Tod eines Elternteils

Hallo

mein Vater ist vor einigen Monaten sehr überraschend (bei einem Autounfall) verstorben.
Wir Geschwister wohnen alle in der gleichen Stadt, aber dennoch wohnt meine Mutter (Anfang 70) jetzt alleine im Haus, sprich sie ist den Großteil des Tages ganz alleine.
Meine Mutter hat sehr wenige soziale Kontakte (und jetzt in diesen Zeiten sowieso nicht), also versuchen wir Geschwister das aufzufangen und so ist immer abwechelnd jeden Tag jemand bei ihr. Leider sind aber manchmal nur kurze Besuche oder Telefonate möglich und das macht mir jedes Mal ein schlechtes Gewissen.
Vor allem an den Wochenenden versuche ich ein "Programm" für meine Mutter auf die Beine zu stellen, was sie auch dankbar annimmt was aber mich immer mehr belastet und dadurch natürlich auch andere Freizeitaktivitäten zu kurz kommen.
Ich bin so hin und her gerissen, einerseits bringe ich es nicht übers Herz meine Mutter einen ganzen Sonn- oder Feiertag alleine zu lassen, andererseits merke ich wie mich die SItuation zunehmend belastet (das ständige Gefühl von "verantwortlich sein").

Kann mir hier jemand einen guten Rat geben? Hat jemand Erfahrungen/Meinungen?

Vielen Dank.

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Ich möchte nicht herzlos klingen, aber du (einschl. deiner Geschwister) bist nicht für das Freizeitprogramm deiner Mutter verantwortlich.
Viele Menschen glauben immer, "sie brauchen niemanden", sie sind sich selbst genug, das kann sich im Alter rächen.
Die Kirchen und andere Träger bieten für ältere Leute Programm, momentan natürlich nicht.
Ich würde das ständige Bespaßen langsam ausschleichen lassen, ein schlechtes Gewissen musst du nicht haben.
Klar, regelmäßiges telefonieren muss drinsitzen oder mal ein Besuch alle zehn Tage, es spricht auch nichts dagegen, MAL an einem Sonntag Programm anzubieten.
Deine Mutter kann noch sehr lange leben (was du dir auch sicher wünschst), sie muss lernen, mit dem Verlust zu leben und sich anderweitig orientieren.

Alles Gute und es tut mir leid, dass du deinen Vater so plötzlich verloren hast.

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We geht es deiner Mutter mit der Situation?
Was würde sie sich wünschen?
Was kann sie sich vorstellen?

Freut sie sich riesig über die Besuche, käme aber auch ohne gut klar?
Würde sie sich mehr Kontakte zu anderen wünschen?
Wenn ja, in welcher Form? Nachbarschaftstreffen? Verein? Kaffeekränzchen?
Würde sie sich freuen, wenn eines der Kinder zu ihr zieht? Oder wäre ihr das grade zu viel?

Welche Angebote gibt es in der Umgebung?
Ohne Corona/mit Corona?
Seniorentreffs?
Mehrgenerationenhäuser?

Würde sie sich gerne ehrenamtlich einbringen?
Ist ihr die Familie genug?

Welche Vorstellungen hat sie, wenn sie an die Zukunft denkt?
Weiß sie, ahnt sie, spürt sie, dass es dir langsam zu viel wird?

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Hallo,

Das kann ich absolut nachvollziehen, das dieses "verantwortlich fühlen" sehr belastend ist! Du fühlst dich hin und hergerissen. Es gibt z. B die Caritas die auch Besuchsangebote anbieten. Dort kommt dann jemand, zu dem natürlich erstmal eine Beziehung aufgebaut werden muss. Aber deine Mutter hätte Gespräche oder eben auch Ausflüge, die sie dadurch wahrnehmen könnte. Wenn dies zu befremdlich ist(was meistens erstmal der erste Gedanke ist), gibt es u. a. auch Mittagsangebote von Seniorenheimen.... Dort können eben ältere alleinstehende Menschen Mittagessen in Gesellschaft zu sich nehmen. Dadurch können Bekanntschaften entstehen und vielleicht etwas der Einsamkeit vorbeugen...... Finde ich persönlich sehr schön, das es solch eine Möglichkeit gibt.

