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Studie

Schlechte Noten durch Fernsehen und PC

Je mehr Zeit Kinder am Computer oder Fernseher verbringen und je gewaltsamer die Inhalte sind, desto schlechter die Schulleistungen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen.

Autor: Petra Fleckenstein

Je mehr Medienkonsum, desto schlechter die Schulnoten

Maedchen liegend Fernseher

Die Nachricht klingt bereits bekannt, dennoch scheinen immer wieder Studien nötig zu sein, damit die Ergebnisse schließlich auch in breiten gesellschaftlichen Kreisen wahrgenommen werden: "Zu viel Medienkonsum macht dick, dumm, krank, traurig und vielleicht auch aggressiv", so brachte Christian Pfeiffer, Leiter des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen jetzt auf den Punkt, was eine seit 2004 laufende Untersuchung über den Medienkonsum von 17.000 Neuntklässlern und 5.500 Viertklässlern einmal mehr ergeben hat. "Die Pisa-Verlierer - Opfer ihres Medienkonsums" betitelten die Forscher ihre Studie, da sie das Profil der Schüler, die bei Pisa besonders schlecht abgeschnitten hatten mit dem Mediennutzungsprofil der nun befragten Kinder verglichen. Und siehe da: Es ergaben sich frappierende Überschneidungen: Gerade die Gruppe der so genannten "Pisa-Verlierer", also Kinder aus sozial schwachen und bildungsfernen Familien mit Migrationshintergrund sind zugleich auch diejenigen, die durch eine besonders hohe Mediennutzung auffallen und bereits früh mit Fernsehern und Spielkonsolen im Kinderzimmer ausgestattet sind. So besitzt z.B. mehr als die Hälfte der Zehnjährigen aus einer Migrantenfamilie (51,6 Prozent) bereits ein eigenes Fernsehgerät, während dies bei deutschen Kindern nur bei knapp einem Drittel der Fall ist (31,9 Prozent). Verglichen die Forscher den Bildungshintergrund der Eltern, so sah das Ergebnis so aus: Hat mindestens ein Elternteil Abitur oder ein Studium absolviert, verfügen nur 11,3 Prozent der Kinder über eine Spielkonsole und 16 Prozent über einen eigenen Fernseher. Haben aber beide Eltern die Hauptschule besucht, besitzen ihre Kinder zu 43 Prozent eine Spielkonsole und zu 57 Prozent einen eigenen Fernseher.

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Warum macht zu viel Fernsehen dumm?

Nun könnte man natürlich sagen, die schlechteren schulischen Leistungen der Medien-Vielnutzer unter den Kindern kann ja auch mit unserem zu früh selektierenden Schulsystem oder dem anregungsärmeren familiären Umfeld in Zusammenhang stehen und muss nicht unbedingt durch häufiges Fernsehen oder Computerspielen ausgelöst sein. Diesem Einwand spürten die Wissenschaftler nach, indem sie eine statistische Kontrolle vornahmen und die schulischen Leistungen von Jungen mit gleichem, bildungsnahen familiären Hintergrund miteinander verglichen. Mit dem Ergebnis, dass auch hier diejenigen Jungen, die entwicklungsbeeinträchtigende Computerspiele spielen, schlechtere Schulnoten erzielen als die Vergleichsgruppe. Der Zeitfaktor spielt dabei eine wichtige Rolle: Je länger die tägliche Mediennutzungsdauer, desto schlechter die Noten. Aber auch die Art der konsumierten Inhalte wirkt sich auf die Noten aus: "Als stärkster Belastungsfaktor für die Schulleistungen erweist sich die Vorliebe für Mediengewalt", heißt es in der Studie.

Zusätzlich wurde der Zusammenhang zwischen dem Konsum (belastender) Medieninhalte und schlechterer Leistungen durch ein gedächtnispsychologisches Experiment untermauert. Eine Gruppe von 360 Probanden im Alter von 18 bis 25 Jahren wurde in Kleingruppen eingeteilt, die für eine bestimmte Dauer unterschiedlichen Freizeitbeschäftigungen nachgingen. Danach mussten alle Teilnehmer leichte Mathematikaufgaben lösen. Dabei zeigte sich, dass die Menschen, die Tischtennis gespielt oder eine andere nicht mediale Freizeitbeschäftigung ausgeübt hatten, eine um 50 Prozent bessere Konzentrationsleistung aufwiesen und die Aufgaben deutlich besser lösten als die Gruppen, die vorher gewalthaltige Medieninhalte konsumiert hatten. Zur Erklärung dieses Effekts wurde zum Beispiel die so genannte "Löschungshypothese" genannt. Diese besagt, dass das Ansehen von Medien, die starke Gefühle verursachen (etwa brutale Bilder), zu einer Löschung von Gedächtnisinhalten beitragen können, die erst kürzlich (in der Schule) erworben wurden und im Kurzzeitgedächtnis gespeichert waren.

Auch den oft beobachteten Zusammenhang von Dickleibigkeit und hohem Medienkonsum konnte die Studie bestätigen. So waren 27 Prozent der Kinder mit Gerätevollausstattung adipös gegenüber 11,9 Prozent der Kinder ohne eigene Bildschirmgeräte.

Als Konsequenz ihrer Ergebnisse fordern die Wissenschaftler eine breit angelegte Aufklärungskampagne der Politik mit dem Ziel, bereits den Eltern zu vermitteln: "Bildschirmgeräte gehören nicht ins Kinderzimmer." Außerdem halten die Forscher eine grundlegende Reform der Selbstkontrolle von Unterhaltungssoftware für geboten. Eine Analyse des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen zur Alterseinstufung von gewalthaltigen Computerspielen hatte ergeben, dass nur gut ein Drittel der Spiele wirklich angemessen eingestuft waren.