Parentifizierung

Hallo Ihr lieben Mitbetroffenen!
Ich bin erst heute (mit fast 50) über diesen Begriff gestolpert. Aber ich habe mich und meine (leider) gescheiterte Beziehung sofort wieder erkannt. Ich bin ohne Vater aufgewachsen und war immer das Brave Vorzeigekind, das seiner Mama nie noch weitere Probleme machen wollte sondern immer super angepasst war, in der Schule nur Bestleistungen erbracht hat um ja nicht irgendwo anzuecken. Wenn ich so zurück denke, hatte ich zwar eine glückliche Kindheit, war aber immer mehr für meine Mutter da als umgekehrt.
Warum das so war, kann ich nicht mehr sagen. Früher hatte es mich nicht gestört. Jetzt, wo ich mich mit diesen Dingen auseinandersetze, merke ich natürlich diese ungesunde Konstellation.

In meiner Partnerschaft lief es nicht gut und heute weiß ich, dass auch die Beziehung zwischen meinem Partner und seiner Tochter auf dieser toxischen Parentifizierung beruht. Seit sie 7 Jahre alt war, hat der Papa sein kleines Püppchen wie seine Partnerin behandelt. Die Mutter hatte sich emotional schon Jahre zuvor distanziert. Und so war sie die "Frau" im Hause. Nach der endgültigen Trennung der Eltern 7 Jahre später, wurde dann jede neue Frau, die der Vater kennenlernte regelrecht weg gebissen. Sie hatte den Platz an der Seite des Vaters eingenommen und so blieb keine Zeit für eine Beziehung, weil er 24/7 für die Bedürfnisse der Tochter einstehen musste. Wurden diese "versteckten" Forderungen nicht erfüllt, kamen die Drohungen mit Ihrem Asthma, für das es keine medizinische Indikation gab, sondern nur psychische. Ich sah keine Chance für uns und eine gesunde Beziehung. Ansprachen auf die gesamte Problematik blieben erfolglos und so habe ich nur den Rückzug als letzten Ausweg für mich gesehen. Obwohl ich die Begrifflichkeiten (Parentifizierung) nicht kannte, habe ich doch bemerkt, dass diese Beziehungskonstellation eine ungesunde ist. Jegliches Ansprechen auf diese Konstellation und Problematik wurden von meinem damaligen Partner negiert. Ich bekam die schuld für alles. Selbst kleinste Aussagen wurden von beiden mit Nichtachtung oder unterschwelligen Aggressionen gestraft.
Vielleicht hat jemand noch gleiche Erfahrungen wie ich gemacht.

Liebe Grüße Eva222

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Hallo Eva,
ich verstehe gut, dass dir das Scheitern deiner Beziehung zu schaffen macht, aber wenn der Drops gelutscht ist, ist es wirklich wichtig welche Geschmacksrichtung er hatte?
Will sagen: du hast ein für dich ungutes Muster erkannt, dass dich bei deiner nächsten Beziehung bestimmt bei manchen Punkten hellhöriger werden lässt. Braucht es da noch eine Etikettierung?
Das Mädchen, dass du beschreibst tut mir leid. Sie ist ein einer ähnlich belasteten Umgebung gefangen wie du es einmal warst und wird sich in 30 Jahren vielleicht ähnliche Fragen stellen.
Ich war auch so ein "erwachsenes Kind", dass für die Familienharmonie zuständig war. Als ich das bei mir erkannt habe, konnte ich mich aus diesem selbstauferlegten Rollenbild lösen. Meine Eltern haben mich so gut erzogen und geliebt wie sie es damals konnten, und obwohl sie sicher nicht alles richtig gemacht haben, hätten sie mir nie absichtlich geschadet. Diese Erkenntnis hat mich Frieden mit alten Verletzungen schließen lassen und mir geholfen jetzt eine erwachsene Beziehung auf Auhenhöhe zu führen. Sich jetzt noch an der Vergangenheit abzuarbeiten bringt einen (mich zumindest) nicht nach vorn.

Von Herzen alles Gute,
Lexa

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Wie lebst du denn jetzt damit? Man kann immer viel über die Vergangenheit nachdenken, aber es wird sich dadurch nichts ändern.
Ich bin immer ein Freund davon in die Zukunft zu denken…

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Ich mag dieses Pathologisieren und allem
Krampfhaft einen Namen geben wollen so gar nicht. Es hat bei euch nicht gepasst, war ein wenig absehbar. Du hattest Hoffnung, die ist geplatzt. Wie in vielen anderen Beziehung aus tausenden anderen Gründen auch.

Jeder hat sein Päckchen zu tragen. Jeder eine Vergangenheit. Manche Konstellationen passen, andere nicht. Letztlich kann man das positive raus ziehen und für die Zukunft lernen. Und man sollte, weil das Kind für dich jetzt einen Namen hat, nicht verkopft dran gehen. Das Leben ist kein festgeschriebenes Werk.

Ich bin dafür, die Vergangenheit nicht zu zerdenken (andere mit ähnlicher Geschichte haben das „Problem“ ja auch nicht zwingend), und nach vorne zu schauen. Mach es besser!