Schwester entzieht sich plötzlich komplett aus dem Kontakt

Puh.. etwas was mir sehr auf der Seele lastet. Ich versuche der verfahrenen Situation gerecht zu werden, was anhand der Komplexität nicht einfach wird.
Mir geht es darum: wie soll ich mich verhalten und mit der Situation umgehen?

Zur den Hintergrundinformationen:

Meine Schwester ist genau zwei Jahre jünger als ich. Unsere Familiengeschichte ist sehr komplex, es ist ein Wunder das wir so viele Jahre durch dick und dünn gegangen sind. Meine Vermutung: Traumabond.
Wir sind nie zusammen aufgewachsen. Ich kam schon früh zu Pflegeeltern. Sie hatte es sehr viel schwerer als ich. Meine Pflegefamilie ist nicht perfekt, aber sehr liebevoll, ich wurde immer wie das leibliche Kind behandelt. Meine Schwester hatte kein Glück, nach Kinderheim kamen Jahre in einer furchtbaren Pflegefamilie, die ihr nie Liebe schenkte und ihr das Leben schwer machte.

Kennengelernt haben wir uns recht früh über das Jugendamt. Die ersten Treffen wurden begleitet, es war so inszeniert das wir uns schwer taten unbefangen anzuknüpfen. Ich war zehn. In Erinnerung blieb mir, wie ähnlich sie mir sah und welche Bewunderung sie für mich, ihre ältere Schwester, übrig hatte.
In meiner Jugend lief der Kontakt dann auf Sparflamme, es gab ein paar E-Mails die hin und her geschrieben wurden.

Als ich zwanzig wurde und von zuhause auszog, hatte ich das erste Mal den Entschluss gefasst meine leibliche Familie kennen zu lernen, sprich meine Mutter, Großeltern, weitere Geschwister von uns. In dieser Zeit, eher kurz davor, entwickelte sich plötzlich ein regelmäßiger Kontakt zwischen uns. Wir entdecken viele Gemeinsamkeiten, teilten den gleichen Humor, sie begleitete mich während ich in unsere Familiengeschichte eintauchte und mich persönlich mit Familienmitgliedern auseinander setzte.

Letzendlich entwickelte sich alles so, dass wir unzertrennlich wurden. Es verging kein Tag an dem wir nicht miteinander sprachen, kein Monat ohne das wir uns sahen obwohl wir in unterschiedlichen Städten wohnten.

Das Ganze ging über fünf Jahre.

Ich war fest überzeugt, dass sie als eine meiner wichtigsten Bezugspersonen, immer da sein wird in meinem Leben.

Jeder andere Kontakt innerhalb meiner leiblichen Familie ging in die Brüche, gewollt von meiner Seite aus. Ich wurde als Baby im Stich gelassen, niemand zeigte in den zwanzig Jahren Interesse an mir oder suchte nach mir. Ich entschied mich also nur mit meiner jüngeren Schwester eine familiäre Beziehung zu führen.

Es war nicht alles einfach. Unsere unterschiedlichen Kindheiten, dann unsere seelischen Belastungen, Traumata und das schwierige „Erwachsen-werden“ hatte seine Tücken. Wir beide leiden an Verlustängsten, Angststörungen mit Panikattacken, sie wurde kürzlich mit Depressionen diagnostiziert.

