Sparsamkeit meiner Schwiegermutter/Kriegsgeneration

bewusst mit den Resourcen unserer Erde umzugehen, sollte für jeden selbstveständlich sein, aber meine Schwiegermutter hat da so ihre eigenen Methoden. Sie ist mittlerweile 85 Jahre alt - rührt es nur daher, dass sie den Krieg mitgemacht hat und die Menschen damals nichts hatten? Sie hat eine gute Rente, Ehemann schon 25 Jahre tot.

Als ich meinen Mann kennenlernte (Sie war da 59 Jahre) wunderte ich mich immer wieder über die Plastikschüssel, die im Waschbecken im Bad stand. Erst Jahre später sollte mir deren Zweck bekannt werden. Das beim Händewaschen abfließende Wasser wurde darin aufgefangen und in Eimern in der Garage gesammelt.

Einmal die Woche badet sie, Wanne max. 1/3 mit Wasser gefüllt. Oh nein, das Wasser wird nach dem Baden nicht einfach abgelassen. Zuerst schwenkt sie ihre Feinstrümpfe darin durch und ihre BH's und dann wird auch dieses Wasser in Eimer geschöpft.

Mit einem Eimer des Badewasser wird im Anschluss an das Baden gleich der Badezimmerboden gewischt. Andere Eimer in der Garage gesammelt.....wozu?
Dieses Geheimnis sollte mir nicht länger verborgen bleiben. Mit dem in den Eimern gesammelten Wasser wurde die Toilette gespült #schock

Auch die Gefrierbeutel und jegliche Tüten oder ähnliches in denen bereits Lebensmittel aufbewahrt wurden, werden nach Gebrauch immer wieder sorgfältig geglättet und wieder in die Schublade gelegt.

Die Lampe vor der Haustür besitzt einen Bewegungsmelder, wenn sie ausser Haus ist und im Dunkeln nach Hause kommt, aber falsch gedacht. Die Lampe geht nicht an, sie könnte ja von herumlaufenden Katzen ausgelöst werden und die Stromkosten ins Unermessliche treiben. Die Lampe ist aus. Dafür hat meine Schwiegermutter eine Taschenlampe in der Handtasche damit sie das Schlüsseloch findet.

Sie heizt noch mit einem Ölbrandofen. Selbst im Winter wird dieser abends ausgemacht. DAs Haus ist alt und nicht besonders isoliert, was man auch am leicht modrigen GEruch wahrnimmt. Warum den Ofen nachts nicht durchbrennen gelassen. Wenn sie morgens nach unten kommt dauert es dann ja auch erstmal 1 Stunde bis es einigermasen warm ist. Im Schlafzimmer im 1. Stock gibts überhaupt keine Heizmöglichkeit, Temperaturen unter 10° im Winter sind dort normal #zitter

Sie hat mit meinem Mann gezählt 4 Kinder. Alle wohnen in der Nähe und kümmern sich um sie. Es würde alles für sie gemacht werden, was ihren Alltag erleichtert. Sie kommt nicht von ihren Gewohnheiten ab.

Sie isst in der Woche eine ganze Packung (250g) Butter, das schaffen wir mit 4 Personen die Woche nicht. Morgens und abends isst sie immer genau 1 1/2 Scheiben Brot#kratz nein, keine zwei Scheiben, sondern IMMER 1 1/2!

Am meisten ärgere ich mich, wenn wir zusammen feiern, bei 4 Kindern kommt das häufig vor, und ich sie z.Bsp. frage, was sie trinken möchte. Ihre Antwort: "was ich da habe". Auch auf nochmaliges Nachfragen kann (will) sie nicht sagen, was sie möchte. Mittlerweile zähle ich 2 oder 3 Getränke auf, von denen ich weiß, dass sie diese meistens trinkt, auch dann bekomme ich keine deutliche Antwort.

Sie isst ihr Brot immer nur mit Butter, meine Schwägerin hatte mal vergessen die Butter auf den Tisch zu stellen. Als ein anderes Familienmitglied nach der Butter fragte, rief sie: "ja die Butter, die hätte sie schon gesucht", selbst aber nichts gesagt, zu ihrer eigenen Tochter.
Ich habe auch noch nie erlebt, dass sie was auf dem Teller übrig lässt, ob zuhause oder in der Gaststätte. Sie isst IMMER alles auf. Selbst wenn ich das wollte, würde mir das nicht gelingen, zumindest auswärts, wenn man die Portionsgröße nicht selbst bestimmen kann.

Sie ist ja alleine, hat keine Beschäftigung wie z.Bsp. Handarbeiten oder Lesen. Aber vor 16.00 Uhr macht sie auch aus mir unerklärlichen Gründen den Fernseher nicht an, aus Prinzip. Dann sitzt sie in ihrem Sessel und sitzt einfach nur da. Auch kein Radio.

