Psychiatrische Erkrankung der Mutter des Freundes

Bin gespannt – was würdet ihr tun?

Beim ersten Elternabend meiner Söhne habe ich erfahren, dass eine Mutter eines Mitschülers uns als Familie schon quasi seit der Geburt der Kindern beobachtet. Sie kann 100 Situationen sagen was wir wo wann wie mit wem was wo getan haben und ich war ehrlich gesagt ziemlich überrascht, sie hat uns quasi gestalkt … Dann stellte sich heraus, dass sie durchaus so durchgeknallt interessant ist, dass wir einfach miteinander gesprochen haben.
Dabei habe ich erfahren, dass sie sich selbst im falschen Körper empfindet und eigentlich ein Mann ist und ihre großen Probleme mit der katholischen Kirche, zu der sie sich sehr hingezogen fühlt und so weiter und so weiter.

Ich war auf der einen Seite neugierig auf der anderen Seite tut sie mir sehr leid/wollte ich helfen und ich habe ihr viele Stunden zugehört. Dabei wurde ihr Redefluss beziehungsweise GedankenStrom immer wieder wirr, ich habe es aber nicht richtig realisiert.

Wenige Tage nach unserem längsten und intensivsten Gespräch Kam dann die Hilfeschrei – sie hat sich selbst in der Psychatrie eingewiesen und irgendjemand musste sich um den Jungen kümmern, weil sie den Vater im Krankenhaus gebraucht hat. Dabei wurde ich voll mit ihr konfrontiert in der Notaufnahme. Hochgradig psychotisch.

Habe sie in den kommenden Wochen mehrfach auf der geschlossenen Station besucht und sehr viel erfahren. Nach vier Monaten war die manische Phase vorbei und sie fiel in eine Depression. Insgesamt war sie zehn Monate stationär in der Psychatrie.
Damals war ihr Sohn in der ersten Klasse. Heute ist ja ein sehr guter Freund unserer Kinder. Er kommt (außerhalb der Corona Zeit) jeden Morgen vor der Schule circa 1 Stunde zu uns. Zu Hause wäre er nicht versorgt und so muss er nicht in die FrühBetreuung.

Die Mutter wurde zunehmend unverschämt, aggressiv. Sie nimmt ausschließlich, sie würde niemals jemand anderem etwas geben.
Wir haben für uns beschlossen, dass wir uns engagieren für den Jungen, ihm etwas Stabilität geben, dass wir uns von ihr aber weitgehend distanzieren – was Durchaus schwer ist, weil wir zahlreiche Berührungsviertel im Viertel und in der Kirchengemeinde haben.

Nun plötzlich vor wenigen Tagen meldet sie sich bei mir. Ich habe eine Geburtstagsfeier abgesagt, zu der die Familie auch eingeladen war. Innerhalb von wenigen belanglosen Nachrichten begann sie mir zu berichten was sie jetzt alles tun würde um ihre Transsexualität auszuleben. Wann welche Therapie und Operation anstehen würde. Dass sie ihren Kindern ihren neuen MännerNamen genannt hat. Wir haben uns darüber ausgetauscht wie ihr Sohn reagiert hat… Das Gespräch schlug dann plötzlich um und sie berichtete von ihrer Ruhelosigkeit und dass sie mehrere Tage nicht geschlafen hat und es wurde mir zunehmend bewusst, dass sie wieder in die psychotische Richtung tendiert. Habe ganz vorsichtig angedeutet, ob sie mal wieder mit ihrem Psychiater gesprochen hätte.… Funkstille… 2 Stunden später schrieb sie mir, dass sie jetzt in die Psychatrie fahren würde und sich wieder stationär einweisen würde.
Seither bombardiert sie mich mit hunderten Nachrichten, hochgradig psychotisch. Sie ist übrigens der heilige Geist, nein jetzt doch Jesus, sie unterstellt mir Maria Magdalena zu sein und es ihr nicht verraten zu wollen .... Habe irgendwann mal aufgehört zu antworten und wurde dann aus übelste beschimpft, dass ich die Freundschaft ihres Sohnes irgendwie gefährden würde (das war überhaupt gar kein Thema)

Und jetzt stehe ich hier und frage mich, wie ich das meinen Kindern verkaufen. Ob ich es meinen Kindern erklären.

