Viele Talente – null Ehrgeiz…

Muss mal meinen Frust ablassen. Mein Sohn (10) ist, was Sport und Musik anbelangt, ziemlich behabt. Er war schon im Kindergarten der schnellste, fährt super Mountain-Bike, ist im Schwimmverein etc. Er fällt den Trainern positiv ins Auge, sie fordern ihn – aber von ihm kommt dann null Resonanz. Beispiel Fußball: das schnelle Rennen nützte ihm nichts, weil er Anderen den Ball nicht wegnehmen wollte. Beim Schwimmen stellt er sich in die letzte Reihe und sobald sich der Trainer umdreht, kaspert er lieber mit den anderen rum. Sobald es beim Musikmachen um „Trockenübungen“ geht, hat er keinen Bock mehr. Das, was er gut kann, nützt ihm nichts und ist sozusagen verschwendet, weil er nichts daraus macht. In der Schule genauso – wenn es eine freiwillige Zusatzaufgabe gibt, wird die garantiert nicht gemacht.

Ich finde diese Einstellung so doof – ich meine, dass 15-jährige irgendwann mal so drauf sind ok, aber er ist irgendwie schon immer so drauf. Man könnte jetzt vielleicht auf die Idee kommen, er ist so ein ruhiger, der sich lieber im Hintergrund hält – weit gefehlt. Er steht schon gern im Mittelpunkt – aber ohne Anstrengung. Beispiel Weihnachtsfeier: hier haben Kinder vorgespielt, die ihr Musikinstrument weitaus schlechter beherrschten, aber sie haben guten Willen bewiesen und ihre Sache gut gemacht. Über diese Schüler lästert mein Sohn dann ab. Und selber: große Klappe und nix dahinter.

Ich finde es traurig, dass er aus seinen Begabungen nichts macht – nicht um Profisportler oder Musiker zu werden, sondern einfach um etwas zu haben, was sein Leben langfristig bereichert und nicht nur so ne kurzweilige Zerstreuung ist, die man konsumiert. Wie könnte ich seinen Ehrgeiz wecken?

Wie gesagt, nicht falsch verstehen – ich hab nix gegen Mittelmäßigkeit, aber ich finds irgendwie traurig, dass er ohne großen Aufwand so viel erreichen könnte und es nur aus Bequemlichkeit sein lässt. Aber die dicke Lippe markiert. Bin vielleicht auch deswegen überkritisch, weil ich beruflich viel mit Leuten zu tun hab, die nix oder wenig können, aber Riesenansprüche an andere und ans Leben haben…

Sehe ich das zu eng?

Gruß snowwhite

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Hallo,

irgendwie erkenne ich da meinen Sohn wieder.

Zusatzaufgeben werden nie gemacht. Er ist in vielen Dingen gut und interessiert sich auch für viel, doch wenn er "ernst" wird, dann hat er keine Lust.

Mein Vetter wollte ihm skaten beibringen, da mein Sohn es lernen wollte. Er hat sich echt super angestellt und als er dann einen Olli konnte, da war es dann auch schon wieder vorbei. So nach dem Motto, skaten kann ich ja jetzt.

Ich hoffe immer, daß er bald etwas findet, was er wirklich von Herzen gerne macht und dann auch dabei bleibt.

Wenn nicht dann werde ich das wohl akzeptieren müssen.

Also eine wirkliche Lösung habe ich leider auch nicht.

