Spalt in der geraden Bauchmuskulatur

Rektusdiastase nach der Schwangerschaft

Nach der Geburt bleibt oft ein kleines Bäuchlein. Grund dafür sind nicht immer die Schwangerschaftspfunde, sondern manchmal auch eine Lücke zwischen den Bauchmuskeln. Wir erklären euch, was es mit der sogenannten Rektusdiastase auf sich hat und was ihr dagegen tun könnt.

Autor: Birk Grüling
Rückbildungsgymnastik

Eine junge Mutter macht Rückbildungsgymnastik mit ihrem Sohn

Foto: © iStock, Ridofranz

Während der Schwangerschaft rückt die gerade Bauchmuskulatur auseinander und macht Platz für das wachsende Kind. Nach der Geburt bleibt bei vielen Frauen eine Lücke zwischen den geraden Bauchmuskeln bestehen. Dieser Spalt wird als Rektusdiastase bezeichnet. Nach der Geburt schließt er sich oft nur langsam. Eine norwegische Studie mit 300 Erstgebärenden ergab, dass rund ein Drittel der Frauen auch ein Jahr nach der Geburt eine Rektusdiastase haben, wenn auch vor allem in leichter Ausprägung. Die gute Nachricht: In den meisten Fällen bildet sich der Spalt in der Bauchmuskulatur mit entsprechendem Training wieder zurück.

Wie entsteht eine Rektusdiastase?

Schwangere

Ein Schwangere mit großen Bauch sitzt im Kinderzimmer

Foto: © iStock, vgajic

Mit Laufe der Schwangerschaft nimmt dein Kind immer mehr Platz im Bauch ein. Die Gebärmutter und damit auch der Bauch wachsen, die Organe verschieben sich. Die Bauchmuskulatur gibt dank der Schwangerschaftshormone nach – allen voran der gerade Bauchmuskel, medizinisch auch Rectus abdominis genannt. Er besteht aus zwei Strängen, die durch Bindegewebe in der Bauchmitte miteinander verbunden sind. Ungefähr ab der 25. Schwangerschaftswoche weichen diese Stränge immer weiter auseinander. Der entstehende Spalt wird Rektusdiastase genannt. Im Durchschnitt ist er zwei bis zehn Zentimeter breit und rund 12 bis 15 Zentimeter lang.

Wodurch wird sie begünstigt?

Grundsätzlich entsteht der Spalt zwischen den geraden Bauchmuskelsträngen bei jeder Schwangerschaft. Unterschiedlich sind aber die Breite, Länge und Tiefe des Spaltes.

Sie werden durch einige Faktoren beeinflusst:

  • Starke Gewichtszunahme während der Schwangerschaft
  • Übergewicht schon vor der Schwangerschaft
  • Ein großer Schwangerschaftsbauch durch Mehrlingsschwangerschaften
  • zu intensiver Kraftsport im Verlauf der Schwangerschaft
  • Schweres Heben oder viel körperliche Arbeit während der Schwangerschaft
  • Schwache Bauchmuskeln, die die Gebärmutter nicht stützen können und das Pressen bei der Geburt erschweren

Viele Hebammen raten Schwangeren, aus dem Liegen über die Seite aufzustehen. Das schont die geraden Bauchmuskeln und trainiert die schrägen.

Wie erkennt ihr eine Rektusdiastase?

Nach der Geburt schließt sich diese Lücke zwischen den Bauchmuskeln nur langsam und ist deshalb gut tastbar.

So geht es:

  • Auf den Rücken legen und die Beine angewinkelt
  • Den Kopf leicht anheben und den Bauch etwas anspannen

Oberhalb des Bauchnabels ist nun mit etwas Druck einen Spalt zwischen den Muskelsträngen tastbar.

ACHTUNG: Der Selbsttest ersetzt keinesfalls die fachliche Diagnose durch einen Arzt oder eine Hebamme. „Je nach Liegeposition kann die Tastbarkeit stark variieren. Außerdem ist nicht nur die Breite, sondern auch die Tiefe des Spalts entscheidend“, erklärt Sportwissenschaftlerin Nora Stark. Die Gründerin von „Leben Bewegt“ gibt selbst Rückbildungskurse für Mütter und ist auf Bauch- und Beckenboden-Training spezialisiert. Ihr Rat: Fragt eure Hebamme oder eine ausgebildete Physiotherapeutin um Rat. Beide können euch auch gleich ein paar Übungen für eine stabile Bauchmuskulatur und für den Beckenboden zeigen.

Wie stellt ein Arzt eine Rektusdiastase fest?

Erfahrene Mediziner und Hebammen können eine Rektusdiastase relativ schnell mit einem Tastbefund feststellen. Die Patientin legt sich dafür auf den Rücken und spannt die Bauchdecke an. Der Arzt kann so die Lücke zwischen angespannten Muskelsträngen ertasten. Auch beim Husten oder Lachen ist der Spalt gut tastbar, die Bauchdecke wölbt sich zwischen den geraden Bauchmuskeln hervor. Zusätzlich kann eine Ultraschalluntersuchung helfen, um das Ausmaß und die Tiefe des Spalts zu untersuchen.

Welche Symptome zeigen sich bei einer Rektusdiastase?

