Toxische Beziehung

Hallo, liebe Community,

ich möchte Euch meine Geschichte erzählen. Ich hatte eine toxische Beziehung.

Es war ein schleichender Prozess, würde ich heute sagen. Wie in jeder frischen Beziehung spielte Sex bei uns anfangs eine wichtige Rolle, später aber wurden für mich andere Themen wie Geborgenheit, Sicherheit und Commitment wichtiger. Diesbezüglich gab es große Probleme, mein Ex stand in der Öffentlichkeit oder Freunden nie wie ein liebevoller Partner hinter mir. Er benahm sich eher wie ein guter Freund oder Kumpel.

Frauen waren sein Haupthema. Schon zu Beginn der Beziehung erzählte er gern über attraktive Frauen seines Umfeldes. Er starrte sie auch lange an, wenn wir unterwegs waren. Selbst in der Verliebtheitsphase, was mich damals wirklich irritierte. Ich hatte doch meinen Traummann gefunden.
Ich machte dieses Verhalten zum Thema und wurde „die Eifersüchtige“. Da ich tatsächlich Eifersucht empfand, suchte ich den Fehler bei mir und begann zu recherchieren. Ich versuchte mich zu optimieren.

Meine Gefühle wurden immer mehr zur Nebensache. Er zeigte schon zu Beginn der Beziehung egoistische Züge, die mich zwar verwirrten, aber ich konnte „erzieherisch“ gut auf ihn einwirken. Wenn ich heute so zurückdenke, kann ich nicht begreifen, wie ich so naiv und blind sein konnte.

Die Beziehung lief verständlicherweise schlecht, aber wir blieben oder vielmehr wir kamen immer wieder zusammen. Wir wurden emotional abhängig voneinander. Es gab natürlich auch wunderbare Momente, wir unternahmen viel und hatten auch Spaß. Nur als Paar funktionierten wir nicht. Die Beziehung wurde toxisch.

Irgendwann war ich nur noch sein Sexualobjekt. Von morgens bis abends wurden meine Brüste begrabscht. Mein NEIN und meine Abwehrhaltung wurden ignoriert, ich sollte mich nicht so anstellen, schließlich würden sich andere Frauen darüber freuen und er möge das doch so sehr.
Irgendwann bekam ich den netten Spitznamen „Tittenmausi“ aufgedrückt. Darüber amüsierte er sich köstlich.

Hatte ich keine Lust auf Sex, die Beziehung wurde immer liebloser und ich frustrierter, so wurde ich auch gern mal als Fo… beleidigt.
Eine aufrichtige Entschuldigung gab es in all den Jahren nie. Er hatte stets Argumente parat, warum er sich so verhalten „musste“.

In der Öffentlichkeit machte er sich gern lustig über mich. Das fiel mir zunächst gar nicht groß auf. Erst bei der Verarbeitung wurde mir klar, warum er das so nötig hatte. Ich muss erwähnen, er war nicht dumm. Er war Jurist und arbeitete seinerzeit als Prokurist in der Chefetage einer GmbH.

Sex war ihm jedoch sehr wichtig, das betonte er schon zu Beginn der Beziehung. Seine Ex-Freundin hätte ihn quasi zum Fremdgehen genötigt, weil sie stark zunahm und ihn auch nicht mehr „ranließ“. Damit habe er nicht umgehen können.

Heute ahne ich zu gut, was diese Frau durchgemacht haben muss.

Ich leide noch heute unter diesen Demütigungen, deshalb schreibe ich hier. Vielleicht gibt es Betroffene, die ähnliches erlebt haben.

A.

Bearbeitet von Inaktiv
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Es ist gut, dass du scheinbar stark genug warst, die Beziehung zu beenden.
Seine Andeutungen zu Beginn eurer Beziehen hätten allerdings deine Alarmglocken schon aktivieren sollen.
Warum hast du dir das so lange angetan?

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Tja, warum? Das frage ich mich heute auch. Ich war zu verliebt damals. Und Sex gehörte natürlich auch dazu. Ich hatte in der Beziehung immer wieder thematisiert, dass Sex nie an erster Stelle stehen sollte, sondern immer ein Bonus ist, wenn/weil alles perfekt läuft. Das hat er nie so gesehen. Heute bin ich schlauer.

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Wie lange ist die Trennung her?

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Kenne ich, war selbst 3 Jahre lang in so einer Beziehung. Ich wurde oft vor Leuten gedemütigt. Wenn er genervt war ist er schnell ausgerastet und hat auf eine beleidigende Weise geantwortet.

