Im Ausland zum Wunschkind?
Viele Paare, die ungewollt kinderlos sind, nehmen enorme Anstrengungen auf sich, um ihren Traum nach dem ersehnten Kind endlich zu erfüllen. Doch die deutschen Gesetze sind streng, die Behandlungen teuer. Lohnt sich dann der Weg ins Ausland?
Künstliche Befruchtung im Ausland: Welche Methoden gibt es?

Durch künstliche Befruchtung wurden im Jahr 2014 in Europa mehr als 146.000 Kinder geboren, wie die Europäische Gesellschaft für Reproduktions- und Embryonalmedizin (ESHRE) ermittelt hat. Am häufigsten werden in Europa die Methoden ICSI (336.123) und IVF (123.809) praktiziert und die Erfolgsquote dieser Verfahren lag europaweit im Durchschnitt bei 35 Prozent. Die meisten Behandlungszyklen (109.275) wurden in dem Jahr in Spanien durchgeführt, in Deutschland waren es 81.177.
Das Embryonenschutzgesetz regelt, was in der deutschen Reproduktionsmedizin erlaubt ist und was nicht. Im Ausland eröffnen liberalere Richtlinien ganz andere Möglichkeiten für kinderlose Paare. Wir geben einen Überblick über Methoden, die in Deutschland verboten bzw. nur eingeschränkt erlaubt sind:
Eizellen-Spende
Für Frauen ohne fruchtbare Eizellen kann sich der Wunsch nach einer Schwangerschaft erfüllen, wenn sie sich gespendete Eizellen einsetzen lassen. Die Spenderin unterzieht sich vorab einer Hormontherapie, nach der Eizellentnahme werden diese mit dem Samen des Mannes befruchtet und der Empfängerin eingesetzt. Erlaubt ist diese Methode unter anderem in Spanien, Belgien, Frankreich, Ukraine, Tschechien, USA und Griechenland. Deutschland, Italien, Österreich und die Schweiz verbieten dieses Verfahren aus ethischen Gründen. Doch die Behandlung ist nicht billig, je nach Land kostet sie insgesamt etwa 3.000 bis 15.000 Euro.
Embryonen-Spende
Im Gegensatz zur Eizellspende wird die entnommene Eizelle mit einem Spendersamen befruchtet. Sie bietet eine Chance für Paare, die weder brauchbare Samen noch Eizellen bilden können. Deutschland, Italien, Österreich, Schweiz und Norwegen verbieten dies, legal ist es beispielsweise in Tschechien, Spanien, Belgien, Großbritannien. Die Kosten variieren je nach Land und liegen etwa gleichauf mit der Eizellspende.
Leihmutter
Kann eine Frau kein Kind austragen, erwägt sie vielleicht eine Leihmutterschaft. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten: die Eizelle kann von der kinderlosen Frau stammen, die kein Kind austragen kann (partielle Leihmutterschaft) oder es wird eine Eizelle der Leihmutter verwendet (volle Leihmutterschaft). Die Befruchtung kann im Reagenzglas, durch Samenübertragung oder auch durch Geschlechtsverkehr stattfinden, entweder mit Spenderspermien oder mit dem Samen des zukünftigen Vaters. Problematisch dabei ist vor allem die Frage, wer rechtlich gesehen die Mutter des entstehenden Kindes ist. In Deutschland ist es diejenige, die das Baby gebiert. Im EU-Ausland wird diese Frage aber ganz unterschiedlich gehandhabt. Hierzulande ist die Leihmutterschaft verboten, sogar die öffentliche Suche und Vermittlung ist untersagt. Ebenfalls illegal ist diese Methode in Österreich, Dänemark oder der Schweiz. Erlaubt ist es beispielsweise in Belgien, Griechenland, Russland, USA oder Niederlande. Welche Kosten auf das kinderlose Paar zukommen, ist je nach Land und Methode sehr unterschiedlich und muss vorab individuell geklärt werden.
