So habe ich mir mein Leben nicht vorgestellt

Ich bin 40w, habe einen Mann und einen 4 jährigen Sohn. Wir haben zusammen ein Haus in idealer Vorstadtlage am See.

Also genau das, was ich mir immer gewünscht habe. Was ich mir immer vorgestellt habe. Aber es fühlt sich nicht so an, wie ich es mir vorgestellt habe.

Das Haus und Grundstück zu bewirtschaften macht viel Arbeit. Ein Kind ist auch mit 4 Jahren noch super anstrengend. Meine Ehe ist leidenschaftslos, d.h. Alltag, wenig Nähe, kein Sex.

Ich überlege aus dieser Situation auszubrechen, mich zu trennen, auszuziehen. Natürlich mit meinem Sohn. Das Haus verkaufen und eine Wohnung zu mieten.

Aber was kommt dann? Mal angenommen da käme noch ein anderer Partner, der besser zu mir passt. Kommt dann nicht auch irgendwann der Punkt wieder, wo alles eingespielt ist? Wo die Leidenschaft verloren geht? Wo es nur noch Alltag gibt? Nur noch Hausarbeit und noch mehr Arbeit?

War jemand in einer ähnlichen Situation und hat ein paar Ratschläge von Frau zu Frau für mich?

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Andere hier haben auch schon von "Midlife Crisis" geschrieben. Diese Vermutung habe ich auch. Also dass es wieder eine der typischen Lebenskrisen in einem bestimmten Alter ist, die du gerade durchlebst. Kenne ich auch ein bisschen (ich bin 38) und erlebe ähnliches bei anderen in unserem Alter, Ende 30 und um die 40 herum.

Zu deinen Fragen: "Mal angenommen, da käme noch ein anderer Partner, der besser zu mir passt."

Da frage ich mich mal, passt dieser hypothetische Partner wirklich besser? Meine Erfahrung mit grundsätzlich guten Beziehungen (du schreibst ja schon auch von Vertrautheit und insgesamt klingt eure Beziehung nicht so schlecht) ist: mit einem neuen Partner wird es anders, ja. Aber nicht unbedingt besser. Du hast mit jedem potentiell passenden Partner gewisse Schnittpunkte, aber mit keinem 100 %. Arbeiten wirst du an jeder Beziehung müssen, das ist ganz normal.

Mit einem neuen Partner hast du vielleicht gewisse Konfliktpunkte nicht, die du jetzt hast, dafür andere. Manches, was du jetzt an deinem Partner magst (oder für selbstverständlich ansiehst), wirst du dort vielleicht vermissen. Und die hormonell bedingte große Verliebtheit am Anfang lässt sich auch fairerweise nicht mit einer mehrjährigen Beziehung mit Kindern vergleichen. Die würde mit jemand anderem auch nicht auf Dauer bleiben. Ja, ihr könnt schon dauerhaft Romantik, Intimität und guten Sex haben... aber dafür braucht es nach der Anfangsphase, gemeinsam an der Beziehung zu arbeiten, sich den jeweiligen Entwicklungsthemen zu stellen, offen miteinander zu sein und Konflikte gemeinsam zu bewältigen. Wer sich ehrlich sich selbst und dem Partner gegenüber zeigt, mit allen Ecken und Kanten, der ist dadurch auch attraktiver.

Und ganz ehrlich: insbesondere mit Kind spricht für mich sehr viel dafür, an der bestehenden Beziehung zu arbeiten und nach Kräften zu versuchen, miteinander eine gute Beziehung zu haben und zusammen zu bleiben. Leider wurde von diversen Seiten in den letzten Jahrzehnten da oft anderes gepredigt, aber privat und beruflich habe ich vieles erlebt, das mich an Patchwork sehr zweifeln lässt. Ein eventueller neuer Partner wird vermutlich deinen Sohn niemals so sehr lieben wie sein eigener Vater das tut. Noch dazu sucht ein eventueller neuer Partner nach einer neuen Partnerin (dir), aber nicht unbedingt nach "Bonuskindern", nimmt meistens deinen Sohn also bestenfalls in Kauf. Bringt ganz andere Werte und Haltung in eure Familie. Es wird also viel schwieriger und oft leidvoller, jedenfalls für deinen Sohn, oft auch für dich. Und finanziell ist es nach einer Trennung meist auch deutlich knapper als davor (weil mit dem gleichen Geld wie davor nun mehrere Wohnsitze und Lebensmittelpunkte plus Mobilitätskosten finanziert werden müssen).

