Schmerzlinderung während der Geburt
Ein Baby zu gebären, ist mit Schmerzen verbunden. Dank moderner Medizin sind Frauen ihnen aber nicht mehr vollkommen ausgeliefert. Ein Überblick über die Möglichkeiten der Schmerzlinderung während der Geburt.
Information, Entspannung und liebevolle Unterstützung

Vom tieferen Sinn der Geburtsschmerzen
Die Geburt eines Kindes ist mit Schmerzen verbunden. Der tiefere Sinn dieser Schmerzen lässt sich vielleicht am ehesten als Trennungsschmerz begreifen. Auch die Trennung von einem geliebten Menschen tut weh (vor allem im Herzen) und bei einer Geburt geht es ja um die Trennung einer sehr innigen Einheit. Der große Unterschied zu sonstigen Schmerzen, die ja meist ein Alarmzeichen sind, dass etwas im Körper nicht stimmt, besteht im positiven Sinn der Geburtsschmerzen. Diese Schmerzen machen dem Kind den Weg frei. "Mit jeder schmerzhaften Wehe wird die Pforte (der Muttermund) zum Erdenleben des Kindes etwas mehr geöffnet. Damit hat dieser spezielle Schmerz seine Erfüllung, seinen Sinn", heißt es dazu in der "Schwangerschaftssprechstunde" (van Leeuwen/Maris).
Geburtsvorbereitungskurse
Den Schmerz grundsätzlich anerkennen, ihm eine gewisse positive Deutung zu geben, ist bereits in wichtiger Schritt, um ihn zu ertragen. Eine wichtige Rolle im Rahmen der Schmerzbekämpfung nehmen außerdem die Geburtsvorbereitungskurse ein. Der britische Gynäkologe Dick Read wies als erster auf das Phänomen Angst – Spannung – Schmerz hin. Angst verstärkt Schmerzen. Frauen, die auf die vorbereitet sind und um die körperlichen Vorgänge wissen, können die Schmerzen häufig leichter ertragen.
Liebevolle Zuwendung und Begleitung
Von entscheidender Bedeutung ist auch die liebevolle Zuwendung der Geburtsbetreuerin. Auch diese hilft Gebärenden, mit Wehen und Geburtsschmerzen klarzukommen. Umgekehrt wird manchmal mangelnde Zuwendung in der Krankhausroutine, so die bisweilen geäußerte Kritik von Hebammen, durch zu schnellen Einsatz von Medikamenten gegen Schmerzen ersetzt.
Schmerzen werden unterschiedlich wahrgenommen
Jede Frau empfindet den Geburtsschmerz anders. Während er der einen gar nicht viel auszumachen scheint, gerät die andere bereits während der Eröffnungsphase an ihre körperlichen Grenzen. Niemand kann sich ein Urteil über die Schmerzen erlauben, außer der einzelnen Frau selbst.
Kein Leistungsdruck
Wie viele Schmerzen sie ertragen kann oder will, darf jede Frau für sich entscheiden. Geburt ist kein Wettkampf, bei dem Frauen zeigen müssen, wie toll sie es schaffen, ohne Schmerzmittel zu gebären. Umgekehrt muss sich auch keine Frau genötigt fühlen, Schmerzmittel zu nehmen. Die Gebärenden selbst sind die Einzigen, die die Schmerzen wirklich beurteilen können.
Welche Möglichkeiten der Schmerzlinderung gibt es bei einer Geburt?
Natürliche Schmerzlinderung
In Bewegung bleiben
Eine sehr gute Möglichkeit der aktiven Verarbeitung von Geburtsschmerzen ist Bewegung. Während der Wehen umherzugehen oder vielleicht wie beim Bauchtanz ein wenig die Hüften kreisen zu lassen erleichtert nicht nur die Verarbeitung der Schmerzen, sondern sorgt auch dafür, dass die werdende Mutter sich während des Wehenhöhepunkts nicht zu sehr verkrampft und damit die Öffnung des Muttermundes unfreiwillig verlangsamt. Die aufrechte Körperhaltung der Schwangeren beschleunigt die Eröffnungsphase auch durch den stetigen Druck des kindlichen Kopfes auf den Muttermund. Sehr gut geeignet, um während der Wehen locker zu bleiben, ist auch das Sitzen, bzw. lockere Kreisen auf einem Pezzi-Ball, wie er in vielen Kreißsälen inzwischen zur Verfügung steht. Eine Wehe nicht ganz ruhig (oder gar verkrampft) über sich ergehen zu lassen, sondern das Becken dabei zu bewegen, vermindert auch das Gefühl des Ausgeliefert-Seins, da "frau" ja ein Mittel hat, um mit dem anrollenden Schmerz aktiv umzugehen.
Globuli und Akupunkturnadeln
Ein anderes natürliches Schmerzmittel, das manchen (nicht allen) Frauen hilft, ist das Entspannungsbad, da die Schmerzempfindlichkeit in warmem Wasser meist deutlich geringer ist. Als weitere sanfte Methoden der Geburtserleichterung werden oft zum Beispiel und Homöopathie genannt und in manchen Krankenhäusern auch angewandt. Allerdings ist für den Erfolg dieser Methoden eine umfassende Ausbildung nötig, die nicht immer gegeben ist. Auch Hypnose, (Reflexzonen)-Massage, Bachblüten- und Aromatherapie werden in Schwangerschaftsratgebern zum Thema Schmerzlinderung häufig erwähnt. In der Krankenhauspraxis werden Gebärende allerdings diese Methoden eher selten vorfinden.