Präimplantationsdiagnosik (PID)
Die Zellen eines Embryos können vor der Einpflanzung in die Gebärmutter auf schwere Gendefekte untersucht werden. In Deutschland ist die PID in Ausnahmefällen erlaubt, wenn eine schwerwiegende Erbkrankheit oder eine Totgeburt als wahrscheinlich eingestuft werden. Doch die PID ist nicht ohne Risiko, denn die Zellentnahme kann später zu Entwicklungsverzögerungen führen. In Ländern wie Belgien, Polen, USA oder Schweden darf die PID auch bei nicht vorbelasteten Paaren durchgeführt werden. Die Untersuchung kostet rund 2.000 Euro (plus die jeweiligen Summen für die eigentliche künstliche Befruchtung).
Blastozysten-Transfer
In der Regel werden die Embryonen nach etwa zwei Tagen in die Gebärmutter eingesetzt, doch lässt man sie länger reifen (etwa bis zum fünften Tag nach der Follikelpunktion) erreichen sie im Optimalfall das Blastozystenstadium. Durch die verlängerte Kultur erhofft man sich höhere Chancen auf eine Schwangerschaft, denn nur die „besten“ Embryonen entwickeln sich überhaupt erst so weit. Doch für dieses Verfahren müssen von Anfang an genügend Eizellen zur Verfügung stehen, was bei vielen Kinderwunsch-Paaren nicht gegeben ist. In Deutschland ist die Methode erlaubt, jedoch ist die Anzahl der Blastozysten, die man heranreifen lässt, begrenzt. Manche deutschen Ärzte kultivieren nur drei Embryonen, andere auch vier bis fünf (in der Annahme, dass nur etwa zwei bis drei das Blastozystenstadium erreichen). Rechtlich ist die maximale Anzahl nicht eindeutig geklärt, doch es dürfen keine Embryonen in Vorratshaltung entstehen (also deutlich mehr, als später transferiert werden würden). Im Ausland dürfen im Extremfall alle Eizellen kultiviert werden, was bei manchen Paaren die Chancen auf eine erfolgreiche Einnistung erhöht. Überzählige Embryonen werden konserviert und können gegebenenfalls für einen erneuten Versuch verwendet werden. Doch ob die verlängerte Kultur mehr Schaden zufügt als nützt, ist nicht eindeutig belegt und deshalb unter Reproduktionsmedizinern sehr umstritten. Zusätzlich zu den Kosten für die künstliche Befruchtung entstehen durch den Blastozystentransfer rund 400 bis 700 Euro.
Die Samenspende
In Deutschland darf eine Behandlung mit gespendetem Sperma nur bei heterosexuellen Paaren durchgeführt werden. Lesbische Paare, die eine eingetragene Lebenspartnerschaft führen, werden jedoch in manchen deutschen Kliniken ebenfalls behandelt. Alleinstehenden Frauen bleibt nur der Weg ins Ausland. Die homologe Insemination (Spermien stammen vom Partner) ist in Deutschland, Österreich oder Italien zugelassen. Die Befruchtung mit fremden Spenderspermien (donogene bzw. heterologe Insemination) ist in Deutschland zwar zugelassen, wird allerdings nicht von den Krankenkassen bezuschusst. Rechtlich ist diese Methode problematisch, da die Anonymität des Spenders nicht gewährleistet ist. Denn in Deutschland hat man das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung. Auch Fragen zur Unterhaltspflicht oder Vaterschaftsanerkennung können im Nachhinein problematisch werden. Durchführen lässt sich eine Samenspende privat oder in Kliniken. Übrigens dürfen alleinstehende Frauen durchaus selbst eine Insemination vornehmen, wer ihnen dabei hilft, macht sich jedoch strafbar.
Kostenübernahme im Ausland
Die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland übernehmen die Kosten für künstliche Befruchtung im Ausland zu den gleichen Bedingungen wie für Therapien, die in Deutschland durchgeführt werden. Für maximal drei Versuche werden je nach Kasse und Methode rund 50 Prozent erstattet, jedoch nur bei verheirateten Paaren im erstattungsfähigen Alter (Frau zwischen 25 und 40 Jahre, Mann zwischen 25 und 50 Jahre alt). Dies gilt allerdings nur für Therapien, die mit dem deutschen Embryonenschutzgesetz vereinbar, also auch hierzulande erlaubt sind. Unverheiratete Paare können eine Behandlung, die in Deutschland vorgenommen wird, steuerlich absetzen. Wenn sie es im Ausland versuchen, besteht diese Möglichkeit nicht. Von privaten Krankenkassen wird die Erstattung ausländischer Therapien unterschiedlich gehandhabt und muss individuell angefragt werden. Ein Trauschein ist bei den privaten Kassen meist nicht zwingend nötig, übernommen werden oft bis zu 100 Prozent, wenn die Gründe für die Kinderlosigkeit medizinisch belegt sind. Strafbar machen sich Frauen übrigens nicht, wenn sie im Ausland eine Behandlung vornehmen lassen, die in Deutschland verboten ist.