Vor zwei Jahren durfte der damals siebenjährige Sohn nicht wissen wo die Mama neun Monate war – komischerweise hat er sie da besucht. Der ist doch nicht doof, der muss das doch verstanden haben!
Jetzt sagt sie ihm, dass sie ein Mann ist und wird kurz darauf Wieder m in der Psychatrie eingewiesen.

Ich habe das Gefühl, ich müsste meinen Söhnen irgendwie vorbereiten eine Hilfestellung geben wie sie mit ihrem Freund umgehen sollen, falls der das anspricht. Dass sie sensibel damit umgehen sollen und ihn nicht fragen wo die Mutter denn schon wieder ist. Und und und

Was würdet ihr tun?

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Ich würde es glaube ich erst ansprechen, wen es wirklich akut und offen Thema wird durch den Sohn der Frau.

Und dann eben sagen, das die Mama krank ist und manchmal Hilfe braucht um wieder gesund zu werden. Das ihre Gedanken dann durcheinander werfen, wie im Karussell und sie Hilfe braucht um dieses einzuhalten.
So würde ich das machen.

Ich finde mega gut, das du für sie und ihren Sohn da bist, gerade weil psychisch erkrankte Menschen oft abgelehnt bzw nicht ernst genommen werden.

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Du meinst es darauf ankommen zu lassen, dass meine Jungs ihren Freund fragen warum seine Mutter schon wieder über mehrere Monate (Davon gehe ich jetzt mal aus) nicht zu Hause wohnt und irgendeine andere Frau sich um ihn und die kleine Schwester kümmert?
Fällt mir ehrlich gesagt ziemlich schwer.

Die andere Seite – das möglicherweise falsche Geschlecht (ich Maße mir nicht an es richtig ein zu ordnen, ob dies zum Teil ihrer psychiatrischen Erkrankung gehört oder ob möglicherweise sogar ihre psychiatrische Erkrankung aufgrund ihres falschen Körpers verursacht wurden. Dafür gibt es Profis) Finde ich psychologisch fast noch schwieriger für die Kinder.
Können Kinder sensibel genug sein? Empathisch reagieren?

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Ach so .. also konkret war sie das letzte Mal 4 Monate manisch dann 4 Wochen daheim und dann wieder 5 Monate in Depression bzw Medikamenteneinstelung stationär ...

Ich begegnete gestern dem Ehemann - der bedankte sich, dass ich sie geschupst hatte ... wusste gar nicht wie antworten!

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Schlimm so eine Erkrankung. Einfach ist das sicherlich nicht.

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Ich bin immer für offenen, aber auch kindgerechten Umgang mit psychischen Erkrankungen. Also würde ich deine Kinder auf die Situation vorbereiten. Und ich würde mit dem Vater noch mal reden. Es gibt Gruppen für Kinder von psychisch kranken Eltern. Diese Gruppen werden von Psychologen begleitet und helfen den Kindern besser mit der Erkrankung des Elternteil umzugehen. Vorallem merken sie da, dass sie nicht alleine damit sind. Vielleicht lässt der Vater doch mit sich reden und der Freund deiner Kinder bekommt Hilfe.

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Das letzte Mal wurden nicht mal die Lehrer informiert - und das obwohl eine fremde Frau (Haushaltshilfe) plötzlich das Kind täglich von der Schule geholt hat ....ixh bezweifle sehr, dass die das machen ... aber hast recht - ein Versuch wär es wert.

