Partnerwahl stört meine Eltern

Mich würde interessieren, was Leute denken, die neutral zu mir stehen.
Ich bin 23 , ich habe schon einen kleinen Sohn, er ist fast 5 .
Ich habe eine Ausbildung, eine Eigentumswohnung mit 3 Zimmern. Verdiene mein Geld , mein Sohn geht schon ewig in die Kita .
Kleines Auto, alles schick .

Ich habe einen Mann kennengelernt, er ist 27 , sieht unglaublich aus, liebt Kinder , versteht mich , wie kein anderer, jemals zuvor. Er ist schlau , er hat feste Arbeit bei seinem Vater . Er ist so witzig und süß... Und er ist Querschnittsgelähmt .
Meine Eltern sagen , mit so einem Krüppel verschwende ich mein Leben 😵. Ich wäre eine riesige Enttäuschung für meinen Vater, sows hätte er nicht von mir gedacht! Habt ihr irgendeine Idee, was er damit meint ? Ich verstehe wirklich nicht, wo das Problem ist.
Ist es in euren Augen auch völlig irre, wenn ich mir eine Zukunft mit nur diesem einen Mann vorstellen kann?
Bin gespannt, was ihr denkt ✌🏻

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Die Formulierung "Krüppel" und die sonstigen Reaktionen deiner Eltern sind natürlich hart. Doch offen gestanden täte ich auch schlucken, wenn mich eines meiner erwachsenen Kinder mit einem querschnittgelähmten Partner konfrontieren würde. Und ich würde mir wie deine Eltern auch große Sorgen machen, ob das gut gehen kann. Aber ehrlich gesagt liegt das auch daran, dass ich in dieser Thematik nicht so gut auskenne. Das heißt, ich müsste mich darüber selbst erst mal belesen.

Du bist doch sehr jung und hast das ganze Leben noch vor dir. So wie ich das lese, sind deine Eltern in großer Sorge, was sich in dieser doch sehr harten Wortwahl und dem Durchbrennen der Sicherungen (du seist eine Enttäuschung) zeigt. Ich hoffe, dass letztere Äußerung nur eine einmaliger Ausrutscher war.

Deine Eltern bringen einige Lebenserfahrung mit und wollen dich vor einer evtl. Fehlentscheidung schützen. Sie müssen es aber andererseits auch aushalten, dass du als Erwachsene deine eigenen Entscheidungen triffst und sie gelegentlich auch enttäuschst. Abgrenzung von den Eltern gehört zum Erwachsenwerden dazu.

Was natürlich nicht heißt, dass du deren Warnungen in den Wind schießen sollst. Schließlich ist das eine Entscheidung von großer Tragweite, die auf lange Zeit dein Leben bestimmen wird. Guck genau hin. Jemand aus meinem Umfeld war in jungen Jahren eine richtige Partyqueen, ist gerne und viel unterwegs gewesen und hatte in die Landwirtschaft eingeheiratet. Statt Party, Lifestyle oder gegen später auch Reisen ist harte Arbeit und Ortsgebundenheit angesagt. Gelegentlich Freunde in der alten Heimat besuchen? Fehlanzeige. Schließlich wird jeden Tag jede Hand gebraucht.
Sie wurde von allen Seiten gewarnt, aber sie hatte sich partout nicht von ihrer Entscheidung abbringen lassen. Wirklich glücklich schien/scheint sie jedoch nicht zu sein.

Andererseits: Es besteht immer ein gewisses Restrisiko der falschen Partnerwahl. Allerdings: Wissen ist Macht. Informiere dich über das (Zusammen-)Leben mit Querschnittlähmung. Heutzutage gibt es so viele Möglichkeiten - ob im Sport oder am Arbeitsplatz. Lass dich beraten und informiere dich in einschlägigen Foren, die es sicher auch zu dieser Thematik gibt. Je mehr Infos du hast, über das was dich erwartet/erwarten kann, umso besser für deinen eigenen Entscheidungsprozess.

Dass du eine riesige Enttäuschung für deinen Vater sein sollst, sehe ich hingegen sehr kritisch. Das ist nichts als ein Manipulationsversuch. Macht er das öfters? Da würde ich an deiner Stelle eine Aussprache verlangen. Nichts gegen konstruktive Kritik/Anmerkungen, aber nicht so!

Dir alles Gute!