Höhere Erfolgsraten und niedrigere Kosten?
Die weit verbreitete Meinung, dass Kinderwunschbehandlungen im Ausland erfolgversprechender und zudem deutlich günstiger seien, lockt viele Paare mit Kinderwunsch über die Grenzen - auch für Therapien, die hierzulande erlaubt sind. Der Vorsitzende des BRZ (Bundesverband Reproduktionsmedizinscher Zentren Deutschlands), Dr. Ulrich Hilland, hat zu Auslandsbehandlungen eine klare Meinung: „Es gibt nur eine einzige Therapie, die im Ausland tatsächlich erfolgreicher ist: Die Eizellspende, weil sie in Deutschland verboten ist. Alle anderen Behandlungen sind, wenn man sie mit dem deutschen IVF-Register vergleicht, nicht erfolgreicher im Ausgang als bei uns.“ An den vermeintlich höheren Erfolgsraten zweifelt Dr. Hilland: „Was ist überhaupt ein Erfolg? Die Schwangerschaft oder die Geburt? Was wird hier gezählt? Jeder Behandlungszyklus? Dadurch kommt man auf ganz andere Zahlen, die man vielfach bei veröffentlichten Daten gar nicht nachvollziehen kann.“ Tatsächlich ist die Datenerfassung nirgends so exakt wie in Deutschland, hierzulande sind diese nicht manipulierbar, was im Ausland jedoch nicht gewährleistet ist. Wenn zudem die Behandlungen unterschiedlich gezählt und gewertet werden, kommen natürlich völlig andere Erfolgsraten zustande.
Die Kosten sind schwer zu vergleichen
Der erfahrene Reproduktionsmediziner Dr. Hilland warnt auch davor, sich von vermeintlich günstigeren Angeboten locken zu lassen: „Bei der Frage nach den Kosten wird häufig vergessen, dass auch Fahrt- und Hotelkosten entstehen. In Deutschland ist die IVF-Behandlung ja relativ preiswert, sie kostet zu Lasten der Krankenkasse etwa 1.000 Euro (die reine medizinische Behandlung, ohne Medikamente). Etwa zur Hälfte sind diese vom Patienten zu bezahlen. Im Ausland kommen sie damit in der Regel deshalb nicht hin, weil dort Verfahren eingesetzt werden, die in Deutschland verboten sind. Beispielsweise zehn Embryonen entstehen zu lassen ist ganz gewiss nicht mit dem Embryonenschutzgesetz in Einklang zu bringen - und dann zahlen es die Krankenkassen auch nicht.“
Wenn es nach zwei gescheiterten Versuchen in Deutschland dann beim dritten Mal im Ausland klappt, steckt natürlich auch eine große Portion Glück dahinter, gibt Dr. Hilland, ärztlicher Leiter des Fertility Center Münsterland, zu bedenken: „Es gibt Frauen, die sofort beim ersten oder zweiten Mal schwanger werden, und bei manchen klappt es erst beim fünften oder sechsten Mal. Es kommen auch Frauen zu mir, bei denen große Zentren erfolglos behandelt haben, und sie werden bei mir sofort schwanger. Trotzdem habe ich nicht den Stein der Weisen gefunden, da ist auch eine Menge Glück dabei. Es geht ja nicht um die Reparatur eines Fahrzeuges, auch wenn das vielfach suggeriert wird. Durch verschiedene Diagnostik (zum Beispiel Blastozystentransfer) kann man zwar eine höhere Schwangerschaftsrate, nicht aber eine höhere Geburtenrate erzielen.“
Der Weg hat sich gelohnt – zwei Mütter erzählen
Ob sich der Gang über die Grenzen wirklich lohnt, lässt sich natürlich nicht pauschal sagen. Das ist immer abhängig von der jeweiligen Situation des kinderlosen Paares. Zwei Mütter haben das Abenteuer gewagt, und ihr Glück im Ausland gefunden.
