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Studie von pro familia

Wann die Pille versagt

Wie kommt es zu ungeplanten Schwangerschaften?, fragten sich Mitarbeiter von pro familia-Köln. Ihre Studie brachte Überraschendes zu Tage. Am häufigsten passierten Verhütungspannen mit dem Kondom - und mit der Pille.

Autor: Petra Fleckenstein

Studie über Verhütungs-Pannen

Frau mit Pille
Foto: © iStockphoto.com/ katielittle25

Im Jahr 2008 wurden dem Statistischen Bundesamt rund 114 500 Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland gemeldet. Weit über diese Zahl hinaus dürfte die Anzahl ungeplanter und zunächst ungewollter Schwangerschaften gehen, die doch ausgetragen wurden. Bei weitem die Mehrheit der Schwangeren befand sich in einem Alter, in dem ausreichende Informationen und ein erfahrener Umgang mit Verhütungsmitteln angenommen werden dürfen. Warum kommt es in Zeiten so zuverlässiger Verhütungsmittel wie Pille und Spirale noch immer so häufig zu ungewollten oder zumindest ungeplanten Schwangerschaften? Ist die Leidenschaft doch immer wieder stärker als der Verstand? Werden Verhütungsmittel im Eifer des Gefechts gar nicht erst angewandt?

Diese Fragen waren Anlass einer Studie, in deren Rahmen die pro familia- Beratungsstelle Köln 1000 ungewollt schwangere Frauen und Paare befragte. Überraschendes Ergebnis: Nicht übermäßige Leidenschaft und das Weglassen von Verhütungsmitteln, sondern Anwendungsfehler sind die häufigste Ursache für ungewollte Schwangerschaften. Besonders die als fast hundertprozentig sicher geltende Antibabypille ist fehleranfälliger als gemeinhin angenommen. Denn die Pille ist zwar von hoher Sicherheit, wenn sie richtig eingenommen wird, aber sie erfordert eine hohe Disziplin im Alltag und - was zu wenige wissen: Sie ist störanfällig. Besonders das Versagen der Pille bei Erbrechen, Durchfallerkrankungen und durch die gleichzeitige Einnahme anderer Medikamente ist zu vielen Frauen nicht bewusst.

Wirkung der Pille bei Durchfall und Antibiotika-Einnahme

Ein Problem sind dabei die endlos langen Beipackzettel, die so Dr. Sabine Földi von pro familia Köln, "häufig gar nicht bis zum Ende gelesen werden". Würden sie das, so müssten Frauen eigentlich darüber Bescheid wissen, dass besonders Durchfall und Erbrechen die Aufnahme der Pille und damit ihre Wirkung verhindern können. Aber auch über mögliche Wechselwirkungen mit Medikamenten wird in den "Waschzetteln" informiert. So schwächen beispielsweise manche Antibiotika die Wirkung der Pille ab und es kann trotz korrekter Einnahme zu einer Schwangerschaft kommen. Dies gilt auch für den pflanzlichen Stimmungsaufheller Johanniskraut und für manche Beruhigungsmittel und Antidepressiva. Auch Medikamente gegen Krampfanfälle (Antiepileptika) können zum Versagen der Pille führen. Um Frauen auf diese Wechselwirkungen aufmerksam zu machen, wird nun probeweise in einigen Kölner Apotheken zusätzlich zur Pillenpackung ein Informationsblatt verteilt.

Ein weiteres Ergebnis der Studie, das weniger überascht: Die meisten Verhütungspannen passierten mit dem Kondom. Besonders häufig rutschte das Kondom beim Herausziehen nach dem Samenerguss ab, der zweithäufigste Fehler war das Reißen des Kondoms. Dies ist ein Hinweis auf die Benutzung einer ungeeigneten Kondomgröße, so Andreas Rothkegel von pro familia Köln. "Reißen deutet auf ein zu kleines , Abrutschen auf ein zu großes Kondom hin." Weitere Fehlerquellen bei der Benutzung des Kondoms sind das Überstreifen des Kondoms in der falschen Abrollrichtung und die Verwendung eines ungeeigneten Gleitmittels. Denn Öl- und fetthaltige Gleitmittel wie Babyöl und Vaseline zersetzen Latexkondome. Gefährlich wird es auch, wenn Paare das Kondom nicht von Anfang an benutzen, da bereits vor der Ejakulation so genannte Lusttröpfchen austreten können, und wenn es nach dem Geschlechtsverkehr und dem Abstreifen des Kondoms zu Berührungen im Genitalbereich kommt.

Als besonders sichere Verhütungsmethode, da sie kaum Anwendungsfehler zulässt, hat sich in der Studie übrigens die Spirale erwiesen. Die wird im Bevölkerungsquerschnitt allerdings nur von zwölf Prozent der Frauen benutzt.

Zum Weiterlesen: Der ausführliche Studienbericht ist zu finden auf der Web-Seite von pro familia Köln-Zentrum unter dem Stichwort Veröffentlichungen: Hier klicken.

pro familia bietet online – wie auch in den Beratungsstellen vor Ort – Information und Beratung bei allen Fragen und Problemen zu Partnerschaft, Sexualität, Familienplanung und Schwangerschaft. www.profamilia.de