Natürliche Familienplanung

Zervixschleim deuten und fruchtbare Tage ermitteln

Ob als Verhütungsmethode oder bei einem Kinderwunsch – mithilfe des Zervixschleims können Frauen ihre fruchtbaren Tage bestimmen.

Autor: Janine Meul

Zyklus und Zervixschleim

Zervixschleim
Foto: © iStock, PeopleImages

Das Wort „Zervix" stammt vom lateinischen „cervix uteri" und bezeichnet den Gebärmutterhals. Dieser sondert ein Sekret ab, den Zervixschleim. Er hat eine zähflüssige Konsistenz, ist klar bis milchig-weiß und besteht hauptsächlich aus Wasser, Aminosäuren, Enzymen, Zuckern, Schleimstoffen (Muzinen) und Elektrolyten. Der Zervixschleim dient als Schleimpfropf dem Verschluss des Gebärmutterhalses und verhindert so das Eindringen von Krankheitserregern in die Gebärmutter. Während des Zyklus verändert sich der Schleim und kann bei Kinderwunsch hilfreiche Hinweise auf den Eisprung geben.

Schwanger werden ist gar nicht so leicht, wie es vielleicht scheint. Schließlich reift jeden Monat nur eine einzige Eizelle im weiblichen Körper heran und diese ist um die Zyklusmitte, wenn sie sich nach dem Eisprung vom Eierstock gelöst hat, für 12 bis 24 Stunden befruchtungsfähig. Da die männlichen Samenzellen rund 72 Stunden im weiblichen Körper überleben können, hat jede Frau also in etwa vier bis fünf fruchtbare Tage pro Zyklus, an denen sie schwanger werden kann. Für Frauen, die sich ein Baby wünschen, ist es deshalb besonders wichtig, ihren Zyklus genau zu kennen.

Wie das australische Ärzte-Ehepaar Evelyn und John Billings beobachtete, verändert sich im Verlauf des Zyklus – abhängig vom Östrogenspiegel – die Beschaffenheit des Zervixschleims. Nähert sich der Eisprung und somit die fruchtbaren Tage, nimmt die Produktion des Schleims zu und er wird dünnflüssiger. Der Zervixschleim ist jedoch nicht mit dem sogenannten Erregungsschleim oder auch krankheitsbedingtem Ausfluss, der zum Beispiel von Juckreiz oder einem unangenehmen Geruch begleitet ist, zu verwechseln. Durch die regelmäßige Untersuchung des Zervixschleims über einen Zeitraum von mehreren Monaten können Frauen lernen, die Tage um den Eisprung herum einzukreisen und so die Chancen auf ein Baby erhöhen. Diese Methode wird nach ihren Erfindern die „Billings-Methode" genannt.

Wie wird der Zervixschleim entnommen?

Man kann den Zervixschleim auf zwei Wegen entnehmen: durch den Scheideneingang oder am Muttermund. Für die erste Variante fährt man mit dem Finger über den Scheideneingang oder führt ihn maximal einen Zentimeter in die Scheide ein. Die Muttermund-Methode eignet sich vor allem für diejenigen, bei denen äußerlich kein Schleim zu finden ist. Hier empfiehlt es sich, eine hockende Stellung einzunehmen, um ihn mit dem Finger besser zu erreichen. Der Muttermund befindet sich etwa acht Zentimeter vom Scheideneingang entfernt zur Bauchdecke hin und ist als Halbkugel mit einer Delle in der Mitte tastbar. An fruchtbaren Tagen ist der Muttermund leichter zu erfühlen, dann steht er nämlich höher – das heißt, er ragt weniger weit in die Scheide hinein und ist weicher als an unfruchtbaren Tagen. Frauen, die Probleme haben, ihren Muttermund zu lokalisieren, können ihren Gynäkologen um Hilfe bitten. Hat man ihn gefunden, drückt man mit dem Finger leicht dagegen und entnimmt so den Zervixschleim. Jetzt geht es darum, den Schleim zu deuten, um herauszufinden, an welchen Tagen die Chancen schwanger zu werden besonders hoch sind.

Zervixschleim deuten: Die fruchtbaren Tage ermitteln

Konnte man den Schleim entnehmen, hält man ihn zwischen Daumen und Zeigefinger, zieht ihn langsam auseinander und bewertet die Konsistenz. Der Schleimpfropf, der nach der Periode den Gebärmutterhals verschließt, lockert sich mit dem Näherrücken des Eisprungs, verändert seine Farbe und seine Beschaffenheit. Je kürzer die Menstruationsblutung zurückliegt, desto zäher und dickflüssiger ist seine Konsistenz – an diesen Tagen ist eine Schwangerschaft am unwahrscheinlichsten. Die zähe Konsistenz des Zervixschleims hält die Spermien von dem Eindringen in die Gebärmutter ab, die zu dem Zeitpunkt nicht auf einen Embryo vorbereitet ist. Mehrere Tage vor dem Eisprung ist er eher cremig, hat eine perlweiße bis cremegelbe Farbe und fühlt sich an wie Lotion. Diese Konsistenz deutet ebenfalls auf „nicht fruchtbar" hin. Je dünnflüssiger er ist, desto schneller kommen die Spermien auf ihrem Weg zur Gebärmutter voran – eine wichtige Voraussetzung, um schwanger zu werden. Wässriger Zervixschleim deutet deshalb auf den nahenden Eisprung hin. Er ist ganz klar und tropft oder rinnt vom Finger – manche berichten, dass sie sich geradezu durchnässt fühlen. Ähnelt das Sekret vom Aussehen und Konsistenz rohem Eiweiß und ist spinnbar, befindet sich die Fruchtbarkeit der Frau auf dem Höhepunkt. „Spinnbar" bedeutet, dass er sich bis zu fünf Zentimeter in die Länge ziehen lässt, ohne zu reißen. Für Paare, die eine Schwangerschaft planen, ist jetzt die beste Zeit für Sex.