Lg

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Das finde ich interessant. Ich arbeite für die Caritas, von sowas habe ich noch nie gehört..woher kommst du denn? Welche Niederlassung bietet sowas an?

Generell ist das sehr unterschiedlich was die einzelnen Beratungsstellen anbieten. Muss ja auch finanziert werden, in der Regel vom Landkreis.

Ist das eine Art Vermittlung von ehrenamtlichen?

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Hey,
Ich weiß das es eine ehrenamtliche Tätigkeit ist und auch außerhalb von der caritas angeboten wird. Wo welche Niederlassungen oder ob es in jedem Bundesland verfügbar ist, weiß ich nicht. Aber dies kann man ja erfragen wenn Interesse bestünde..... Auch nicht jedes Seniorenheim bietet den Mittags Tisch aber vllt ja möglich.......

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Hallo,
ich denke auch, dass es am besten langsam Richtung Hilfe zur Selbsthilfe laufen sollte. Meine Schwiegermama ist zum Beispiel total im Ehrenamt aufgegangen. Wir hatten furchtbare Angst, dass sie ab der Rente nichts mehr macht. Sie hat sonst wenig soziale Kontakte und Hobbys schon gar nicht. Nun hat sie zwei Flüchtlingsjungs um die sie sich sogar besser als um die eigenen Enkelkinder kümmert. Meine Oma ist damals in ein Wohnhaus für ältere Menschen umgezogen! Mit eigenen Wohnungen und ohne Betreuung. Sie hatte noch mal 10 tolle Jahre, weil sie dort neue Freundinnen gefunden hat. Kaffeekränzchen, Brunchsonntage...viele Menschen brauchen auch eine Aufgabe und das Gefühl noch gebraucht zu werden. Gebt ihr doch mal eine Aufgabe. Enkel hüten oder so. LG

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Hallo.

Erst einmal mein herzliches Beileid und fühl dich gedrückt.
Mein Vater ist vor einigen Jahren auch verstorben und kann es nachempfinden. Ich merke, dass für dich der Druck immens hoch ist und eine Art Pflichtgefühl besteht, dass deine Mama nicht in ein Loch fällt. Trauerarbeit ist dennoch wichtig und dem auch Raum zu geben.
Nun muss ich was sagen, was vielleicht hart klingen mag oder nicht herzlich... aber leider der Wahrheit entspricht...
Du bist nicht verantwortlich für das Glück deiner Mama. Was ich damit sagen will, ist, dass Hilfen und Unterstützung im gewissen Rahmen völlig ok sind und ich denke deiner Mama gut tun, aber nicht zu Lasten deines eigenen Lebens. Deine Mama ist eigenständig und so wie es scheint nicht hilfebedürftig in Form von bettlägerig oder dergleichen.
Vielleicht kannst du ja in Ruhe mit ihr mal darüber reden wie es für sie weitergehen soll oder was sie sich wünscht und wie ihr sie unterstützen könnt.
Ich musste auch erst lernen, dass nicht als meine Probleme aufzuladen... sondern differenzierter zu betrachten. Und heute bin ich soweit, dass ich da gut Distanz reinbringen kann, wenn es nötig ist. Damit es mich nicht mehr so vereinnahmt.