PDA, Schmerzmittel, krampflösende Medikamente
Krampflösende Medikamente
Zeigt sich bereits früh in der Eröffnungsphase, dass der Muttermund zu fest und verkrampft ist und daher die Geburt kaum voran schreitet, so können so genannte Spasmolytika gegeben werden. Das sind krampflösende Medikamente - wie zum Beispiel Buscopan - , die entweder als Zäpfchen oder als Spritze verabreicht werden. Sie bewirken eine Entspannung der glatten Muskulatur und können daher hilfreich sein, dass sich der Muttermund doch öffnet.
Häufig werden unter der Geburt so genannte Spasmoanalgetika verabreicht. Das sind Kombinationspräparate mit entkrampfender (= spasmolytischer) und schmerzstillender (= analgetischer) Wirkung, z.B. Buscopan plus und Spasmo-Cibalgin S.
Weitere häufig gegebene Schmerzmittel
In der Geburtshilfe ist Dolantin (Pethidin) das am häufigste verwendete Schmerzmittel überhaupt. Es wird meist als Spritze (zum Beispiel in Oberschenkel oder Po) verabreicht und gilt als sehr wirkungsvoll. Die Wirkung - eine Verminderungs des Schmerzempfindens - tritt nach rund 15 Minuten ein und hält zwei bis vier Stunden an. Die Frauen werden danach häufig müde, schlafen in den Wehenpausen ein, dies kann zur Folge haben, dass Mitarbeit und Erleben der Geburt beeinträchtigt werden. Da Dolantin teils auf den Fötus übergeht, wird diese Form der Schmerzlinderung nur angewandt, wenn es bis zur Austreibungsphase voraussichtlich noch einige Zeit dauern wird. Bis dahin ist das Medikament dann weitgehend abgebaut und die befürchtete Nebenwirkung des Medikaments - eine Beeinträchtigung der Atmung des Babys - von geringerem Ausmaß.
Periduralanästhesie und örtliche Betäubung
Periduralanästhesie (PDA)
Bei der heute sehr häufig angewandten PDA , auch Rückenspritze genannt, wird ein örtliches Betäubungsmittel (Lokal-Anästhetikum) in die Nähe des Rückenmarkskanals gespritzt, um das Schmerzempfinden von dieser Stelle an abwärts komplett auszuschalten. Durch einen bei der ersten Injektion angelegten Katheter kann das Medikament später bei Bedarf immer wieder nachgespritzt werden. Zum Anlegen der PDA, das kaum schmerzhaft ist, muss die Schwangere nach vorne gebeugt sitzen und für einen Moment ganz still halten. Dies kann bei starken Wehen natürlich ein wenig schwierig sein.
Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine PDA?
Vorteile der PDA: Die Schwangere bleibt dabei bei vollem Bewusstsein und hat keinerlei Schmerzen mehr, sie kann die Wehen aber dennoch spüren und aktiv bei der Geburt mitarbeiten. Wenn sie möchte, kann sie sich frei im Raum umherbewegen, was sich vorteilhaft auf die Geburt auswirkt. Auch das Baby wird von der PDA nicht beeinträchtigt.
Nachteile der PDA: Nicht immer sitzt die PDA so gut, dass der Schmerz vollkommen ausgeschaltet wird. Eine häufige Nebenwirkung ist auch das Nachlassen der Wehen und damit einer Verlängerung der Geburt. Daher wird nach einer PDA oft ein Wehentropf nötig. Außerdem kann es zu einem Blutdruckabfall bei der Schwangeren kommen, dem durch Kreislauf stützende Medikamente begegnet wird. Ein gefürchtetes, aber sehr seltene Risiko der PDA ist, dass sie nicht richtig gesetzt wird und das Medikament nach oben steigt, was dann zu Atemschwierigkeiten der Gebärenden führt. Manche Frauen leiden nach der PDA außerdem unter starken Kopfschmerzen.
Grundsätzlich hat jede Gebärende die Möglichkeit, sich eine PDA geben lassen. Das Risiko, das sie dabei eingeht, ist sehr gering. Die PDA wird auch im Fall einer Zangen- oder Saugglockengeburt verwandt, wenn die Geburt sehr lange dauert, oder sie wird statt einer Vollnarkose bei einem Kaiserschnitt eingesetzt.
Pudendus-Block
Diese Art der örtlichen Betäubung gilt als besonders geeignet, um die Schmerzen während der Austreibungsphase zu lindern, besonders wenn beispielsweise eine Saugglocken- oder Zangengeburt nötig wird. Arzt oder Ärztin spritzen mit einer langen Kanüle ein Betäubungsmittel in die Gegend der Sitzbeinhöcker, um die Schmerzleitbahnen des so genannten Nervus pudendus auszuschalten. Damit werden nicht die Wehenschmerzen genommen, sondern vor allem die Nerven des Dammes und des äußeren Genitales (Schamlippen) betäubt.