Auch die Quantität des Schleims verändert sich im Laufe des Zyklus: Die Phasen nach der Menstruation und vor dem Einsetzen der nächsten Periode zeichnen sich durch geringe Schleimproduktion und ein eher trockenes Gefühl aus. Etwa zwei bis drei Tage vor dem Eisprung verdoppelt bis verdreifacht sich die Menge des Schleims hingegen, der Scheideneingang fühlt sich feucht an. Mehrere Faktoren spielen also bei der Schleimbeobachtung und -Dokumentation eine Rolle:

Wie fühlt sich dein Intimbereich an: Ist der Scheideneingang eher trocken oder feucht?

Wie ist die Beschaffenheit: Ist der Schleim cremig, klumpig, zäh, dehnbar bzw. spinnbar oder wässrig?

Wie sieht das Sekret aus: Ist die Farbe eher weiß-gelblich, glasig oder transparent?

Damit der Zervixschleim zuverlässige Rückschlüsse auf die Fruchtbarkeit zulässt, sollte er über mehrere Monate hinweg täglich aus der Scheide entnommen und untersucht werden, denn das Schleimmuster jeder Frau variiert je nach Alter, Ernährung und Lebensführung. Es empfiehlt sich, seine Eigenschaften und Veränderungen in einem Verlaufsprotokoll festzuhalten. Vordrucke dazu finden sich beispielsweise bei pro familia. Notiert werden hier Faktoren wie Menge, Konsistenz, Farbe, Feuchtigkeit und subjektives Feuchtigkeitsempfinden. Diese Merkmale werden kategorisiert und in ein Symbol oder eine Abkürzung übersetzt, die den gegenwärtigen Status der Fruchtbarkeit angibt. Auch in einem Zykluskalender oder in der urbia Eisprungkalender-App können Eintragungen zur Schleimbeschaffenheit vorgenommen werden. So sind alle Informationen zu den fruchtbaren Tage auf einen Blick sichtbar.

Zervixschleim-Methode: Bei Kinderwunsch oder als Verhütungsmethode?

Manchmal kann sich die Qualität des Zervixschleims auch außerhalb des Eisprungs so verändern, dass es aussieht, als würde er gerade stattfinden oder als hätte er vor kurzem stattgefunden. Eine Reihe weiterer Faktoren kann die Beschaffenheit des Zervixschleims außerdem beeinflussen und die Ermittlung des Eisprungs erschweren. Dazu gehören Stress, hormonelle Schwankungen, ein unregelmäßiger Zyklus, die Einnahme von Medikamenten oder bestimmte Erkrankungen. Zudem müssen nicht alle „trockenen Tage" automatisch auch unfruchtbare Tage sein, denn manche Frauen produzieren während des gesamten Zyklus kaum Schleim, auch nicht zum Zeitpunkt des Eisprungs. Das macht die Billings-Methode zu einer unsicheren Verhütungsmethode, die eher nicht geeignet ist, eine Schwangerschaft zu vermeiden. Ihr Pearl-Index liegt bei etwa fünf – das heißt von hundert Frauen, die sie anwenden, werden fünf schwanger. Sie sollte deshalb nicht als alleinige Verhütungsmethode angewendet werden. Um eine Schwangerschaft zu vermeiden, sind andere natürliche Methoden wie die Temperaturmess-Methode besser geeignet. Diese weist einen sehr guten Pearl-Index von 0,3 auf. Bei Kinderwunsch ist die Schleimbeobachtung aber sehr hilfreich, um den eigenen Zyklus besser kennenzulernen und so die Chancen auf ein Baby zu erhöhen. Doch auch wer eine Schwangerschaft plant, kann zur Schleimbeobachtung die Temperaturmethode hinzuziehen, um eine höhere Zuverlässigkeit zu erreichen. Beide Verfahren in Kombination sind ein beliebter Weg, ohne medizinische Hilfsmittel die Fruchtbarkeit zu ermitteln.

Umfassende Informationen – unter anderem eine Broschüre zum Downloaden – zu den verschiedenen Methoden der Fruchtbarkeitswahrnehmung bietet pro familia. Hier sind auch Kurvenblätter erhältlich. Außerdem führt pro familia Beratungen für Frauen durch, die die Methoden der Fruchtbarkeitswahrnehmung erlernen möchten.