Tochter will ganz anders leben

Meine Tochter und ich hatten ein interessantes, nennen wir es Feedback Gespräch.☺️
Dabei redeten wir über ihre Kindheit und wie sie mich als Mutter und unsere Familie erlebt hat.
Insgesamt war alles gut, für sie und auch für mich , aber eine Sache will sie anders machen.
Sie sagte, dass sie dieses Streben nach gleichberechtigter Aufteilung von Beruf und Familie zwischen Ihrem Vater und mir als sehr anstrengend und oft konfliktreich erlebt hat.
Wir wollten unbedingt beide arbeiten, aber haben wir es je hinterfragt ob das der Sinn von gleichberechtigter Partnerschaft ist, dass beide Eltern Geld verdienen müssen?
Nur damit beide finanziell unabhängig sind, obwohl sie auf anderen Gebieten sehr wohl aufeinander angewiesen sind?
Obwohl beide oft kaputt waren, und gefühlt immer unter Strom?
Meine Tochter sagte auch, dass sie oft Angst hatte, krank zu werden, weil sie schon sehr früh gemerkt hat, dass wir dann Diskussionen hatten wer zu Hause bleibt und den angeblich wichtigeren Job hatte als der andere und unabkömmlicher war.
Da kam sie sich vor wie ein Störfaktor der Mama und Papa Ärger macht und Probleme verursacht.
Auch diese Aufteilung zu Hause , dass wir anscheinend penibel drauf geachtet haben, dass jeder gleich viel freie Zeit bekommt und wir alles immer fair aufteilen wollten was Familie und Haushalt angeht, fand sie nicht gut.
Auch an die Gespräche über Geld und wer was von seinem Konto bezahlt und ob das so gerecht ist, daran konnte sie sich erinnern und fand das auch komisch.
Sie macht es jetzt anders, sie bleibt zu Hause beim Kind, die ersten drei Jahre hatten sie und ihr Partner die Elternzeit geteilt, jetzt geht erstmal nur noch er arbeiten, zahlt Rente für sie ein, und sie haben ein gemeinsames Konto.
Ob und wann sie wieder arbeiten will, weiß sie noch nicht, aber die nächsten Jahre nicht, so fern sich das überhaupt planen lässt.
Irgendwann wollen sie dann tauschen.
Ich war etwas überrascht, dennoch dachte ich immer, ich wäre ein gutes Vorbild gewesen, was die Gleichberechtigung und finanzielle Unabhängigkeit angeht.
Das war ich auch, aber was bei ihr hängen geblieben ist, dass es anstrengend für beide war und nicht lohnenswert ist Im Sinne von Lebensqualität und weniger Stress.
Was denkt ihr, wie eure Kinder euer Leben mal rückwirkend sehen ?

Bearbeitet von Kutta
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Meine Eltern haben beide (gerne) gearbeitet. Ich habe von ihnen gelernt, dass Arbeit auch ein Stück erfüllend sein kann. Meine Eltern haben beide den Haushalt gemacht, ohne aufzurechnen. Sie haben sich einfach unterstützt. Gegengerechnet hat da niemand was, weder bei Geld noch Freizeit. Ich wusste immer, dass meine Eltern jeden Dienst schmeißen, wenn ich sie brauche. Daher glaube ich, dass die von dir geschilderten Gefühle nicht von der Aufteilung, sondern dem Umgang damit kommen. Kinder wollen vor allem eines, ein harmonisches Zuhause in dem sie das Gefühl haben, sich fallen lassen zu können. Zumindest ging es mir meiner eigenen Erfahrung nach so. Und deine Erzählungen klingen irgendwie nicht nach einer harmonischen Familie oder ehe, sondern nach einer wg.

Daher ist unser Plan als familie uns in allem zu unterstützen, was dem einzelnen wichtig ist, aufeinander zu achten und sich zu respektieren und die Aufgaben die da sind so zu erledigen, dass es allen möglichst gut damit geht. Das hat überhaupt nichts mit der Menge der Arbeitszeit zu tun.

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Tja… jedes, absolut jedes Lebensmodell hat auch Nachteile. Und die hat deine Tochter eben erlebt und will es nicht genauso machen. In den letzten Jahrzehnten wurde in gewissen Kreisen und medial gepuscht gerne verkauft, dass ein gewisses Gesellschaftsmodell, in dem beide voll arbeiten, das einzig Glück bringende sei und nur Vorteile und keine Nachteile habe. Das stimmt aber nicht, es ist oft ein sehr anstrengendes, stressiges, konfliktreiches Modell unter Daueranspannung, ohne Freiräume, mit durchgetakteten Tagen, Funktionieren-Müssen und mit hohem Trennungspotential. Ich kann jeden und jede verstehen, die das so für sich nicht will und nach Alternativen sucht.

Ich habe auch ein kleines Kind, mir ist mein Beruf schon wichtig, aber dieses Modell, das die Ultrafeministinnen predigen und das jegliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen negiert, nicht nur Gleichberechtigung, sondern absolute Gleichstellung propagiert, und Frauen am liebsten so schnell wie möglich nach der Geburt zurück in ihre Vollzeitjobs schicken möchte, damit sie sich nur ja nicht abhängig machen und nur ja für die Rente einzahlen (auf Kosten von Gesundheit und Lebensqualität im jüngeren Alter) ist für mich auch nicht erstrebenswert.

Hast du euer Modell denn selbst als absolut positiv erlebt und bereust du nichts daran? War es für euch nicht sehr stressig und anstrengend?

