Mütter heute, mütter früher

Hallo liebe urbiafrauen,
Ich bin Mama von einem Kind. Und manchmal stoße ich an meine Grenzen, vor allem, wenn ich viel mit meinem Kind alleine bin.
2x habe ich bisher meine Mutter angerufen, um mich kurz( für eine Stunde) zu entlasten. Mache in der Stunde meinen Haushalt wieder in Ordnung.
Dabei kommt natürlich die Diskussion auf, sind mütter heut zu Tage schneller überfordert? Meine Mutter behauptete, ihr sei es nie so gegangen.
Ich kann mich allerdings erinnern, dass meine Mutter viel geschrieen hat und auch uns alleine gelassen hat. Auch weiß ich noch, dass sie mich abends ins Bett gebracht hat und einfach so lange weinen lassen hat, bis ich eingeschlafen bin. An einmal kann ich mich gezielt erinnern.
Sie sagt, dass hat euch auch nicht geschadet. Ich sehe das etwas anders. Ich glaube, unser komisches Verhältnis liegt mit daran.
Wie seht ihr das? Bitte gebt mal so eure Sicht der Dinge wieder. Noch spannender wäre es von Müttern mit großen Kindern zu hören, war es früher einfacher?

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Ich persönlich glaube auch daran, dass heute viel mehr Druck auf Eltern ausgeübt wird. Das machen zum Teil die Medien, aber auch das Internet wie Urbia. Ich bin gerne bei Urbia, allerdings erwische ich mich immer wieder, wie ich über Beiträge nachdenke.
Kommentare über „was darf man und was darf man nicht“
Besonders wenn man selber etwas „Falsch“ gemacht hat und dann überall bei Urbia ließt, dass es höchst schädlich für das Kind ist. Zack macht man sich Gedanken. Das setzt einen zusätzlich unter Druck, sowas gab es früher nicht. Mir fallen so viele Sachen ein, über die vor 20 Jahren keiner nachgedacht hat und die einfach gemacht wurden

- Das Kind darf auf keinen Fall mit irgendwelchen Badezusätzen gewaschen werden
- Das Kind darf auf keinen Fall mit Zigarettenqualm zutun haben oder in eine Raucherwohnung
- Das Kind darf nicht in ein Gehfrei oder an ein Lauflernwagen
- Das Kind darf nicht hingesetzt werden oder an den Händen laufen, wenn es das noch nicht selber kann
- Das Kind darf ausschließlich in einen Kindersitz, der von den Zwergperten für gut empfunden wurde
- Das Kind darf nur in eine Trage, die von einer Trageberatung abgenommen wurde
- Du musst das Baby rund um die Uhr beschäftigen, kuscheln, tragen, auf deinen Bauch schlafen lassen, zur Stillberatung gehen... So die Meinung heutzutage!

usw.

Ich bin absolut gegen schreien lassen, aber auch das war früher fast normal.

Und die Regeln fangen schon in der Schwangerschaft an ✔️

Ich glaube das wir deshalb oft erschöpft und fertig sind.

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Hallo,

Ich denke die Ansprüche an Kindererziehung sind heute einfach ganz andere. Es gibt mittlerweile Erkenntnisse dazu, dass Schreienlassen schädlich ist, da ein Baby in der Situation Angst hat und gestresst ist. Systematisches Schreienlassen beeinträchtigt die Bindung zwischen Bezugsperson und Kind, und Bindung im Kindesalter beeinflusst das Explorationsverhalten und die Fähigkeit, als Erwachsener Beziehungen aufzubauen.

Wenn man sein schreiendes Kind einfach „wegpackt“, um sein eigenes Pensum zu erledigen und der Ansicht ist, dass das nicht schadet, dann fühlt man sich vielleicht nicht so schnell überfordert.

Nichtsdestotrotz ist mir aufgefallen, dass die Verunsicherung gerade bei Erstlingsmüttern enorm ist, teilweise auch aus Mangel an Verständnis davon, was Bindung zwischen Kind und Bezugspersonen ausmacht. So erfreulich es ist, dass Eltern versuchen, feinfühlig auf die Bedürfnisse ihrer Babys einzugehen, so ist es dennoch kontraproduktiv, wenn sie sich völlig fertigmachen, weil sie befürchten die Bindung zerstört zu haben, weil sie zufällig grad unter der Dusche waren, als das Kind wach wurde und es deswegen kurz meckern musste. Hier ist meiner Ansicht nach ein differenzierteres Verständnis dessen, was Bindung und was darauf einen Einfluss hat, notwendig, um zu verhindern dass Eltern Ansprüche an sich stellen, an denen sie nur scheitern können.

