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Geburtstermin überschritten

Es tut sich nichts - Übertragung

Der lange erwartete Geburtstermin ist da - und es tut sich nichts. Das kommt häufiger vor, als gedacht. Ab wann spricht man eigentlich von einer Übertragung? Was bedeutet sie für Mutter und Baby - und wann muss die Geburt eingeleitet werden?

Autor: Verena Querner

Übertragung: Die meisten Babys sind unpünktlich

Paar schwanger warten
Foto: © panthermedia/wavebreakmediamicro

Neun lange Monate hast du auf diesen Termin gewartet, doch der errechnete Entbindungstermin (ET) verstreicht, ohne dass sich dein Baby auch nur mit einem kleinen Zwicken ankündigt. Übertragung ist kein Grund zur Sorge - die "normale" Geburt des Kindes kann bis zu zwei Wochen vor und zwei Wochen nach dem errechneten Termin stattfinden. Eine Umfrage an über 2.000 urbia-Userinnen ergab, dass nur neun Prozent der Kinder genau am errechneten Termin kamen, 42 kamen nach dem ET.

Ist der errechneten Geburtstermin verstrichen, findet jedoch die gesundheitliche Überwachung von Mutter und Kind in einem sehr engen Rahmen statt. In der Regel wird der Arzt, die Hebamme oder schon das Personal der Entbindungseinrichtung alle zwei Tage eine Untersuchung vornehmen.

Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe spricht übrigens erst nach der 42. SSW von Übertragung, davor ist von einer Terminüberschreitung die Rede.

Wichtig bei der Terminüberschreitung ist vor allem die Beurteilung, inwieweit die Plazenta noch in der Lage ist, das Kind ausreichend zu versorgen. Mit zunehmender Geburtsreife des Kindes fängt die Plazenta nämlich an, zu altern. Die Überwachung besteht in erster Linie aus der Überprüfung der Herzaktivität des Kindes und der Wehentätigkeit der Mutter mit dem CTG (Cardio-Toko-Graphie), sowie einer Untersuchung des Muttermunds. Ist ein CTG auffällig, wird eventuell eine spezielle Ultraschalluntersuchung (Dopplersonographie) angeordnet, bei der die Strömungen des Blutes farblich dargestellt und gemessen werden. So lässt sich eine mangelnde Durchblutung der kindlichen Gefäße oder der Gebärmuttergefäße feststellen. Um die Stoffwechselleistung der Plazenta beurteilen zu können, werden Blutanalysen vorgenommen.

Gegebenenfalls wird durch eine Amnioskopie (Fruchtwasserspiegelung) untersucht, ob das Kind noch mit allen lebensnotwendigen Stoffen versorgt wird. Arbeitet die Plazenta nicht mehr einwandfrei, färbt sich das Fruchtwasser gelb-grün. Der Fötus kann dann unter Sauerstoffmangel leiden.

Wächst das Kind in der Zeit nach dem errechneten Geburtstermin normal weiter, wird der Arzt erst nach sieben bis 14 Tagen mit dir über die Einleitung der Geburt sprechen. Stoppt die Entwicklung des Fötus oder gibt es Anzeichen für seine Unterversorgung, wird über eine künstliche Einleitung der Geburt oder eventuell auch einen Kaiserschnitt entschieden.

Wann wird Geburt eingeleitet?

In einzelnen Fällen müssen Eltern, Ärzte und Hebammen bei der Übertragung des Babys über die künstliche Einleitung der Geburt entscheiden. Dies ist immer dann der Fall, wenn

  • es Anzeichen für die Unterversorgung des Fötus gibt,
  • es bei der Mutter zu Komplikationen kommt, z.B. zu einer Gestose oder bei Diabetes,
  • die Wehentätigkeit der Mutter nicht einsetzt oder zu schwach ist,
  • die Wehen sich zu lange hinziehen, so dass die Mutter zu viel Kraft verliert,
  • der Geburtstermin deutlich überschritten ist.

Eine Geburt einzuleiten bedeutet, die Wehentätigkeit zu stimulieren. Dies geschieht entweder durch Medikamente (den sog. Wehen-Tropf), ein Zäpfchen oder Gel mit dem Hormon Prostaglandin als Einlage für die Scheide - oder indem man bei schon geöffnetem Muttermund (4-5 cm) die Fruchtblase ansticht und so den Geburtsvorgang beschleunigt. Wichtig nach der Einleitung der Geburt ist eine permanente ärztliche Kontrolle von Mutter und Ungeborenem.

