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Ammenmärchen

Sind dicke Männer weniger fruchtbar?

Rund ums Kinderkriegen ranken sich viele (vermeintliche) Ammenmärchen, Mythen und Legenden. Eine davon ist, dass dicke Männer schlechtere Spermien haben als schlanke und deshalb weniger fruchtbar sind. Ob das stimmt oder nicht, erfährst du hier.

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Durch Fettzellen weniger männliche Hormone

Es stimmt also: Dicke Männer haben im Vergleich zum Durchschnitt oft weniger Spermien, mehr veränderte Spermien oder weniger bewegliche Spermien. Vereinfacht gesagt, hängt die schlechtere Spermienqualität mit erschwerten Produktionsbedingungen zusammen. Für die Herstellung von Samenzellen in den Hoden ist das Testosteron verantwortlich. Dieses Hormon hat es in fettleibigen Männern aber schwer, zum Zug zu kommen, denn Fettzellen enthalten ein Enzym, das Testosteron in Östrogen umwandelt – und je mehr Fettzellen, desto weniger Testosteron im Umlauf. Also fehlt es an Motoren für die Spermienproduktion, so dass dicke Männer weniger Spermien herstellen.

Fettpolster überhitzen die Hoden 

Dazu kommt, dass Fettpolster bei dicken Maenner nicht selten auch die Hoden stärker einhüllen. Was nach einem praktischen Schutz klingt, ist leider ein Manko: Hoden brauchen nämlich einen „kühlen Kopf“, d.h. eine Temperatur von etwa 35 Grad Celcius. Gut gepolstert leiden die Hoden unter dauerhafter „Überhitzung“ – und fahren die ohnehin eher nur auf Sparflamme laufende Produktion noch weiter herunter.

Spermien, die es auf die Welt geschafft haben, sind längst nicht sicher über den Berg, sondern müssen in der anschließenden Reifezeit ihr Potenzial vielleicht noch in einem harten Überlebenstraining beweisen:

Aus flinken Flitzern werden schlappe Couchpotatoes

„Erwachsen“ werden die Spermien in den Nebenhoden. Hier tanken sie in aller Ruhe Kraft (Proteine), um fit und mobil für die Reise zur Eizelle zu werden. Die Nebenhoden fettleibiger Männer sind aufgrund eines Enzymmangels aber offenbar weniger funktionstüchtig und können den Spermien keine idealen Reifebedingungen bieten. Deshalb verändern sich wohl eine Reihe Proteine der Spermien. Das kann sich auf ihre Form auswirken und auf ihre Beweglichkeit – statt flinke Flitzer werden sie schlappe Couchpotatoes, denen auf dem Weg zum Ei die Luft ausgehen kann.

Wann ist ein Mann zu dick?

Schlechte Spermien werden in der Regel im Zusammenhang mit dem Body Mass Index (BMI) erklärt – über 25 gilt man/Mann als übergewichtig, über 30 als fettleibig (adipös); je höher der BMI, desto dünner wird die Luft für die Spermienqualität. So sagt eine Studie, bei einem BMI ab 25 sind 10 Prozent, ab 30 schon 20 Prozent Spermien weniger beweglich. Eine andere Studie gibt einen generellen Durchschnittswert von 25 Prozent weniger Beweglichkeit ab einem BMI über 25 an.

Manche Wissenschaftler weisen darauf hin, dass der entscheidende Faktor nicht der BMI sei, sondern die konkrete Verteilung des Fettes am Körper (vornehmlich am Bauch), die sich aus Taillenumfang geteilt durch Körpergröße errechnen lässt. Kritisch würde es ab einem Wert von 0,5.

Was macht gesunde Spermien aus?

Gesunde Spermien zeigen sich an ihrer Quantität (Menge, Konzentration) und Qualität (Form, Beweglichkeit). Als normal/gesund gilt (laut WHO-Laborhandbuch 2010):

  • Menge: pro Milliliter Ejakulat mindestens 15 Mio. Spermien
  • Vitalität: mindestens 58 Prozent der Spermien sollten leben
  • Beweglichkeit: min. 40 Prozent aller Spermien sind munter und agil, 32 Prozent vorwärts beweglich
  • Form: ab 4 Prozent aufwärts sollten die Normalform Kopf – Mittelstück –Schwanz haben
  • Tagesproduktion: durchschnittlich mindestens 40 Mio. Spermien täglich 
  • Ejakulat: als normale Menge gelten ab 1,5 ml Ejakulat aufwärts
    (Text: Kathrin Wittwer)