Lieben Gruß Luna

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Ach Gott, meiner ist genauso! Er ist zwar erst 7, aber es war schon immer so, dass er so einige Talente hat. Wenn man die aber aufgreifen will, dann blockt er ab. Geige spielt er auf eigenen Wunsch seit gut einem Jahr. Er motzt jedes Mal, wenn wir üben, er motzt, wenn die Lehrerin kommt, er motzt, weil es eben NICHT alles IMMER reibungslos klappt. Aber (und da besteht der Unterschied) wenn es um eine Vorführung geht, dann ist er plötzlich da. Macht den großen Macker und Experten;-). Da er aber nicht wirklich geübt hat, ist das Ergebnis (für meinen Geschmack) eher mittelmäßig, dabei könnte es viel besser sein, wenn er in den sauren Apfel beissen würde, und üben würde (wobei andere Eltern und die Lehrerin sagen, dass er für sein Alter gut spielt. Ich höre halt immer die Fehler...#augen;-)). Aber gut, ich bin eigentlich auch keine "Eiskunstlaufmutter" (so heissen diese überengagierten Mütter bei uns;-)). Ich finde es nur schade, weil ich eben weiss, dass da viel mehr in ihm steckt (ich sage ihm aber nicht etwa, was er alles falsch gemacht hat, ich lobe ihn und freue mich, wenn er stolz ist. Der "Dorn" steckt aber trotzdem in mir...). Aber wer weiss, vielleicht ist es gerade das, was ihn bremst? Also, mein Wissen seiner Fähigkeiten?
Wie dem auch sei. Beim Sport ist es ebenso. Er geht zum Fechten (auch auf eigenen Wunsch hin), er macht seine Sache gut. Aber jetzt hat er keine Lust mehr, will lieber gar nix mehr machen (ausser spielen). Er geht aber trotzdem hin, denn ich bin der Meinung, eine Sportart sollte ein Kind schon ausüben. Und da er bei Judo, Fussball und Turnen komplett verweigert hat, Fechten aber toll fand, macht er das jetzt erstmal. Denn auch hier: Die Turniere (bis jetzt gab es nur eines) sind für ihn super. Da sitzt er konzentriert da, beobachtet die Kämpfe, tauscht sich aus, "schlägt" sich gut.
Also, ich werde mich bemühen, einen kühlen Kopf zu bewahren. Letztlich bin ich nur seine Mutter. Er muss sein Leben gestalten, ich helfe ihm nur dabei. Und zwinge ihn dazu, ein Instrument zu lernen und eine Sportart auszuüben :-p. Und beides hat er sich selbst ausgesucht.
Hilft dir das, tröstet es dich, dass es mehr solcher Eltern und Kinder gibt?
L G
G

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Ich glaube, da muss man der Wahrheit ins Auge blicken:
Den Ehrgeiz eines Kindes kannst du mit gar nichts wecken.

Worüber ich in deinem posting am meisten schmunzeln musste: Du ärgerst dich, wenn sich dein Sohn über die Mittelmäßigket der anderen lustig macht, wirfst aber genau DAS deinem Sohn vor: dass er "nur" Mittelmaß ist.