Hier einige Beispiele:
1. waren in einem Zirkus. In der Pause durfte man gegen eine kleine Spende die Tiere anschauen und streicheln durfte. Dort waren Kamele und ich hatte Angst dass die mich anspucken. Lamas tun das ja und ich war der Meinung gehört zu haben, dass Kamele das auch machen. Ich habe beim streicheln meine Bedenken geäußert und er wurde so wütend und sagte laut „das ist ein verfi****tes kamel man!! Das spuckt nicht!!“ alle Leute haben geguckt und ich habe mich so geschämt.

2. wir hatten uns mit meiner Freundin und ihrem damaligen Freund im Freibad verabredet. Als wir schauten wo wir uns hinlegen können und ich meinte, dass ich gerne in Schatten liegen würde, antwortete er wieder in lautem Ton „die Sonne wandert doch du dummkopf!!!“ wieder total peinlich vor meiner Freundin und ihrem Freund.

3. wenn ich meine Meinung geäußert habe oder irgendwie helfen wollte (zb bei der Parkplatz suche), musste ich mir oft Dinge anhören wie…..

„halt doch mal die fresse ich seh das schon selbst“

„Das ist doch so und so du kleines a****loch“

„Du hurenkind“

„du fot***“

Und halt’s Maul war eh schon Standard.

In meinem Elternhaus hat er dann mal eine Glastür im betrunkenen Zustand zerschlagen, vor lauter Wut weil er wenn er getrunken hatte, noch aggressiver war als sonst schon. Ab da war er auch bei meinen Eltern unten durch und durfte das Haus von da an nie mehr betreten.

Warum ich so lange geblieben bin? Er hatte eine schön ausgebaute Wohnung in seinem Elternhaus, mit schönem großen Garten. Mit Anfang 20 war sowas in meinem Auge totaler Luxus, eine „eigene“ Wohnung und dann auch noch so schön mit allem drum und dran. Ich hatte Angst mir etwas eigenes suchen zu müssen, auf eigenen Beinen stehen zu müssen und viel Geld für eine Mietwohnung ausgeben zu müssen (musste dort nur sehr sehr wenig Miete zahlen). Ich hatte einen warmen Wechsel und bin dann wieder zu meinen Eltern gezogen und ein Jahr später dann mit meinem jetzigen Partner und Verlobten zusammen gezogen. Das ist jetzt 5 Jahre her.

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Vielen Dank für Deinen Beitrag. <3

So offensiv war er nie, er machte es unauffälliger. „Subtile Nadelstiche“ - so ein Zitat aus einem Buch über verdeckten Narzissmus.

Beispiel: Gab es Diskussionen oder Probleme, so vertrat er ausschließlich die Meinung der „Gegenseite“. Selbst wenn offensichtlich war, dass ich Recht hatte. Auf seine Unterstützung durfte ich nie hoffen. Fehlendes Commitment.
Ich bin so froh, dass ich ihn los bin.
Die Wunden müssen sich aber noch schließen.

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Erstmal Gratulation, dass du ihn verlassen hast hat. Das war ein wichtiger Schritt für dich!

Und es ist ganz natürlich, dass du trauerst, dich fragst wie du das mit machen konntest , etc.

Gerade wenn man das erste mal mit so einem Menschen zu tun hat, ist es schwer, die Muster zu erkennen und alles richtig zu deuten.

Ich war 10 Jahre mit einem verdeckten Narzissten zusammen, der so manipulativ ist, dass man nicht mehr weiß, wo einem der Kopf steht und was man selber will.
Auch bei mir hat die Verarbeitung gedauert und dauert teilweise immernoch an. Am schlimmsten fand ich die Selbstzweifel. Im Nachhinein scheint alles so glasklar und ich frage mich, wie ich mich als selbständige, starke Frau so behandeln lassen konnte.
Jetzt erkenne ich so etwas viel schneller und höre auf mein Bauchgefühl.

Nimm dir Zeit, mach dir alles bewusst, nimm die Trauer, die Wut und was sonst noch kommt, an.es geht vorbei und dir wird es besser gehen.

Und ein gutes hat die Sache: beim nächsten mal bist du schlauer ;-)

P.s. mir hilft immer die Vorstellung eines kleinen verschrumpelten Würstchens, das zu lange gekocht wurde und das niemand haben will. Solche Menschen sind halt einfach arme Würstchen….

Bearbeitet von nadberlin
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Vielen Dank für Deine Nachricht.
Mir hilft es schon, wenn ich auf „Leidensgenossinnen“ treffe.

Und ja, ich habe mich oft hinterfragt, sogar Therapie begonnen. Er hatte ja keine Fehler und sah auch nichts ein und somit suchte ich die ‚Schuld’ lange Zeit bei mir.

Die damalige Therapeutin riet dringend einen Paartherapeuten aufzusuchen. ;-)