Nun zur aktuellen Lage: sie hatte letztes Jahr und dieses Jahr eine besonders schwere Zeit. Ihre Partnerschaften gingen in die Brüche, sie hatte depressive Tiefs und begab sich in psychologische Behandlung. Ich war durchgehend für sie da. Dann erfüllte sich genau zu der Zeit mein lang ersehnter Kinderwunsch. Wie oft hatten wir uns ausgemalt wie es sein würde! Wie oft hatte sie erzählt was für eine tolle Tante sie sein würde. Ich war schwanger und von heut auf morgen meidete sie den Kontakt. Mein Kind ist nun 5 Monate alt. Sie hat mich seit der Schwangerschaftsverkündung nicht ein Mal besucht. Sie hat alles an meiner Schwangerschaft verpasst. Schlimmer noch, sie fuhr in meine Stadt, traf sich mit meinen Freunden und erzählte das sie nicht mit meiner Situation umgehen könne. Ich würde sie triggern. Irgendwann fasste ich mir ein Herz und konfrontierte sie. Es gab eine halbwegs beholfen Aussprache per WhatsApp Sie kündigte an mich besuchen zu kommen, doch seit einem Monat antwortet sie wieder nicht auf meine Nachrichten.
Was kann ich tun?
Ich habe viel Verständnis gezeigt, aber ich bin so dermaßen verletzt und enttäuscht. Ich fühle einen Schmerz, als wäre dies ein Verlust für immer..

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Ihr habt beide einfach wahnsinnige Päckchen zu tragen und scheinbar ist ihr ihres grade zu schwer.

Du weißt ja, warum sie nicht kommt. Sie kann es grade einfach nicht! Vermutlich wollte sie auch immer Mann und Kinder, nun sieht sie es bei dir (vielleicht auch „mal wieder“, dass es bei dir so viel besser läuft als bei ihr, du das lebst, was sie sich immer gewünscht hat?) und kann damit grade einfach nicht um.

Ich verstehe euch beide total. Dass du verletzt bist, dass du es so gerne mit ihr geteilt hättest.

Aber sie ist ja nicht mal „nur“ ne Frau mit unerfülltem Kinderwunsch (?), was ja bei den meisten schon dazu führt, dass sie sich (verständlicherweise) zurück ziehen, sondern ist dazu auch noch psychisch labil. Depressiv. Sie hat zwar professionelle Hilfe, aber sie packt es trotzdem nicht.

Solange du deiner Schwester klar machst, dass deine Tür immer offen steht und du dir nichts mehr wünschst, als dass sie kommt, wenn sie bereit ist, kannst du aktuell nicht mehr tun! Du musst ihr jetzt die Distanz lassen, bis sie den Mut findet, sich wieder anzunähern.

Kleiner Edit: meine beste Freundin und ich kennen uns seit unserer Geburt. Wir waren immer super eng. Immer. Mit 28 wurde ich schwanger, sie hatte kurz davor eine FG (wo ich auch für sie da war natürlich). Und obwohl sie es echt versuchte, sich für mich zu freuen, brach der Kontakt kurzzeitig ab. Das tat mir natürlich auch weh! Unendlich! Wir haben es dann nach 4 oder 5 Monaten wieder geschafft, uns zusammen zu raufen - da war sie dann erneut schwanger und unser ET lag 3 Monate auseinander. Also grade Schwangerschaft und psychische Stabilität und Kinderwunsch ist echt ne… blöde Kombi 😔

Bearbeitet von esistjuli
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Hallo,

weiß sie, wie wichtig sie dir ist? Habt ihr über eure Gefühle füreinander gesprochen?

Vielleicht würde euch ein Vermittler helfen. Du hast geschrieben, dass sie Kontakt zu deinen Freunden hat. Könnte jemand, der einen guten Draht zu ihr hat, mit ihr reden? Könntest du vielleicht ohne Kind zu ihr fahren und ihr redet persönlich miteinander?

Ich habe damals unter meinem unerfüllten Kinderwunsch sehr gelitten. Während alle um mich herum schwanger wurden, wollte es bei mir trotz Behandlung nicht klappen. Zu der Zeit wollte ich am liebsten keine Schwangere sehen, denn das hat mich sehr traurig gemacht. Vermutlich wird es deiner Schwester in dieser Hinsicht ähnlich gehen.

Alles Gute für euch!

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Danke für deine Worte 🙏🏼

Ja eine Vermittlungsperson hatten wir… Die hat jedoch mehr ihren eigenen Vorteil aus der Sache gezogen und die Situation ausgenutzt, war nicht schön. Hat im Endeffekt auch allem mehr geschadet, da wurde mir ständig unter die Nase gerieben wieviel Zeit sie mit meiner Schwester verbringt und immer wenn ich kommuniziert habe das mich das traurig macht, weil ich mir das auch wünsche, wurde mit den Schultern gezuckt.