"Wo es nur noch Alltag gibt? Nur noch Hausarbeit und noch mehr Arbeit?" Natürlich kommt dieser Punkt. Die Arbeit geht ja nicht weg, nur weil du den Partner austauscht. Tendenziell wird es getrennt mit Kind und mit neuen Partnern (dein jetziger Partner lernt dann vielleicht auch irgendwann eine neue Frau kennen) nur noch viel mehr an Koordinations- und sonstigem Aufwand. Wenn dir der Alltag zu öde und die Hausarbeit zu viel ist, ist die Lösung doch nicht die Trennung. Sondern dass du gemeinsam mit deinem jetzigen Partner eine bessere Aufteilung findet, oder ihr euch (ihr scheint ja finanziell nicht so schlecht gestellt zu sein) extern Hilfe dazu kauft. Wenn du in deinem Beruf gut verdienst und magst, ist vielleicht eine Option, ein paar Stunden aufzustocken und mit diesem Geld (gemeinsam mit einem gleichen Anteil deines Mannes natürlich) z.B. eine Haushaltshilfe zu zahlen. Oder vielleicht musst du das gar nicht und es ist jetzt schon finanziell drin. Wenn dir und deinem Mann die Arbeit rund um Haus und Garten so gar keine Freude macht, dann könnt ihr diese auch auf ein Minimum reduzieren. Man kann fast alles mit viel oder mit weniger Aufwand betreiben.

"Wie lange dürfen die Zeiten schlecht sein? Würde mich ein anderes Leben glücklicher machen?"

Ich empfehle dir das Buch "Die Mitternachtsbibliothek" von Matt Haig. Da geht es um eine Frau, die sich auch diese Frage gestellt hat und die Chance bekommt, viele Alternativleben auf Probe durchzuprobieren.

Es ist natürlich keine Lösung, dauerhaft unglücklich zu sein - die Lösung ist innere Arbeit an dir selbst, auch, um zu erkennen, wer du wirklich bist und was dir wirklich wichtig ist. Wenn du das weißt, kannst du auf dieser Basis ganz anders mit deinem Mann in Kontakt gehen, dich dafür interessieren, was ihm wichtig ist und gemeinsam Lösungen finden, die für euch beide passen.

Einfach so ohne innere Arbeit würde ein anderes Leben dich nach meiner Erfahrung auch nicht glücklicher machen. Denn du hast Themen in dir, die angeschaut und gelöst werden möchten - und davor kannst du nicht davon laufen, auch mit einem anderen Leben nicht. Die würden sich auch dort zeigen, nur auf anderer Ebene. Die einzige nachhaltige Lösung ist, dass du dich den Entwicklungsaufgaben stellst, die dran sind (z.B. mit Psychotherapie, Coaching, Journaling, Selbsterfahrung, was auch immer... so etwas ist aus meiner Sicht zuallererst dran bei dir).

