Präimplantationsdiagnostik vs. Pränataldiagnostik

Ein liebes Hallo raus in die Nacht,

nachdem ich in den letzten Tagen das inzwischen leider geschlossene *Eltern Forum Pränataldiagnostik* rauf und runter gelesen und mir ein Herz gefasst hatte, mich sichtbar machen zu wollen, bin ich den Hinweisen gefolgt und über Ecken nun hier gelandet#winke

Mein Mann (41) und ich (38) haben seit 3 Jahren Kinderwunsche und befinden uns seit 2 Jahren in Kinderwunschbehandlung. Hinter uns liegen 3 erfolglose Inseminationen, 1. ICSI mit Überstimulation ohne Transfer (~30 Follikel punktiert, 7 Einzellen, 4 befruchtet), 1. Kryotransfer resultierte in einer biochemischen Schwangerschaft, 2. Kryotransfer erfolglos. 2. ICSI (18 Follikel punktiert, 12 Einzellen befruchtet) Transfer einer Morula an PU+3 resultierte in einer kurzen Schwangerschaft mit Frühabort in der 8SSW.

Danach wurden nochmals alle Hormone und Schilddrüsenwerte kontrolliert sowie zusätzlich Gerinnungsdiagnostik und genetische Untersuchung. Bei mir wurde eine Inversion sowie ein Heteromorphismus festgestellt 46,XX,inv(2)(p11.2q13),15ph+. Wenn ich die Humangenetikerin richtig verstanden habe, handelt es sich hierbei höchstwahrscheinlich um Normvarianten ohne Konsequenz. Resultat bei meinen Mann ist eine reziproke balancierte Translokation 46,XY,t(7;11)(p21;q14) was zu Aborten oder schweren geistigen Behinderungen führen könnte. Sie sprach von einem Risiko von ~2,6% für eine Lebendgeburt bei unbalancierter Translokation. Ich kann das schwer greifen...

Für uns war das ein riesen Schock und ich dachte, das wars jetzt... ich werde nie schwanger, geschweige denn jemals Mutter werden dürfen. Nach mehreren ziemlich dunklen und tränenreichen Tage, halte ich mich nun an der Aussage fest "es ist nicht unmöglich"... und ich stelle mir die Frage, wie machen wir weiter...

a) Ist es überhaupt vertretbar unter diesen Voraussetzungen ohne PID weiter zu machen?

b) Treten die Fehler immer in Kombination auf bzw. würde ein NIPT die Chromosomenveränderung zuverlässig erkennen können? Aber selbst wenn, ich wollte ich nie nie vor der Frage stehen, ob ich eine SS abbreche...

c) Ist die Wahrscheinlichkeit für ein gesundes Kind durch eine PID wirklich größer als ohne oder liegt der eigentliche Vorteil in der Gewissheit VOR Schwangerschaftseintritt?

d) Kann so eine Zellentnahme an einer winzigen Blastozyste nicht auch langfristige gesundheitliche Folgen für das sich entwickelnde Leben nach sich ziehen?

e) Da ich noch nie auf natürlichem Wege schwanger geworden bin, frage ich mich ob die Kombination unserer Chromosomenstörungen nicht doch eine Rolle spielen könnte oder was sonst bei mir "kaputt" ist...?

Es tut mir leid für die Text-Flut aber in meinem Kopf gehts gerade etwas wild zu und ich muss irgendwo hin mit diesem Druck...#schwitz

Ich würde mich sehr sehr freuen über Erfahrungen/Wege von ähnlich Betroffenen, Befundeinschätzungen oder Rückmeldungen zu der einen oder anderen meiner Fragen.