Bearbeitet von Eternal-Hope
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Nur als kleine Anmerkung: Sinn der Gleichstellung sollte sein, als Familie zu überlegen, wie man das gemeinsame Familienleben gestaltet, soweit es geht befreit von Geschlechterrollen. Es muss nicht immer die Frau sein, die Teilzeit arbeitet und der Mann, der Vollzeit auf Karriere unterwegs ist. Es darf ja auch andersrum sein. Oder beide stecken zurück. Zumindest ist das meine Ansicht zu dem Thema.

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Ja, klar darf es das sein, da bin ich ganz bei dir. Und ich würde mir eine Gesellschaft wünschen, in der es jede Familie so machen kann, wie es für sie passt, ohne dafür verurteilt zu werden.

Was ich persönlich aber erlebt habe, sind tatsächliche biologische Unterschiede und Limits: ich war schwanger und habe mein Kind geboren, aus meinem Körper heraus, samt Wochenbett danach, mein Mann nicht. Ich hatte damit verbundene heftige körperliche, psychische, emotionale und kognitive Veränderungen, mein Mann nicht in dieser Form. Ich konnte stillen, mein Mann nicht, auch damit verbunden hatte ich diverse Auswirkungen auf vielen Ebenen. Alles andere können wir uns aufteilen, wie wir möchten, aber allein diese erwähnten Punkte machen schon einiges an gravierenden Unterschieden aus, mit diversen Auswirkungen, auch beruflich. Ich finde es wichtig, da auch hinzuschauen - das kommt mir in der Gleichstellungs- und Wahlfreiheitsdebatte nämlich oft viel zu kurz.

Bearbeitet von Eternal-Hope
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Ich wäre mir nicht so sicher, dass das Arrangement deiner Tochter weniger Konflikte birgt als das zwischen dir und ihrem Vater. Bzw. ob sie das in einigen Jahren noch gleich sieht, wie sie es heute sieht. So, wie du es beschreibst, sind die Absprachen ziemlich vage, was durchaus das Potential hat, dass die beiden Meinungsverschiedenheiten haben, die sie entweder bisher als Thema vermieden haben, die aber trotzdem im Raum stehen oder derer sie sich mangels konkreterer Planung noch gar nicht bewusst sind.

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Kinder wollen es doch immer besser (=anders?) machen als die Eltern. Vielleicht war eure Art zu kommunizieren nicht immer die beste, wenn sie das so negativ in Erinnerung hat. Sicherlich gibt es doch aber auch viele positive Dinge, die sie aus ihrer Kindheit für ihr Leben mitgenommen hat.
Wenn es deine Tochter erfüllt daheim zu bleiben, sie gemeinsam fürs Alter vorsorgen und von einem Gehalt gut leben können, ist doch toll.
Ich hoffe meine Kinder werden rückblickend sehen, dass wir als Eltern für unsere Familie immer das beste gegeben haben und wertschätzende miteinander umgegangen sind. Dann können sie selbst entscheiden, wie sie ihr eigenes Familienleben gestalten wollen.

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Hallo.
Ich frage mich immer, ist es nicht feministischer entscheiden zu können was man möchte?
Ich bin auch nach 1 Jahr ein ganz bisschen wieder arbeiten gegangen und kümmer mich hauptsächlich um Haushalt und Kind.
Ich liebe es. Ich würde mich eher als feministisch und gleichberechtigt bezeichnen. Ich hab die Wahl getroffen, so wie es für uns alle am besten passt.
Könnte mir FÜR MICH nicht vorstellen zeitnah wieder vollzeit zu arbeiten.
Ist es dadurch schlechter?
Ich glaube nicht.
Gönn doch auch deiner Tochter, ihren eigenen Weg zu finden, du hast es doch auch anders als deine Eltern gemacht.
Liebe Grüße

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Irgendwie lese ich gar nicht raus, dass sie euer Modell schwierig fand, sondern eher, dass dieses Modell von Konflikten geprägt war. Also eher die Konflikte waren störend.

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Ich bin ähnlich aufgewachsen und habe es auch anders gemacht. Dennoch hatte ich eine schöne Kindheit und liebe meine Eltern sehr. Nur bin ich eben nicht so wie sie, ich habe mich ehern nach meiner Oma gerichtet. Für mich hat dieses Modell besser gepasst und ich würde es wieder genauso machen.

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Das klingt für mich auch anstrengend, wie es bei euch war.
Und hilft es eben genau nicht alles gegeneinander aufzuwiegen.

Vor allem dieses geteilte Konto widerstrebt mir total.
Wir hatten wegen der Kinder echt viele Ausfälle bei der Arbeit. Grippe, Corona, Fieber, Platzwunde, Verdacht auf Bruch, Bruch, Augenkram, Schlecht .... das nur in diesem Jahr. Und wenn wir beide Jobs hätten, in denen wir schwer abkömmlich wären.
Ich mag an den Stress gar nicht denken.
Tatsächlich ging mir das häufiger durch den Kopf.

Ich kann die Gedanken deiner Tochter tatsächlich nachvollziehen, wobei finanzielle Unabhängigkeit oder einfach noch ein Einkommen einfach nicht von der Hand zu weisen sind. Aber sie und ihr Partner schreiben das auch einigermaßen gut aufzuteilen, und zu bedenken auch im Hinblick auf Rente.

Ganz davon abgesehen, dass die Zeit zu Hause mit Kind für einige DIE Erfüllung ist. Bei den meisten steht sich aber schon recht bald der Wunsch nach Arbeit und großen Menschen wieder ein.

Bearbeitet von Hedwig00
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Liest sich für mich, als ob deine Tochter viel im urbia forum unterwegs wäre.;-)

Wenn sie und ihr Mann damit glücklich sind, dann sollen sie das so machen.