Beerdigung: Hingehen oder nicht?

Der Vater meiner Halbschwester ist gestorben und ich weiß nicht, ob ich zur Beerdigung gehen soll.

Hier mal die Fakten:
- Mein Mann und ich versuchen immer zu gehen, wenn es die nahen Angehörigen von Verwandten oder guten Freunden sind. Wir waren auch bei der Beerdigung der Mutter meiner besten Freundin und bei denen der Schwiegereltern seiner Geschwister.

- Der Vater meiner Halbschwester ist mein Erzeuger
- Ihr Vater hat es ziemlich lange geschafft, zu verheimlichen, dass es mich gibt. Meine Halbschwester war 9, als sie von mir erfahren hat.
- Als sie 14 war (ich 28) hat sie den Kontakt gesucht (sehr beharrlich, bis ich nachgegeben habe). Anfangs war der Kontakt sporadisch, mittlerweile regelmäßig
- Ich bin die Patentante ihrer Tochter
- Ich habe meinen Erzeuger bei ihrer Hochzeit (etwa 60 Leute) und bei der Taufe (etwa 20 Leute) gesehen und er hat mich ignoriert
- Ich habe ihm nicht verziehen, dass er meine Mutter sitzen lassen hat, als sie nicht abtreiben wollte und ich werde es auch nicht tun

Was würdet ihr tun?

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Wenn Du nicht gehen willst, um Dich von ihm zu verabschieden (aufs Grab spucken wird ja vermutlich die anderen Trauernden schockieren), dann bleibt ja nur der Grund, Deiner Schwester beizustehen. Ob Dir das wichtig ist, oder ob sie jemanden hat, der diese Rolle viel besser ausfüllt als Du, kannst nur Du wissen.

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Danke für deine Antwort.
Sie 'braucht' mich wahrscheinlich nicht. Sie hat 2 Brüder, einen Mann, gute Freundinnen, die wahrscheinlich auch kommen werden, ihre Mutter (die Eltern sind getrennt).
Ich weiß, dass es ein Verlust für sie ist, auch wenn ihr Vater lange gelitten hat. Auch wenn sie wahrscheinlich nicht viel mit mir reden wird, möchte ein Teil von mir gerne hingehen, um ihr zu zeigen, dass ich für sie da bin und sie als meine Halbschwester sehe, nicht als die Tochter meines Erzeugers.

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"dass ich für sie da bin und sie als meine Halbschwester sehe, nicht als die Tochter meines Erzeugers. "

Würden ihre Brüder, sie das auch so spüren lassen oder wäre es für sie ok?

Von - sie fangen eine prügelei an oder verletzen sie massiv, weil du da bist -
über - sie haben Anstand genug und es ist ok für sie -
bin hin zu - sie sind froh, dass du auch da bist, weil es ein familiärer Frieden werden könnte,

kann ich mir alles vorstellen, weil ich sie nicht kenne.

Auf Beerdigungen können Emotionen hoch kochen.
Manche schaffen es trotz Trauer Anstand den anderen Hinterbliebenen gegenüber zu wahren, andere nicht.

Ja, ich gehe auch oft wegen hinterbliebener hin
und auch wenn ich den/die Verstorbenen kenne/kannte, mir wichtig ist.

Letzteres tue ich dann für mich, nur für mich.
Allerdings checke ich dann ab, wie weit ich einen Konflikt auslöse oder nicht.
Ich handle so, wie es für mich wichtig ist
und so, dass ich den Anstand anderer Hinterbliebener wahren kann.

Gehe für Hinterbliebene, achte ich darauf, wie ich mich fühle.
Und auch wie ich auf andere wirke. Z.B. ob Hinterbliebene eher der Meinung sind, dass es die letzte Ehre ist und jeder freien Zugang hat und jeder willkommen ist, der würdevoll Abschied nehmen möchte

oder eher ob es innerfamiliär/innerkreislich brodelt, Zwist gibt (offen oder unterschwellig) und dann etwas platzen könnte, weil....
jemand nicht dazu gehört
jemand sich zu lebzeiten nicht gekümmert hat und dann auf trauernd macht (Anwesenheit reicht schon)

Wie war es auf der Taufe: wurdest du geduldet, ignoriert, ausgeschlossen?
Könntest du damit umgehen, wenn es auf der Beerdigung wieder so wäre. Nur u.U. explosiver?