Aber nun erstmal einen geruhsamen Schlaf und viele Grüße#stern
Kathrin

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Hallo Kathrin,
ich hoffe, du hast im Elternforum schon massenweise Thranslokationsthreads gefunden und weißt daher erstens, dass nahezu alle Translokationspaare mindestens ein gesundes Kind bekommen haben und zweitens, dass Schwangerbleiben und nicht Schwangerwerden das ureigenste Problem einer balancierten Translokation darstellt. Ich halte daher eure Chromosomenbefunde für Zufallsbefunde, die so gut wie nichts mit eurem Problem, schwanger zu werden, zu tun haben (deine sowieso, sie hätten dir nach den aktuellen Richtlinien für Zytogenetik in Deutschland gar nicht mitgeteilt werden sollen und die deines Mannes zumindest für unschuldig an den ausbleibenden Einnistungen). Frag mich aber bitte nicht, was dann die Ursache für eure ausbleibenden Schwangerschaften ist - es ist leider eine Tatsache, dass die Basisgründe in den meisten Fällen mit unerfülltem Kinderwunsch offen bleiben.
zu deinen Fragen:
a) aus meiner Sicht: JA!!!
b) ein NIPT sollte eine unbalancierte Translokation in eurem Fall ähnlich sicher erkennen können wie eine PID - und fast genauso sicher wie eine invasive Pränataldiagnostik. Dass du keine Schwangerschaft abbrechen möchtest, kann ich verstehen. Aber völlig unabhängig von euren Befunden und eurer Vorgeschichte gäbe es dann nur den Weg, die (immer noch relativ geringe) Möglichkeit eines beeinträchtigten Kindes zu akzeptieren. Das gilt für jede Frau, die schwanger werden möchte!
c) der Hauptvorteil der PID liegt für Translokationsträger in der Reduktion möglicher Fehlgeburten - vorausgesetzt, ihr findet einen Weg, überhaupt eine nennenswerte Anzahl an Schwangerschaften zu erzielen. Der Hauptnachteil liegt aus meiner sicht in dem immens hohen Embryonenverbrauch und in der Selektion von Embryonen, die gesunde Kinder werden könnten (dazu versuche ich gleich noch einen Link zu posten).
d) die Hauptgefahr der PID besteht vermutlich darin, dass sie das Einnistungspotenzial auf die eine oder andere Weise reduziert - weil sie Zellen entfernt, die sonst zur Plazenta werden würden. Aus dem gleichen Grund hat sie vermutlich keine langfristigen Konsequenzen nach erfolgter Einnistung und Geburt (von denkbaren Einzelfällen mit Schäden durch Frühgeburt vielleicht abgesehen).
e) siehe oben: was in eurem speziellen Fall nicht funktioniert, kann ich leider nicht sagen. Ich bin aber ziemlich sicher, dass eure Chromosomenabweichungen dabei keine Hauptrolle spielen, auch nicht als Kombination. Die "Auffälligkeiten", die bei dir beschrieben wurden, gibt es bei Millionen von Frauen mit völlig problemlosen Schwangerschaften und gesunden Kindern.

Ich würde vermuten, dass eure größte Chance in der Optimierung der Stimulationsprotokolle besteht und eine PID eher hinderlich für euren Kinderwunsch wäre. Wenn ihr diese Einschätzung absichern wollt, wäre eine Spermien-FISH auf die Chromosomenenden 7p und 11q im Labor Dr. Fenner eine Möglichkeit.
LG, Barbara

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hier der Link:
https://www.wunschkinder.net/aktuell/wissenschaft/pid/chromosomenuntersuchung-des-embryos-bei-ivf-werden-zu-viele-embryonen-aussortiert-9241/

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Liebe Barbara,

so eine schnelle und mehr als ausführliche Rückmeldung... Das berührt mich sehr, ich schätze das ganz enorm... Dankeschön vielvielmals!!!

Deine Antwort hat uns einmal ordentlich aufatmen lassen und der Grashalm Hoffnung an dem wir uns festhalten ist wieder etwas dicker geworden. Und ja, die Erfahrungsberichte von anderen Frauen mit Translokation haben mich auch schon aufhorchen lassen und mir gezeigt, dass zumindest durch diese Diagnose nicht alles verloren sein muss.

Dankeschön auch für den super interesanten und aufschlussreichen Link. Tatsächlich rückt die Option der PID damit für uns etwas in den Hintergrund.

Auch wenn die Translokation gar nicht der Haupt-Knackpunkt ist, kann ich es aktuell noch nicht gänzlich ad acta legen... Mein Mann und ich haben heute morgen festgestellt, dass wir eine gewichtige Aussage in der Humangenetischen Beratung unterschiedlich verstanden haben. Wie oben beschrieben, habe ich es so aufgefasst, dass bei den vorliegenden Bruchpunkten die Wahrscheinlichkeit einer Lebendgeburt bei unblancierter Weitergabe bei etwa 2,6% läge. Mein Mann hat verstanden, dass die Wahrscheinlichkeit für die Geburt eines gesunden Kindes bei 2,6% lägen. Nur bei Gelegenheit - könntest Du hier eventuell Licht ins Dunkel bringen und uns sagen welche Auffassung realistisch ist?

Da ich strammen Schrittes auf die 40 zugehe, habe ich das leicht panische Gefühl, dass mir die Zeit davon rinnt... Daher werden wir in den nächsten Tagen auf jeden Fall auch bislang wenig beachtete Optionen - wie Adoption, Pflegeelternschaft und Samenspende - in die Wagschale werfen, recherchieren und diskutieren.

Viele liebe Grüße#blume
Kathrin

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Hey!
Wir sind auch PID Patienten und nun schwanger.
Hier gibt es eine Gruppe "Translokation-baby" vielleicht möchtest du dort ja beitreten. Hier gibt es viel Austausch von Betroffenen.
Mir hat das sehr geholfen.
Bei Fragen auch gerne eine PN
Liebe Grüße

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Hi Viii,
erstmal *Herzlichen Glückwunsch*!!
Und vielen Dank für den Hinweis zu der Gruppe - bin dabei;-)

Liebe Grüße