LG

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Ich denke, dass jeder eine andere individuelle Belastungsgrenze hat - damals wie heute. Nur hat es sich damals halt nicht "gehört" das offen zu äußern.
Letztens sagte eine KK-Mitarbeiterin höheren Alters zu mir, dass die Kosten für die Haushaltshilfe immens zunehmen und dass es "sowas früher nicht gab". Früher hätten die Frauen das 6. Kind mal eben zwischen Fütterung der Tiere und der Feldarbeit "geschmissen" und danach ging die Arbeit weiter.

Ja, mag ja sein. Aber war das auch gut so? Sicher nicht. Ich will nicht wissen, wie viele Frauen davon körperliche Schäden bspw. durch Infektionen und/oder psychische Schäden bspw. durch Wochenbettdepression durch die fehlende Schonung und fehlenden Aufbau der Mutter-Kind-Bindung davon getragen haben. Aber es gehörte sich eben nicht zu "jammern" bzw. auszusprechen, dass man nicht mehr kann.

Heutzutage müssen Frauen aber i. d. R. auch nicht mehr sämtliche Lebensmittel selbst anbauen und die wenigsten Familien schlachten ihre Tiere, um sie zu essen. Damals war das aber überlebenswichtig. Sprich es war ein ganz anderer Druck da, denn man konnte eben nicht schnell im Supermarkt einkaufen gehen oder gar online bestellen, sodass man nicht mal außer Haus musste.

Ich finde es schade, dass manche ältere Generation kein Verständnis zu haben scheint und bin mir sicher, dass die Leute, die jetzt sagen "früher gabs das nicht" eben früher auch irgendetwas an der älteren Generation gesehen haben, was anders war.

Aber über all dem steht m. M. n. immer noch die individuelle Belastbarkeit des einzelnen Menschen. Und darüber hat niemand zu urteilen.

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Super geschrieben! Ich möchte mich anmerken, dass nicht nur die Frauen, sondern auch die Kinder physisch und psychisch gelitten haben. In meinem Bekannten- und Umkreis stelle ich sehr häufig fest, dass sich vor allem Menschen im Alter von 40-55 Jahren das Leben nehmen. Ich meine zu glauben, dass es auch an den damaligen Zuständen, wie du sie beschrieben hast, liegen könnte.

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Ich bezweifle ganz stark, dass die Frauen damals mehr Nerven als heute hatten. Ein Argument könnte hierfür schon allein das mangelnde Vorhandensein von Abwechslung darstellen. Damals gab es weniger Angebote bei denen Frauen einfach mal Frauen sein konnten - bspw Fitnessstudio, langer Friseur- und Kosmetikbesuch, etc. Auch war die Geburtenrate damals noch höher. Meine Mutter hatte 3 Geschwister. Ich habe auch 2. 3-4 oder sogar 5-6 Kinder waren damals noch normal - natürlich zerrt das ordentlich an den Nerven.

Zumindest ist das jetzt mal meine Logik 😅

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Ich glaube nicht per se, dass Mütter heutzutage schneller überfordert sind. Dennoch glaube ich, dass einige an ihren eigenen Ansprüchen scheitern und viele Mütter das Gelingen und Geschick ihrer Kinder ständig kontrollieren wollen.

Ich kann mich z.B. nicht erinnern, dass während meiner Kindheit so derart viele Kinder bei der Logopädie, Ergotherapie, Gesprächstherapie, in zig Vereinen, Musikschule, Förderkursen und was weiß ich was waren. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass sich Mütter immer für alles verantwortlich fühlten. Soortbeutel vergessen, keine Hausaufgaben gemacht, schlechte Noten geschrieben? Dafür war das Kind verantwortlich und die Mütter haben nicht super engagiert den halben Nachmittag mit Hausaufgaben und Bastelangeboten verbracht.

Früher liefen Kinder vielleicht eher mit, wurden selbstständiger und selbstverantwortlicher erzogen.