Könnten die Brüder eurer Schwester die Familie kündigen, wenn du zu ihr stehst? wären sie eher froh, wenn sie Beistand hat?
Müsste sie sich zwischen zwei ihrer Familien entscheiden (Schwester vs. Brüder)? Würde sie vor die Wahl gestellt werden? Vorwürfe, sie würde den Vater nicht lieben, wenn sie zu dir hält? Gar ihn verachten, weil sie dich nicht auch verleugnet?


Es gibt so viele verschiedene Möglichkeiten wie Emotionen auf Beerdigungen sein können.....
daher würde ich ganz klar die Stimmung der Taufe/Feste noch mal anspüren und auch deine Schwester fragen

- wie stellt sie sich den Tag vor -

ohne Wertung ohne direkte Angebote. Erst mal so, dass es wirklich nur um sie geht. So dass sie nicht zwischen den Stühlen sitzt und meint, sie müsst es dir ermöglichen.

So, als wärst du eine gute Freundin, die ihn nie kannte/die Familie nicht kennt, sie nach IHREN Bedürfnissen fragen ....

und dann herantasten, was ihr gut tun würde, was für dich möglich ist.
Von du bist dabei, über du bleibst im Hintergrund vor Ort, über Unterstützung für die Kinder, bis hin zu, du bist am Tag selbst nicht anwesend, dafür in den anderen Tagen für sie da.

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Du gehst nicht wegen deines Vaters zu seiner Beerdigung.
Der ist tot.
Der kriegt nicht mit, ob du kommst oder nicht.
Der kriegt auch nicht mit, dass er begraben wird.
Aber deine Schwester kriegt mit, dass du sie allein lässt, weil du ihrem Vater Fehler über seinen Tod hinaus nachträgdt.

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>>>...weil du ihrem Vater Fehler über seinen Tod hinaus nachträgdt.<<<

Das wäre aber ihr gutes Recht. Warum sollte die TE ihre Empfindungen und Erfahrungen gegenüber der Halbschwester hinten anstellen indem sie nur deren Belange berücksichtigt? Kann sie, ja. Wer will ihr aber verdenken, dass sie ihre Erlebnisse nicht wie ein Froster wegsteckt?

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Hm.....

geht es dir um ihn als Erzeuger: nicht hingehen.

Oder aber du sagst ihm im Stillen ein letztes Mal, wie dich sein Verhalten gekränkt hat, er für sich vielleicht Gründe hatte, vielleicht kannst du jetzt, da er nicht mehr ist, damit abschließen. Dieses "letzte Gespräch" kannst aber natürlich such ein paar Tage/Wochen später am Grab führen.

Oder geht es dir um deine Halbschwester, ihren Verlust? Dann möchtest du ihr vielleicht beistehen?

Die Antwort kannst nur du selbst finden.

Alles Gute!

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Zur Beerdigung selbst würde ich nicht gehen.
Man muss nichts vorheucheln was nicht da ist.
Aber ich würde irgendwann später ans Grab gehen, eine Kerze anzünden und mit der Vergangenheit abschließen.

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Ich würde auch wenn ihretwegen gehen, nicht wegen ihm oder mir.

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Trotzdem bin ich der Meinung, dass sie für dich ebenfalls Verständnis mitbringen sollte.

Sie hat doch noch andere Familienmitglied er, die sich gegenseitig beim Begräbnis unterstützen.

Hätte sie niemanden, könnte ich noch verstehen, dass du sie begleiten willst.
Würde ich auch als großen Schritt von dir empfinden. Aber so finde ich musst du dich nicht unnötig quälen.

