Erfahrungsbericht

Unser Schulkind macht noch ins Bett

Kurz vor der Einschulung stand zum Abschied eine Übernachtung in der Kindergartengruppe an, und erstmals schämte sich Julian für seine Windel. Wie er und seine Eltern es schafften, das nächtliche Einnässen ohne Stress zu beenden, schildert dieser Erfahrungsbericht.

Autor: Klara Schneider*
Junge Bett nachdenklich
Foto: © Panthermedia, Monkeybusiness Images

Tagsüber trocken, aber nachts…

Julian* war stets ein fröhliches Kind, nicht unbedingt das schnellste, aber meist ruhte er in sich und ließ sich von niemandem leicht aus dem Konzept bringen. Als er mit drei Jahren in den Kindergarten kam, trug er noch eine Windel. Gerade bei Jungs nicht selten, beruhigte uns die Erzieherin. Und schon wenige Wochen später brauchte Julian die Windel tagsüber nicht mehr: Die kleinen Kindertoiletten waren einfach zu einladend, die Toiletten-Besuche der anderen Kinder zu interessant gewesen. Da bis hierher alles so unkompliziert verlaufen war, machten wir uns auch keinerlei Sorgen, als Julian auch mit fünf Jahren nachts noch eine Windel benötigte.

Übernachtung in der Gruppe – was tun?

Als es aber auf seinen sechsten Geburtstag zuging und die Windel noch immer jeden Morgen nass war, machte ich mir erste Gedanken. Bald war zum Abschied vom Kindergarten eine gemeinsame Übernachtung in der Gruppe geplant, und nun tauchte erstmals die Frage auf: und nachts? Was bisher kein Problem war, machte Julian nun erstmals Sorgen. Eine Windel kam für ihn nicht infrage. Glücklicherweise gibt es inzwischen ansprechend designte Windelhosen, auch für größere Kinder, und für eine solche entschied sich Julian dann zur Kindergartennacht. Alles ging gut, keiner machte eine unpassende Bemerkung. Trotzdem war bei Julian nun die Unbefangenheit weg. Nachdem er inzwischen als stolzes Schulkind mit Schultüte losmarschiert war, wünschte er sich nichts sehnlicher, als nun auch nachts ein großes Kind zu sein und keine Windel mehr zu benötigen. Zunächst stellten wir also um auf die bunten großen Windelhosen, extra für Jungs. Das stellte für ihn bereits einen ermutigenden Schritt dar, weg von der „Baby-Windel“, wie er sie nannte.

Sonnenkalender ohne Sonnenschein

Dann sprachen wir mit dem Kinderarzt. Organisch war bei Julian alles ok, was sich auch daran zeigte, dass er tagsüber absolut zuverlässig trocken war. Zunächst führten wir einen Sonnenkalender. Für jede trockene Nacht sollte er eine Sonne eintragen dürfen – für manche Kinder bereits genug Motivation, wie uns der Arzt erklärte. Für Julian aber der reine Frust: Es gab keine trockene Nacht, nicht eine einzige. Also ließen wir den „Entmutigungs“-Kalender schnell wieder bleiben und entschieden uns für eine mechanische Weckhilfe. Das kleine Gerät in der Form einer bunten Plastikmaus wurde einfach am Schlafanzugoberteil befestigt, daran befand sich ein Kabel mit einem Fühler, der in der Unterhose angebracht wurde. Dieser Fühler reagiert auf Feuchtigkeit und die kleine Maus fängt an, laut zu piepsen, wenn nachts die ersten Tröpfchen in die Hose gehen. Julian fand das alles sehr spannend und machte begeistert mit.

Erfolg durch eine Weckhilfe?

Die erste Nacht schlief ich bei ihm im Zimmer. Als der schrillend laute Alarm losgeht, tastet Julian in seiner Schläfrigkeit zunächst vergeblich nach dem Ausknopf, ich springe auf, hektische Betriebsamkeit im Kinderzimmer. Endlich haben wir den Ausknopf entdeckt, Julian rennt ins Badezimmer und macht erstmals nachts ein wenig Pipi in die Toilette. Nachdem die Unterhose gewechselt und der Sensor wieder darin befestigt ist, schläft Julian weiter, zufrieden und trocken, bis zum nächsten Morgen. Ein vielversprechender Start. Fünf weitere Nächte lang wiederholte sich dieses Spiel. Am siebten Abend weinte Julian plötzlich. Er wolle das Ding nicht mehr tragen, immer dieser Lärm in der Nacht, immer dieses schlimme Erschrecken, mitten aus dem Schlaf heraus. Dann das Aufspringen-Müssen. Und dann doch immer schon ein wenig Nass in der Hose. Was tun? Wir waren verunsichert, erinnerten uns daran, dass manche diese Behandlung auch abgebrochen haben, dass Sauberkeitserziehung doch möglichst stressfrei stattfinden soll, ohne Druck. Also vereinbarten wir mit Julian eine Nacht Pause. Zufrieden zog er noch einmal eine Windelhose an und schlief entspannt wie ein Murmeltier.

Einnässen – endlich auch für uns Vergangenheit

Am nächsten Abend machten wir mit der Klingelhose weiter. Und nun geschah fast ein kleines Wunder. Die ganze Nacht blieb es still. In den Morgenstunden wurden mein Mann und ich ständig wach und hegten bereits den Verdacht, wir hätten vergessen, den Sensor zu aktivieren. Doch der morgendliche Höschen-Test förderte einen anderen Grund zutage: Darin nichts als Trockenheit. Julians erste ganz trockene Nacht seines Lebens. Mit von Stolz geschwellter Brust und um gefühlte zehn Zentimeter gewachsen erschien unser inzwischen sechsjähriges Schulkind an diesem Morgen am Frühstückstisch. Und auch wir waren ein wenig stolz, unserem Bettnässer, der bereits das Lesen lernte, durch einfache Mittel und ohne größeren Druck zu diesem wichtigen Entwicklungsschritt verholfen zu haben.

Noch fünf Wochen trug Julian den Weckapparat und hie und da auch eine Windelhose. Aber es kam nur noch zwei Male vor, dass es nachts piepste. Seitdem ist das nächtliche Einnässen ein Thema, das auch wir getrost abhaken können.

*Namen von der Redaktion geändert