Alles Gute und viel Kraft.
Bleibt gesund

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Ich finde es ganz toll von dir und deinen Geschwistern, dass ihr euch alle so gut um eure Mama kümmert, aber ihr dürft dabei nicht vergessen, dass sie eine erwachsene Frau ist und ihr sie mit der ganzen Bespaßung auch ein Stück weit unselbstständig macht, vor allem, weil du sagst, dass jeden Tag jemand von euch bei ihr ist und sie wenig soziale Kontakte hat.
Wie soll sie auch andere soziale Kontakte knüpfen können, wenn ihr um sie herum gluckt und das ohne Pause?
Wenn ihr nun alle damit glücklich wärt das auch dauerhaft aufrecht zu erhalten, wäre es ja wiederum kein Problem, aber du merkst, dass es dir zu viel wird und das ist auch zu verstehen.
Kein Mensch braucht jeden Tag Besuch.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass deine Mutter unglücklich ist, wenn sie jeden 2. Tag Besuch bekommt und du jedes 2. oder 3. Wochenende ein tolles Programm zusammen stellst.
Mein Papa ist auch vor 2 Jahren verstorben. Glücklicherweise hat meine Mama viele Sozialkontakte und wir machen natürlich auch regelmäßig etwas mit ihr oder sie besucht uns, aber das beläuft sich auf einmal pro Woche.

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Mein aufrichtiges Beileid!

Ich kann deine Gefühle der Verantwortlichkeit sehr gut nachempfinden.

Mein Papa ist nach kurzer schwerer Krankheit innerhalb von 4 Wochen verstorben. Wir haben zu dem Zeitpunkt mit meinen Eltern in einem Haus gewohnt.
Und nach dem Tod meines Papa's sind wir hier geblieben.
Ein Punkt war auch, dass ich/wir meine Mama nicht alleine lassen wollten.
Meiner Mama ging es sehr lange schlecht danach.
Ich war einfach auch froh, wenn sie durch die Kinder (damals 2,5 Jahre und 4 Wochen) abgelenkt war und daran Freude empfinden konnte.

Lange Vorrede...
Ich fand es grade die erste Zeit auch wichtig, dass wir sie unterstützen konnten. Und auch ich bin sehr viel über die eigenen Grenzen gegangen (dazu schlaflose Nächte mit Neugeborenen, eigene Trauer für die irgendwie keine Zeit war), aber ich habe es in diesem Moment für mich als wichtig und richtig so empfunden.
Meine Eltern haben mir viel ermöglicht.
Und ich wollte einfach da sein für sie.

Was meine Erfahrung ist:
Die Zeit macht Vieles einfacher.
Während ich mich nach knapp einem Jahr auch noch sehr verantwortlich gefühlt habe (meine Mama hatte allerdings zu dem Zeitpunkt auch noch Depressionen), hat das im Laufe der Zeit abgenommen.
Ich konntemir anfangs nicht mal so richtig vorstellen je wieder Urlaub zu machen und sie daheim alleine zu lassen.
Allerdings kam dann wieder die andere Verantwortung meiner "eigenen Familie" entgegen.
Aber auch das Gefühl hat nachgelassen. Wir waren bereit für Urlaub sofern Corona es will.

Man muss nicht immer für gute Laune sorgen. Oder ablenken.
Es hilft manchmal gemeinsam zu weinen, zu trauern.
Pläne für die Zukunft zu machen.
Was wünscht sich deine Mama (wenn sie schon so weit ist...).

Es ist auch vollkommen ok zu sagen, wenn man nicht mehr kann. Es bringt ja alles nix, wenn du am Ende bist.


Ich wünsche euch alles Gute.

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Meine Mutter war 40 Jahre Witwe. anfangs haben wir Kinder ja zuhause gewohnt, aber nachdem wir unsere eigenen Wohnungen hatten, sind wir nicht ständig bei unserer Mutter aufgetaucht.
Sie hätte das auch nicht gewollt, sie hat es ziemlich bald genossen, allein zu sein, ihren Tag so zu führen wie sie wollte. Telefoniert haben wir auch nicht nach einem festen Plan; mal war es jeden Tag, mal nur 1-2 x im Monat. Wie halt der Bedarf VON BEIDEN SEITEN war.

Schlechtes Gewissen mußt du doch nicht haben. Es ist schön und gut sich um die Mutter zu kümmern, aber es recicht doch auch, alle paar tage mal anzurufen oder vorbei zu fahren. Wichtig finde ich, dass die Mutter weiß, dass sie ejderzeit wenn SIE es will und braucht, bei dir anrufen kann.