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Hi, die Entscheidung kannst nur du treffen. Ich würde wohl für deine Halbschwester hingehen, ihr beistehen und das Grab in dem Fall ignorieren. LG

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Hingehen, wenn es für deine Halbschwester wichtig ist, der stehst Du scheinbar nah. Allerdings nur, wenn Du es schaffst neutral und ihr eine Stütze zu sein. Man muss Toten nichts Positives andichten, aber man darf andere nicht in ihrer Trauer verletzen indem man Negatives an so einem Tag abrechnet.

Nicht hingehen, wenn es hier nur um ihn als Erzeuger geht, dann sehe ich keinerlei Grund zur Beerdigung zu gehen.

LG Ana

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ICH gehe nicht immer nur wegen dem Verstorbenen, sondern meist wegen den HINTERBLIEBENEN, die mir am Herzen liegen.#schein

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Wünscht sich deine Schwester deinen Beistand? Sprich doch offen mit ihr, sie wird sicher verstehen, dass es dir schwerfällt und warum, oder?

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Danke für deine Antwort. Ich habe auch schon überlegt, mit ihr zu reden, aber sie war schon viel zu oft in so einer Situation, wo sie zwischen allen hin und her gerissen wurde. Sie musste sich auch vor ihrem Vater und ihren Brüdern oft für den Kontakt rechtfertigen.
Ihr zuliebe möchte ich eigentlich schon hingehen, sonst würde ich gar nicht darüber nachdenken. Bei der Taufe meiner Patentochter habe ich mich ziemlich fehl am Platz gefühlt.
Sie hat noch zwei Brüder, die nie Kontakt wollten, ihre Mutter hat sich von ihrem Vater getrennt, als sie herausgefunden hat, dass es mich gibt.

Der Tod war (sagt sie) eine Erlösung für ihren Vater. Er war lange krank.

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Verstehe, das ist natürlich auch für sie alles traurig. Hat sie denn sonst jemandem, der ihr beistehen wird?
Ganz abgesehen von der thematik, wäre es sicher gut für dich und dein Seelenheil, wenn du deinen Frieden mit der Geschichte machen könnest, ganz vielleicht würde Dir die Beerdigung dabei sogar helfen? Du würdest sehr viel Größe zeigen, wenn du hingehen würdest. Vielleicht wärst du danach sogar befreit und stolz auf dich? Dein Mann würde dich begleiten? Wenn du das Gefühl hast, es würde dich zu sehr aufwühlen und es nicht übe dich bringst, würde ich tatsächlich Fernbleiben. Deine Schwester spürt dein unbehagen sicher auch. Falls du do v dagegen entscheidet solltest du es ihr aber schon erklären und fragen, was du sonst für sie tun kannst, wie du ihr anderweitig beistehen kannst. Trauer endet ja nicht bei der Beerdigung. Alles gute

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Er ist also nicht nur ihr sondern auch dein Vater ?

Der Mann ist tot und es ist ihm mit großer Gewissheit inzwischen egal ob du da bist oder nicht! Vielleicht denkst du einfach ein bisschen weniger an Dich! Daran was DU nicht verzeihen willst, daran wie DU empfindest obwohl nicht DU geschwängert und sitzen gelassen wurdest! Vielleicht denkst du einfach mal an deine Schwester !! Und bist für sie da!!

Und ganz ehrlich ... du hast gar kein Recht sauer auf den Mann zu sein! Wie gesagt bist nicht DU sitzen gelassen worden nachdem man dich geschwängert hat sondern deine Mutter! Und auch nur die hat recht auf ihn stinkig zu sein!

****vom urbia-Team editiert, bitte bleib sachlich****

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Ich finde schon, dass man enttäuscht von seinem Erzeuger sein darf, wenn der sein eigen Fleisch und Blut verleugnet.
Er hätte sich ja trennen können und trotzdem für seine Tochter, die TE, sorgen können.

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Ach so und ein Kind, dass nie einen richtigen Vater hatte, sogar noch über Jahre verleugnet wurde hat keinen Grund sauer zu sein?
Das hat rein gar nichts mit Egoismus zu tun und wenn, dann war der Vater ein Egoist.
Die eine Tochter lässt er im Stich und die andere nicht? Er hätte die Mutter ja trotzdem verlassen können, aber ein richtiger Mann kümmert sich um sein Kind.

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