Was meinen persönlichen Ehrgeiz angeht, hat mich mein ältester Sohn gleich mal auf die Spur gebracht und "geheilt". Er wollte schon als Baby weder robben, noch krabbeln. Dann wollte er nicht sprechen. Im Kindergarten hieß es nur: Ihr Kind kann nicht, ich Kind kann nicht... SUPER! Wie sollte dieses Kind meine ehrgeizigen Pläne erfüllen? Wie sollte er mal auf allen erdenklichen Ebenen erfolgreich sein? Ich musste mich wohl damit abfinden, dass er nicht einmal auf eine Regelschule kommt. Es war ein langer Prozess für mich. Vielleicht ein Jahr, wo ich mir viele Gedanken darüber gemacht habe, was eigentlich ein glückliches Leben ist, ob man das irgendwie machen kann, was die Voraussetzungen dafür sind. Denn es ist doch schlussendlich das, was ich mit meinem Ehrgeiz erreichen wollte: dass er glücklich ist. Aber mein Ansatz, WAS alles zu diesem glücklich Leben gehören "muss", war wohl etwas verschroben. Als ich es also akzeptierte, dass mein Sohn weder aufs Gymnasium gehen wird, noch irgendeinen Beruf erlernen wird, denen ich Glückspotential zugesprochen hätte, als ich mit dem allem abgeschlossen hatte, hieß es plötzlich: Ihr Kind hat alles aufgeholt, er ist ganz normal! .....na SUPER!!!
Dieses Jahr war für mich wie gesagt lehrreich. Ich habe eingesehen, dass wir Eltern weder Ehrgeiz bei unseren Kindern machen können, noch können wir für unser Kind ein glückliches Leben machen. Man muss akzeptieren, was Forrest Gump's Mutter bereits erkannt hat: "DAs Leben ist eine Pralinenschachtel, man weiß nie, was drinnen ist!"
Die einen sind die ganze Schulkarriere hindurch die "Looser" und bekommen dann später ihren Kick und legen eine Karriere hin, die ihnen wirklich niemand zugetraut hätte. Die anderen sind Schulbeste und finden sich aus vielerlei Gründen gar nicht im Leben zurecht.
Das einzige, was wir als Eltern tun können: Das Kind in Ruhe lassen! Es seinen eigenen Weg finden lassen! Da sein, wenn es Hilfe braucht! Es trösten, wenn es hinfällt.
Und: es lieben, achten und akzeptieren - so wie es ist. (Was nicht heißt, dass man alle Taten akzeptiert!).
An deiner STelle würde ich meinen Sohn einfach in Ruhe lassen. Er macht so viel! Sei doch stolz darauf, dass er so viel kann. Muss er dann auch noch überall der beste sein? IHM ist es nicht wichtig der Beste zu sein! Du setzt ihn nur einem unnötigen Druck aus und erreichst auf Dauer nur das Gegenteil - dass er gar keinen Bock mehr hat. Er soll doch in seiner Freizeit vor allem eins haben: Spaß an Musik/ Bewegung und daran Freunde zu treffen. (Im besten Fall, soll er das auch in der Schule haben!)

Liebe Grüße
Luka

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Hallo Snowwhite!

Sehr witzig; mein Sohn ist auch 10 und ich möchte schon seit Tagen das gleiche hier rein schreiben und kam noch nicht dazu. Mein Sohn ist sehr begabt; in der Volksschule haben wir dem Überspringen einer Klasse nicht zugestimmt und ihn anders beschäftigt. Ich dachte, im Gymnasium gibt sich das schon; er geht auf eine private Schule, die den Kindern einiges abfordert. Nicht so meinem Sohn. Schreibt noch immer nur Einser mit geringem Aufwand. MUss sich nicht anstrengen und weiß auch nicht, wie das geht. Jeden Tag vor den Hausaufgaben, vor dem Lernen gibt es Nörgelei und Klagerei, obwohl andere Kinder das Vierfache lernen müssen. Klavier übt er nur nach täglicher Erinnerung, obwohl er sehr begabt ist. An Wettbewerben und Olympiaden möchte er nicht teilnehmen, weil es ihm zu anstrengend ist. Ich mache mir ebenfalls Gedanken darüber, wie das weitergehen soll. Er hat nie gelernt, sich anzustrengen. Und außerdem gehört zu meinen Werten im Leben sehr wohl, das Beste aus seinem Leben zu machen; sich anzustrengen und alles zu geben. Glücklich sein und das Leben genießen ist nicht alles. Also arbeite ich halt dagegen und hoffe, dass es irgendwann mal besser wird.

lh

J.

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Hallo,

so ist es bei uns auch. Meine Tochter mußte in der Grundschule keinen Finger tun um sehr gute Noten zu schreiben, sie ist sehr clever. Jetzt im Gymi geht das so nicht mehr, sie hat nicht gelernt, sich anzustrengen und ist unzufrieden, daß die Noten nicht mehr so super sind. Aber getan wird nur das Nötigste.

Selbiges beim Sport. Sie war 5 Jahre im Ballett und es hat ihr Spaß gemacht. Es wurde richtig anstrengend und schwieriger und wupp ließ sie sich abmelden.

Tun kann man da wohl nicht wirklich was.

lg
Anja mit Chiara 11 Jahre