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Meinen Tante hatte 1965 einem querschnittsgelähmten Mann geheiratet, sie war damals Krankenschwester und er war Patient in dem Krankenhaus. Vor vier Jahren ist meine Tante gestorben, vor zwei Jahren ihr Mann, beide über 80. In ihrem Nachlass fanden wir Briefe meines Großvaters, die genau das ausdrückten, was deine Eltern meinten, die Wortwahl war etwas "sanftmütiger". Meine Tante war Krankenschwester, sie wusste genau, was auf sie zukommt und hat sich dennoch so entschieden, der Mann war es wert. Die beiden hatten ein, zumindest nach außen hin, ein glückliches Leben, hatten ein eigenes Häuschen in Grünen mit großem Garten. Man muss dieses Leben wollen mit all den Einschränkungen, dann kann man auch glücklich werden. Die beiden hatten keine Kinder (wäre heute wahrscheinlich kein Problem), waren nie im Urlaub und wenn sie mal länger als ein paar Stunden weg war, musste sie eine Pflege organisieren, machbar, bedarf aber einer Vorbereitung. Aufgrund der Schwere der Behinderung konnte er auch nicht länger als 5-6 Stunden sitzen und auch nicht Auto fahren. Mein Onkel war aber ein geselliger Mensch, die beiden hatten oft Besuch (waren ja immer zu Hause) und er war ein gern gesehener Gast auf Familienfesten, konnte gut erzählen und gut zuhören.
Was ich sagen will: Man muss dieses Leben an der Seite eines Menschen mit Behinderung wollen, dann kann man auch glücklich werden, man darf aber nicht auf die anderen schielen, die Einladung zu einer Geburtstagsparty im Altbau kann schon zum Problem werden.

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Hallo ,
vielen Dank für deine Antwort.
Mein Vater war schon immer schnell, was das beleidigen angeht. Mein Freund ist zu 100 Prozent anders als er , deswegen nehme ich an, dass uns so schnell nichts mehr trennen kann.
Er ist nicht ganz so hilflos, wie man denken könnte. Er ist sehr sportlich, mehr als die meisten "gesunden" Männer . Er verreist relativ oft .

UND ER KANN ☺️😉

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Irre und eine Enttäuschung sind hier nur 2 - nämlich deine Eltern, die einen Menschen nur weil er eine Einschränkung hat so abwerten. Alleine die Wortwahl sagt ja schon alles.
Steh zu deiner Wahl und lass sie dumm reden.

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100prozentige Zustimmung.

Ich bin fassungslos, dass es Menschen gibt, die so denken und dann auch noch keinerlei Scheu haben, das offen zu äußern.

Ich wüsst ehrlich nicht, wie ich ihnen jemals wieder entgegen treten würde...

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Es wäre naiv und fahrlässig, die Einschränkung durch eine Para- oder Tetraplegie (hier ist die TE nicht deutlich genug) zu verharmlosen. Das hat nichts mit dem Wert des Menschen zu tun, aber die Bedenken der Eltern sind überaus berechtigt.

Darm- und Blasenmanagent inkl. der dazugehörigen Inkontinenzproblematik, Spastiken, viele Therapien, fehlende Errektionsmöglichkeit, Transportprobleme zB im Urlaub, eingeschränkte Beweglichkeit, und vieles mehr. Das muss man wollen und können.

Ich arbeite in dem Bereich und muss mit all meiner Erfahrung sagen: passierte das meinem Angehörigen zb durch einen Unfall, bin und bleibe ich auf jeden Fall da. Aber freiwillig eine solche Beziehung - wissend ob all dieser Einschränkungen - würde ich nicht eingehen. Nochmal: es hat nichts mit dem Menschen zu tun. Aber man hat selber auch nur das eine Leben und freiwillig auf so vieles zu verzichten… nein, da wäre ich raus.

Wörter wie „Krüppel“ usw sind natürlich völlig unangebracht, die Grundproblematik bleibt aber. Als Gesunder macht man sich keine Vorstellungen, was da alles noch mit dranhängt.

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Wow, wie vollkommen daneben sind die Aussagen deiner Eltern - sorry.
Ich finde es toll, wie du auf eigenen Beinen im Leben stehst, das war sicher nicht immer einfach. Geniess die frische Liebe, die Zeit kommt nicht zurück und das klingt doch ganz wundervoll mit euch beiden!

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Hallo Allegegenuns,
ich bin schockiert und zutiefst verärgert darüber, dass es solche Einstellungen, wie die deiner Eltern heute noch gibt.
Bitte lass dich davon nicht beeinflussen! Selbstverständlich kannst du dir ein Leben mit diesem Mann aufbauen, wie mit jedem, der nicht querschnittsgelähmt ist, auch.
Ich bin wirklich froh, dass du die Einstellung deiner Eltern nicht einfach übernimmst!
Ich wünsche EUCH alles Gute! 🙂

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Da du schreibst, du hast ihn kennengelernt, denke ich, ihr seid noch nicht soo lang zusammen. Da finde ich es schon ein klein wenig irre;-), sich eine Zukunft nur so und nicht anders vorstellen zu können, unabhängig davon, ob der Partner beeinträchtigt ist.