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Ja das habe ich auch schon gedacht. Vor allem weil man mehr Kinder hatte, war man nicht so konzentriert auf ein Kind.
Aber ich erwische mich auch immer bei dem Gedanken: was? das Kind kann nicht zb Raketen bauen. Was hat die Mutter nur falsch gemacht? Niemals habe ich gedacht, das muss am papa liegen. Und wenn mein eigenes Kind etwas nicht kann, denke ich auch gleich, da habe ich versagt.

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Ich finde den Satz, dass Mütter heute oft an ihren eigenen Ansprüchen scheitern oder verzweifeln sehr richtig.
Ich denke manchmal, wir (ja, ich schließe mich ein) sind einfach über-informiert. Jedes Detail wird bis ins Kleinste recherchiert - ob das den perfekten Autositz betrifft oder den leichtesten Lauflernschuh. Da geht es um Nuancen, die aber ewig den Geist beschäftigen.
Dazu die ständige Präsenz von direkten oder indirekten Erziehungstipps in den (sozialen) Medien und aus dem Umfeld. Werbung die suggeriert man müsse das, Influencer behaupetet jenes und die ehemalige Mitschülerin, die man 15 Jahre nicht gesehen hat, postet noch eine Weisheit. Und hatte die Hebamme nicht das Buch empfohlen? Aber beim Pekip hieß es doch... Muss ich nicht noch jene Förderung anstoßen? Ist der Kinderarzt wirklich Experte auf dem Gebiet - das Forum sagt doch...
Dann ist da noch die ältere Generation mit ihren Tipps und irgendwo dazwischen man selbst.
Und nicht zu vergessen, dass man sich ja auch in seiner Rolle als Frau ständig hinterfragen und neu definieren muss.
Es ist einfach sehr viel und was auf der Strecke bleibt ist sie Intuition, weil man einfach immer das Gefühl hat, etwas zu vergessen oder zu verpassen und nicht das Optimum (für sich und das Kind) zu erreichen...

Das war früher (übrigens ein sehr dehnbarer Begriff - vor 10, 25, 50, 100 Jahren?) sicher anders. Anders, nicht besser. Da waren es andere Probleme und es gab andere Lösungsstrategien. Einen Vergleich finde ich daher unmöglich, wenn nicht gar sinnlos.

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Meine Mutter hat 4 Kinder grossgezogen.
Ich bewundere sie sehr, wie sie das alles gemacht hat. Mein Vater hat viel gearbeitet. Bei uns gab es immer ein warmes Essen mittags und abends. Die Wäsche war gewaschen und gebügelt. Das Haus war sauber. Manchmal hatte einer von uns einen Zahnarzttermin und wir mussten dann alle mit. Wir sind dann zu Fuss 3km gelaufen und zurück. Das nur als Beispiel..

Ich weiss echt nicht wie meine Mutter das immer alles geschafft hat!! Ich weiss aber, dass sie 2mal plötzlich umgekippt ist vor Müdigkeit znd Erschöpfung.
Also es war alles andere als einfach.

Übrigens hat sie uns nie schreien lassen oder uns vernachlässigt. Jedoch hatte sie tatsächlich sehr wenig Zeit um mit uns zu spielen. Aber wir hatten ja uns als Geschwister. :)

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Ich denke so pauschal gibt es nicht DIE Mutter von früher und DIE Mutter von heute. Ich weiß zwar in etwa, worauf du hinaus willst, aber ich denke, da gibt es nichts zu vergleichen.

Ich bin in einem liebevollen Haushalt groß geworden und meine Eltern haben mich und meinen Bruder so erzogen, wie es damals üblich war. Sicher nach bestem Wissen und Gewissen. Weder Töpfchentraining, noch Schreien lassen, noch frühes Arbeiten meiner Mama (noch Gehfrei, noch steinharte Schuhsohlen, noch Polyesterkleidung,... beliebig fortsetzbar) haben mir oder unserer Beziehung geschadet. Und Oma und Uroma haben auch noch ständig mitgemischt in der Erziehung, gleichzeitig aber auch entlastet. Geld hatten meine Eltern kaum aber haben neben der Arbeit viel Wert auf Familienzeit gelegt.
Meine Kinder wachsen unter ganz anderen Bedingungen auf, gleichzeitig ist auch vieles ähnlich. Auch wir erziehen nach bestem Wissen und Gewissen aber ob das in 15-20 Jahren noch als richtig gilt? Ich bin oft überfordert, aber weniger in meiner Mutterrolle an sich, sondern eher von den vielen, vielen Herausforderungen des modernen Alltags. Die Omas wohnen weit weg 😭. Entlastung gibt es dadurch nie spontan, nur geplant zu Ferienzeiten... Wir haben dafür mehr Geld und die Möglichkeiten uns eine Meinung über verschiedene Erziehungsstile zu informieren...