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Hallo

ich finde das ganz toll, was und wie du es machst. Momentan scheint ihr ein wichtiger Stabilitätsfaktor im Leben des Jungen zu sein.
Auf die momentanen psychotischen SMS nicht zu antworten, ist das einzig richtige, die Frau ist hochgradig krank.

Falls Ihr weiterhin bereit seid, die Familie zu unterstützen und der Vater des Kindes zugänglich ist (so schien es ja), wäre es - je nach aktueller Zurechnungsfähigkeit mit dem Einverständnis der Mutter - ggf. auch möglich ein "Familien-Gespräch" in der Psychiatrie zu führen, bei dem Du mit dabei bist und mit dem entsprechenden Sozialdienst verschiedene mögliche Wege aufgezeichnet werden. Schliesslich scheinst du ja eine sehr wichtige Person im Leben dieser Familie (andere Kinder?) zu sein. Hier könntest Du wichtige Inputs erhalten und auch diese Verantwortung für den Jungen zumindest auf weitere - professionelle - Schultern abgeben. Dieses Kind gehört begleitet.

Zu deinen Kinder wäre ich offen: Die Mama von "Peter" ist im Moment schwer krank; es ist eine Krankheit, die sieht man von aussen nicht so gut wie ein gebrochenes Bein, ist aber genauso schlimm und die Frau kann nichts dafür. Die Krankheit macht, dass man manchmal ganz komische Ideen hat, nicht mehr weiss, was wahr ist und was nicht (wie in einem Traum) und einem manchmal viel zu lustig und dann wieder ganz traurig macht. Für diese Krankheiten gibt es ein Krankenhaus, wie es auch Krankenhäuser für Leute mit Augen-, Ohren-, Kinderkrankheiten etc. gibt. Und da ist die Mama des Freundes nun halt, bis es ihr besser geht. Da im Moment eine instabile psychotische Situation besteht, wird die Transsexualität mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht im Vordergrund stehen. Hier würde ich wahrscheinlich warten, dies zu thematisieren, bis die Kinder auf mich zukämen. Finde das auch allgemein ein guter Punkt, wo man mit einem 9jährigen durchaus schon anknüpfen kann - an Liebe zwischen Mann und Frau, gleichgeschlechtlich, Geschlechtsidentität - ohne da zu stark auf die sexuelle Ebene einzugehen.

Wir hatten den schwulen Patenonkel der Kinder nach einem Suizidversuch und Entzug ein halbes Jahr bei uns fest im Haus. Die Bedingung damals war für uns eine Begleitung durch die Psychiatrie - das hat sehr gut geklappt. Unsere Kinder haben das sehr gut begriffen, dass "Rainer" deshalb manchmal so komisch oder auch so traurig ist, weil er krank ist. Und für sie ist es auch völlig selbstverständlich, dass Rainer nicht die Renate an seiner Seite hat, sondern den Ulli. Ich denke, wir Erwachsenen machen uns da zum Teil ganz andere Gedanken und sind nicht ganz so freidenkend wie die Kids.

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Das hast du aber wirklich super toll erklärt! nehme ich mir zu Herzen.
Vielen lieben Dank für deine Gedanken und deine Zeit!

Bezüglich der Transsexualität denke ich eigentlich, dass zumindest meine Jungs eine Idee davon haben. Hatten es schon mehrfach von nicht-norm-hetero-mono Lebensentwürfen – ihr Onkel ist zB schwul, das war nie aufregend.
Trotzdem ist es was anderes es theoretisch zu wissen, dass ein Mann im Rewe Frauenklamotten trägt oder eben die Mutter des Freundes denkt ein Mann zu sein (und ein Kind sicher noch weniger unterscheiden kann zwischen „denkt sie ist ein Mann“ und „denkt sie ist der Heilige Geist“) - und mir wärs wichtig grundlegend zu klären, dass transsexuelle Menschen möglicherweise (zusätzlich?) aber eben nicht definitiv grundlegend psychiatrisch erkrankt sind!

Ach ich mach mir vermutlich zu viel Sorgen