Und noch zum Thema Verantwortung übernehmen zu Hause (macht dein Mann dir bisher zu wenig): da empfehle ich euch, setzt euch gemeinsam hin und schreibt auf, welche Aufgabenbereiche es alle gibt. Besprecht gemeinsam, wie wichtig diese euch sind, ob ihr dort gewisse Mindeststandards habt (Beispiel Bäume pflanzen: muss man ja nicht... man kann ja auch einen Garten ohne Bäume so anlegen, dass es möglichst wenig Arbeit macht) und wer gerne diesen Bereich übernehmen möchte. Den ganzen Bereich, nicht nur eine Teilaufgabe. Natürlich muss das nicht in Stein gemeißelt sein, ihr könnt mal probeweise Bereiche übernehmen und euch dann nach ein paar Wochen oder Monaten wieder hinsetzen und nachjustieren. Aber es ist wesentlich leichter, einen ganzen Bereich zu übernehmen (z.B. Essen kochen inklusive Einkäufe, Wäsche, Garten,...) und dafür dann auch den gesamten Mental Load zu haben, als nur Teilaufgaben. Wer einen ganzen Bereich alleinverantwortlich übernehmen muss, merkt schnell, dass er dann auch die Planung dazu übernehmen muss, damit es funktioniert. Momentan scheint es so zu sein, dass du alle oder die meisten Bereiche hast und deinem Mann daraus kleine Teilaufgaben übergibst - das ist unbefriedigend für beide Seiten.

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Danke für deine ausführlichen und wohlwollenden Worte.
Die Ausführlichkeit und deine Zeit für mich.
Ich kann damit sehr viel anfangen. Und dies war ein intensiver Input für mich.

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Gerne. Das freut mich. Danke für deine Wertschätzung!

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Klar kannst du ausziehen, wer sagt aber, dass du euer Kind einfach mitnehmen kannst? Das ist Kindesentzug. Pack die jetzigen Probleme an.

Grundstück: was muss gemacht werden? eventuell Aufgaben einer Firma übergeben
Haus: passende Alltagshelfer und Technik anschaffen
Ehemann: Paarzeit einplanen
Kinder: Babysitter, soziales Netzwerk

Und die Rosamunde Pilcher-Brille abnehmen. Keine Ehe bleibt leidenschaftlich. Heißt ja auch Beziehungsarbeit.

Bearbeitet von Inaktiv
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Keine Ehe bleibt leidenschaftlich?

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Genau, es kommt ein Alltag rein, ein vertrautes Miteinander. Ehe ala Bollywood - nö.

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Du kannst nicht einfach mit deinem Sohn ausziehen. Er ist genauso das Kind deines Mannes. Wie stellst du dir das denn vor?

Und natürlich sind Kinder und ein Haus anstrengend. Das ist doch allgemein bekannt.

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So konkret habe ich es mir noch nicht vorgestellt. Da mein Mann sich aber kaum um unseren Sohn kümmert, würde sich im Falle einer Trennung schon eine Regelung ergeben.

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Das klingt als unterschätzt du das in dem Masse, wie du den Rest deines Lebens auch schon unterschätzt hast...

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Also einer der Punkte, die Dich anstrengen, ist das Kind, aber trotzdem willst Du "natürlich mit DEINEM Sohn" ausziehen?

Ist Dein Partner nicht der leibliche Vater? Hat der keine Rechte?

Ich würde Dir raten, mal mit professioneller Hilfe danach zu schauen, was Dich wirklich unzufrieden macht. Was Du brauchst, um entweder Deine jetzigen Lebensumstände so umzugestalten, dass Du sie wieder lebenswert findest, oder eben wirklich die Beziehung zu beenden, aber dann nicht "weg von", sondern "hin zu". Und zwar nicht hin zu einem anderen Mann, sondern hin zu einem für Dich erstrebenswerten Leben.

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Du meinst, einen Coach aufsuchen, um herauszufinden, was dieses neue "hin zu" sein könnte? Dann ich habe ja nun alles was ich mir gewünscht hatte

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Vielleicht musst Du als erstes herauszufinden, warum Du Dir Haus und Kind gewünscht hast um zu erkennen, warum es Dich jetzt doch nicht glücklich macht. Oder Du kannst einen zufriedenen Blick auf Dein Leben entwickeln. So oder so, ich würde zu externer Hilfe raten. Denn wie schon jemand anders schrieb: Ohne Änderung in Dir wird es ein anderer Mann auch nicht richten.

Bearbeitet von onthebrightside
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Schonmal drüber nachgedacht, ob du in einer midlifecrisis steckst?

