Risikoschwangerschaft: Was bedeutet das für mich?

Eine Risikoschwangerschaft kann viele Gründe haben – welche das sind und wie eine solche Schwangerschaft bei den Vorsorgeuntersuchungen ärztlich begleitet wird, erfährst du bei urbia.

Autor: Petra Fleckenstein
Autor: Birk Grüling

Risikoschwangerschaft – Ursachen und Maßnahmen

Ultraschall bei Schwangerer
Foto: © PantherMedia / Alexander Raths

Eine schwangere Frau, der nach ihrer ersten Untersuchung mitgeteilt wird, ihre Schwangerschaft sei eine Risikoschwangerschaft, wird vermutlich zunächst einmal erschrecken. Solltest auch du zu dieser Gruppe gehören, heißt das aber noch längst nicht, dass dir oder deinem Baby Gefahr droht. Heutzutage wird der größte Teil der Schwangeren als Risikoschwangere eingestuft. Dennoch kommen 95 Prozent der Babys in Deutschland gesund zur Welt.

Kriterien für die Einstufung als Risikioschwangerschaft sind unter anderem:

  • das Alter der Schwangeren (unter 18 und über 35)
  • eine vorherige Fehl- oder Frühgeburt
  • eine akute oder chronische Krankheiten der Mutter, wie z.B. Diabetes oder Herzkrankheit
  • die Lage des Kindes (zum Beispiel Steißlage)
  • frühere Kaiserschnittgeburt

Bei einer Risikoschwangerschaft ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Komplikationen bei der werdenden Mutter oder dem ungeborenen Kind kommt, höher als bei einer normalen Schwangerschaft. Die Einstufung wird jedoch zunächst nur als Vorsichtsmaßnahme vorgenommen, denn die Betreuung durch Ärzte und Hebammen ist in einem solchen Fall intensiver. Bei der Vorsorgeuntersuchung befragt der Arzt dich nach Krankheiten oder anderen Faktoren, die in einer Schwangerschaft oder bei der Geburt zu Problemen führen können. All dies wird im Mutterpass vermerkt. Wenn eine Schwangere als Risikoschwangere eingestuft wird, dann werden einige Behandlungen von der Krankenkasse übernommen, die sonst nicht vorgesehen sind. Risiken aufgrund des Alters der schwangeren Frau werden anders (nämlich weniger gravierend) bewertet als Risiken aufgrund bestehender Krankheiten. Manchmal kann es nötig werden, dass der Arzt ein Beschäftigungsverbot attestiert und die Schwangere dann nicht arbeiten darf.

Risikoschwangerschaft aufgrund des Alters der Schwangeren

Je nachdem, wie alt eine Frau ist und ob es sich dabei um ihre erste Schwangerschaft handelt, kann die Schwangerschaft als Risikoschwangerschaft eingestuft werden. Bei werdenden Müttern im Alter von unter 18 Jahren und über 35 Jahren, die ihr erstes Baby erwarten, wird der Arzt im Mutterpass eine Risikoschwangerschaft ankreuzen. Denn bei Schwangeren unter 18 Jahren besteht ein erhöhtes Risiko für Durchblutungsstörungen der Gebärmutter und Mangelversorgung des Fötus. Ebenso treten verfrühte Wehen bei sehr jungen Schwangeren häufiger auf, die Zahl der Frühgeburten ist generell höher als bei älteren Schwangeren. Auch eine  Präeklampsie kommt häufiger bei jüngeren Schwangeren vor. Zu den Symptomen gehören erhöhter Blutdruck, verstärkte Eiweißausscheidung über den Urin sowie Wassereinlagerungen. Bei Frauen über 35 Jahren ist die Wahrscheinlichkeit einer Fehlgeburt in der Regel höher als bei jüngeren Frauen. Je älter eine schwangere Frau ist, desto mehr steigt das Risiko, dass das Kind mit einer Chromosomenstörung wie dem Down-Syndrom auf die Welt kommt. Grundsätzlich ist das Risiko für Komplikationen während einer für gesunde Frauen im Alter zwischen 20 Jahren und 29 Jahren am niedrigsten.