Kennt ihr auch solche Omis, Schwiegermamis oder andere Menschen, die aus meiner Sicht, sich das Leben selbst schwer machen. Nur weil es eben so ist, sich viele schöne Dinge und Annehmlichkeiten nicht zu gönnen. Mein Mann meint immer, seit sein Vater gestorben ist, sieht seine Mutter sich als Märtyrer. Mann tot, also habe ich auch kein schönes Leben mehr zu haben.

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Ja, so prägend ist der Krieg, sind die Entbehrungen, ist der Hunger.

Ich sehe nicht, dass es schlimm für die Schwiegermutter ist.

Ich sehe nicht, dass sie ungemein leidet.

Ich finde, man sollte ihr Verhalten als Angehörige milde annehmen und ihr liebevoll entgegentreten. Sie hat so einen Mist miterlebt, sie darf so schrullig sein wie sie mag.

Ich kenne so einige Menschen in dem Alter, und sie alle tragen ihr Paket mit sich herum. Das können sie nun auch nicht mehr ablegen, dafür gehört es schon zu lange zu ihrem Leben.
Drängt ihr bitte kein anderes Leben auf, akzeptiert ihr Verhalten, es schadet euch doch nicht.

Dich braucht es nicht zu ärgern, dass sie nicht sagt, was genau sie trinken möchte. Es ist nicht schlimm, dass sie Wasser sammelt und weiter verwertet. Niemandem schadet es wirklich, dass sie gern Butter isst. Und wenn sie sich dazu entschieden hat, vor 16 Uhr einfach in ihrem Sessel zu sitzen, nun, dann ist das so. Geht doch mal einer von euch vorbei und liest ihr die Zeitung vor, nur so als Idee.

Deine Schwiegermutter gönnt sich aus einem bestimmten Grunde nicht so viel, wie du es ihr zugestehen möchtest: Sie hat einen Krieg erlebt und damit auch ein Trauma erlitten, ein schweres möglicherweise, noch dazu nicht behandelt. Wie so viele ihrer Generation.

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Hallo,

ganz so wie bei Deiner Schwiegermutter ist es nicht, aber mein Opa ist auch ein wenig schrullig. Auch er isst immer alles auf, was daran liegt, dass er 1939 geboren wurde und in seinen ersten, ich denke mal 10, Lebensjahren oft wirklich gehungert hat. Er sitzt auch zeitweise in seinem Sessel (besitzt nicht einmal ein Radio) und denkt nach. Ich denke, diese Menschen haben so viel erlebt, dass sie oft einfach über bestimmte Dinge nachdenken und sich nicht immer berieseln lassen müssen/wollen.
Prinzipiell muss ich aber tatsächlich sagen, dass ich das Verhalten Deiner Schwiegermutter (also ihre Sparsamkeit) sehr bewundere und auch teils löblich finde. Das mit dem Bewegungsmelder, nun gut, ist etwas übertrieben, aber der Rest... Andere Leute verbrauchen so immens viel Wasser, da ist es doch gut, wenn es ein paar Sparfüchse gibt. ;-)

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Menschen haben ihre Riten und oftmals brauchen sie sie einfach.
Meine Großmutter hatte ihre auch. Auch welche mit denen sie "sparte".

Ich empfand es IMMER als ihre Sache und wäre im Leben nicht auf die Idee gekommen, diese im Internet bekannt zu machen.
Auch die Großmutter meines Mannes hatte ihre Riten ( von uns auch manchmal Marotten genannt)- wir haben es immer als - "ja so ist sie" gesehen.

Es ist doch Sache deiner Schwiegermutter was, wieviel sie ißt usw.
Solang sie es mir nicht aufzwingt oder sich oder andere damit in Gefahr bringt, würde ich es einfach tolerieren.

LG
Karna

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Hat sich deine Schwigermutter mal bei euch beschwert, dass sie kein schönes Leben hat?
Wenn nicht, lass sie doch leben wie sie will.

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Hallo

Ja, einige Sachen, wie die Schüsseln in der Wanne und das Badewasser noch zum Wäsche waschen nutzen, kenne ich auch von älteren Leuten. Genauso das Falten der Plastikbeutel.

Sie möchte Dir vielleicht keine Umstände mit dem öffnen von Getränkeflaschen machen, kann man auch bei weitaus jüngeren Leuten, meist sind es tatsächlich Frauen, beobachten.
Das sie von sich aus nichts fordert, könnte damit zusammenhängen, dass sie als Frau immer gewohnt war, dass der Mann etwas gesagt hat bzw. ihre Generation viel mehr Wert auf solche Details, wie einen perfekt gedeckten Tisch, gelegt haben.

Die einen erholen sich beim 2-3 stündigen Mittagsschläfchen, sie sitzt ruhig da.

Ich finde, sie lebt gar nicht wie ein Märtyrer. Ich glaube viel mehr, dass es ihr Rhythmus und ihre Angewohnheiten sind. Lange Jahre waren die nützlich, warum soll sie die jetzt ablegen?
Du solltest es entweder genauer hinterfragen oder ignorieren. Ärgern will sie Dich damit sicher nicht.

Mir fällt noch ein: Wenn ihr ihr alles abnehmt, womit soll sie sich dann beschäftigen? Das würde ich sein lassen, wenn es ihr noch von der Hand geht.