An Beziehungen muss man arbeiten. Keine Beziehung bleibt einfach so toll.
Wenn du also noch nicht mit deinem Mann darüber gesprochen hast - deine Wünsche, deine Probleme - dann wird es Zeit dafür. Sonst kannst du vielleicht einen neuen Partner finden und stehst nach kurzer Zeit vor dem gleichen Problem, da du immer noch keine beziehungsarbeit leisten kannst.

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Das mit der Midlife-Crisis kann vielleicht sein. Aber wenn ich mir vorstelle, dass das jetzt so noch 40 Jahre weiter geht und vielleicht in 20 Jahren unser Sohn auszieht, dann fühlt sich das nicht gut an.

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Hi,
naja, so isses halt, wenn man sich für ein spießiges Leben entscheidet. Was hast du erwartet? Die einzige Stellschraube ist, mehr „Leidenschaft“ in die Beziehung zu bekommen. Wenn du das nicht möchtest, weil dein Mann nicht mehr der Mann für dich ist, dann ist das so und eine Trennung wäre eine Konsequenz. Aber Kind und Haushalt bleiben ja bestehen.
Und ja, ich kann dich durchaus verstehen, dass dich das Alltagsgedöns nervt, kannst du da was verändern? Haushaltshilfe? Arbeitest du aushäusig?
Edit: Habe gerade gelesen, dass sich dein Mann kaum um euer Kind kümmert, um den Haushalt wahrscheinlich auch nicht. Joah, da würde meine Leidenschaft auch auf 0-Niveau sinken…

vlg tina

Bearbeitet von tha.lia72
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Hallo, ich denke, du denkst zu oberflächlich. Einfach ausziehen, anderer Partner, Probleme gelöst? Eher nicht. Das sind alles meistens frühkindliche Mechanismen, die aufgebrochen werden müssen. Warum redest du nicht mit deinem Partner über deine ehrlichen Gefühle? Außerdem ist eine Trennung für ein Kind auch nicht einfach. Lass doch mal einen Paar Coach oder Therapeuten über die Situation schauen! Vielleicht ist eine Änderung der Situation auch ohne solche Schritte möglich? Alles Gute!

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Es gibt Menschen, die mit Glück nicht umgehen können. Sie haben Partner, Haus, Job, sind gesund und wollen plötzlich etwas anderes.
Die Frage ist: was fehlt denn zum Glück?

Ich habe als meine Kids 6 und 8 waren mein Leben umgekrempelt. Mir fehlte ein Mann den ich lieben konnte. Mein damaliger Mann war ein sehr guter Freund , der am Ende meiner Depression da war, mit dem ich aus der Depression lam und eine Familie gründete. Aber: mir fehlte irgwndwann die Liebe und Nähe zu einem Mann. Als ich so depressiv mit Mitte 20 über Jahre war, dachte ich, Liebe gibt es für mich nicht (große Liebe hatte ich verloren) und eine innige Freundschaft als Beziehung wäre besser. Mit Mitte 30 war ich emotional so unterversorgt, dass ich das Ganze beenden musste . Was dann folgte war einfach unfassbar hart. Alleine ist ein ganz anderes Kaliber. Dein Sohn ist sogar erst 4.

Was brauchst du? Was muss anders werden?
Oder kannst du mit Glück nicht umgehen und wirst immer wieder nach ein paar Jahren in die Falle tappen?

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Was meinst du mit "anderes Kaliber".
Ist es schwer mit Kind alleine?

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Ich bin nicht alleinerziehend. Für die Alleinerziehenden in meinem Umfeld ist zum Teil der finanzielle Aspekt anstrengend. Rechne Dir doch mal aus, was Dein Budget als Alleinerziehende wäre. Und dann schaust Du, welche Kosten dem gegenüber stünden.

Je nachdem, wie gut sich die anderen Elternteile kümmern, kann es auch anstrengend sein, immer für alles zuständig zu sein.

Ich glaube, nicht umsonst dürfen sich hier regelmäßig Frauen, die sich als "alleinerziehend mit Mann" bezeichnen anhören, dass sie die Situation völlig verkennen.

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