Eine aktuelle Studie (6/2017) stellt die bis dahin geltende Erkenntnis, ein höheres Alter der Mutter bringe ein erhöhtes Frühgeburtsrisiko und das Risiko eines geringeren Geburtsgewichts beim Kind mit sich, allerdings in Frage. Forscher in Rostock und London untersuchten die Daten von mehr als 100.000 finnischen Kindern. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass nicht allein das Alter der Mutter, sondern vielleicht noch stärker Faktoren wie die individuelle Lebensweise verantwortlich für die größeren Risiken seien.

Plötzlich auftretende Komplikationen während der Schwangerschaft

Einige Komplikationen können während einer Schwangerschaft unvermittelt auftreten, ohne dass dies zuvor erkennbar gewesen wäre. Dazu zählen Schwangerschaftsdiabetes, Gestose, Gebärmutterblutungen, ein zu großes oder zu kleines Baby, verfrühte Wehen oder eine Schwäche des Muttermundes. Auch wenn während der Untersuchung festgestellt wird, dass es eine Zwillings- oder Mehrlingsgeburt wird, wird die Schwangerschaft fortan als Risikoschwangerschaft eingestuft. Hier soll eine verstärkte Überwachung vor allem sicherstellen, dass sich alle Kinder gut entwickeln. Auch bei einer möglichen Rhesusunverträglichkeit (Mutter Rhesus-negativ), wenn also die Gefahr besteht, dass die Mutter beim Blutaustausch zwischen mütterlichem und kindlichem Blut (z.B. bei der Amniozentese oder bei der Geburt) Antikörper entwickelt, wird die Schwangerschaft zur Risikoschwangerschaft. Mit einem Antikörper-Suchtest lässt sich bereits in den ersten Wochen feststellen, ob eine Rhesusunverträglichkeit vorliegt.

Risikoschwangerschaft durch Krankheit

Bestimmte Krankheiten können während einer Schwangerschaft oder der Geburt zu Schwierigkeiten führen. Bei vielen  chronischen Krankheiten wie Diabetes Mellitus oder der chronischen Entzündung des Darms, Morbus Crohn, ist eine verstärkte Beobachtung erforderlich. Frauen mit Adipositas sollten abnehmen, bevor sie mit der Familienplanung, denn der Schwangerschaftsverlauf ist bei übergewichtigen Frauen oftmals problematischer als bei normalgewichtigen Frauen. Auch kann sich das Übergewicht der werdenden Mutter negativ auf das Baby auswirken, denn es kann später selbst zu  Übergewicht neigen. Während der Schwangerschaftsmonate sollte eine Frau allerdings keine strikte Diät machen, sondern vielmehr auf eine  gesunde, ausgewogene Ernährung achten.

Erbkrankheiten aus der Familie der werdenden Mutter oder des Vaters können möglicherweise auf die Nachkommen übertragen werden – sprich mit deinem Frauenarzt über die Krankheit, manchmal ist die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung sehr gering. Leidet die Frau unter einer Infektion Hepatitis B oder HIV, muss die Medikation meistens umgestellt werden. Bei einer Infektion werden unter Umständen auch Maßnahmen wie ein Kaiserschnitt oder eine vorzeitige  Einleitung der Geburt zum Schutz von Mutter und Kind notwendig. Über psychische Erkrankungen der werdenden Mutter sollte der Arzt ebenfalls informiert werden, um ihr die optimale Betreuung zukommen zu lassen.

Komplikationen bei vorangegangenen Schwangerschaften

Wenn bei einer Frau während einer vorangegangenen Schwangerschaft oder der Geburt Komplikationen aufgetreten sind, können sich diese in einer weiteren erneut zeigen. Dazu gehören ein Kaiserschnitt, Probleme mit der Nachgeburt, eine vorzeitige Ablösung der Plazenta, Gerinnungsstörungen oder auch eine Embolie. Ein wiederkehrendes Risiko birgt auch das Auftreten von Chromosomenanomalien bei vorangegangenen Schwangerschaften. Bei einer erneuten Schwangerschaft wird in diesem Fall vermutlich eine Chorionzottenbiopsie oder eine Fruchtwasseruntersuchung durchgeführt. Bei vorangegangenen Früh- und Fehlgeburten sollte nach den Ursachen geforscht werden. Meist liegt der Grund dafür bei unerkannt gebliebenen Infektionen. Die Ursache für ein hohes Geburtsgewicht bei einer vorherigen Schwangerschaft kann in einer Schwangerschaftsdiabetes liegen. In so einem Fall wird die betreffende Frau bei nachfolgenden Schwangerschaften darauf getestet. Bei Frauen, die bereits mehr als vier Kinder zur Welt gebracht haben, besteht ein erhöhtes Risiko für Gendefekte sowie für eine Plazentainsuffizienz.