Eine Ärztin behandelt die Rückenschmerzen einer Frau

Foto: © iStock, nortonrsx

Viele Frauen spüren durch die Rektusdiastase keine direkten Beschwerden, sehen, oder besser: ertasten sie aber. Dennoch ist es sehr wichtig, dass sich der Spalt in der Muskulatur schnell wieder schließt. Immerhin sind die Bauchmuskeln sehr wichtig für die Stabilität unseres Köpers. „Wenn sich die Rektusdiastase nicht schließt, geraten die Muskeln rund um das Becken ins Ungleichgewicht“, erklärt Stark. Mögliche Folgen sind Schmerzen im unteren und mittleren Rücken, ein Beckenschiefstand und Blockaden. Manche Frauen berichten auch über ein allgemeines Gefühl von Instabilität im Rücken und Bauch. Auf die Dauer kann das auch mit einer zusätzlichen Belastung des Beckenbodens einhergehen. Belastungsinkontinenz und Verdauungsprobleme können eine Folge davon sein, so die Sportwissenschaftlerin weiter. Bei einem sehr großen Abstand zwischen den Muskeln steigt außerdem die Anfälligkeit für Brüche in der Bauchdecke, bei denen Eingeweide aus der Bauchhöhle austreten können.

Wie lässt sich eine Rektusdiastase behandeln?

Der Heilungsprozess ist sehr unterschiedlich. Bei manchen Frauen schließt sich der Spalt nach einer Weile von alleine. Bei anderen Frauen dauert es viele Monate, manchmal sogar Jahre, bis sich die Rektusdiastase schließt. Ein Grund dafür: In der Stillzeit bleibt das Gewebe weich. Stark rät deshalb zu einem gezielten Training von Bauchmuskeln, Rücken und Beckenboden. „Ich empfehlen allen Müttern, bis circa ein Jahr nach der Geburt die Körpermitte zu trainieren. Eine gute Möglichkeit dazu sind spezielle Kurse für Mütter wie Mamafitness, Buggyfit oder Rückbildung“, so die Sportwissenschaftlerin. Durch das gezielte Training wird Muskulatur in die richtige Position gebracht und gehalten. Auch die Körperstatik verbessert sich wieder. Bei Bedarf kann der Frauenarzt zusätzlich Physiotherapie verschreiben.

Wann ist eine Operation nötig?

In ganz seltenen Fällen ist auch eine Operation nötig, um die Rektusdiastase zu schließen. Das ist der Fall, wenn die Beschwerden im Rücken zu stark werden oder Brüche in der Bauchwand auftreten. In diesem Fall werden die Bauchmuskeln durch innere Nähte in die korrekte Position gebracht, zusätzlich kann ein Kunststoffnetz die Bauchwand stabilisieren. Nach dem Eingriff gilt ein mindestens vierwöchiges Sportverbot, außerdem tragen die Patientinnen Kompressionswäsche. Manche Frauen lassen sich die Spalte auch durch im Zuge einer Bauchstraffung schließen. Die Kosten für einen solchen ästhetischen Eingriff müssen in der Regel selbst gezahlt werden.

Was kann ich selbst gegen eine Rektusdiastase tun?

Eine Gruppe von Frauen wartet auf ihren Fitnesskurs

Foto: © iStock, alvarez

Eine gute Nachricht: Ihr könnt auch außerhalb von Kursen viel für eure Bauchmuskeln und den Beckenboden tun. Vorausgesetzt, ihr wisst wie. Am besten fragt ihr eure Hebamme oder eine Physiotherapeutin nach passenden Übungen für Zuhause. Kein Angst: Schon ein paar Minuten pro Tag haben auf die Dauer große Effekte.Statische Übungen, bei denen der Druck auf den Bauchinnenraum gering ist, sind sehr empfehlenswert. Dazu gehören zum Beispiel Übungen in Rückenlage oder im Vierfüßlerstand. Auch der Seitstütz oder ein gebeugter Unterarmstütz sind für Frauen mit leichter Rektusdiastase empfehlenswert“, erklärt die Sportwissenschaftlerin Stark. Tabu sind dagegen Übungen, die die geraden Bauchmuskeln direkt belasten – zum Beispiel Situps oder Crunches. Sie können den Spalt sogar noch vergrößern. Gleiches gilt auch für Rückbeugen, wie man sie aus dem Yoga kennt. Manche Hebammen raten auch zu bewusstem Aufstehen, und zwar über die Seite. Dabei rollst du dich zuerst ganz auf die Seite, stützt dich dann seitlich mit dem Arm ab und kommst zum Sitzen. Wirklich gestärkt werden muss dagegen die quere Bauchmuskulatur. Eine gute Möglichkeit, etwas für den Bauch, Rücken und den Beckenboden zu tun, bietet zum Beispiel Pilates. Damit kannst du schon relativ früh nach der Geburt beginnen – natürlich unter Anleitung einer Hebamme oder einer dafür geschulten Physiotherapeutin. Aber auch, wenn schon ein paar Monate oder sogar Jahre seit der Geburt vergangen sind, lohnt es sich immer, etwas gegen eine noch bestehende Rektusdiastase zu tun.

Bekommen nur Frauen eine Rektusdiastase?

Nein, Männer sind nur viel seltener betroffen. Doch auch für sie gibt es einen echten Risikofaktor, und zwar starkes Übergewicht. Ähnlich wie das ungeborene Kind bei einer Schwangerschaft können die Fetteinlagerungen die Muskeln im Bauch und die Haut dehnen und zu einer Muskelspalte führen. Begünstigt wird das durch den hohen Bauchfettanteil, schwache Muskulatur und schlaffe Haut. Auch bei Neugeborenen und Säuglingen kann eine Rektusdiastase auftreten. Sie verschwindet allerdings schnell wieder, wenn die Kinder zu laufen beginnen. Bei größeren Kindern ist die Wahrscheinlichkeit für einen Spalt deutlich geringer. Dafür ist hier sehr häufig eine Operation nötig, weil sich diese Anomalie ganz im Gegensatz zu den Schwangeren kaum zurückbildet.