachen wollen, müssen sie dranbleiben und ihnen immer wieder ein paar Löffelchen einflößen. Wenn das nicht gelingt, muss das Kind ins Krankenhaus.“ Auf keinen Fall, so der Mediziner, dürfen die Kinder Cola gegen den Durchfall bekommen. Ebenso rät er von Medikamenten gegen Erbrechen sowie gegen Schmerzen und Fieber ab, da diese den Eltern oft fälschlich den Eindruck vermitteln, dem Kind ginge es besser.

Sicherheitshalber zum Arzt

„Je jünger die Kinder, desto mehr leiden sie unter dem Brechdurchfall – und desto größer ist auch die Gefahr des Dehydrierens“, so der Kinderarzt. „Mit einem Säugling sollten Eltern deshalb umgehend einen Arzt aufsuchen.“ Säuglinge, die gestillt werden, sollten auch während der Erkrankung weiter Muttermilch bekommen; Flaschenkinder bekommen auch weiterhin Säuglingsmilch.

Tritt keine Besserung ein oder nimmt die Krankheit einen schweren Verlauf, sollten Eltern ebenfalls unbedingt zum Kinderarzt. Denn dann belasten Elektrolytverlust und Dehydration den kleinen Körper so extrem, dass der Organismus damit nicht mehr fertig wird – und das kann lebensbedrohlich werden. Anzeichen dafür sind hohes Fieber, trockene Schleimhäute, spärlicher, dunkel gefärbter oder gar ausbleibender Urin und Apathie. „Spätestens wenn das Kind eines dieser Symptome zeigt, sollten Eltern mit ihm zum nächsten Kinderarzt oder notfalls in die Ambulanz einer Klinik. Denn dann besteht die Gefahr, dass es zu Krämpfen oder gefährlichem Nierenversagen kommen kann“, warnt Dr. Kahl. Der Arzt sorgt dann dafür, dass das Kind eine Infusion bekommt und entscheidet, ob eine ambulante Behandlung möglich ist oder ob der kleine Patient ins Krankenhaus muss – das ist bei fast 50 Prozent der betroffenen Kleinkinder erforderlich. 

Impfung und Immunisierung

Damit es so weit gar nicht erst kommt, können Eltern ihre Kleinen auch gegen Rotaviren-Infektionen impfen lassen. Auch wenn in Deutschland – anders als in vielen Entwicklungsländern – kein Kind an einem Rotaviren-Infekt sterben muss, empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) des Bundesgesundheitsamts eine Impfung für alle gesunden Säuglinge ab sechs Wochen. Viele gesetzliche Krankenkassen übernehmen die Kosten dafür – im Zweifel am besten nachfragen. Je nach Impfstoff erhalten die Kleinen im Abstand von wenigstens vier Wochen zwei bis drei Dosen als Schluckimpfung. „Spätestens in der 26. Lebenswoche sollte die Impfung abgeschlossen sein“, so Dr. Kahl. „Danach wächst das Impfrisiko einer Invagination (Einstülpung) des Darms, die zu einem Darmverschluss führen kann.“

Einen hundertprozentigen Schutz vor einer durch Rotaviren verursachten Magen-Darm-Infektion bietet jedoch auch die Impfung nicht – dazu gibt es zu viele verschiedene Erreger. Aber sie verhindert, dass es zu einem schweren, lebensbedrohlichen Verlauf kommt. Davor sind übrigens auch Kinder gefeit, die bereits eine Infektion durchgemacht haben. Spätestens nach einer zweiten Erkrankung besitzen rund 85 Prozent von ihnen einen Immunschutz vor verschiedenen Rotavirentypen. Sie können zwar noch daran erkranken, aber die Symptome sind dann nur sehr leicht ausgeprägt. Vor Noroviren oder bakteriell verursachtem Brechdurchfall sind sie allerdings nicht sicher, denn hier gibt es keinen Immunschutz.  

Weitere Informationen

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