Die Aussagen deiner Eltern sind unsäglich, darauf würde ich nichts geben.

Ihr seid zusammen, fühlt euch wohl miteinander, mehr ist erst mal nicht wichtig, was die Zukunft bringt und ob er der Mann fürs Leben ist wird man schon sehen. Das ist aber in jeder Beziehung so, oder?

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Der Vater würde mich und seinen Enkel nicht mehr zu Gesicht bekommen.
Meine Kinder sollen keinen Kontakt zu Menschen haben die so eine Menschenverachtende Einstellung haben.

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Die Wortwahl Deiner Eltern ist indiskutabel, das ist klar. Da ich etliche Jahre in einer Schlaganfall-SHG mitgearbeitet habe, wo auch jüngere Rollifahrer mit anderer Diagnose dabei waren, muss ich aber auch "Sanitätshaus" rechtgeben. Das Pflege-Management ist nicht einfach, das wirst Du evtl. auch schon mitbekommen haben. Lass Dir Zeit, lerne, was auf Dich zukommen wird/kann und da Du ja nicht gleich heiraten wirst, wirst Du im Lauf der Zeit feststellen, ob Du es zu Deinem täglichen Leben gehörig auch auf längere Zeit akzeptieren kannst. Schwierige Phasen werden kommen, ganz ohne Frage, aber die kommen bei "Fußgängerbeziehungen" auch.
Es ist immer der Mensch der zählt, auch wie er selber mit seinem Leben zurechtkommt.. Wäre er hier nicht liebenswert, hättest Du Dich nicht in ihn verliebt. Alles Gute❤
LG Moni

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Aufgrund der Wortwahl ist eindeutig, dass deine Eltern etwas gegen seine körperliche Beeinträchtigung haben. Vollkommen absurd. Wenn sie Bedenken in Bezug auf den Charakter hätten, dann kann man sich das zumindest mal anhören. Aber so? No Way.

Wenn dein Partner ansonsten ein liebenswerter Mensch ist, solltest du das einmal klar und deutlich mit einer Ansage gegenüber deiner Eltern unterbinden.

Menschen mit einer Beeinträchtigung, in welcher Form auch immer, sind ganz normale Menschen. Sie können charakterlich großartig, aber auch Idioten sein.
Ob man einen Menschen liebt, sollte etwas mit seinem Charakter zu tun haben und nicht mit seinen Beeinträchtigungen.

Und es gibt in einer Beziehung für alles eine Lösung. Eine Freundin singt ihre Bedürfnisse und Ansichten im Streit mit ihrem Partner, weil sie unter emotionalem Druck so sehr stottert, dass man sie nicht versteht. Beim Singen stottert sie nicht.
Du wirst mit deinem neuen Partner lediglich merken, wie wenig unsere Gesellschaft im Alltag Inklusion lebt und wie viele Hindernisse es für Menschen mit Beeinträchtigungen gibt.
Und dass man mit Menschen ins Gespräch kommen muss. Gerade beim Stottern gilt: Ausreden lassen. Dass andere Leute das Bedürfnis haben, den Satz zu beenden, stört die meisten Betroffenen sehr. Zeit geben.
Bei Betroffenen in einem Rollstuhl geht es oft darum, dass Menschen ungefragt den Rollstuhl berühren. Das geht nicht. Der Rollstuhl ist in dem Fall wie eine Prothese Teil des Körpers und man greift nicht ungefragt in die Privatsphäre ein.

Sofern dein Post nicht einfach aufmischen soll, lasst eurer Liebe doch freien Lauf und sich entwickeln. Was dann irgendwann auf euch zukommt, werdet ihr sehen.

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Es ist sehr schade, dass deine Eltern dermaßen intolerant sind und nein, ich finde dich nicht völlig irre.
Mein Opa ist schon seit seiner Jugend durch einen Unfall querschnittsgelähmt und hat dennoch 5 Kinder gezeugt, ein Haus gebaut und ist ein aktiver und positiver Typ Mensch, der von seiner Familie geliebt wird. Auch der Lebensgefährte meiner Mutter ist Rollstuhlfahrer. Ja, es gibt Einschränkungen, das ist nicht zu leugnen. Aber wenn es ansonsten so gut zwischen euch passt, lassen sich dafür sicherlich immer wieder Lösungen finden.