Geburtsmediziner erklärt: Wann und wie wird eine Geburt eingeleitet?

Geburt mit Wehencocktail einleiten

Eine weitere Methode, eine Geburt in Gang zu bringen, bietet der sogenannte Wehencocktail. Dieses Getränk aus 2 EL Rizinusöl, Mandelmus, Aprikosensaft, Eisenkraut und Sekt soll auf eine alte ägyptische Rezeptur zur sanften Geburtseinleitung zurückgehen. Das im Rizinusöl enthaltene Rizinolsäure hat einen direkten Einfluss auf die glatte Muskulatur der Gebärmutter, das fanden Forscher in Nashville (USA) 2012 heraus.

Seine vermeintlich "sanfte" Wirkungsweise und seine Nebenwirkungen werden in der Fachwelt jedoch sehr kontrovers beurteilt. Hebammen und Ärzte warnen immer wieder, den Cocktail als harmlos anzusehen, nur weil er aus natürlichen Substanzen besteht. Als Nebenwirkungen werden unter anderem lange heftige Durchfälle, Übelkeit, die Ausscheidung des ersten Stuhls beim Ungeborenen ins Fruchtwasser und eine mangelhafte Rückbildung der Gebärmutter nach der Geburt mit gefährlichen Blutungen genannt.

Hebammen vom "Bund deutscher Hebammen" raten daher, den Wehencocktail nur dann zu benutzen, wenn

  • der Termin eindeutig überschritten ist
  • der Blasensprung schon stattgefunden hat
  • die Gebärmutter wehenbereit ist, d.h. die Frau schon eigene Wehen hat oder der Muttermund schon 2-3 cm offen ist.
  • die Einleitung unter Aufsicht (einer Hebamme oder im Krankenhaus) erfolgt

Was tun, wenn die Geburt nicht voran geht?

Alternative zum Wehentropf

Der Wehencoktail birgt jedoch nicht nur Gefahren und Nebenwirkungen, sondern bietet mitunter - richtig angewandt - eine sinnvolle Alternative zur Geburtseinleitung mittels Wehentropf mit Prostaglandinen. So wurde zum Beispiel im Rahmen einer Studie der Städtischen Frauenklinik Berg in Stuttgart der Wehencocktail mit Rizinusöl mit der Weheneinleitung durch Prostaglandine verglichen. Das Ergebnis: Bei der Gruppe Schwangerer, die einen Wehencocktail erhielt, dauerte es weniger lange bis zum Geburtsbeginn, weniger Frauen benötigten unter der Geburt Schmerzmittel und weitere wehenunterstützende Mittel. Danach ist der Wehencocktail möglicherweise durchaus eine gute Alternative zum Wehentropf, solange er unter Aufsicht eingenommen wird und die Rezepte nicht als harmlos gelten und "herumgereicht werden wie Kuchenrezepte", wie eine Hebammenschülerin in einem Forumsbeitrag schrieb.

Wehenauslöser: Sinn und Unsinn von Hausmitteln

Immer noch und immer wieder hören Schwangere gut gemeinte Ratschläge, mit denen man angeblich die Geburt vorantreiben kann - doch nicht alle halten, was sie versprechen:

  • Sex: Geschlechtsverkehr soll wehenanregend wirken, weil im Samen viel Prostaglandine enthalten sind und dabei viel Oxytocin ausgeschüttet wird. Jedoch betonen Ärzte und Hebammen, dass die Methode nur dann erfolgreich sein kann, wenn der Muttermund bereits leicht geöffnet ist
  • Brustwarzen massieren: Experten empfehlen das Massieren und Stimulieren von Brustwarzen, bei dem ebenfalls Oxytocin freigesetzt wird, Schwangeren ab der 39. Woche - sofern denn der Muttermund schon "reif" ist
  • Akupunktur: Inzwischen gibt es einige Studien, die belegen, dass bei Frauen mit Akupunktur-Behandlungen ab der 36. Woche seltener die Geburt eingeleitet werden muss
  • Spaziergänge, heiße Bäder oder Fußreflexzonenmassage: Zwar fehlen für solche angeblich geburtsfördernde Maßnahmen die wissenschaftlichen Belege, doch viele Schwangere schwören auf deren entspannende Wirkung