Ach, diese Thematik ist so umfassend und letztlich komm ich doch immer wieder auf meinen ersten Absatz zurück. Verallgemeinern lässtsich hier nichts.

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Hallo,

ich kann natürlich nur für mich bzw. mein Kindheit sprechen, meine Mutter bzw. meine Eltern waren öfter überfordert, haben geschrien und auch geschlagen.
Es wurde weniger geputzt und aufgeräumt, mit uns wurde nicht gespielt, häufig waren wir uns selbst überlassen, gelernt bzw. Hausaufgaben haben wir überwiegend alleine gemacht. Meine Großeltern haben uns sehr oft übernommen, in den Ferien zum Teil für Wochen.
Ich habe natürlich einen anderen Anspruch an unser Familienleben, Erziehung, Förderung, Haushalt und Betreuung als meine Mutter.
Meine Eltern sind auch der Meinung es hätte keinem geschadet, und die Frauen von heute würden nur klagen, sie sehen gar nicht was es bedeutet Familie und Beruf zu vereinbaren.

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Dem stimme ich zu. Bei mir war es ähnlich.
Vorallem auf dem Land hatten die Familien viel Unterstützung durch andere Familienmitglieder. Mehrgenerationenhäuser waren sehr verbreitet. Ich war in meiner Kindheit gefühlt mehr bei meinen Großeltern, als zu Hause. Als ich älter wurde, war ich viel auf mich gestellt.
Meine Kindheit war geprägt durch schreien und durch Schläge, wenn ich nicht "pariert" habe.
Viele Eltern heutzutage haben einfach einen ganz anderen Anspruch an die Erziehung ihrer Kinder und daß ist auch gut so!

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Als mein drittes Kind geboren wurde, war ich vom Vater der Kinder getrennt, knapp 2 Jahre später war er tot.
Ich selbständig, die Kinder mussten früh selbständig werden.
Da hat die Kleine auch nachts mal länger geweint, wenn ich gleichzeitig noch ein anderes Kind hatte was krank war oder mich brauchte, aber deshalb hatte ich nie ein schlechtes Gewissen.
Oder ich war selbst so fertig dass ich mich einfach nicht kümmern konnte.
Dann musste sich auch das Baby mal in den Schlaf brüllen.
Ich bin auch nur ein Mensch, den ganzen Tag arbeiten, drei Kinder, da hab ich keine Energie mehr gehabt auf jedes Bedürfnis der Kinder einzugehen.
Aber ich habe immer geschaut, dass ich nicht ausfalle, wenn ich umgekippt wäre, hätte das den Kindern ja auch nichts gebracht.
Die Große hat mit 8 schon angefangen im Haushalt zu helfen, ich hatte allerdings eine Haushaltshilfe, die das Gröbste erledigt hat.
Am Wochenende hat sie aber schon früh mal was gekocht, war einkaufen etc.
Auch mein Sohn musste früh selbständig werden.
Schule war hier nie eine große Belastung, da ich tagsüber einfach nicht da war und ich auch so nicht die Zeit gehabt hätte, drei Kindern durch die Schule zu helfen.
Die Ansprüche die die Mütter heute an sich stellen sind meiner Meinung nach völlig überzogen.
Einschlafbegleitung, Stillen bei Bedarf, bis das Kind nicht mehr möchte, tragen, bloß keine Fremdbetreuung, der Vater ist auch kaum involviert.
Als Mutter muss man alles selbst hinbekommen.
Ich hatte das nie, hab nicht gestillt, hatte nie den Anspruch meine Kinder in den Schlaf zu begleiten oder nachts ständige verfügbar zu sein.
Mutterschaft hat heute was von Aufopferung.
Es wird als Voraussetzung angesehen, dass man sich aufopfern, ansonsten besser kein Kind bekommen.
Das kann ja niemand erfüllen.
Meine Mutter war auch eine Glucke, und ehrlich, es hat mich erdrückt.