urbia-Userin „wolkenkind12“ bereut ihre Entscheidung nicht. Monatelang versuchten sie und ihr Partner auf natürlichem Wege schwanger zu werden, doch die Spermienqualität war einfach zu gering. Um dem Glück auf die Sprünge zu helfen, wandten sie sich direkt an ein Kinderwunschzentrum in Österreich: „Wir hatten einfach zu viele Geschichten gehört und gelesen, dass es in Deutschland ewig dauert bis es `los geht´ und dann auch erst mit Inseminationen etc. Die Privatkasse meines Mannes übernahm die Kosten für fünf Versuche in Österreich. Auf Wunsch bekam ich nach fünf Tagen zwei Blastozysten eingesetzt, wovon sich einer festbiss. Wir hatten eine tolle Schwangerschaft, keine Komplikationen und eine normale Geburt. Die Klinik war Tag und Nacht erreichbar für uns, die Betreuung war sensationell und familiär.“
Zwillinge per Eizellenspende
Bei Larissa stellte sich das Glück nicht ganz so schnell ein, die damals 42-Jährige wurde auch durch drei anstrengende ICSI-Behandlungen nicht schwanger, was sie in der schlechten Qualität ihrer Eizellen begründet sah. Doch sie wollte nicht aufgeben: „Der Plan B, die Eizellspende, reifte bereits während der dritten Behandlung, da ich relativ früh spürte, dass es wieder nicht geklappt hat. Das Thema Eizellspende war für uns von Beginn an positiv besetzt, da sie für uns eine neue Möglichkeit eröffnete. Unsere deutsche Ärztin hat uns unterstützt und begleitet, auch wenn sie damit gewisse Risiken einging.“ Nach eigener Internet-Recherche stieß das Paar auf eine Klinik in Barcelona, die einen kompetenten Eindruck vermittelte: „Dieser Eindruck hat sich beim ersten Besuch bestätigt, wir fühlten uns von der jungen, deutschsprachigen Ärztin und dem Klinikpersonal sehr gut begleitet. Der Kostenvoranschlag wurde bei beiden Versuchen, wir hatten einen Fehlversuch, genau eingehalten. Ohne Flug, Unterkunft und Verpflegung lagen diese bei etwa 5.500 Euro.“
Die genetische Mutter ist immer im Hinterkopf
Larissa erzählt, dass man sich den „Typ“ der Spenderin nicht aussuchen darf, was eine Auswahl nach ästhetischen Aspekten verhindern soll. „ Aber die Klinik hat unsere Daten erfasst und ist gesetzlich verpflichtet, eine Spenderin zu wählen, die zu uns passt. Interessanterweise sehen viele, die unseren Weg nicht kennen, Ähnlichkeiten zwischen den Kindern und mir. Wir lassen das immer so stehen und ich freue mich über solche Gespräche.“ Dass die Zwillinge eine genetische Mutter haben, war dem Paar zu jeder Zeit bewusst, doch dies spielte kaum eine Rolle für die beiden. Im Vordergrund steht das grenzenlose Glück über dieses Geschenk: „Die Kinder sind meine, wir waren über Monate verbunden, ich habe sie zur Welt gebracht. Ich liebe sie seit dem ersten Ultraschall und nach der Geburt ist dieses unglaublich tiefe Gefühl kontinuierlich gewachsen.“ Ganz aus dem Hinterkopf bekommt Larissa die fremde Eizellspenderin jedoch nicht: „Die genetischen Aspekte kommen uns in den Sinn, wenn es um vererbbare Krankheiten geht, um Ähnlichkeiten, Talente, Begabungen, Vorlieben. Natürlich weiß man auch bei anderen Kindern nicht, wie sie sich entwickeln und welche Anlagen sich durchsetzen. Der gefühlte Unterschied liegt wohl darin, dass man beide Elternteile kennt.“
Auslands-Adoption
Ein deutsches Kind zu adoptieren ist nicht einfach, oft mit langen Wartezeiten verbunden und nur unter zahlreichen Voraussetzungen möglich. Oft scheitern Paare bereits an der Altersgrenze. Eine Adoption im Ausland kann dann eine Alternative sein.