Lasst die alte Frau in Ruhe ihr Leben leben und freut euch, wenn sie noch so fit ist.

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Hallo,

ich finde das jetzt nicht sooo ungewöhnlich ... wenn sie damit gut leben kann, dann lass das so laufen und nehmt ihr um Gottes Willen nicht alles ab ... ganz schlecht.

Meine Eltern waren Jahrgang 1929 und 1930. Da kam auch einiges zusammen. Mein Vater war ein Bauernjunge, die haben sich immer selbst versorgt mit allem drum und dran und meine Mutter ein Flüchtlingskind. Meine Oma (Jahrgang 1914) hat bis ich ca.10 Jahre alt war, auch noch bei uns gewohnt. Da hatte ich die doppelte Dosis.

Meine Oma hat noch selbst Quark gemacht - fand ich nicht schlimm. Schlimmer war die Brennesselsuppe, die sie zeitweise gekocht hat - obwohl wir im Osten gelebt haben und z.T. Selbstversorger waren, hätte sie den Kram nicht essen müssen. Wollte sie aber. Wir mussten das nicht. Sie hat auch mal Bettwäsche auf nem Zaun aufhängt.

Butter war ein hohes Gut zu Kriegszeiten und auch danach, super zum Tauschen geeignet. Meine Eltern haben sich auch immer fingerdick Butter aufs Brot geschmiert - buah, gruselig. Mit dem Verbrauch würden wir uns hier todschmieren, jahrelang. Mal von der Horterei abgesehen - hätte ja morgen nix mehr geben können. Ohne 4 Stücke Butter im Kühlschrank ging es nicht.

Wasser zum Spülen wurde nicht gebunkert - bei uns gab es bis 1991 ein Plumpsklo. Aber ich kann Dir sagen, das Samstag, wenn Badetag war und der Badeofen angeheizt wurde,

das in dem letzten Badewasser unsere Wäsche eingeweicht wurde, bevor dann montags alle 4 Wochen Waschtag war ....

Alte Leute sitzen nun mal vermehrt da und machen - nix. Nachdenken, an alte Zeiten denken und wie alles früher war. Vieles, was die Kiegskinder erlebt haben, kommt im Alter wieder hoch und wird dann verarbeitet. Nach dem Krieg war dafür keine Zeit, da haben die aufgebaut und mussten sich ums überleben kümmern. Beschäftige Dich mal mit dem Thema Kriegskinder, gibts ganz iel zu an Literatur.

Geh einfach gelassen damit um. Sie tut keinem weh und diese "Macken" haben schon ihren Grund.

LG, Katrin

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Ach weißt du, jeder Mensch hat seine Eigenheiten. Wer weiß, wie wir mal werden, wenn wir alt sind. Dann wird es sicher etwas anderes sein, worüber die Leute den Kopf schütteln und glauben, man hätte "kein schönes Leben mehr".

vg, m.

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Das was du beschreibt, erinnert mich sehr an meinen liebe Omi und meinen Schwiegervater. Beide gehörten zur Kriegsgeneration und jeder der beiden hatte solche Eigenarten wie deine Schwiegermutter. Meine Omi erklärte mir einmal, dass nur jemand der im Krieg gelebt hat und Hunger gelitten hat das verstehen könne. Dem Stimme ich zu, denn ich war nicht im Krieg und weiss nicht wie es ist, jeden Tag ums überlebenden zu kämpfen. Ich weiss nicht wie es ist, das Essen, sofern welches da ist zugeteilt zu bekommen. Ich lebe zu einer Zeit in der es alles im Überfluss gibt. Ich denke, man wird diese Generation nicht mehr andern können, zumal sie ja auch immer kleiner wird. Lass deine Schwiegermutter machen, sie ist glücklich mit dem was sie hat und weiss das zu schätzen. Meine Omi hätte es nie anders haben wollen. Sie war nun mal so.

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So extrem kenne ich das zwar nicht, aber der eine oder andere Aspekt kommt mir schon bekannt vor. Ich habe meinen Eltern zur "leinernen" Hochzeit (35 Jahre) mal neue Küchenhandtücher geschenkt, weil die alten schon ziemlich verschlissen waren - die liegen jetzt, wo es auf die Goldene Hochzeit zugeht, immer noch fein säuberlich in der Schublade und werden aufgespart ... und es wird auch jeder Rest aufgegessen.

Dass sie keine Hobbys hat, ist ein ganz anderes Thema, aber auch da wird man eine 85jährige nicht mehr in ihren Gewohnheiten ändern. Lasst sie ihre letzten Jahre so leben, wie sie es gewöhnt ist und wie sie es möchte. Für Dich sieht es aus, als ob sie sich das Leben schwer macht oder sich Dinge nicht gönnt - ihr vermitteln ihre Rituale wohl die Sicherheit, die sie braucht.

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Ach ja - "nur so dasitzen ohne Berieselung" wird heutzutage sehr teuer als Meditation und Wellness "verkauft" - sie macht das auf ihre Weise gratis ;-)