Einen Kinderwunsch hat sie nicht, eher im Gegenteil. Sie sagt das sie und ich jetzt keine Gemeinsamkeiten mehr haben. Auch das sie jetzt keinen Platz mehr in meinem Leben hat, also fast schon Eifersucht. Ich denke das ist unterschwellig ein riesiges Thema,was sie jedoch nicht aussprechen kann.

Danke für deine Erfahrung!. Ich denke irgendwo wird es bei ihr ähnlich sein, bezogen auf meine Lebenssituation…

Es hilft wohl nichts, ich muss es einfach akzeptieren.

Nach unserem Gespräch wollten wir uns ohne Baby treffen, aber sie antwortet mir wieder seit vier Wochen nicht.. ich vermute daher es wird nie stattfinden.

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Hm… echt schwierig…

Ich würde ihr vermutlich eine letzte Nachrixht schreiben (Brief, E-Mail…) und ihr darin meine Gefühle schildern, ihr erklären, dass ich verstehe, wenn sie sich gerade zurückziehen möchte, meine Tür für sie jederzeit offen steht usw. Ohne Vorwürfe. Und dann würde ich mich nicht mehr melden und abwarten…

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Die Antwort hast du ja bekommen, deine Schwangerschaft triggerte sie, warum auch immer. Gerade vor dem Hintergrund ihrer psychischen Instabilität darf sie sich da natürlich selbst schützen.

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Natürlich! Das Warum hat sich jetzt immer mehr herauskristallisiert. Aber was bedeutet das für die Zukunft, für unsere Beziehung?
Ich habe ihr viel Zeit gegeben, natürlich kann es sein das sie davon mehr braucht.
Aber ich glaube kaum das wir dann wieder irgendwann da anknüpfen können, wo wir waren, wenn noch mehr Jahre ins Land ziehen.

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Vielleicht ist es so, dass es bei Menschen, die psychisch und emotional so stark belastet sind wie ihr zwei, immer wieder unterschiedliche Phasen gibt, in denen es einem gut oder schlecht geht und auch Sachverhalte unterschiedlich sieht.
Vielleicht geht es deiner Schwester gerade nicht gut oder sie hat sich in irgendwelche Gedanken festgefahren.
Vermittle ihr, dass du immer bereit bist, für sie da zu sein.
Sag ihr, dass sie dir fehlt.
Und dann musst du wohl einfach abwarten , was sie tut.

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Vielleicht erinnert sie die Geburt deines Kindes daran, wie sie als Baby verlassen wurde.
Es tut bestimmt weh, eine liebevolle Mutter mit ihrem Baby zu sehen, wenn man so etwas selbst nie erfahren durfte.
Ich denke, das triggert sie.
Wie verlief denn eure Aussprache? Hat sie sich ch dir geöffnet.
Vielleicht versuchst du, ein kurzes Treffen ohne dein Baby zu vereinbaren? Versprichst, wenig übers Mutter-Sein zu sprechen, bis sie mit der Situation besser klar kommt?

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Danke für deine Denkanstöße 🙏🏼

Sie hat als Einzige eine enge Bindung zu unserer leiblichen Mutter, war noch bis ins Kleinkindalter bei ihr. Ich wurde von ihr als Frühchen verlassen, hatte bis zu meinem 20. Lebensjahr nie Kontakt, noch nicht einmal ein Bild gesehen.
Aus dem Grund war/ist das Mutter-werden für mich so eine wichtige und schöne Erfahrung.
Das geplante Treffen ohne Baby findet nicht statt, da sie nun nach einem Monat des erneuten Wartens gesagt hat sie hätte zu viel zu tun.

Ich akzeptiere es jetzt und unternehmen erstmal keine neuen Versuche.