Risikoschwangerschaft – Welche zusätzlichen Untersuchungen?

Um eine Risikoschwangerschaft festzustellen, gibt es keinen Test, dies geht nur durch eine gründliche Befragung und Untersuchung der Schwangeren. Der Fragenkatalog ist lang und die Gründe für die Einstufung sind vielfältig. Sie bedeutet keineswegs, dass auch tatsächlich Probleme auftreten. Bei Erkrankungen oder einer Suchtkrankheit erfolgt meist eine engmaschige ärztliche Untersuchung, bei der sich Gynäkologe, Internist und Hebamme untereinander abstimmen. Normalerweise sind  drei Ultraschalluntersuchungen vorgesehen, bei einer Risikoschwangerschaft können mehr notwendig sein. Je nach Ursache übernimmt die gesetzliche Krankenkasse zusätzliche Untersuchungen.

Darf ich arbeiten? Beschäftigungsverbot bei Risikoschwangerschaft

Berufstätige Schwangere sind in Deutschland durch das Mutterschutzgesetz geschützt, das für bestimmte Zeiten und Personengruppen Beschäftigungsverbote vorsieht. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber von der werdenden Mutter darüber informiert wurde, dass sie schwanger ist. Für alle Schwangeren, unabhängig von ihrer jeweiligen Arbeit oder ihres individuellen Schwangerschaftsverlaufes, gibt es ein allgemeines Beschäftigungsverbot während der Mutterschutzfristen. Dieses Beschäftigungsverbot gilt sechs Wochen vor und acht Wochen (bzw. 12 Wochen Beschäftigungsverbot bei Mehrlingsgeburten) nach der Geburt.

Darüber hinaus sieht das Gesetz auch ein individuelles Beschäftigungsverbot vor, wenn durch die Arbeit Leib und Leben von Mutter und Kind gefährdet würden. Das individuelle Beschäftigungsverbot muss durch einen Arzt attestiert werden. Geregelt ist dies in § 3 Absatz 1 Mutterschutzgesetz. Dort steht: "Werdende Mütter dürfen nicht beschäftigt werden, soweit nach ärztlichem Zeugnis Leben oder Gesundheit von Mutter und Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist." Eine Risikoschwangerschaft kann, muss aber nicht dazu führen, dass du nicht mehr arbeiten darfst. Bestimmte schwerwiegende Vorerkrankungen können zum Beispiel dazu führen, dass eine Schwangere ihrer Arbeit nicht mehr oder zumindest nicht in vollem Umfang nachgehen darf. Ob ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen wird, entscheidet der Arzt aber immer individuell. Damit der Arbeitgeber keinen Grund hat, das Beschäftigungsverbot anzuzweifeln, sollte das ärztliche Attest möglichst genau beschreiben, welche Tätigkeiten die Schwangere für welchen Zeitraum nicht ausführen darf und welche vielleicht doch. Der Arbeitgeber muss nämlich die Chance haben, die Schwangere gegebenenfalls in einem weniger gefährdenden Bereich oder stundenreduziert einzusetzen.

Wird ein individuelles Beschäftigungsverbot ausgesprochen, müssen Betroffene übrigens keine finanziellen befürchten. Wenn die werdende Mutter in einem anderen Arbeitsbereich eingesetzt wird oder weniger Stunden arbeitet, darf der Arbeitgeber das Gehalt nicht kürzen. Auch wenn sie gar nicht mehr arbeiten kann, erhält sie von ihrem Arbeitgeber weiterhin ihr volles Gehalt. Zu unterscheiden ist das Beschäftigungsverbot von der Arbeitsunfähigkeit, die der Arzt bescheinigen wird, wenn die Mutter aufgrund einer Erkrankung, die nichts mit der Schwangerschaft zu tun hat, für einen bestimmten Zeitraum nicht arbeiten gehen kann.